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Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 8/21 vom 25.03.2021 zu den Urteilen VI R 15/19 und VI R 52/18 vom 14.01.2021
Mit Urteilen vom 14.01.2021 – VI R 15/19 und VI R 52/18 – hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Aufwendungen für einen sog. Schulhund teilweise als Werbungskosten abgezogen werden können.
In den Streitfällen hatten die Klägerinnen (Lehrerinnen) ihre Hunde, die sie aus privaten Mitteln angeschafft hatten, arbeitstäglich im Schulunterricht eingesetzt. Der Einsatz erfolgte in Absprache mit dem Dienstherrn und der Elternschaft im Rahmen von zuvor erstellten Schulhundprogrammen zur Umsetzung tiergestützter Pädagogik. Obwohl der Schulhundeinsatz vom Dienstherrn ausdrücklich befürwortet und sogar gewünscht war, beteiligte er sich nicht an den Kosten. Die Klägerinnen erstrebten daher zumindest eine mittelbare Kostenbeteiligung über die Steuer und machten die Aufwendungen für Anschaffung, Futter, Tierarzt, Besuch einer Hundeschule und Ausbildung zum Therapiehund als Werbungskosten geltend. Dies lehnte das Finanzamt (FA) ab. Die Anschaffung und Haltung der Hunde sei nicht nur beruflich, sondern auch privat veranlasst. Da eine sachgerechte Abgrenzung der Veranlassungszusammenhänge nicht möglich sei, scheide der Werbungskostenabzug aus.
Der BFH folgte dem FA zwar dahin, dass die Anschaffung und Haltung eines Hundes stets auch privat (mit)veranlasst sei. Er stellte aber klar, dass eine Aufteilung der Aufwendungen für die Hunde im Wege der Schätzung zu erfolgen habe, wenn diese aufgrund vorliegender Pädagogikkonzepte im Schulunterricht eingesetzt würden. Angesichts der privaten Mitveranlassung könnten in einem solchen Fall jedoch maximal 50 % der Aufwendungen für einen Schulhund als Werbungskosten anerkannt werden. Ein hälftiger Abzug sei anzuerkennen, wenn der Hund innerhalb einer regelmäßig fünftägigen Unterrichtswoche arbeitstäglich in der Schule eingesetzt werde.
Die Aufwendungen für die Ausbildung des Schulhundes der Klägerin des Verfahrens VI R 15/19 zum Therapiehund erkannte der BFH darüber hinaus in voller Höhe als Werbungskosten an, da diese spezielle Ausbildung ersichtlich nur durch den Schuleinsatz veranlasst und eine private Mitveranlassung nicht ersichtlich sei.
Umsatzsteuer
BFH, Urteil XI R 41/18 vom 11.11.2020
Erbschaft-/Schenkungsteuer
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7109 / 19 / 10002 :001 vom 18.03.2021
Das BMF-Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Sachspenden vom 18. März 2021 (Az. III C 2 – S-7109 / 19 / 10002 :001), schöpft den möglichen Gestaltungsspielraum, den das Unionsrecht durch die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie setzt, umfassend aus, um Unternehmern eine rechtssichere umsatzsteuerliche Abwicklung von Sachspenden zu ermöglichen. Es beseitigt vollumfänglich Unsicherheiten bei der Ermittlung der Umsatzsteuer auf eine Sachspende, die bislang von den Unternehmern immer wieder als Grund für den Verzicht auf eine Spende genannt wurden.
Unabhängig davon hat jedoch die Corona-Pandemie hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Spendenthematik zu einer einzigartigen Sondersituation geführt.
Durch die Ausnahmesituation der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Maßnahme des Lockdowns ist der Einzelhandel in besonderer Weise betroffen. Zwar erlaubte es der Online-Handel auch den Einzelhändlern, ihre Waren trotz des Lockdowns weiterhin zu verkaufen. Der typische Verkauf, der durch persönliche Beratung des Kunden und die Darbietung der Ware im Ladengeschäft gekennzeichnet ist, war jedoch nicht möglich. Dadurch hat sich vor allem Saisonware in einmalig großen Mengen in den Lagern der Einzelhändler angestaut, die jetzt nur noch schwerlich abzusetzen ist.
Unter Berücksichtigung dieser einzigartigen Belastung des Einzelhandels wird flankierend zu dem BMF-Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Sachspenden vom 18. März 2021 (Az. III C 2 – S-7109 / 19 / 10002 :001), und begleitend zu den bereits getroffenen coronabedingten steuerlichen Hilfsmaßnahmen sowie den Überbrückungshilfen eine befristete Billigkeitsregelung für Sachspenden gewährt. Danach wird bei Waren, die von Einzelhändlern, die durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen sind, an steuerbegünstigte Organisationen gespendet werden bzw. gespendet worden sind, auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet.
Diese Regelung gilt nur für Spenden, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2021 erfolgt sind.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 7/21 vom 11.03.2021 zum Urteil XI R 35/18 vom 23.09.2020
Mit Urteil vom 23.09.2020 – XI R 35/18 – hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder unter bestimmten Voraussetzungen nicht umsatzsteuerpflichtig sind.
Im Urteilsfall gründeten eine Kirche und ein kirchennaher Verein (einer anderen Kirche) eine gemeinnützige GmbH (die Klägerin), die mit journalistischen Mitteln den Verkündigungsauftrag erfüllen sollte. Die Klägerin belieferte wie eine Nachrichtenagentur ca. 15 Tageszeitungen als Kunden mit Meldungen, die christliche Wertvorstellungen und ethische Positionen verbreiten sollten, gegen eine geringe „Schutzgebühr“. Der verbleibende Finanzbedarf wurde durch Zuwendungen der kirchlichen Gesellschafter gedeckt.
Die Klägerin ging davon aus, dass sie keine Leistungen an ihre Gesellschafter erbringe und die Verlustübernahme durch ihre Gesellschafter auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhe. Finanzamt und Finanzgericht (FG) waren hingegen der Meinung, dass die Klägerin an ihre Gesellschafter umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen in Form der „Medienarbeit“ erbracht habe, für die sie die Zuwendungen der Gesellschafter als Entgelt erhalte. Im Revisionsverfahren wandte die Klägerin erstmals ein, dass ihre Leistungen jedenfalls nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sein müssten.
Der BFH hob auf diese Rüge die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Er wies darauf hin, dass das Unionsrecht insoweit zwei mögliche Steuerbefreiungen enthalte, die in den Streitjahren (2011 bis 2013) beide nicht in nationales Recht umgesetzt waren – es könne sich sowohl um steuerfreie Leistungen eines Personenzusammenschlusses an seine gemeinnützigen Mitglieder gegen Erstattung der genauen Kosten als auch um steuerfreie Leistungen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben an ihre Mitglieder zu religiösen Zwecken gegen einen satzungsgemäß festgelegten Beitrag handeln. Davon unabhängig muss das FG aber auch prüfen, ob die Klägerin tatsächlich der Umsatzsteuer unterliegende Leistungen an ihre Gesellschafter erbracht hat. Der BFH entschied, dass die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Gesellschafter durch eine gGmbH keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit ist, wenn die Tätigkeit der GmbH einer bestimmten Personengruppe (hier: allen christlichen Kirchen) zugutekommt und sich der Vorteil für den einzelnen Gesellschafter nur mittelbar aus diesen allgemeinen Vorteilen für alle Kirchen ableitet.
Die Urteilsgrundsätze könnten positive Auswirkungen für andere Personenzusammenschlüsse haben, die derartige „Leistungen“ an ihre Mitglieder erbringen. Gemeinsame Einrichtungen, die politische, gewerkschaftliche, religiöse, patriotische, weltanschauliche, philanthropische oder staatsbürgerliche Ziele verfolgen, könnten ebenfalls profitieren.
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 28/18 vom 18.11.2020
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 - S-2190 / 21 / 10002 :013 vom 26.02.2021
Den Kernbereich der Digitalisierung bilden die Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) sowie die für die Dateneingabe und -verarbeitung erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware. Diese Wirtschaftsgüter unterliegen aufgrund des raschen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die der Abschreibung nach § 7 Einkommensteuergesetz (EStG) zugrunde zu legen ist, wurde für diese Wirtschaftsgüter allerdings seit rund 20 Jahren nicht mehr geprüft und bedarf deshalb einer Anpassung an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten für die Nutzungsdauer von Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) und von Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung steuerlich die folgenden Grundsätze:
1 Für die nach § 7 Abs. 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer kann für die in Rz. 2 ff. aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter „Computerhardware“ sowie die in Rz. 5 näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgüter „Betriebs- und Anwendersoftware“ eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden.
2 Der Begriff „Computerhardware“ umfasst Computer, Desktop-Computer, NotebookComputer, Desktop-Thin-Clients, Workstations, Dockingstations, externe Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte (Small-Scale-Server), externe Netzteile sowie Peripheriegeräte.
3 Die betroffenen Wirtschaftsgüter werden wie folgt definiert:
4 Die in der Rz. 3 unter Nummer 1 bis 7 aufgeführte Computerhardware wird nur unter der Voraussetzung von Rz. 2 erfasst, dass gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 617/2013 der Kommission vom 26. Juni 2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Computern und Computerservern (ABl. L 175 vom 27. Juni 2013, S. 13) eine Kennzeichnungspflicht des Herstellers besteht, wonach die Produktart nach Artikel 2 der EU-Verordnung in den technischen Unterlagen anzugeben ist.
Die Aufzählung für die Computerhardware ist insoweit abschließend. Die Identifizierung der Peripheriegeräte ist in enger Anlehnung an die in der Rz. 3 Nummer 10 aufgeführten Geräte vorzunehmen, ohne dass die Aufzählung abschließend ist.
5 Der Begriff „Software“ im Sinne dieses Schreibens erfasst die Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung. Dazu gehören auch die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, sowie neben Standardanwendungen auch auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung.
6 Dieses Schreiben findet erstmals Anwendung in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2020 enden. In Gewinnermittlungen nach dem 31. Dezember 2020 können die Grundsätze dieses Schreibens auch auf entsprechende Wirtschaftsgüter angewandt werden, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde.
7 Für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden, gilt Rz. 6 ab dem Veranlagungszeitraum 2021 entsprechend.
8 Die Regelungen des BMF-Schreibens vom 18. November 2005 (BStBl I 2005 S. 1025) sowie die Regelung unter 6.14.3.2 des BMF-Schreibens vom 15. Dezember 2000 (AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter – BStBl I 2000 S. 1532) sind letztmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2021 enden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 5/21 vom 25.02.2021 zum Urteil III R 49/18 vom 12.11.2020
Mit Urteil vom 12.11.2020 – III R 49/18 – hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Kind kindergeldrechtlich nicht als Kind, das einen Ausbildungsplatz sucht, zu berücksichtigen ist, wenn es erkrankt ist und das Ende der Erkrankung nicht absehbar ist.
Der Kläger ist der Vater eines Sohnes, der sich wegen langjährigen Drogenkonsums in Therapie befand. Der Sohn hatte die Schule abgebrochen. Im Juli 2017 beantragte der Vater Kindergeld für seinen Sohn nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG, weil dieser einen Ausbildungsplatz suche und seine Ausbildungswilligkeit auch bekundet habe. Aus ärztlichen Bescheinigungen ging allerdings hervor, dass noch in den Monaten Juni und Juli 2017 das Ende der Erkrankung nicht absehbar war.
Die Familienkasse lehnte die Gewährung von Kindergeld für die Zeit bis Mai 2017 ab. Dagegen sprach das Finanzgericht (FG) dem Kläger das Kindergeld für den Zeitraum September 2016 bis Mai 2017 zu, weil es die allgemeine Ausbildungswilligkeit des Sohnes genügen ließ.
Der BFH hob das Urteil des FG auf. Er war der Ansicht, bei einem erkrankten Kind komme eine Berücksichtigung als Kind, das einen Ausbildungsplatz sucht, nur dann in Betracht, wenn das Ende der Erkrankung absehbar sei. Dies sei in dem Zeitraum, für den das Kindergeld streitig war, nicht der Fall gewesen. Dies folge aus den ärztlichen Bescheinigungen. Entgegen der Rechtsansicht des FG reiche die allgemein gehaltene Aussage des Kindes, nach dem Ende der Erkrankung eine Ausbildung aufnehmen zu wollen, nicht aus.
Das Kindergeld für den streitigen Zeitraum ist damit allerdings nicht endgültig verloren. Der BFH verwies die Streitsache an das FG zurück, damit dieses prüft, ob der Sohn als behindertes Kind (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG) berücksichtigt werden kann.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil IX R 32/19 vom 10.11.2020
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 5/20 vom 10.12.2020
Zur Vermögensverwaltung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i. V. m. § 64 Abs. 1 AO und § 68 Nr. 9 AO gehören nur solche Beteiligungsveräußerungen, die mangels einer unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht steuerbar sind. Die Veräußerung der Beteiligung an einer Gesellschaft, an die der Gesellschafter zuvor entgeltliche Leistungen im Rahmen seines Unternehmens erbracht hat, erfolgt daher nicht im Rahmen der Vermögensverwaltung.
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 4/21 vom 18.02.2021 zum Urteil XI R 7/20 vom 11.11.2020
Bestehen bei Gebäuden, die teilweise umsatzsteuerpflichtig und teilweise umsatzsteuerfrei verwendet werden, erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verwendeten Räume, sind die Vorsteuerbeträge nach dem (objektbezogenen) sog. Umsatzschlüssel aufzuteilen. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11.11.2020 – XI R 7/20 und bestätigte damit seine Rechtsprechung (s. bereits Pressemitteilung Nr. 063/16 zum Urteil vom 10.08.2016 – XI R 31/09).
Im Urteilsfall errichtete die Klägerin in den Jahren 2009 und 2010 einen gemischt genutzten Gebäudekomplex mit einem Supermarkt, der umsatzsteuerpflichtig verpachtet wird, sowie einer Senioren-Wohnanlage, die umsatzsteuerfrei verpachtet wird („Stadtteilzentrum“).
Da bei gemischt genutzten Gebäuden der Vorsteuerabzug nur zulässig ist, soweit die bezogenen Eingangsleistungen (hier: Baumaterial, Handwerkerleistungen etc.) für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet werden, musste die Klägerin die auf das Gebäude entfallende Vorsteuer nach § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes aufteilen. Dies tat sie zunächst nach dem sog. Flächenschlüssel (dem Anteil der steuerpflichtig verpachteten Flächen des Gebäudes an der Gesamtfläche), was dazu führte, dass nur knapp ein Drittel der Vorsteuer abziehbar war. Später machte die Klägerin geltend, dass wegen der erheblichen Ausstattungsunterschiede der verpachteten Flächen die Vorsteueraufteilung nach dem sog. Umsatzschlüssel (dem Anteil der steuerpflichtigen Umsätze des Gebäudes an den gesamten Umsätzen) vorzunehmen sei, sodass ca. die Hälfte der Vorsteuer abziehbar sei. Dies lehnte das Finanzamt (FA) ab; dem folgte das Finanzgericht (FG). Das „Stadtteilzentrum“ sei (ungeachtet seiner grundbuchrechtlichen Teilung) ein einheitliches Gebäude und die Eingangsleistungen seien trotz der erheblichen Ausstattungsunterschiede der Flächen (Supermarkt einerseits, Seniorenwohnanlage andererseits) im Wesentlichen gleichartig.
Der BFH beurteilte dies anders und entschied, dass unter der Prämisse, dass ein einheitliches Gebäude vorliegt, im Streitfall der Umsatzschlüssel anwendbar sei. Steuerpflichtig genutzt werde umsatzsteuerrechtlich ein bestimmter Prozentsatz des „Stadtteilzentrums“, was den Rückgriff auf die konkrete Ausstattung eines bestimmten Gebäudeteils ausschließe. Außerdem müsse nicht der Steuerpflichtige beweisen, dass der Umsatzschlüssel präziser ist als ein Flächenschlüssel – vielmehr dürfe das FA den Flächenschlüssel nur anwenden, wenn er präziser ist.
Dass die Klägerin selbst zunächst zur Vorsteueraufteilung den Flächenschlüssel gewählt hatte, war aus Sicht des BFH ebenfalls unschädlich, weil keine Bindung an den vom Steuerpflichtigen gewählten Schlüssel besteht, wenn dieser – wie im Streitfall – nicht sachgerecht ist. Der BFH konnte den Streitfall allerdings nicht selbst abschließend entscheiden; denn das FG, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde, muss noch die Höhe der geltend gemachten Vorsteuerbeträge prüfen sowie ermitteln, ob Rechnungen vorlagen, die in den Streitjahren den Vorsteuerabzug erlaubten.
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 22/18 vom 12.08.2020
Gewerbesteuer
BFH, Urteil IV R 30/18 vom 16.07.2020
Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb einer mitunternehmerischen Beteiligung an einem Finanzdienstleistungsinstitut, das ausschließlich staatlich nach dem KWG beaufsichtigte Finanzdienstleistungen erbringt, vom Mitunternehmer geleistet werden, sind nach § 19 Abs. 4 GewStDV von der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ausgenommen.
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 12/18 vom 01.10.2020
Quelle: BFH
Abgabenordnung
BFH, Beschluss V B 25/20 vom 02.12.2020 (AdV)
Beantragt eine steuerbegünstigte Körperschaft gemäß § 60a Abs. 2 Nr. 1 AO die Feststellung der Satzungsmäßigkeit, um Zuwendungsbestätigungen nach § 63 Abs. 5 AO i. V. m. § 50 Abs. 1 EStDV ausstellen zu können, ist einstweiliger Rechtsschutz nicht durch AdV (§ 69 FGO), sondern durch einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu gewähren.
Einkommensteuer
BFH, Urteil VIII R 18/17 vom 27.10.2020
Abgabenordnung
Einflussnahme auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung ist kein eigenständiger gemeinnütziger Zweck i. S. von § 52 der Abgabenordnung (AO). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 10.12.2020 – V R 14/20 – im zweiten Rechtgang als Folgeentscheidung zum sog. Attac-Urteil (BFH-Urteil vom 10.01.2019 – V R 60/17, BFHE 263, 290, BStBl II 2019 S. 301) entschieden.
Nach dem BFH-Urteil in BFHE 263, 290, BStBl II 2019 S. 301 ist die Verfolgung politischer Zwecke nach Maßgabe der steuerrechtlichen Regelungen nicht gemeinnützig (s. hierzu auch die Pressemitteilung vom 26.02.2019 – Nummer 009/19). Mit den in diesem Verfahren streitigen Kampagnen und weiteren Tätigkeiten, die unter dem Namensbestandteil “A” des Klägers ausgeübt wurden, erfüllte dieser keinen nach § 52 AO steuerbegünstigten Zweck. Allerdings hatte der BFH die Sache an das Finanzgericht (FG) zur Klärung zurückverwiesen, ob die unter dem Namensbestandteil des Klägers durchgeführten Kampagnen und sonstigen Aktionen dem Kläger als Träger des so bezeichneten Netzwerks auch tatsächlich zuzurechnen sind.
Dies hat das FG im zweiten Rechtsgang bejaht und die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Revision hatte keinen Erfolg. In seiner Entscheidung verweist der BFH zunächst auf die aus § 126 Abs. 5 FGO folgende Bindungswirkung des in dieser Sache bereits ergangenen BFH-Urteils für den zweiten Rechtsgang.
Ergänzend weist der BFH darauf hin, dass eine gemeinnützige Körperschaft unter Inanspruchnahme der steuerrechtlichen Förderung der Gemeinnützigkeit auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung nur Einfluss nehmen kann, wenn dies der Verfolgung eines der in § 52 Abs. 2 AO genannten Zwecke dient. In diesen Grenzen sieht der BFH den vom Kläger verfassungsrechtlich abgeleiteten Teilhabeanspruch an der politischen Willensbildung als gewahrt an.
Eine Erweiterung des Begriffs der politischen Bildung in der Weise, dass sich hieraus die eigenständige steuerrechtliche Förderung einer Einflussnahme auf die politische Willensbildung in frei gewählten Politikfeldern ergibt, lehnt der BFH demgegenüber ab. § 52 Abs. 2 AO würde sonst faktisch um den dort nicht angeführten Zweck der Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung ergänzt.
Abgabenordnung
BFH, Urteil XI R 1/19 vom 23.09.2020
Grunderwerbsteuer
BFH, Urteil II R 49/17 vom 16.09.2020
Beim rechtsgeschäftlichen Erwerb von Teileigentum ist der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 - S-2144 / 19 / 10003 :004 vom 18.01.2021
Der BFH hat mit Urteil vom 3. Dezember 2019 entschieden, dass Gewinnbegriff i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen der Gewinn i. S. d. § 4 Abs. 1 EStG ist. Außerbilanzielle Korrekturen werden nicht berücksichtigt. In der Folge verbleibt eine steuerfreie Investitionszulage im Gewinn und erhöht das Entnahmepotenzial; nicht abziehbare Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG mindern den Gewinn und damit das Entnahmepotenzial. Die Entscheidung widerspricht zum Teil den Festlegungen im BMF-Schreiben vom 2. November 2018 (BStBl I S. 1207).
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder bleiben außerbilanzielle Korrekturen bei der Ermittlung des Gewinns für die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG außer Ansatz. Dies sind u. a. auch:
Rdnr. 8 Satz 4 des BMF-Schreibens vom 2. November 2018 (a. a. O.) wird entsprechend wie folgt neu gefasst:
„Für den Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4a EStG ist der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG maßgeblich; außerbilanzielle Kürzungen und Hinzurechnungen wirken sich auf den Gewinn i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG nicht aus (vgl. BFH vom 3. Dezember 2019, BStBl 2020 II S. ___2).“
Rdnr. 46 wird wie folgt ergänzt:
„Die Änderung der Rdnr. 8 Satz 4 ist grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden. Auf Antrag des Steuerpflichtigen können außerbilanzielle Hinzurechnungen nach Rdnr. 8 Satz 4 des BMF-Schreibens in der Fassung vom 2. November 2018 (BStBl I S. 1207) letztmals für Wirtschaftsjahre berücksichtigt werden, die vor dem 1. Januar 2021 begonnen haben. Dieser Antrag ist bei einer Mitunternehmerschaft einvernehmlich von allen Mitunternehmern zu stellen. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn bereits durchgeführte Berechnungen der Gewinne und Verluste unverändert fortgeschrieben werden und hierfür die Änderung der Rdnr. 8 hinsichtlich der außerbilanziellen Kürzungen und Hinzurechnungen unberücksichtigt bleibt.“
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 - S-2296-c / 20 / 10004 :006 vom 14.01.2021
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung von § 35c EStG und der Verordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden nach § 35c des Einkommensteuergesetzes (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung – ESanMV) das im Schreiben Aufgeführte, das wie folgt gegliedert ist:
Anlage – nicht abschließende Liste förderfähiger Maßnahmen
(…)
Das BMF-Schreiben wird im BStBl Teil I veröffentlicht.
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7283 / 19 / 10001 :001 vom 11.01.2021
Mit Urteil vom 21. September 2016, XI R 4/15, hat der BFH entschieden, dass ein nicht unternehmerisch tätiger öffentlich-rechtlicher Zweckverband zur Tierkörperbeseitigung unberechtigt im Sinne des § 14c Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStG Umsatzsteuer gesondert ausweist, wenn er in seinen Gebührenbescheiden über die Tierkörperbeseitigung als Teil der Entsorgungsgebühr ein Nettoentsorgungsentgelt nebst darauf entfallenden Steuerbetrag angibt.
Er bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung, dass § 14c Abs. 2 UStG nicht voraussetzt, dass die erteilte Rechnung (gegebenenfalls auch unzutreffend) alle in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG aufgezählten Merkmale aufweist. Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG erfüllt eine Rechnung schon dann, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ausweist. Denn Gegenstand der Regelung des § 14c Abs. 2 UStG ist die Gefährdung des Steueraufkommens durch Abrechnungsdokumente, die die elementaren Merkmale einer Rechnung aufweisen oder den Schein einer solchen erwecken und den Empfänger zum Vorsteuerabzug verleiten.
II.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom Schreiben vom 23. Dezember – 2020 III C 3 – S-7279 / 19 / 10006 :002 (2020/1283532) -, BStBl I Seite xxx geändert worden ist, wie folgt geändert:
Die Regelungen dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 18/19 vom 17.06.2020
Werden privat und ohne Veräußerungsabsicht angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgüter veräußert, kann dies auch dann der letzte Akt der privaten Vermögensverwaltung sein, wenn die Veräußerung über einen langen Zeitraum und in zahlreichen Einzelakten ausgeführt wird. Allein die Verwendung einer auch von gewerblichen Händlern genutzten Internetplattform führt zu keinem anderen Ergebnis.
Abgabenordnung
BFH, Urteil X R 37/18 vom 28.10.2020
Lohnsteuer
BMF, Schreiben IV C 5 - S-2334 / 19 / 10010 :002 vom 28.12.2020
Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV) zu bewerten. Dies gilt ab 1. Januar 2014 gemäß § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, wenn der Preis der Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt. Die Sachbezugswerte ab dem Kalenderjahr 2021 sind durch die Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung und der Unfallversicherungsobergrenzenverordnung vom 15. Dezember 2020 (BGBl. I Seite 2933) festgesetzt worden. Demzufolge beträgt der Wert für Mahlzeiten, die ab Kalenderjahr 2021 gewährt werden,
a) für ein Mittag- oder Abendessen 3,47 Euro,
b) für ein Frühstück 1,83 Euro.
Im Übrigen wird auf R 8.1 Absatz 7 und 8 LStR 2015 sowie auf das BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts vom 25. November 2020 (BStBl I Seite 1060) hingewiesen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 59/20 vom 17.12.2020 zum Urteil VI R 14/18 vom 07.07.2020
Die 44 Euro-Freigrenze für Sachbezüge gilt auch, wenn Arbeitnehmer auf Kosten ihres Arbeitgebers an einem Firmenfitnessprogramm teilnehmen können, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 07.07.2020 – VI R 14/18 – entschieden hat.
Der Arbeitgeber ermöglichte seinen Arbeitnehmern im Rahmen eines Firmenfitnessprogramms, in verschiedenen Fitnessstudios zu trainieren. Hierzu erwarb er jeweils einjährige Trainingslizenzen, für die monatlich jeweils 42,25 Euro zzgl. Umsatzsteuer zu zahlen waren. Die teilnehmenden Arbeitnehmer leisteten einen Eigenanteil von 16 Euro bzw. 20 Euro. Der Arbeitgeber ließ die Sachbezüge bei der Lohnbesteuerung außer Ansatz, da diese ausgehend von einem monatlichen Zufluss unter die 44 Euro-Freigrenze für Sachbezüge fielen. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, den Arbeitnehmern sei die Möglichkeit, für ein Jahr an dem Firmenfitnessprogramm teilzunehmen, „quasi in einer Summe“ zugeflossen, weshalb die 44 Euro-Freigrenze überschritten sei. Es unterwarf die Aufwendungen für die Jahreslizenzen abzüglich der Eigenanteile der Arbeitnehmer dem Pauschsteuersatz von 30 %. Dem schlossen sich jedoch weder das Finanzgericht noch der BFH an. Der geldwerte Vorteil sei den teilnehmenden Arbeitnehmern als laufender Arbeitslohn monatlich zugeflossen. Der Arbeitgeber habe sein vertragliches Versprechen, den Arbeitnehmern die Nutzung der Fitnessstudios zu ermöglichen, unabhängig von seiner eigenen Vertragsbindung monatlich fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Trainingsmöglichkeit erfüllt. Unter Berücksichtigung der von den Arbeitnehmern geleisteten Eigenanteile sei daher die 44 Euro-Freigrenze eingehalten worden, sodass der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme an dem Firmenfitnessprogramm nicht zu versteuer
Quelle: BFH
Finanzgerichtsordnung
BFH, Urteil IX R 3/19 vom 30.06.2020
Einkommensteuer
BFH, Urteil IV R 6/18 vom 10.09.2020
§ 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO ist gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß auf einen Gewinnfeststellungsbescheid für eine Personengesellschaft auch dann anzuwenden, wenn sich eine gegenläufige Änderung (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) aus einem anderen Bescheid (z. B. dem Einkommensteuerbescheid für einen feststellungsbeteiligten Gesellschafter) ergibt (Anschluss an BFH-Urteil vom 13.01.2005 – II R 48/02, BFHE 208, 392, BStBl II 2005 S. 451, für Gewinnfeststellungsbescheide).
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7346 / 20 / 10001 :002 vom 16.12.2020
Durch Artikel 7 Nr. 1 i. V. m. Artikel 16 Abs. 3 des Dritten Gesetzes zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz) vom 22. November 2019 (BGBl. I S. 1746) wurde zum 1. Januar 2021 in § 18 Abs. 2 UStG Satz 5 geändert und ein neuer Satz 6 angefügt. Die Neuregelung sieht vor, dass für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 4 UStG für die Bestimmung des maßgeblichen Voranmeldungszeitraums in Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen ist und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend ist. Durch diese Regelung wird für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 die generelle Verpflichtung zur monatlichen Übermittlung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen in Neugründungsfällen ausgesetzt.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 15. Dezember 2020 – III C 3 – S-7015 / 19 / 10006 :001 (2020/1238675), BStBl I S. xxxx, geändert worden ist, in Abschnitt 18.7 wie folgt geändert:
Die Regelungen dieses Schreibens sind auf Besteuerungs- und Voranmeldungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2027 enden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Bewertungsgesetz
BFH, Urteil II R 1/18 vom 16.09.2020
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 - S-2133 / 19 / 10002 :013 vom 08.12.2020
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die ertragsteuerliche Beurteilung vereinnahmter und verausgabter Pfandgelder Folgendes:
Die bilanzsteuerrechtliche Beurteilung von Individual-, Pooleinheits- und Einheitsleergut richtet sich vorbehaltlich der Tz. 2 nach den vom BFH in seiner Entscheidung vom 9. Januar 2013 (a. a. O.) aufgestellten Grundsätzen und orientiert sich am zivilrechtlichen Eigentumsübergang.
Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige Einheitsleergut weiterhin wie Individualleergut bilanziell abbildet und auf der Passivseite der Bilanz entsprechend verfährt. Hat der Steuerpflichtige in einem Wirtschaftsjahr, das nach der Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens endet, auf die Ausübung dieses Wahlrechtes unwiderruflich verzichtet, ist er daran auch für die Zukunft gebunden. Die Entscheidung ist einheitlich für den gesamten Betrieb zu treffen.
Macht der Steuerpflichtige von der Anwendung der Vereinfachungsregelung nach Tz. 2 keinen Gebrauch, kann er den Gewinn aus der Auflösung der nach der bisherigen Verwaltungsauffassung gebildeten Rückstellungen (vgl. BMF-Schreiben vom 13. Juni 2005, BStBl I S. 715) und der Aktivierung des am Lager befindlichen Einheitsleergutes im Umlaufvermögen auf einen Zeitraum verteilen, der spätestens am 31. Dezember 2029 endet. Die gebildete Rücklage ist dabei jährlich mit mindestens dem Teil gewinnerhöhend aufzulösen, der sich bei einer gleichmäßigen Verteilung des entstandenen Buchgewinns über den gesamten Auflösungszeitraum ergibt.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Bewertungsgesetz
DStV, Mitteilung vom 03.12.2020
Seit ihrer Veröffentlichung steht die BMF-Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung in der Kritik. Damit gehen zugleich viele Unsicherheiten in der Praxis einher. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein lang erwartetes Urteil veröffentlicht. Der DStV-Steuerrechtsausschuss gibt weitere wertvolle Hinweise im Fall einer Grundstücksbewertung.
Bereits seit April 2014 stellt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eine Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung) als unverbindliches Hilfsprogramm für die Steuerverwaltung zur Verfügung. Sie soll gleichfalls ein Serviceangebot für die Steuerpflichtigen darstellen. Seitdem steht die BMF-Arbeitshilfe jedoch in der Kritik: Berichten aus der Praxis zufolge liefere sie weder marktkonforme noch überzeugend nachvollziehbare Aufteilungsergebnisse. Dies problematisiert auch der DStV-Steuerrechtsausschuss. Insbesondere die starken Preissteigerungen bei Immobilien in Regionen mit starkem Nachfrageüberhang führen zu einer Erhöhung des Bodenwerts. Durch die Berechnungssystematik des BMF-Tools kommt es demnach zu einer Überbewertung des Grund und Bodens gegenüber dem Gebäude. Dies führt regelmäßig zu intensiven Erörterungen mit der Finanzverwaltung – legt sie die Ergebnisse der BMF-Arbeitshilfe als Allheilmittel der Besteuerung zugrunde.
Auf den Schreibtischen der BFH-Richter lag nun der folgende Sachverhalt (vgl. BFH-Urteil vom 21.07.2020, Az. IX R 26/19): Eine Vermieterin hatte eine Eigentumswohnung in einer Großstadt zum Kaufpreis von 110.000 Euro erworben. Davon sollten gemäß Kaufvertrag 20.000 Euro auf das Grundstück entfallen. Der Gebäudeanteil für Abschreibungszwecke betrug folglich rund 82 %. Dem folgte das Finanzamt nicht und ermittelte mit der im Internet bereitgestellten BMF-Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung einen Gebäudeanteil von rund 31 %. So sah es auch das Finanzgericht, das die Arbeitshilfe sowohl als geeignetes Wertermittlungsverfahren als auch geeignete Schätzungshilfe bewertete.
Anders hingegen die Auffassung des BFH: Zwar sei die im entschiedenen Fall zur Anwendung gekommene vertragliche Kaufpreisaufteilung wirtschaftlich nicht haltbar und verfehle die realen Wertverhältnisse. Eine ersatzweise Anwendung der BMF-Arbeitshilfe sei jedoch gleichfalls keine geeignete Lösung. Die BMF-Arbeitshilfe gewährleiste die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude im entschiedenen Fall nicht. Vielmehr verenge sie die zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren und lege der Kaufpreisaufteilung unzulässige Parameter zugrunde.
Grundsätzlich empfiehlt der DStV-Steuerrechtsausschuss: Es lohnt sich bereits im Kaufvertrag eine nachvollziehbare Regelung zur Aufteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude zu vereinbaren. Diese ist sodann für die Aufteilung auf Grund und Boden sowie Gebäude zugrunde zu legen und als Grundlage zur Berechnung der AfA auf das Gebäude heranzuziehen (vgl. BFH-Urteil vom 16.09.2015, Az. IX R 12/14). Voraussetzung hierfür ist, dass die vertragliche Einigung der Vertragsparteien über den Grundstücksanteil im Gesamtkaufpreis nicht nur zum Schein getroffen wurde und keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt.
Alternativ kann seitens der Vertragsparteien auch eine Schätzung herangezogen werden. Diese ist – nach Auffassung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 10.10.2000, Az. IX R 86/97) – in dem Maße zu beachten, in dem die Grundlagen der Schätzung nachvollziehbar und plausibel sind. In der Literatur gibt es hierzu Verfahrensvorschläge. Eine Berechnungsmethode, das sog. umgekehrte Ertragswertverfahren, haben Jacoby/Geiling hierzu erarbeitet (vgl. „Kaufpreisaufteilung bei Grundstücksanschaffungen – Quo vadis?“, DStR 2020, S. 481 ff.).
Für eine Schätzung seitens des Finanzamts müssen hingegen sog. nennenswerte Zweifel an der vereinbarten Aufteilung vorliegen, wie z.B. Anhaltspunkte für die Vereinbarung eines Scheingeschäfts oder einen Gestaltungsmissbrauch (vgl. BFH-Urteil vom 16.09.2015, Az. IX R 12/14). Das vereinfachte Schätzungsverfahren der Finanzverwaltung konnte die Münchner Richter aufgrund der systemischen Defizite der Kaufpreisaufteilung nicht überzeugen. Insbesondere der fehlende Orts- oder Regionalisierungsfaktor bei der Ermittlung des Gebäudewerts stelle einen erheblichen Mangel des BMF-Berechnungstools dar. Diese fehlende Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten führe gerade in Großstädten mit hohen Bodenrichtwerten zu einem überproportionalen Anteil des Grund und Bodens und damit zu mitunter sehr niedrigen Gebäudebewertungen.
Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung ist der Gebäudeanteil nach Weisung des BFH regelmäßig durch das Gutachten eines unabhängigen vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.
Abgabenordnung
BFH, Urteil II R 32/18 vom 22.07.2020
Quelle: BFH
Bayerische Oktoberhilfe
Bayerische Staatsregierung, Auszug aus der Pressemitteilung vom 26.11.2020
Die Staatsregierung hat am 26.11.2020 zudem den Rahmen für die Abwicklung der bayerischen Lockdown-Hilfe („Oktoberhilfe“) festgelegt. Damit unterstützt der Freistaat die Unternehmen und Selbständigen in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Rottal-Inn sowie den Städten Augsburg und Rosenheim, die vom früheren Lockdown betroffen waren.
Dieses bayerische Programm wird über das Antragsverfahren der Novemberhilfe auf Bundesebene mitabgewickelt. Die technischen Voraussetzungen werden durch den Bund zeitnah geschaffen. Eine Antragstellung für die Oktoberhilfe ist voraussichtlich ab Januar möglich. Dabei ist zu beachten, dass aufgrund der technischen Vorgaben die Beantragung der Oktoberhilfe für alle Antragsteller (also auch Soloselbständige) ausschließlich über einen Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer erfolgen muss.
Außerdem hat der Ministerrat festgelegt, dass die Oktoberhilfe-Zahlungen auf Basis des Umsatzes aus dem Oktober 2019 ermittelt werden. Damit wird den Hoteliers und Gaststätten in den betreffenden Regionen noch besser geholfen: Eigentlich war eine Bemessung anhand des Umsatzes aus dem November 2019 geplant. Damit wären jedoch die umsatzstarken Herbstferien im Oktober 2019 aus der Betrachtung ausgeklammert worden. Abgesehen vom Bemessungsmonat wird die Oktoberhilfe analog zur Novemberhilfe berechnet: Es werden also 75 Prozent des im Vergleichszeitraum 2019 erzielten Umsatzes (bei Restaurants nur die Umsätze mit vollem Mehrwertsteuersatz ohne Außerhausverkäufe) erstattet.
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 55/20 vom 26.11.2020 zum Urteil IX R 26/19 vom 21.07.2020
Die Finanzgerichte dürfen eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude, die die realen Verhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch die nach Maßgabe der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums (BMF) ermittelte Aufteilung ersetzen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 21.07.2020 (Az. IX R 26/19) entschieden.
Die Klägerin hat im Jahr 2017 eine (vermietete) Eigentumswohnung in einer Großstadt zum Kaufpreis von 110.000 Euro erworben. Nach dem Kaufvertrag sollten davon 20.000 Euro auf das Grundstück entfallen. Dementsprechend ging die Klägerin für Abschreibungszwecke von einem Gebäudeanteil von rund 82 % aus. Hingegen ermittelte das Finanzamt einen Gebäudeanteil von rund 31 %. Dabei legte es die vom BMF im Internet bereitgestellte „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“ zugrunde.
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab und sah in der Arbeitshilfe ein geeignetes Wertermittlungsverfahren, um die Marktangemessenheit einer vertraglichen Kaufpreisaufteilung widerlegen zu können, zugleich aber auch eine geeignete Schätzungshilfe.
Dem ist der BFH entgegengetreten. Die Arbeitshilfe des BMF gewährleiste die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude nicht. Denn die Auswahl der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren würde auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren verengt. Auch bleibe der vor allem in großstädtischen Ballungsräumen relevante Orts- oder Regionalisierungsfaktor bei der Ermittlung des Gebäudewerts unberücksichtigt. Deshalb sei das FG im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung in der Regel gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 - S-2221 / 14 / 10006 :002 vom 19.11.2020
Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG kommt ein Sonderausgabenabzug für Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG nur in Betracht, wenn diese nicht in „unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang“ mit steuerfreien Einnahmen stehen.
Mit Urteil vom 5. November 2019 – X R 23/17 – hat der BFH entschieden, dass das in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG geregelte Sonderausgabenabzugsverbot für Altersvorsorgeaufwendungen gegen die durch das Freizügigkeitsabkommen (FZA) mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft gewährleisteten Grundsätze der Arbeitnehmerfreizügigkeit und Gleichbehandlung verstößt (Artikel 1 Buchst. a, 2, 4, 7 Buchst. a FZA i. V. m. Artikel 9 Abs. 1 und 2 des Anhangs I FZA). Die mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I Seite 2338) in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG eingefügte Rückausnahme vom Abzugsverbot ist damit zwar nicht vom Wortlaut, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts jedoch im Wege normerhaltender Extension auch für Fälle einer nichtselbständigen Tätigkeit in der Schweiz anzuwenden.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder und im Vorgriff auf eine gesetzliche Anpassung des Sonderausgabenabzugsverbotes von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG gilt das Folgende:
Entgegen § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG sind Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen, soweit
Die vorstehenden Regelungen sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
DATEV Informationsbüro Brüssel, Mitteilung vom 20.11.2020
Dem EuGH-Verfahren C-371/19 liegt eine Beschwerde über die Verfahrensweise der deutschen Steuerbehörden bei der Erstattung der Mehrwertsteuer an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige zugrunde, die bei der EU-Kommission eingereicht wurde. Demnach wurden zahlreiche Erstattungsanträge abgelehnt, weil Angaben zu gemeldeten erworbenen Gegenständen oder erbrachten Dienstleistungen als unzureichend oder nicht angemessen angesehen worden seien, ohne dass die Behörden versucht hätten, den Sachverhalt aufzuklären und zusätzliche Informationen anzufordern. Die EU-Kommission hatte Klage vor dem EuGH eingereicht, da Deutschland ihrer Ansicht nach u. a. gegen die MwSt-Richtlinie (Art. 170 und 171 der Richtlinie 2006/112) verstoße, indem es systematisch Anträge auf MwSt-Erstattung wegen Unvollständigkeit der genannten Informationen ablehne.
Der EuGH hat am 18.11.2020 wie folgt entschieden:
„Die Bundesrepublik Deutschland hat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer und die praktische Wirksamkeit des Anspruchs der nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässigen Steuerpflichtigen auf Erstattung der Mehrwertsteuer dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 170 und 171 der Richtlinie 2006/112/EG […] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG […] sowie aus Art. 5 der Richtlinie 2008/9/EG […] zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige verstoßen, dass sie die Anträge auf Erstattung der Mehrwertsteuer abgelehnt hat, die vor dem 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahrs gestellt wurden, denen aber nicht die Kopien der Rechnungen oder der Einfuhrdokumente, die gemäß Art. 10 der Richtlinie 2008/9 von den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der Erstattung verlangt werden, beigefügt sind, ohne die Antragsteller zuvor aufzufordern, ihre Anträge durch die – erforderlichenfalls nach diesem Zeitpunkt erfolgende – Vorlage dieser Kopien zu ergänzen oder sachdienliche Informationen vorzulegen, die die Bearbeitung dieser Anträge ermöglichen.“
Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 54/20 vom 19.11.2020 zum Urteil VI R 4/18 vom 13.05.2020
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil VI R 4/18 vom 13.05.2020 entschieden, dass die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße nicht als haushaltsnahe Dienstleistung und Handwerkerleistungen, die in einer Werkstatt erbracht werden, nicht nach § 35a EStG begünstigt sind.
Die Klägerin hatte die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer nach § 35a EStG bei Aufwendungen für die Straßenreinigung als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie für Tischlerarbeiten als Handwerkerleistungen beantragt. Die Straßenreinigung wurde von der Kommune als öffentliche Aufgabe für die Anlieger durchgeführt. Die Kosten hierfür hatten die Anlieger anteilig zu tragen. Gegenstand der Tischlerarbeiten war die Reparatur eines Hoftores, welches ausgebaut, in der Tischlerwerkstatt in Stand gesetzt und anschließend wieder auf dem Grundstück der Klägerin eingebaut worden war.
Anders als zuvor das Finanzgericht, bestätigte der BFH die ablehnende Rechtsauffassung des Finanzamts. Die Tarifermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und ebenso für Handwerkerleistungen setze voraus, dass diese im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werden. Eine haushaltsnahe Dienstleistung erfordere eine Tätigkeit, die üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht, in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werde und dem Haushalt diene. Dies sei, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung, für die Reinigung eines Gehweges noch zu bejahen. Die Reinigung der Fahrbahn einer Straße könne aber nicht mehr als hauswirtschaftliche Verrichtung angesehen werden, die den geforderten engen Haushaltsbezug aufweise.
Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen seien ebenfalls nur begünstigt, wenn sie in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt würden. In der Werkstatt des Handwerkers erbrachte Leistung würden zwar für den Haushalt, aber nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht. Die Arbeitskosten des Handwerkers seien daher ggf. im Wege der Schätzung in einen nicht begünstigten „Werkstattlohn“ und in einen begünstigten „vor Ort Lohn“ aufzuteilen.
Umsatzsteuer
Die Finanzbehörde hat nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG zu prüfen, ob der Unternehmer eine Einrichtung betreibt, die einer solchen im Sinne des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG gleichartig ist. Weder Wortlaut noch Zweck von § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG lassen den Schluss zu, die Steuerbefreiung solle nur solchen Theatern zugutekommen, die „auf einem hohen Niveau“ arbeiten.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung versteht unter Theatervorführungen im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht nur Aufführungen von Theaterstücken im engeren Sinne, Opern und Operetten, sondern auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst, der Eisrevuen und des Varietés bis zu den Puppenspielen. Begünstigt sind auch Mischformen von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen. Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 UStG muss der Begriff der Theatervorführung in gleicher Weise bestimmt werden.
Mit Urteil vom 3. Dezember 2015, V R 61/14, hat der BFH entschieden, dass auf die Tätigkeit eines Hochzeits- oder Trauerredners der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung kommen kann, wenn es sich dabei ausnahmsweise um eine Tätigkeit eines „ausübenden Künstlers“ handelt.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I Seite 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 6. November 2020, III C 3 – S-7198 / 20 / 10002 :003 (2020/1099298), BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 1. Januar 2021 ausgeführt werden, wird es nicht beanstandet, wenn die Vertragspartner die Leistungen – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – abweichend von den vorgenannten Ausführungen als umsatzsteuerpflichtig behandeln bzw. diese Umsätze dem allgemeinen Steuersatz unterwerfen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Erbschaft-/Schenkungsteuer
Der Verschonungsabschlag für den Erwerb eines Anteils an einer KG fällt bei Veräußerung des Anteils, im Falle der Betriebsaufgabe oder bei der Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen nachträglich (anteilig) weg. Die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG führt jedoch noch nicht zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags.
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 16/18 vom 07.07.2020
Die Verpflegungspauschalen sind auch dann zu kürzen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mahlzeiten zur Verfügung stellt, diese vom Arbeitnehmer aber nicht eingenommen werden.
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7100 / 19 / 10001 :002 vom 02.11.2020
Der Europäische Rat hat am 27. Juni 2016 die Richtlinie (EU) 2016/1065 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen verabschiedet (ABl. L 177 vom 1. Juli 2016, S. 9; im Folgenden: Gutschein-Richtlinie). Mit der Gutschein-Richtlinie werden spezielle Vorschriften für die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen in die MwStSystRL eingefügt.
Gutscheine nehmen im stationären Handel – wie im Online-Vertrieb – eine bedeutende Position ein. Mit den neuen Vorschriften soll zukünftig eine einheitliche steuerliche Behandlung von im Binnenmarkt gehandelten Gutscheinen gewährleistet werden. Die Gutschein-Richtlinie soll insbesondere der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sowie der Vermeidung der Doppel- oder Nichtbesteuerung dienen. Diese Vorschriften sollen aber nur Gutscheine betreffen, die zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen verwendet werden können.
Bei Gutscheinen wurde bisher im Umsatzsteuerrecht zwischen Wertgutscheinen und Waren- oder Sachgutscheinen unterschieden. Während Wertgutscheine über einen bestimmten Nennbetrag bei dem ausstellenden Händler gegen eine beliebige Ware oder Dienstleistung eingetauscht werden konnten, bezogen sich Waren- oder Sachgutscheine auf eine konkret bezeichnete Ware oder Dienstleistung.
Die Ausgabe eines Wertgutscheins wurde lediglich als Tausch von Zahlungsmitteln behandelt und stellte selbst keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne dar. Die Umsatzsteuer entstand erst im Fall der Einlösung des Wertgutscheins und damit bei Ausführung des konkreten Umsatzes.
Bei Waren- oder Sachgutscheinen ist der Bezug zu der im Gutschein bezeichneten Leistung bereits bei Ausgabe des Gutscheins gegeben. Daher stellte der bei Erwerb eines Warengutscheins gezahlte Betrag eine Anzahlung auf die bezeichnete Leistung dar, die der Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG unterlag.
Mit Gesetz vom 11. April 2018, BGBl. I S. 2338, wurden die Artikel 30a, 30b sowie 73a MwStSyStRL durch die Einführung des § 3 Abs. 13 bis 15 UStG mit Wirkung zum 1. Januar 2019 in nationales Recht umgesetzt. Auf die Erwägungsgründe der Gutschein-Richtlinie sowie die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 3 Abs. 13 bis 15 UStG wird hingewiesen (Seite 58 der BT-Drucksache 19/4455). Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist, ob bei dem Gutschein die Verpflichtung besteht, ihn als Gegenleistung – ganz oder teilweise anstelle einer regulären Zahlung – für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von sonstigen Leistungen anzunehmen. Das Gesetz sieht ebenso wie die Gutschein-Richtlinie per Definition Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine vor.
Insbesondere die Gutscheine, die den Inhaber nur zu einem Preisnachlass oder einer Preiserstattung (vgl. Abschnitt 17.2 UStAE) berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten, sind von den neuen Regelungen nicht betroffen. Briefmarken, Fahrscheine, Eintrittskarten für Kinos und Museen sowie vergleichbare Instrumente fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 14 und 15 UStG, da in diesen Fällen bereits über die bloße Annahmeverpflichtung hinausgehende Ansprüche bestehen und es sich hierbei vorrangig um Zahlungsnachweise handelt.
(…)
Die Grundsätze dieses Schreibens sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 ausgestellt werden.
Es wird – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn ab dem 1. Januar 2019 und vor dem 2. Februar 2021 ausgestellte Gutscheine von den Beteiligten nicht entsprechend den Vorgaben dieses BMF-Schreibens behandelt worden sind.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Einkommensteuer
BFH, Urteil VIII R 4/20 (VIII R 49/11) vom 16.06.2020
Quelle: BFH
BFH, Urteil V R 40/18 vom 23.07.2020
Eine Änderung bei den für die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a AO erheblichen Verhältnissen tritt mit der Eintragung in das Vereinsregister ein, sodass erst dann die Feststellung nach § 60a Abs. 4 AO mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist.
BFH, Urteil VIII R 15/17 vom 16.06.2020
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 46/20 vom 22.10.2020 zum Urteil VIII R 9/18 vom 16.06.2020
Wird ein zum Betriebsvermögen gehörendes, teilweise privat genutztes Kfz veräußert, erhöht der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn. Der Umstand, dass die tatsächlich für das Fahrzeug in Anspruch genommene AfA infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme für die Privatnutzung bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise neutralisiert wird, rechtfertigt keine Gewinnkorrektur. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 16.06.2020 (Az. VIII R 9/18) entschieden.
Im Streitfall nutzte der Kläger einen Pkw, den er im Jahr 2008 angeschafft und seinem Betriebsvermögen zugeordnet hatte, zu 25 % für seine freiberufliche Tätigkeit und zu 75 % für private Zwecke. Ab dem Jahr 2008 berücksichtigte das Finanzamt (FA) bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers einerseits antragsgemäß AfA für den Pkw. Andererseits erfasste das FA wegen der privaten Nutzung des betrieblichen Pkw auch Betriebseinnahmen in Höhe von 75 % der für das Fahrzeug entstandenen Aufwendungen einschließlich der AfA. Dies führte dazu, dass der steuermindernde Effekt der AfA infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise „neutralisiert“ wurde. Wegen dieses Effektes setzte der Kläger, als er das Fahrzeug 2013 nach vollständiger Abschreibung der Anschaffungskosten verkaufte, lediglich ein Viertel des Verkaufserlöses als Betriebseinnahme an. Das FA war demgegenüber der Meinung, der Kläger müsse den vollen Verkaufserlös versteuern.
Dies hat der BFH als zutreffend bestätigt. Der Veräußerungserlös sei – trotz vorangegangener Besteuerung der Nutzungsentnahme – in voller Höhe als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Er sei weder anteilig zu kürzen, noch finde eine gewinnmindernde Korrektur in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA statt. Dies beruhe – so der BFH – darauf, dass die Besteuerung der Privatnutzung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens in Form der Nutzungsentnahme und dessen spätere Veräußerung zwei unterschiedliche Vorgänge darstellten, die getrennt zu betrachten seien. Aus dem Gesetz, insbesondere aus § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG, lasse sich kein anderes Ergebnis herleiten. In der Besteuerung des vollständigen Veräußerungserlöses sei auch kein Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und das objektive Nettoprinzip zu sehen.
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 13/18 vom 13.05.2020
… nach § 8 Abs. 2 Satz 1 und nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG
Gesetzentwurf
BMF, Mitteilung vom 06.10.2020
Mit der Verordnung soll von der in § 27 Abs. 15 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch gemacht werden, die Verlängerung der umwandlungssteuerlichen Fristen in § 9 Satz 3 und § 20 Abs. 6 UmwStG von acht auf zwölf Monate coronabedingt auf das Jahr 2021 auszudehnen.
Damit wird für die Steuerpflichtigen frühzeitig Planungssicherheit geschaffen, dass auch für Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und für Einbringungen im Jahr 2021 Bilanzen zugrunde gelegt werden können, die auf einen zwölf (statt acht) Monate zurückliegenden Zeitpunkt aufgestellt wurden. Die Ermächtigung steht unter der Bedingung einer entsprechenden Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, in der auch die coronabedingte Verlängerung der Acht-Monats-Frist in § 17 Abs. 2 Satz 4 Umwandlungsgesetz entsprechend ausgedehnt wird.
Diese Verordnung soll voraussichtlich am 14. Oktober 2020 vom Kabinett beschlossen und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden.
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III B 1 - Z-8201 / 19 / 10001 :005 vom 03.10.2020
Durch Artikel 3 des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S.1512) wurde in § 21 UStG – Besondere Vorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer – ein neuer Absatz 3a eingefügt. Demnach gilt für Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub bewilligt ist, eine geänderte Fälligkeitsfrist. Der Termin, ab dem diese Regelung anwendbar ist, wird gemäß § 27 Abs. 31 UStG mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen bekanntgegeben, sobald feststeht, bis wann die IT-Voraussetzungen geschaffen werden können.
Ich bitte, die Regelung nunmehr zu dem am 1. Dezember 2020 beginnenden Aufschubzeitraum umzusetzen.
Dies bedeutet konkret, dass der Fälligkeitstermin für Einfuhren des Aufschubzeitraums Dezember einheitlich vom 16. Januar 2021 auf den 26. Februar 2021 verschoben wird. Die Fälligkeitstermine für anschließende Aufschubzeiträume verschieben sich entsprechend.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 39/20 vom 08.10.2020 zum Urteil VI R 24/18 vom 14.05.2020
Nach der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts zum Veranlagungszeitraum 2014 gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird, als erste Tätigkeitsstätte. Dies gilt auch dann, wenn die Bildungseinrichtung lediglich im Rahmen einer kurzzeitigen Bildungsmaßnahme besucht wird, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.05.2020 – VI R 24/18 entschieden hat.
Seit dem Veranlagungszeitraum 2014 werden Auszubildende und Studierende, die eine Bildungseinrichtung dauerhaft aufsuchen, im Gegensatz zur früheren Rechtslage einem Arbeitnehmer steuerlich gleichgestellt, der eine erste Tätigkeitsstätte dauerhaft aufsucht. In diesen Fällen kann der Auszubildende/Studierende Aufwendungen für die Fahrten zur Bildungseinrichtung nur noch mit der Entfernungspauschale (0,30 Euro/Entfernungskilometer) und nicht mehr in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten ansetzen. Auch der Abzug von Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen kommt nicht mehr nach Dienstreisegrundsätzen, sondern nur noch in Betracht, wenn der Steuerpflichtige am Lehrgangsort einen durch die Bildungsmaßnahme veranlassten doppelten Haushalt führt.
Der Kläger, der nicht in einem Arbeitsverhältnis stand, besuchte einen viermonatigen Schweißtechnikerlehrgang in Vollzeit. In Zusammenhang mit dem Lehrgang machte er u. a. Kosten für eine Unterkunft am Lehrgangsort sowie Verpflegungsmehraufwendungen für drei Monate nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten geltend. Er verneinte die Gleichstellung mit einem Arbeitnehmer angesichts der Kürze der Lehrgangsdauer.
Dieser Auffassung folgte der BFH, wie schon zuvor das Finanzamt und das Finanzgericht, nicht.
Die Dauer einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme sei für die Einordnung einer Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte i. S. des neugefassten § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG unerheblich. Das Gesetz verlange keine zeitliche Mindestdauer der Bildungsmaßnahme. Erforderlich, aber auch ausreichend sei, dass der Steuerpflichtige die Bildungseinrichtung anlässlich der regelmäßig ohnehin zeitlich befristeten Bildungsmaßnahme nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsuche. Der Auszubildende/Studierende werde mithin einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer gleichgestellt.
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7140 / 19 / 10002 :007 vom 09.10.2020
Mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) wurden die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung in § 6a Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie für deren Steuerfreiheit in § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG geändert. Daneben wurden in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) die bisherigen Regelungen für den Belegnachweis für die Steuerfreiheit um eine Gelangensvermutung ergänzt. Unter Bezugnahme auf die Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hinsichtlich der Umsatzsteuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen das im Schreiben Dargestellte.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind erstmals auf innergemeinschaftliche Lieferungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 bewirkt werden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Gesetzentwurf
BMF, Mitteilung vom 06.10.2020
Mit der Verordnung soll von der in § 27 Abs. 15 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch gemacht werden, die Verlängerung der umwandlungssteuerlichen Fristen in § 9 Satz 3 und § 20 Abs. 6 UmwStG von acht auf zwölf Monate coronabedingt auf das Jahr 2021 auszudehnen.
Damit wird für die Steuerpflichtigen frühzeitig Planungssicherheit geschaffen, dass auch für Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und für Einbringungen im Jahr 2021 Bilanzen zugrunde gelegt werden können, die auf einen zwölf (statt acht) Monate zurückliegenden Zeitpunkt aufgestellt wurden. Die Ermächtigung steht unter der Bedingung einer entsprechenden Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, in der auch die coronabedingte Verlängerung der Acht-Monats-Frist in § 17 Abs. 2 Satz 4 Umwandlungsgesetz entsprechend ausgedehnt wird.
Diese Verordnung soll voraussichtlich am 14. Oktober 2020 vom Kabinett beschlossen und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden.
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 39/20 vom 08.10.2020 zum Urteil VI R 24/18 vom 14.05.2020
Nach der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts zum Veranlagungszeitraum 2014 gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird, als erste Tätigkeitsstätte. Dies gilt auch dann, wenn die Bildungseinrichtung lediglich im Rahmen einer kurzzeitigen Bildungsmaßnahme besucht wird, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.05.2020 – VI R 24/18 entschieden hat.
Seit dem Veranlagungszeitraum 2014 werden Auszubildende und Studierende, die eine Bildungseinrichtung dauerhaft aufsuchen, im Gegensatz zur früheren Rechtslage einem Arbeitnehmer steuerlich gleichgestellt, der eine erste Tätigkeitsstätte dauerhaft aufsucht. In diesen Fällen kann der Auszubildende/Studierende Aufwendungen für die Fahrten zur Bildungseinrichtung nur noch mit der Entfernungspauschale (0,30 Euro/Entfernungskilometer) und nicht mehr in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten ansetzen. Auch der Abzug von Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen kommt nicht mehr nach Dienstreisegrundsätzen, sondern nur noch in Betracht, wenn der Steuerpflichtige am Lehrgangsort einen durch die Bildungsmaßnahme veranlassten doppelten Haushalt führt.
Der Kläger, der nicht in einem Arbeitsverhältnis stand, besuchte einen viermonatigen Schweißtechnikerlehrgang in Vollzeit. In Zusammenhang mit dem Lehrgang machte er u. a. Kosten für eine Unterkunft am Lehrgangsort sowie Verpflegungsmehraufwendungen für drei Monate nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten geltend. Er verneinte die Gleichstellung mit einem Arbeitnehmer angesichts der Kürze der Lehrgangsdauer.
Dieser Auffassung folgte der BFH, wie schon zuvor das Finanzamt und das Finanzgericht, nicht.
Die Dauer einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme sei für die Einordnung einer Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte i. S. des neugefassten § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG unerheblich. Das Gesetz verlange keine zeitliche Mindestdauer der Bildungsmaßnahme. Erforderlich, aber auch ausreichend sei, dass der Steuerpflichtige die Bildungseinrichtung anlässlich der regelmäßig ohnehin zeitlich befristeten Bildungsmaßnahme nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsuche. Der Auszubildende/Studierende werde mithin einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer gleichgestellt.
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III B 1 - Z-8201 / 19 / 10001 :005 vom 03.10.2020
Durch Artikel 3 des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S.1512) wurde in § 21 UStG – Besondere Vorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer – ein neuer Absatz 3a eingefügt. Demnach gilt für Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub bewilligt ist, eine geänderte Fälligkeitsfrist. Der Termin, ab dem diese Regelung anwendbar ist, wird gemäß § 27 Abs. 31 UStG mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen bekanntgegeben, sobald feststeht, bis wann die IT-Voraussetzungen geschaffen werden können.
Ich bitte, die Regelung nunmehr zu dem am 1. Dezember 2020 beginnenden Aufschubzeitraum umzusetzen.
Dies bedeutet konkret, dass der Fälligkeitstermin für Einfuhren des Aufschubzeitraums Dezember einheitlich vom 16. Januar 2021 auf den 26. Februar 2021 verschoben wird. Die Fälligkeitstermine für anschließende Aufschubzeiträume verschieben sich entsprechend.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7112 / 19 / 10001 :001 vom 01.10.2020
Der BFH hat in seinem Urteil vom 22. August 2013, V R 37/10, festgestellt, dass Werklieferungen vorliegen, sobald zusätzlich zur Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG) ein fremder Gegenstand be- oder verarbeitet wird. Darüber hinaus stellt der BFH fest, dass die Be- oder Verarbeitung eigener Gegenstände des Leistenden nicht für die Annahme einer Werklieferung ausreichend ist.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 30. September 2020 – III C 3 -S-7244 / 20 / 10001 :002 (2020/0977702), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, in Abschnitt 3.8 Abs. 1 der Satz 1 wie folgt gefasst:
„ 1Eine Werklieferung liegt vor, wenn der Werkhersteller für das Werk einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet und dafür selbstbeschaffte Stoffe verwendet, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind (vgl. BFH-Urteil vom 22. 8. 2013, V R 37/10, BStBl 2014 II S. 128).“
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird hinsichtlich aller bis vor dem 1. Januar 2021 entstandener gesetzlicher Umsatzsteuer – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs und Fälle des § 13b UStG – nicht beanstandet, wenn die Unternehmer Lieferungen entsprechend der bisherigen Fassung des Abschnitts 3.8 Absatz 1 Satz 1 UStAE behandelt haben.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 - S-2334 / 19 / 10009 :004 vom 29.09.2020
Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr und Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften – Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 46 EStG und Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten für die Anwendung der einkommensteuerlichen und lohnsteuerlichen Vorschriften des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr vom 7. November 2016 (BGBl. I Seite 2498, BStBl I 2016 Seite 1211) und des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I Seite 2451, BStBl I 2020 Seite 17) die folgenden Grundsätze:
1 Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr vom November 2016 (a. a. O.) wurden vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens und für die zeitweise zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung von der Einkommensteuer befreit (§ 3 Nr. 46 EStG).
2 Der Arbeitgeber hat auch die Möglichkeit, die Lohnsteuer für geldwerte Vorteile aus der Übereignung einer Ladevorrichtung sowie für Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Erwerb und für die Nutzung einer Ladevorrichtung pauschal mit 25 Prozent zu erheben (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG).
3 Voraussetzung ist jeweils, dass die geldwerten Vorteile und Leistungen sowie die Zuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, vgl. Rdnr. 34.
4 Die Regelungen gelten seit dem 1. Januar 2017 und ihr Anwendungszeitraum wurde mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (a. a. O.) bis zum 31. Dezember 2030 (§ 52 Abs. 4 Satz 14 und Abs. 37c EStG) verlängert, vgl. Rdnr. 37
5 Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 46 EStG gilt für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) und für die dem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung.
6 Elektrofahrzeug ist ein Kraftfahrzeug, das ausschließlich durch einen Elektromotor angetrieben wird, der ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrochemischen Energiespeichern (z. B. Schwungrad mit Generator oder Batterie) oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern (z. B. wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle) gespeist wird.
7 Nach dem Verzeichnis des Kraftfahrtbundesamtes zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern (Stand: März 2020) weisen danach folgende Codierungen im Feld 10 der Zulassungsbescheinigung ein Elektrofahrzeug in diesem Sinne aus: 0004 und 0015.
8 Hybridelektrofahrzeug ist ein Hybridfahrzeug, das zum Zwecke des mechanischen Antriebs aus folgenden Quellen im Fahrzeug gespeicherte Energie/Leistung bezieht:
Hybridelektrofahrzeuge im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG müssen zudem extern aufladbar sein.
9 Nach dem Verzeichnis des Kraftfahrtbundesamtes zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern (Stand: März 2020) weisen danach folgende Codierungen im Feld 10 der Zulassungsbescheinigung ein Hybridelektrofahrzeug in diesem Sinne aus: 0016 bis 0019 und 0025 bis 0031.
10 Zu den begünstigten Fahrzeugen rechnen auch Elektrofahrräder, wenn diese verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen sind (z. B. gelten Elektrofahrräder, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 Kilometer pro Stunde unterstützt, als Kraftfahrzeuge) sowie Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung vom 6. Juni 2019 (BGBl. I Seite 756); das sind insbesondere Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h. Aus Billigkeitsgründen rechnen vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen von Elektrofahrrädern, die verkehrsrechtlich nicht als Kraftfahrzeug einzuordnen sind (u. a. keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht), im Betrieb des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) nicht zum Arbeitslohn; Rdnr. 37 ist hier nicht anzuwenden.
11 Begünstigt ist das Aufladen sowohl privater Elektrofahrzeuge oder Hybridelektrofahrzeuge des Arbeitnehmers als auch betrieblicher Elektrofahrzeuge oder Hybridelektrofahrzeuge des Arbeitgebers, die dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassen werden (sog. Dienstwagen).
12 Wird der geldwerte Vorteil aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens zu privaten Fahrten typisierend nach der pauschalen Nutzungswertermittlung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG (1 %-Regelung) ermittelt, ist der geldwerte Vorteil für den vom Arbeitgeber verbilligt oder unentgeltlich gestellten Ladestrom bereits abgegolten. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 46 EStG wirkt sich nicht aus.
13 Bei Anwendung der individuellen Nutzungswertermittlung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG (Fahrtenbuchmethode) bleiben unter entsprechender Anwendung von R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 8 zweiter Halbsatz LStR 2015 Kosten für den vom Arbeitgeber verbilligt oder unentgeltlich gestellten, nach § 3 Nr. 46 EStG steuerfreien Ladestrom bei der Ermittlung der insgesamt durch das Kraftfahrzeug entstehenden Aufwendungen im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG (Gesamtkosten) außer Ansatz.
14 Die Steuerbefreiung ist weder auf einen Höchstbetrag, noch nach der Anzahl der begünstigten Kraftfahrzeuge begrenzt.
15 Begünstigt ist das Aufladen an jeder ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines mit dem Arbeitgeber verbundenen Unternehmens im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes. Nicht begünstigt ist das Aufladen bei einem Dritten oder an einer von einem fremden Dritten betriebenen Ladevorrichtung im Sinne der Rdnr. 20 sowie das Aufladen beim Arbeitnehmer (vgl. Rdnr. 19 und 29).
16 Die Steuerbefreiung gilt insbesondere für Ladestrom,
17 Die Steuerbefreiung gilt insbesondere nicht für Ladestrom an:
18 Steuerbefreit sind vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die zur privaten Nutzung zeitweise überlassene betriebliche Ladevorrichtung für Elektrofahrzeuge oder Hybridelektrofahrzeuge, nicht jedoch deren Übereignung (vgl. Rdnr. 27).
19 Der von dieser betrieblichen Ladevorrichtung für Elektrofahrzeuge oder Hybridelektrofahrzeuge bezogene Ladestrom fällt nicht unter die Steuerbefreiung. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Stromanschluss des Arbeitgebers handelt oder ob der Arbeitgeber die Stromkosten des Arbeitnehmers bezuschusst.
20 Ladevorrichtung für ein Elektrofahrzeug oder ein Hybridelektrofahrzeug im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG ist die gesamte Ladeinfrastruktur einschließlich Zubehör sowie die in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen. Dazu gehören z. B. der Aufbau, die Installation und die Inbetriebnahme der Ladevorrichtung, deren Wartung und Betrieb sowie die für die Inbetriebnahme notwendigen Vorarbeiten wie das Verlegen eines Starkstromkabels.
21 Private Nutzung in diesem Sinne ist jede Nutzung der Ladevorrichtung durch den Arbeitnehmer außerhalb der betrieblichen Nutzung für den Arbeitgeber. Steuerfrei ist daher auch die Nutzung der zeitweise überlassenen betrieblichen Ladevorrichtung im Rahmen anderer Einkunftsarten des Arbeitnehmers (z. B. der Arbeitnehmer lädt dort sein privates Elektrofahrzeug auf und fährt zu seinem Vermietungsobjekt).
22 Bei privaten Elektrofahrzeugen oder Hybridelektrofahrzeugen des Arbeitnehmers stellt die Erstattung der vom Arbeitnehmer selbst getragenen Stromkosten steuerpflichtigen Arbeitslohn dar (vgl. Rdnr. 19). Bei betrieblichen Elektrofahrzeugen oder Hybridelektrofahrzeugen des Arbeitgebers, die dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassen werden (sog. Dienstwagen), stellt die Erstattung der vom Arbeitnehmer selbst getragenen Stromkosten einen steuerfreien Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG dar.
23 Es bestehen keine Bedenken, für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2020 zur Vereinfachung des Auslagenersatzes für das elektrische Aufladen eines Dienstwagens (nur Pkw) nach § 3 Nr. 50 EStG und zur Anrechnung von selbst getragenen individuellen Kosten des Arbeitnehmers für Ladestrom auf den Nutzungswert folgende monatlichen Pauschalen typisierend zugrunde zu legen:
a) mit zusätzlicher Lademöglichkeit beim Arbeitgeber
20 Euro für Elektrofahrzeuge im Sinne der Rdnr. 6 und 10 Euro für Hybridelektrofahrzeuge im Sinne der Rdnr. 8
b) ohne Lademöglichkeit beim Arbeitgeber
50 Euro für Elektrofahrzeuge im Sinne der Rdnr. 6 und 25 Euro für Hybridelektrofahrzeuge im Sinne der Rdnr. 8.
24 Es bestehen keine Bedenken, für den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2030 zur Vereinfachung des Auslagenersatzes für das elektrische Aufladen eines Dienstwagens (nur Pkw) nach § 3 Nr. 50 EStG und zur Anrechnung von selbst getragenen individuellen Kosten des Arbeitnehmers für Ladestrom auf den Nutzungswert folgende monatlichen Pauschalen typisierend zugrunde zu legen:
a) mit zusätzlicher Lademöglichkeit beim Arbeitgeber
30 Euro für Elektrofahrzeuge im Sinne der Rdnr. 6 und 15 Euro für Hybridelektrofahrzeuge im Sinne der Rdnr. 8
b) ohne Lademöglichkeit beim Arbeitgeber
70 Euro für Elektrofahrzeuge im Sinne der Rdnr. 6 und 35 Euro für Hybridelektrofahrzeuge im Sinne der Rdnr. 8.
25 Als zusätzliche Lademöglichkeit beim Arbeitgeber im Sinne der Rdnrn. 23 Buchst. a und 24 Buchst. a gilt jeder zum unentgeltlichen oder verbilligten Aufladen des Dienstwagens geeignete Stromanschluss an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des lohnsteuerlichen Arbeitgebers (nicht eines mit dem Arbeitgeber verbundenen Unternehmens). Dem gleichgestellt ist eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung gestellte Stromtankkarte zum Aufladen des Dienstwagens bei einem Dritten. Ist keine zusätzliche Lademöglichkeit beim Arbeitgeber in diesem Sinne gegeben, sind die Pauschalen nach den Rdnrn. 23 Buchst. b und 24 Buchst. b anwendbar.
26 Durch den pauschalen Auslagenersatz sind sämtliche Kosten des Arbeitnehmers für den Ladestrom abgegolten. Ein zusätzlicher Auslagenersatz der nachgewiesenen tatsächlichen Kosten für den von einem Dritten bezogenen Ladestrom ist nicht zulässig. Übersteigen die vom Arbeitnehmer in einem Kalendermonat getragenen Kosten für den von einem Dritten bezogenen Ladestrom die maßgebende Pauschale, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anstelle der maßgebenden Pauschale auch die anhand von Belegen nachgewiesenen tatsächlichen Kosten als steuerfreien Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG erstatten. Dies gilt entsprechend für die Anrechnung von selbst getragenen individuellen Kosten des Arbeitnehmers für Ladestrom auf den Nutzungswert.
27 Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent erheben, soweit er dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn unentgeltlich oder verbilligt eine Ladevorrichtung für Elektrofahrzeuge oder Hybridelektrofahrzeuge im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG übereignet. Somit kommt eine Pauschalierung nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber die Ladevorrichtung zeitweise unentgeltlich oder verbilligt überlässt (vgl. Rdnr. 18). Zum Begriff der Ladevorrichtung vgl. Rdnr. 20.
28 Es ist aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn als Bemessungsgrundlage der pauschalen Lohnsteuer für die Übereignung der Ladevorrichtung die Aufwendungen des Arbeitgebers für den Erwerb der Ladevorrichtung im Sinne der Rdnr. 20 (einschließlich Umsatzsteuer) zugrunde gelegt werden.
29 Trägt der Arbeitnehmer die Aufwendungen für den Erwerb und die Nutzung (z. B. für die Wartung und den Betrieb, die Miete für den Starkstromzähler, nicht jedoch für den Ladestrom) einer privaten Ladevorrichtung selbst, kann der Arbeitgeber diese Aufwendungen bezuschussen oder vollständig übernehmen und die Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG pauschal mit 25 Prozent erheben. Die Pauschalierung der Lohnsteuer ist auch zulässig, wenn der Arbeitgeber die Ladevorrichtung übereignet (vgl. Rdnr. 27) und die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Nutzung der (nunmehr privaten) Ladevorrichtung
bezuschusst.
30 Die Pauschalierung der Lohnsteuer ist begrenzt auf die Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Erwerb und die Nutzung der Ladevorrichtung im Sinne der Rdnr. 20.
31 Pauschale Zuschüsse des Arbeitgebers für die Nutzung einer privaten Ladevorrichtung des Arbeitnehmers können pauschal besteuert werden, wenn die Aufwendungen für die Nutzung regelmäßig wiederkehren und soweit der Arbeitnehmer die entstandenen Aufwendungen für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten im Einzelnen nachweist. Die Pauschalierung der Lohnsteuer auf Grundlage des durchschnittlichen nachgewiesenen Betrags ist grundsätzlich so lange zulässig, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern.
32 Nutzt der Arbeitnehmer sein privates Elektrofahrzeug oder Hybridelektrofahrzeug für Dienstfahrten, kann er anstelle der tatsächlichen Kosten die gesetzlich festgelegten pauschalen Kilometersätze (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 EStG) aus Vereinfachungsgründen auch dann ansetzen, wenn der Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 46 EStG steuerfreie Vorteile oder nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG pauschal besteuerte Leistungen und Zuschüsse vom Arbeitgeber für dieses Elektrofahrzeug oder Hybridelektrofahrzeug erhält.
33 Beim Ansatz der tatsächlichen Fahrtkosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG) sind diese steuerfreien Vorteile oder pauschal besteuerten Leistungen und Zuschüsse nicht in die Gesamtaufwendungen des Arbeitnehmers einzubeziehen.
34 Voraussetzung ist, dass die geldwerten Vorteile und Leistungen sowie die Zuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Der steuerliche Vorteil ist damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsverzicht oder -umwandlungen ausgeschlossen, vgl. BMF-Schreiben vom 5. Februar 2020 (BStBl I Seite 222).
35 Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die steuerfreien Vorteile im Sinne des § 3 Nr. 46 EStG im Lohnkonto des Arbeitnehmers aufzuzeichnen, vgl. auch § 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 25. Juni 2020 (BGBl. I Seite 1495, BStBl I Seite 555). Dies gilt aus Vereinfachungsgründen auch für Vorteile im Sinne des § 3 Nr. 46 EStG, die vor dem Juni 2020 gewährt wurden.
36 Erhebt der Arbeitgeber die Lohnsteuer pauschal nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG, sind die Aufwendungen des Arbeitgebers für den Erwerb der Ladevorrichtung, die Zuschüsse des Arbeitgebers und die bezuschussten Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Erwerb und die Nutzung der Ladevorrichtung im Sinne der Rdnr. 20 nachzuweisen. Der Arbeitgeber hat diese Unterlagen als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren.
37 Dieses Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2016 (BStBl I Seite 1446) und vom 26. Oktober 2017 (BStBl I Seite 1439) und ist vorbehaltlich der Rdnrn. 23 und 24 für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2030 (§ 52 Abs. 4 Satz 14 und Abs. 37c EStG) anzuwenden. Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Urteil IV R 4/17 vom 28.05.2020
Erbschaft-/Schenkungsteuer
BFH, Urteil II R 34/17 vom 06.05.2020
Veräußert ein Gesellschafter einem vorformulierten Vertragswerk entsprechend seinen Geschäftsanteil an einen Pooltreuhänder, der diesen bis zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters treuhänderisch für die verbleibenden Gesellschafter hält, unterliegt der Vorgang bei den verbleibenden Gesellschaftern nicht der Schenkungsteuer.
Einkommensteuer
BFH, Urteil XI R 9/19 vom 27.05.2020
Abgabenordnung
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 4 -S-0319 / 20 / 10002 :003 vom 18.08.2020
Aus gegebenem Anlass wird auf die Geltung des nachfolgend abgedruckten BMF-Schreibens vom 6. November 2019 – IV A 4 – S-0319 / 19 / 10002 :001, DOK 2019/0891800 (BStBl I S. 1010) – hingewiesen:
„Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 (BGBl. S. 3152) ist § 146a AO eingeführt worden, wonach ab dem 1. Januar 2020 die Pflicht besteht, dass jedes eingesetzte elektronische Aufzeichnungssystem im Sinne des § 146a Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. § 1 Satz 1 KassenSichV sowie die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen sind.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Verwendung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. § 1 Satz 1 KassenSichV ohne zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung nach dem 31. Dezember 2019 Folgendes:
Die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen sind umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen. Zur Umsetzung einer flächendeckenden Aufrüstung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a AO wird es nicht beanstandet, wenn diese elektronischen Aufzeichnungssysteme längstens bis zum 30. September 2020 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen.
Die Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 AO bleibt hiervon unberührt.
Die digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für Kassensysteme – DSFinV-K – findet bis zur Implementierung der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung, längstens für den Zeitraum der Nichtbeanstandung, keine Anwendung.
Von der Mitteilung nach § 146a Abs. 4 AO ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit abzusehen. Der Zeitpunkt des Einsatzes der elektronischen Übermittlungsmöglichkeit wird im Bundessteuerblatt Teil I gesondert bekannt gegeben.“
Aus gegebenem Anlass wird überdies auf die Geltung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 148 hingewiesen:
„Die Bewilligung von Erleichterungen kann sich nur auf steuerrechtliche Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten erstrecken. § 148 AO lässt eine dauerhafte Befreiung von diesen Pflichten nicht zu. Persönliche Gründe, wie Alter und Krankheit des Steuerpflichtigen, rechtfertigen regelmäßig keine Erleichterungen (BFH-Urteil vom 14. 7. 1954, II 63/53 U, BStBl III S. 253). Eine Bewilligung soll nur ausgesprochen werden, wenn der Steuerpflichtige sie beantragt.“
Die im BMF-Schreiben vom 6. November 2019 genannte Frist erlaubt eine Nichtbeanstandung längstens bis zum 30. September 2020. Das BMF-Schreiben tritt nicht am 30. September 2020 außer Kraft, sondern ist weiterhin gültig und damit zu beachten.
Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 148 ist eine fachliche Weisung im Sinne des § 21a Abs. 1 FVG und stellt u. a. klar, dass eine Bewilligung von Erleichterungen im Regelfall nur auf Antrag ausgesprochen werden darf.
Von den oben genannten fachlichen Weisungen abweichende Erlasse bedürfen der Abstimmung nach § 21a Abs. 1 FVG zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Außensteuergesetz
BFH, Urteil I R 40/19 (I R 14/16) vom 27.11.2019
MwStSystRL
BFH, Urteil V R 21/19 vom 24.06.2020
Erbringt ein Träger des Jugendfreiwilligendienstes, der gemäß § 11 Abs. 1 JFDG zur Gewährung von Geld- oder Sachleistungen an die Freiwilligen verpflichtet ist, Leistungen an die Einsatzstelle der Freiwilligen, die von der Einsatzstelle durch eine monatliche Pauschale vergütet wird, ist diese Leistung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei.
Abgabenordnung
BFH, Urteil VIII R 12/17 vom 16.06.2020
Ein in einem Änderungsbescheid enthaltener Vorläufigkeitsvermerk, der an die Stelle des bereits im Vorgängerbescheid enthaltenen Vorläufigkeitsvermerks tritt, bestimmt den Umfang der Vorläufigkeit neu und regelt abschließend, inwieweit die Steuer nunmehr vorläufig festgesetzt ist, wenn für den Steuerpflichtigen nach seinem objektiven Verständnishorizont nicht erkennbar ist, dass der ursprüngliche Vorläufigkeitsvermerk trotz der Änderung wirksam bleiben soll (Anschluss an BFH-Urteil vom 19.10.1999 – IX R 23/98, BFHE 190, 44, BStBl II 2000 S. 282 Rz 17).
Umsatzsteuer
Befristete Anwendung des ermäßigten Steuersatzes der Umsatzsteuer für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 4 – S-1547 / 19 / 10001 :001 vom 27.08.2020
Durch Artikel I des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1585) wurde mit § 12 Absatz 2 Nr. 15 eine Regelung eingeführt, nach der für die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Juli 2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken der ermäßigte Steuersatz der Umsatzsteuer anzuwenden ist.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden gebe ich nachstehend die für das Jahr 2020 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) bekannt:
Vorbemerkungen
(…)
Das BMF-Schreiben vom 2. Dezember 2019 (GZ: IV A 4 – S-1547 / 19 / 10001:001, DOK 2019/1054438) wird aufgehoben.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 36/20 vom 27.08.2020 zum Urteil X R 16/18 vom 06.05.2020
Die von einer gesetzlichen Krankenkasse gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge, sofern hierdurch ein finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Dies gilt – wie der Bundesfinanzhof (BFH) am 06.05.2020 (X R 16/18) entschieden hat – auch in den Fällen, in denen der Bonus pauschal ermittelt wird.
Der gesetzlich krankenversicherte Kläger hatte von seiner Krankenkasse für “gesundheitsbewusstes Verhalten” Boni von insgesamt 230 Euro erhalten, u. a. für einen Gesundheits-Check-up, eine Zahnvorsorgeuntersuchung, die Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio und Sportverein sowie für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts. Das Finanzamt behandelte die Boni im Hinblick auf deren rein pauschale Zahlung als Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und minderte den Sonderausgabenabzug des Klägers. Demgegenüber wertete das Finanzgericht die Zahlungen als Leistungen der Krankenkasse, die weder die Sonderausgaben beeinflussten, noch als sonstige Einkünfte eine steuerliche Belastung auslösten.
Der BFH nimmt in seiner Entscheidung, mit der er seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Bonuszahlungen gemäß § 65a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (vgl. Urteil vom 01.06.2016 – X R 17/15, BFHE 254, 111, BStBl II 2016 S. 989) weiterentwickelt, eine differenzierte Betrachtung vor. Danach mindern auch solche Boni, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern nur pauschal gewährt werden, nicht den Sonderausgabenabzug. Sie sind zudem nicht als steuerlich relevante Leistung der Krankenkasse anzusehen. Voraussetzung ist allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Steuerpflichtigen Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und realitätsgerecht ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den eigenen Aufwand ganz oder teilweise auszugleichen. Nimmt der Steuerpflichtige dagegen Vorsorgemaßnahmen in Anspruch, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z. B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge), fehlt es an eigenem Aufwand, der durch einen Bonus kompensiert werden könnte. In diesem Fall liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung der Krankenkasse vor. Gleiches gilt für Boni, die für den Nachweis eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (bspw. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden.
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 44/17 vom 28.04.2020
Leitsatz
Eine verspätete Feststellung des Jahresabschlusses nach § 42a Abs. 2 GmbHG führt auch im Falle eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers nicht per se zu einer Vorverlegung des Zuflusses einer Tantieme auf den Zeitpunkt, zu dem die Fälligkeit bei fristgerechter Aufstellung des Jahresabschlusses eingetreten wäre.
Abgabenordnung
BFH, Pressemitteilung Nr. 35/20 vom 20.08.2020 zum Urteil V R 5/17 vom 12.03.2020
Gewährt eine gemeinnützige Körperschaft ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe Tätigkeitsvergütungen, liegen sog. Mittelfehlverwendungen vor, die zum Entzug ihrer Gemeinnützigkeit führen können. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12.03.2020 (Az. V R 5/17) entschieden.
Ob im Einzelfall unverhältnismäßig hohe Vergütungen anzunehmen sind, ist durch einen sog. Fremdvergleich zu ermitteln. Als Ausgangspunkt hierfür können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne dass dabei ein "Abschlag" für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorzunehmen ist. Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstreckt, sind nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20 % übersteigen. Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.
Im Streitfall hatte das Finanzamt einer gGmbH, die sich in der psychiatrischen Arbeit engagiert und in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche erbringt, wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 - 2010 versagt. Das Finanzgericht (FG) hatte die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Der BFH bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen. Die Revision der Klägerin war allein in Bezug auf die Streitjahre 2006 und 2007 erfolgreich, weil das FG für das Jahr 2006 nicht berücksichtigt hatte, dass die Angemessenheitsgrenze lediglich geringfügig (um ca. 3.000 Euro) überschritten war und es für das Jahr 2007 unterlassen hatte, bei der Angemessenheitsprüfung einen Sicherheitszuschlag anzusetzen.
Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da es die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführerbezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützigen Körperschaften (z. B. Miet-, Pacht-, Darlehensverträge) angewendet werden können.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 48/17 vom 12.03.2020
Leitsatz
Ein Abrechnungsdokument ist keine Rechnung und kann deshalb auch nicht mit der Folge einer Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug rückwirkend berichtigt werden, wenn es wegen ganz allgemein gehaltener Angaben (hier "Produktverkäufe") nicht möglich ist, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
- kein Vertrauensschutz bei sorgfaltswidriger Nichtabfrage der USt-IdNr.
BFH, Urteil XI R 38/18 vom 11.03.2020
Leitsatz
Quelle: BFH
BSI Schutzprofile
„Schutzprofil „Sicherheitsmodulanwendung für elektronische Aufzeichnungssysteme“ BSI-CC-PP-0105-V2-2020, Version 1.0“
BMF, Schreiben IV A 4 - S-0316-a / 20 / 10011 :001 vom 07.08.2020
Grundsätzlich ist auch eine Fortführung der Zertifizierung nach der ersten Fassung des Schutzprofils in Version 0.75 möglich; gleiches gilt für die Re-Zertifizierung von bereits nach der ersten Fassung zertifizierten Produkten, sofern nur geringfügige Anpassungen am Produkt vorgenommen wurden.
Das geänderte Schutzprofil 1.0 ist auf der Internetseite des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik veröffentlicht
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Grunderwerbsteuer
Anspruch auf Rückgängigmachung eines grunderwerbsteuerbaren Rechtsgeschäfts bei Wohnflächendifferenzen
BFH, Urteil II R 4/18 vom 19.02.2020
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil IX R 14/19 vom 28.04.2020
Leitsatz
Bestandskräftig zu Unrecht als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand geltend gemachte Anschaffungskosten führen zu einer Minderung des AfA-Volumens und stehen insoweit einer Weiterführung der AfA entgegen.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 31/20 vom 30.07.2020 zum Urteil III R 66/18 vom 19.02.2020
Nach einer durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz mit Wirkung ab 01.01.2018 in das Kindergeldrecht eingefügten Ausschlussfrist (§ 66 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes) wird das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Die Regelung ist nur auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 eingehen. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 19.02.2020 III R 66/18 entschieden hat, ist diese Ausschlussfrist bereits bei der Festsetzung des Kindergeldes im Kindergeldbescheid zu berücksichtigen und nicht erst bei der nachfolgenden Auszahlung des festgesetzten Kindergeldes. Setzt die Familienkasse das Kindergeld dagegen über den Sechsmonatszeitraum hinaus fest, muss sie es auch vollständig auszahlen.
Der Kläger ist der Vater einer im Februar 1997 geborenen Tochter. In einem bereits 2015 gestellten Antrag gab der Kläger an, dass seine Tochter ab September 2015 eine Ausbildung zur Erzieherin aufnehmen wolle. Die Familienkasse setzte daraufhin zunächst Kindergeld fest, hob die Kindergeldfestsetzung aber im Juli 2015 mangels Vorlage eines Ausbildungsnachweises wieder auf. Mit einem dann erst im April 2018 bei der Familienkasse eingegangenen Antrag begehrte der Kläger erneut Kindergeld für den Zeitraum ab August 2015. Die Familienkasse setzte in einem Bescheid vom April 2018 laufendes Kindergeld ab dem Monat August 2015 fest. Die Nachzahlung von Kindergeld beschränkte sie jedoch auf den Zeitraum von Oktober 2017 bis April 2018. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt und erkannte einen Nachzahlungsanspruch auch für die Monate August 2015 bis September 2017 an.
Der BFH hielt die dagegen gerichtete Revision der Familienkasse für unbegründet. Danach ist die Vorschrift über die Ausschlussfrist bereits bei der Festsetzung des Kindergeldes zu berücksichtigen. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass der Gesetzgeber die Ausschlussfrist im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen geregelt hat, die ebenfalls die Festsetzung des Kindergeldes betreffen. Zudem wird der Zweck der Norm, den Anspruchsteller zu einer zeitnahen Stellung seines Kindergeldantrags zu bewegen und der Familienkasse dadurch die notwendige Aufklärung des Sachverhalts zu ermöglichen, auch erreicht, wenn bereits die rückwirkende Festsetzung des Kin-dergeldes auf den Sechsmonatszeitraum beschränkt wird. Da die Familienkasse im Streitfall das Kindergeld über den Sechsmonatszeitraum hinaus rückwirkend festgesetzt hatte, hielt sie der BFH auch für verpflichtet, das Kindergeld in diesem Umfang an den Kläger auszuzahlen.
Durch das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11.07.2019 wurde die bisherige Regelung über die Ausschlussfrist aufgehoben. Dafür wurde eine neue Regelung über eine Ausschlussfrist mit etwas verändertem Wortlaut in § 70 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes eingefügt.
Quelle: BFH
Grunderwerbsteuer
BFH, Beschluss II B 54/19 vom 03.06.2020
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BMF, Schreiben IV C 6 - S-2133-b / 20 / 10002 :003 vom 23.07.2020
Hiermit wird das aktualisierte Datenschema der Taxonomien (Version 6.4) als amtlich vorgeschriebener Datensatz nach § 5b EStG veröffentlicht. Die aktualisierten Taxonomien (Kern-, Ergänzungs- und Spezialtaxonomien) stehen unter www.esteuer.de zur Ansicht und zum Abruf bereit.
Die Taxonomien sind grundsätzlich für die Bilanzen der Wirtschaftsjahre zu verwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen (Wirtschaftsjahr 2021 oder 2021/2022). Sie gelten entsprechend für die in Randnummer 1 des BMF-Schreibens vom 28. September 2011 genannten Bilanzen sowie für Eröffnungsbilanzen, sofern diese nach dem 31. Dezember 2020 aufzustellen sind. Es wird nicht beanstandet, wenn diese auch für das Wirtschaftsjahr 2020 oder 2020/2021 verwendet werden.
Die Übermittlungsmöglichkeit mit diesen neuen Taxonomien wird für Testfälle voraussichtlich ab November 2020 und für Echtfälle ab Mai 2021 gegeben sein.
Die einzelnen Änderungen in den Taxonomien ergeben sich aus dem ebenfalls unter www.esteuer.de eingestellten Änderungsnachweis.
Mit BMF-Schreiben vom 6. Juni 2018 (BStBl I S. 714) wurde auf die Einführung des neuen Berichtsteils „steuerlicher Betriebsvermögensvergleich“ in der Taxonomie-Version 6.2 hingewiesen. Die werthaltige Übermittlung des Berichtsteils war bisher freiwillig. Ab der Taxonomie-Version 6.4 hat die werthaltige Übermittlung des Berichtsteils „steuerlicher Betriebsvermögensvergleich“ zu erfolgen. Die Übermittlungspflicht gilt für alle Taxonomiearten. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden Taxonomie-Positionen als „Mussfelder“ ausgezeichnet. Begleitend hierzu wurden zudem entsprechende ERiC-Regeln in den Technischen Leitfaden zur Taxonomie-Version 6.4 aufgenommen.
Mit Veröffentlichung der Taxonomie-Version 6.4 wird auch eine Vorschau auf die Taxonomie-Version 6.5 bereitgestellt. Die Vorschau enthält zwischen Wirtschaftsvertretern und Finanzverwaltung abgestimmte Taxonomie-Positionen aus handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, die eine optimierte Abbildung für Sachverhalte mit einer stillen Beteiligung ermöglichen. Die Vorschau bietet allen Betroffenen (Steuerpflichtigen, Wirtschaftsvertretern, Softwarehäusern, Finanzverwaltung) die Möglichkeit, sich frühzeitig mit den geplanten Änderungen auseinanderzusetzen und sich auf die Einführung der Taxonomie-Positionen vorzubereiten. In diesem Zusammenhang wird auf das BMF-Schreiben vom 24. November 2017 (BStBl I S. 1543) zur Übermittlungspflicht von Bilanzen nach § 5b EStG in Fällen atypisch stiller Gesellschaften hingewiesen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Die im BMF-Schreiben angekündigte Vorschau auf die Taxonomie-Version 6.5 ist technisch fertig gestellt. Eine Bereitstellung zum Download unter www.esteuer.de wird allerdings bis zur Veröffentlichung fachlicher Publikationen wenige Wochen zurückgestellt.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 29/20 vom 23.07.2020 zum Urteil VI R 17/20 vom 12.02.2020
Aufwendungen für die Erstausbildung sind ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nicht (mehr) als Werbungskosten abziehbar, wenn das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12.02.2020 VI R 17/20 entschieden hat.
Im Streitfall hatte eine Studentin Aufwendungen für ihr Erststudium als Werbungskosten geltend gemacht. Da sie in den Streitjahren keine bzw. nur geringfügige Einkünfte erzielte, wollte sie die dadurch entstehenden Verluste mit künftigen, nach dem Studium erzielten Einkünften verrechnen. Der BFH wollte der Klage der Studentin stattgeben, sah sich daran aber auf Grund des § 9 Abs. 6 EStG gehindert, der mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in das EStG aufgenommen worden ist. Danach sind die Aufwendungen für eine Erstausbildung nicht als Werbungskosten abziehbar. Deren Abzug kommt nur als Sonderausgaben begrenzt auf 4.000 Euro bzw. ab dem Jahr 2012 auf 6.000 Euro in Betracht. Da der Sonderausgabenabzug nicht zu einem vortragsfähigen Verlust führt, wirken sich - wie auch im Fall der Studentin - die Aufwendungen auf Grund der während der Ausbildung erzielten geringen Einkünfte regelmäßig nicht bzw. nicht in vollem Umfang steuerlich aus.
Der BFH hielt § 9 Abs. 6 EStG für verfassungswidrig und holte im Rahmen eines sog. Normenkontrollverfahrens die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ein. Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 19.11.2019 2 BvL 22-27/14 entschieden hat, dass der Ausschluss des Werbungskostenabzugs von Berufsausbildungskosten für eine Erstausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hat der BFH das zunächst ausgesetzte Verfahren der Studentin wieder aufgenommen und deren Klage abgewiesen.
Beim BFH war eine Vielzahl von Revisionen zu derselben Rechtsfrage anhängig. Sie betrafen ebenfalls den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für das Erststudium sowie insbesondere den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für die Pilotenausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfand. Diese Verfahren wurden nach der Entscheidung des BVerfG auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des BFH zurückgenommen und durch Einstellungsbeschluss erledigt.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
Veröffentlichung der BFH-Urteile XI R 22/14 vom 05.12.2018 und V R 47/16 vom 14.02.2019
BMF, Mitteilung (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7280-a / 19 / 10001 :001 vom 13.07.2020
Das BMF hat zur Anwendung diverser BFH-Urteile zur postalischen Erreichbarkeit des Rechnungsausstellers sowie zur Identität von Rechnungsaussteller und Leistungserbringer Stellung genommen und das UStAE entsprechend angepasst (Az. III C 2 - S-7280-a / 19 / 10001 :001).
I.
Der BFH hat in seinen Urteilen vom 13. Juni 2018, XI R 20/14, BStBl II S. 800, und vom 21. Juni 2018, V R 25/15, BStBl II S. 809, sowie V R 28/16, BStBl II S. 806, in Änderung seiner vorherigen Rechtsprechung entschieden, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt wird, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Vielmehr reicht jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, aus, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist. Diese Änderung der Rechtsprechung beruhte auf dem EuGH-Urteil vom 15. November 2017, C-374/16 und C-375/16, Geissel und Butin.
Mit seinem Urteil vom 5. Dezember 2018, XI R 22/14, BStBl II 2020 S. xxx hat der BFH diese Aussage dahingehend präzisiert, dass für die Prüfung des Rechnungsmerkmals „vollständige Anschrift" der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich ist. Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfänger.
Weiterhin hat der BFH mit seinem Urteil vom 14. Februar 2019, V R 47/16, BStBl II 2020 S. xxx, entschieden, dass für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug eine Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer erforderlich ist, was der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen, entspricht. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass die Steuerverwaltungen die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts kontrollieren können.
II.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 9. Juli 2020 - III C 2 - S-7107 / 19 / 10005 :014 (2020/0326324) -, BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:
1. Abschnitt 14.5 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
a) Nach Satz 4 wird folgender Satz 5 eingefügt:
„ 5Maßgeblich für eine Erreichbarkeit ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung (vgl. BFH-Urteil vom 5. 12. 2018, XI R 22/14, BStBl 2020 II S. xxx).“
b) Der bisherige Satz 5 wird der neue Satz 6.
2. Abschnitt 15.2a Abs. 2 wird wie folgt geändert:
a) Nach Satz 2 wird folgender Satz 3 eingefügt:
„ 3Der Rechnungsaussteller (Gutschriftsempfänger) muss mit dem leistenden Unternehmer grundsätzlich identisch sein, um eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller (Gutschriftsempfänger) herzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 14. 2. 2019, V R 47/16, BStBl II 2020 S. xxx).“
b) Die bisherigen Sätze 3 und 4 werden die neuen Sätze 4 und 5.
c) Nach dem neuen Satz 5 werden folgende Sätze 6 und 7 eingefügt:
„ 6Maßgeblich für eine Erreichbarkeit ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung. 7Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfänger (vgl. BFH-Urteil vom 5. 12. 2018, XI R 22/14, BStBl 2020 II S. xxx).“
d) Die bisherigen Sätze 5 bis 8 werden die neuen Sätze 8 bis 11.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden
Das BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2018, BStBl I S. 1401, wird aufgehoben.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 28/20 vom 16.07.2020 zum Urteil X R 18/18, X R 19/18 vom 15.01.2020
Umfangreiche Bau- und Erweiterungsmaßnahmen, die der Steuerpflichtige bei bevorstehender Veräußerung an einer langjährig privat vermieteten Immobilie vornimmt, können dazu führen, dass das Grundstück einem gewerblichen Betriebsvermögen zuzuordnen ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15.01.2020 - X R 18, 19/18 entschieden.
Der verstorbene Rechtsvorgänger der Kläger (X) vermietete seit den 1980er Jahren ein bebautes Grundstück an eine GmbH, die dort ein Senioren- und Pflegeheim betrieb. Im Jahr 1999 beantragte X die Genehmigung für die Errichtung eines Erweiterungsbaus, der im Jahr 2004 fertiggestellt wurde. Bereits vorher hatte X eine gewerbliche KG gegründet. Mitte des Jahres 2005 brachte X die Immobilie gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und Übernahme der mit dem Grundstück zusammenhängenden Verbindlichkeiten in die KG ein. Diese setzte das Mietverhältnis mit der GmbH fort. Das Finanzamt ging davon aus, X habe das Grundstück nicht aus seinem Privat-, sondern aus einem Betriebsvermögen eingebracht und besteuerte daher den hieraus entstandenen Gewinn. X habe aufgrund anderweitiger Grundstücksaktivitäten einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben, zu dem auch das in die KG eingebrachte Grundstück gehört habe. Das Finanzgericht (FG) bestätigte diese Beurteilung.
Der BFH hob die Entscheidung auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. Es fehlten ausreichende Feststellungen, ob das eingebrachte Grundstück in Anbetracht dessen langjähriger Nutzung im Rahmen privater Vermögensverwaltung überhaupt taugliches Objekt eines gewerblichen Grundstückshandels gewesen sein konnte. In Fortentwicklung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel könne dies - so der BFH - für privat vermietete Immobilien jedenfalls dann der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige im Hinblick auf eine Veräußerung Baumaßnahmen ergreife, die derart umfassend seien, dass hierdurch das bereits bestehende Gebäude nicht nur erweitert oder über seinen bisherigen Zustand hinausgehend wesentlich verbessert, sondern ein neues Wirtschaftsgut "Gebäude" hergestellt werde. Dementsprechend hat das FG in einem zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob durch die umfangreichen Baumaßnahmen des X entweder ein neues selbständiges Gebäude ("Erweiterungsbau") oder sogar ein einheitliches neues Gebäude geschaffen wurde. Wäre beides nicht feststellbar, hätte X das Grundstück aus seinem Privatvermögen - und damit nicht einkommensteuerbar - in die KG eingebracht.
Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommen, dass X das Grundstück aus einen Betriebsvermögen in das Gesellschaftsvermögen der KG eingebracht hätte, handelte es sich - so der abschließende Hinweis des BFH - nicht etwa um einen teil-, sondern vielmehr um einen vollentgeltlichen Vorgang. Denn als Gegenleistung für die Einbringung übernahm die KG neben der Gewährung von 100 % der Gesellschaftsrechte sämtliche im Zusammenhang mit der Immobilie stehenden Verbindlichkeiten. Die Zusammenfassung dieser beiden Entgeltkomponenten entsprach dem Grundstücksverkehrswert.
Quelle: BFH
Erbschaftsteuer
BFH, Urteil II R 1/16 vom 05.02.2020
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil IX R 9/18 vom 14.01.2020
Leitsatz
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7030 / 20 / 10006 :006 vom 02.07.2020
Aus der Praxis sind Fragen zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen mit der Ausnahme der Abgabe von Getränken vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 gem. § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG gestellt worden.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 25. Juni 2020 - III C 3 - S-7134 / 19 / 10003 :001 (2020/0626512), BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:
1. In Abschnitt 10.1 wird nach Abs. 11 folgender Abs. 12 angefügt:
„(12) Für die befristete Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken ist es nicht zu beanstanden, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von sogenannten Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z. B. Buffet, All-Inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird."
2. Abschnitt 12.16 Abs. 12 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„ 2Es wird ebenfalls nicht beanstandet, wenn der auf diese Leistungen entfallende Entgeltanteil mit 15 % des Pauschalpreises angesetzt wird.“
Die Regelungen dieses Schreibens sind in allen Fällen ab dem 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Bewertungsgesetz
BFH, Urteil II R 9/18 vom 05.12.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7030 / 20 / 10009 :004 vom 30.06.2020
Die Bundesregierung hat umfangreiche Maßnahmen des Konjunkturpakets beschlossen, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie entschlossen anzugehen. Dazu zählt insbesondere die befristete Senkung der Umsatzsteuer im zweiten Halbjahr 2020: Die Umsatzsteuer wird vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gesenkt. Der reguläre Steuersatz sinkt dabei von 19 % auf 16 %, der reduzierte Steuersatz von 7 % auf 5 %. Nach Entwürfen steht hier das finale BMF-Schreiben zur Verfügung.
Quelle: BMF
Forschungszulagengesetz
BMF, Mitteilung vom 01.07.2020
Die Europäische Kommission hat am 26. Juni 2020 die Genehmigung zum Evaluierungsplan, den die Bundesregierung für das Forschungszulagengesetz (FZulG) vorgelegt hat, erteilt und beschlossen, dass die Freistellung des FZulG über den anfänglichen sechsmonatigen Zeitraum hinaus bis sechs Monate nach Ablauf der in Artikel 59 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) festgelegten Geltungsdauer der AGVO fortbesteht. Die Freistellungsvoraussetzungen des FZulG gelten danach zunächst bis 30. Juni 2021. Der Beschluss der Europäischen Kommission wird entsprechend § 16 Absatz 3 FZulG im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht. Die weitere Anwendbarkeit der AGVO auf dieses Gesetz oder der Tag des Wegfalls der Freistellungsvoraussetzungen werden ebenfalls im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Vorlage-Beschluss V R 40/19 vom 07.05.2020
Leitsatz
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist die in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für die Mitgliedstaaten vorgesehene Ermächtigung, in ihrem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, in der Weise auszuüben,
2. Falls zur ersten Frage die Antwort a) zutreffend ist: Folgt aus der EuGH-Rechtsprechung zu den unternehmensfremden Zwecken i. S. von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (EuGH-Urteil VNLTO, EU:C:2009:88), dass bei einem Steuerpflichtigen,
die Erbringung einer unentgeltlichen Dienstleistung aus dem Bereich seiner wirtschaftlichen Tätigkeit für den Bereich seiner Hoheitstätigkeit keine Besteuerung nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG vorzunehmen ist?
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 20/17 vom 13.02.2020
Leitsatz
Quelle: BFH
Abgabenordnung
BFH, Urteil VII R 62/18 vom 17.12.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 26/20 vom 12.06.2020 zum Urteil VI R 42/17 vom 12.02.2020
Die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gilt arbeitstäglich einen Hin- und einen Rückweg ab. Legt ein Arbeitnehmer an einem Arbeitstag nur einen dieser Wege zurück, ist für den betreffenden Arbeitstag nur die Hälfte der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12.02.2020 – VI R 42/17 entschieden hat.
Der Kläger suchte regelmäßig arbeitstäglich seinen Arbeitsplatz auf und kehrte noch am selben Tag von dort nach Hause zurück. Vereinzelt erfolgte die Rückkehr nach Hause jedoch erst an einem der nachfolgenden Arbeitstage. Der Kläger machte auch in diesen Fällen sowohl für die Hin- als auch die Rückfahrt die vollständige Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend. Damit hatte er jedoch weder beim Finanzgericht noch beim BFH Erfolg.
Zur Abgeltung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden Entfernungskilometer anzusetzen. Die Entfernungspauschale gilt sowohl den Hinweg von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte als auch den Rückweg ab. Legt ein Arbeitnehmer die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an unterschiedlichen Arbeitstagen zurück, kann er die Entfernungspauschale für den jeweiligen Arbeitstag folglich nur zur Hälfte, also in Höhe von 0,15 Euro pro Entfernungskilometer, geltend machen.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil VIII R 8/16 vom 03.12.2019
Leitsatz
§ 20 Abs. 6 Satz 1 EStG steht der Verrechnung von Altverlusten i. S. des § 23 EStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (EStG a. F.) mit positiven Kapitaleinkünften i. S. des § 20 Abs. 2 EStG bei der (Antrags-)Veranlagung gemäß § 32d Abs. 4 EStG nicht entgegen, da die depotbezogene unterjährige Verlustverrechnung der auszahlenden Stelle i. S. des § 43a Abs. 3 EStG zwar zeitlich vorrangig, aber nicht endgültig ist (Anschluss an Senatsurteil vom 29.08.2017 - VIII R 23/15, BFHE 259, 336, BStBl II 2019 S. 54, Rz 11 ff.).
Quelle: BFH
Körperschaftsteuer
BFH, Beschluss I B 35/19 vom 10.12.2019
Leitsatz
Wird ein Drittanfechtungsrecht der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft hinsichtlich der gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos bejaht, ist jedenfalls nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Gesellschafter den sich aus § 166 AO ergebenden Beschränkungen unterworfen sind.
Quelle: BFH
Abgabenordnung
BFH, Pressemitteilung Nr. 25/20 vom 28.05.2020 zum Urteil VIII R 4/17 vom 14.01.2020
Der Steuerpflichtige verdient 128.641 Euro, erklärt diese Einkünfte ordnungsgemäß seinem Finanzamt (FA), muss aber im Ergebnis keine Einkommensteuer zahlen. Denn wie der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 14.01.2020 (VIII R 4/17) entschieden hat, kann ein bestandskräftiger Steuerbescheid nicht mehr nachträglich vom FA nach § 129 der Abgabenordnung (AO) berichtigt werden, wenn die fehlende Erfassung der vom Steuerpflichtigen ordnungsgemäß erklärten Einkünfte trotz ergangener Prüf- und Risikohinweise im Rahmen eines Risikomanagementsystems nicht auf einem bloßen „mechanischen Versehen" beruht.
Der Kläger hatte in seiner auf dem amtlichen Vordruck eingereichten Einkommensteuererklärung u. a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 128.641 Euro erklärt. Beim Einscannen der Unterlagen im Veranlagungsbezirk des FA wurde die Anlage S zur Einkommensteuererklärung versehentlich übersehen, sodass eine Erfassung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Überprüfung der eingescannten Daten durch ein Risikomanagementsystem gingen im Veranlagungsbezirk mehrere Prüf- und Risikohinweise ein, die u. a. auf Einkünfte „des Ehemanns/der Ehefrau von weniger als 4.200 Euro" hinwiesen und eine „personelle Prüfung" des als „risikobehaftet" eingestuften Falls vorsahen.
Die zuständige Sachbearbeiterin bearbeitete diese Prüf- und Risikohinweise, prüfte jedoch nicht, ob die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers zutreffend im Einkommensteuerbescheid übernommen worden waren. Erst im Folgejahr wurde der Fehler erkannt und der Einkommensteuerbescheid nach § 129 Satz 1 AO berichtigt. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass das FA zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheids berechtigt gewesen sei. Der BFH folgte dem nicht und gab dem Steuerpflichtigen recht.
§ 129 Satz 1 AO erlaubt nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen), die beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sind. § 129 AO ist dagegen nicht anwendbar, wenn dem Sachbearbeiter des FA ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen ist oder er den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt hat. Im vorliegenden Fall beruhte der fehlerhafte Einkommensteuerbescheid darauf, dass die zutreffende Höhe der im Bescheid angesetzten Einkünfte nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund der Risiko- und Prüfhinweise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkünfte bestanden und deshalb eine weitere Sachaufklärung geboten war. Das schließt das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berichtigungsnorm des § 129 AO aus.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene; Ergänzung des BMF-Schreibens vom 09.04.2020 (IV C 4 - S-2223 / 19 / 10003 :003)
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 4 - S-0174 / 19 / 10002 :008 vom 26.05.2020
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 9. April 2020 (IV C 4 - S-2223 / 19 / 10003 :003) wie folgt ergänzt:
Abschnitt VIII. 2. wird wie folgt gefasst:
„2. Aufstockung von Kurzarbeitergeld und Fortsetzung der Zahlung von Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale
Stocken Organisationen, die nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG steuerbegünstigt sind, ihren eigenen Beschäftigten, die sich in Kurzarbeit befinden, das Kurzarbeitergeld aus eigenen Mitteln bis zu einer Höhe von insgesamt 80 % des bisherigen Entgelts auf, werden weder die Mittelverwendung für satzungsmäßige Zwecke noch die Marktüblichkeit und die Angemessenheit der Aufstockung geprüft, wenn die Aufstockung einheitlich für alle Arbeitnehmer erfolgt. Die Voraussetzungen des § 55 Absatz 1 Nummern 1 und 3 AO gelten als erfüllt. Das „bisherige Entgelt" ist dabei das in den drei Monaten vor Einführung der Kurzarbeit durchschnittlich ausgezahlte Nettomonatsgehalt.
Bei einer Aufstockung auf über 80 % des bisherigen Entgelts bedarf es einer entsprechenden Begründung, insbesondere zur Marktüblichkeit und Angemessenheit der Aufstockung. Sehen kollektivrechtliche Vereinbarungen des Arbeitsrechts, wie zum Beispiel Tarifverträge, eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes vor, reicht für den Nachweis der „Marktüblichkeit und Angemessenheit" die Vorlage dieser Vereinbarung.
Übernehmen kollektivrechtlich nicht gebundene Unternehmen in individuellen Verträgen mit allen Mitarbeitern einheitlich die kollektivrechtlichen Vereinbarungen der Branche zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, dient ein Mustervertrag dem Nachweis der Marktüblichkeit und Angemessenheit.
Zudem wird es gemeinnützigkeitsrechtlich nicht beanstandet, wenn die Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschalen weiterhin geleistet werden, obwohl eine Ausübung der Tätigkeit aufgrund der Corona-Krise (zumindest zeitweise) nicht mehr möglich ist."
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 24/20 vom 22.05.2020 zum Urteil XI R 21/18 vom 18.12.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die entgeltliche Einräumung einer Berechtigung zum verbilligten Warenbezug (in Form einer „Mitgliedschaft“) umsatzsteuerrechtlich eine selbständige Leistung und nicht nur eine Nebenleistung zum späteren Warenverkauf darstellt. Auch wenn der Supermarkt Waren verkauft, die sowohl dem Regelsteuersatz (19 %) als auch dem ermäßigten Steuersatz (7 %) unterliegen, ist auf den Mitgliedsbeitrag der Regelsteuersatz anzuwenden.
Die Klägerin betrieb im Jahr 2010 mehrere Bio-Supermärkte in einer deutschen Großstadt unter einer gemeinsamen Dachmarke. In den Märkten konnten Kunden entweder die Waren zum Normalpreis oder verbilligt als „Mitglied“ einkaufen. Für die „Mitgliedschaft“ zahlten die Kunden einen monatlichen festen Beitrag (je nach Einkommen und Familienstand zwischen ca. 10 Euro und ca. 20 Euro).
Die Klägerin ging davon aus, dass der Mitgliedsbeitrag ein Entgelt für die späteren Warenverkäufe sei. Die Einräumung der Rabattberechtigung sei als notwendiger Zwischenschritt des Warenverkaufs anzusehen und damit eine Nebenleistung. Da die rabattierten Warenlieferungen zu über 81 % dem ermäßigten Steuersatz unterlagen (z. B. für Lebensmittelverkäufe), teilte die Klägerin auch die Mitgliedsbeiträge entsprechend nach beiden Steuersätzen auf. Finanzamt und Finanzgericht hingegen gingen davon aus, dass die eingeräumte Rabattberechtigung als selbständige Leistung in vollem Umfang dem Regelsteuersatz unterliege.
Diese Auffassung hat der BFH bestätigt: Soweit die Zahlung für die Bereitschaft der Klägerin gezahlt worden sei, Waren verbilligt zu liefern, habe die Klägerin eine selbständige Leistung erbracht, an der die Kunden ein gesondertes Interesse gehabt hätten. Ein monatlicher pauschaler Mitgliedsbeitrag sei insbesondere keine Anzahlung auf künftige Warenlieferungen, da das „Ob und Wie“ der künftigen Lieferungen bei Abschluss der „Mitgliedschaft“ nicht hinreichend bestimmt sei.
Das Urteil des BFH hat wirtschaftlich zur Folge, dass sich die Kosten des Supermarktbetreibers für das von ihm angebotene Rabattmodell erhöhen. Der Verbraucher ist nicht unmittelbar betroffen. Keine Aussage hat der BFH zu anderen Rabatt-Modellen getroffen, bei denen z. B. der Mitgliedsbeitrag vom Umsatz des Kunden abhängt oder mit dem Kaufpreis der Waren verrechnet wird. Auch musste der BFH nicht entscheiden, ob der Fall anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn sich der Rabatt nur auf Waren bezogen hätte, die dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen.
Quelle: BFH
Erbschaftsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 23/20 vom 22.05.2020 zum Urteil II R 29/16 vom 06.11.2019
Erst kein Glück, dann noch Pech: Der Erblasser gibt zu Lebzeiten sein Vermögen weg; ein nach dem Erbfall vom Erben angestrengter Prozess auf Rückgabe geht verloren und schließlich versagen Finanzamt (FA) und Finanzgericht auch noch den Abzug der Prozesskosten bei der Erbschaftsteuer - so geschehen im Fall des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 06.11.2019 - II R 29/16. Das höchste deutsche Steuergericht ist dem nun entgegengetreten: Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, sind als Nachlassregelungskosten vom Erwerb von Todes wegen abzugsfähig; die faktische "Steuerfreiheit" bei misslungener Rückforderung steht dem Abzug nicht entgegen.
Der 1999 verstorbene Erblasser hatte seine Porzellansammlung 1995 einem städtischen Museum geschenkt. Die Erben forderten nach seinem Tod von der Stadt die Rückgabe der Sammlung mit der Begründung, dass der Erblasser bei der Schenkung nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Die Klage und die eingelegten Rechtsmittel waren jedoch erfolglos und die Erben blieben auf den Prozesskosten sitzen. Sie machten daher die Kosten bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit steuermindernd geltend. Weil dies vom FA jedoch abgelehnt wurde, zogen die Erben erneut vor Gericht. Und diesmal mit Erfolg.
Der BFH begründete seine Entscheidung mit § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG). Danach sind als Nachlassverbindlichkeiten u. a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Zu diesen Ausgaben können auch Kosten zählen, die der Erbe durch die gerichtliche Geltendmachung von (vermeintlichen) zum Nachlass gehörenden Ansprüchen des Erblassers zu tragen hat. Die Kosten müssen in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses anfallen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG). § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG steht dem Abzug der Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeiten nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegen. Die Vorschrift gilt nur für vom Erblasser begründete Schulden und Lasten und ist deshalb nicht auf Nachlassregelungskosten i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG anwendbar.
Vergebliche Prozesskosten für die Rückholung der Porzellansammlung des Erblassers sind damit grundsätzlich abzugsfähig; sie müssen aber im Einzelnen nachgewiesen werden. Das Gleiche gilt für die Kosten der anwaltlichen Vertretung.
Wie der BFH weiter entschied, ist dagegen der Abzug von Prozesskosten ausgeschlossen, die dem Erben entstanden sind, weil er Schadensersatz wegen verspäteter Räumung und Herausgabe einer geerbten Wohnung vom Mieter verlangt hat. Bei diesen Ausgaben handelt es sich um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwertung (vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG).
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Anschaffungskosten eines Gesellschafters für den Erwerb seiner Gesellschafterstellung - Ergänzungsrechnung
BFH, Urteil IX R 38/17 vom 29.10.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 3/19 vom 12.12.2019
Leitsatz
Die Kleinunternehmerregelung ist auf solche Unternehmer beschränkt, die im Mitgliedstaat der Leistungserbringung ansässig sind.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7359 / 19 / 10010 :001 vom 07.05.2020
Durch Artikel 12 Nummern 11 bis 13 und 20 sowie Artikel 15 Nummern 9 und 10 i. V. m. Artikel 39 Absatz 2 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (BGBl. IS. 2451) wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2020 § 15 Absatz 4b, § 16 Absatz 2 Satz 1, § 18 Absatz 9, § 27 Absatz 28 UStG sowie § 59 Satz 2 und § 61 Absatz 5 Satz 2 bis 4 UStDV geändert bzw. eingefügt.
Der Anwendungsbereich von § 15 Abs. 4b UStG wurde nach der Gesetzesbegründung zur Vermeidung von Missbrauchsfällen erweitert. Diese können auftreten, wenn die Einschränkungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens in Bezug auf die erforderliche Gegenseitigkeit und den Vorsteuerausschluss bei Kraftstoffen durch einen unrichtigen bzw. unberechtigten Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 bzw. Abs. 2 UStG und den Bezug einer unter § 13b UStG fallenden Leistung umgangen werden sollen.
Nach der Verwaltungsauffassung in Abschnitt 18.15 Absatz 1 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) können im Ausland ansässige Unternehmer, die die Voraussetzungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erfüllen und Umsatzsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren (z. B. nach § 14c Abs. 1 UStG) schulden, die Vergütung der Vorsteuerbeträge abweichend von § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend machen. Diese Verwaltungsregelung wurde nunmehr inhaltlich in § 18 Absatz 9 Satz 3 UStG übernommen.
Durch die Änderung des § 59 Satz 2 UStDV wurde die Definition eines im Ausland ansässigen Unternehmers an das EuGH-Urteil vom 25. Oktober 2012 - C-318/11 und C-319/11 - angepasst. Nach der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Formulierung war ein im Ausland ansässiger Unternehmer u. a. ein Unternehmer, der ausschließlich eine Betriebsstätte im Inland hat, von der aus keine Umsätze ausgeführt werden, aber im Ausland seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat, von der aus Umsätze ausgeführt werden. Nach Rz. 43 des EuGH-Urteils vom 25. Oktober 2012 - C-318/11 und C-319/11 - ist das tatsächliche Bewirken steuerbarer Umsätze im Mitgliedstaat der Erstattung die allgemeine Voraussetzung für den Ausschluss eines Erstattungsanspruchs, ob der antragstellende Steuerpflichtige in diesem Mitgliedstaat eine feste Niederlassung hat oder nicht. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes führt eine inländische Betriebsstätte nur zum Ausschluss eines Unternehmers vom Vorsteuer-Vergütungsverfahren, wenn die inländische Betriebsstätte im Inland steuerbare Umsätze ausführt.
§ 61 Absatz 5 UStDV regelt, dass der nach § 18 Absatz 9 UStG zu vergütende Betrag nach Ablauf einer bestimmten Frist zu verzinsen ist. Durch die Änderung von § 61 Absatz 5 Satz 2 bis 4 UStDV wurde der Beginn des Zinslaufs einheitlich an den Wortlaut der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. L 44 vom 20.2.2008, S. 23) angepasst.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 24. März 2020 - III C 3 - S-7172 / 19 / 10002 :003 (2020/0080945) -, BStBl I S. 291 geändert worden ist, wie folgt geändert:
1. Abschnitt 13b.15 Absatz 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„ 2Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Abs. 5 UStG, nur Steuer nach § 13b Abs. 5 und § 13a Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 14c Abs. 1 UStG oder nur Steuer nach § 13b Abs. 5 und § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 5 und 6 UStG entsprechend (§ 15 Abs. 4b UStG).“
2. Abschnitt 18.7a Absatz 8 wird wie folgt geändert:
a) Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„ 2In diesen Fällen sind die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 5 und 6 UStG nicht anzuwenden (§ 18 Abs. 9 Satz 7 UStG).“
b) In Satz 4 wird die Angabe „§ 18 Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG“ durch die Angabe „§ 18 Abs. 9 Sätze 5 und 6 UStG“ ersetzt.
3. Abschnitt 18.10 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„ 2Ein Unternehmer ist bereits dann im Inland ansässig, wenn er eine inländische Betriebsstätte hat und von dieser im Inland steuerbare Umsätze ausführt (vgl. EuGH-Urteil vom 25. 10. 2012, C-318/11 und C-319/11); die Absicht, von dort Umsätze auszuführen, ist nicht ausreichend (vgl. BFH-Urteil vom 5. 6. 2014, V R 50/13, BStBl IIS. 813).“
4. Abschnitt 18.11 Absatz 4 Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„ 4Bei fehlender Gegenseitigkeit ist das Vorsteuer-Vergütungsverfahren nur durchzuführen, soweit der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Abs. 5 UStG im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von dem Wahlrecht der steuerlichen Erfassung in nur einem EU-Mitgliedstaat (§ 18 Abs. 4c und 4d UStG) Gebrauch gemacht hat (vgl. Abschnitt 18.7a Abs. 8).“
5. Abschnitt 18.13 Absatz 9 Sätze 2 bis 4 werden wie folgt gefasst:
„ 2Der Zinslauf beginnt grundsätzlich mit Ablauf von vier Monaten und zehn Arbeitstagen nach Eingang des Vergütungsantrags beim BZSt. 3Übermittelt der Unternehmer Rechnungen oder Einfuhrbelege als eingescannte Originale abweichend von Absatz 4 Satz 2 nicht zusammen mit dem Vergütungsantrag, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, beginnt der Zinslauf erst mit Ablauf von vier Monaten und zehn Arbeitstagen nach Eingang dieser eingescannten Originale beim BZSt. 4Hat das BZSt zusätzliche oder weitere zusätzliche Informationen angefordert, beginnt der Zinslauf erst mit Ablauf von zehn Arbeitstagen nach Ablauf der Fristen in Artikel 21 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. 2. 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer nach der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. EU 2008 Nr. L 44 S. 23).“
6. Abschnitt 18.15 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„ 2Sind jedoch die Voraussetzungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 14c Abs. 1 UStG oder § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren durchgeführt werden (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 und § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG).“
b) In Satz 4 Nummer 3 Satz 2 wird die Angabe „§ 18 Abs. 9 Sätze 3 bis 5 UStG“ durch die Angabe „§ 18 Abs. 9 Sätze 4 bis 6 UStG“ ersetzt. Die Regelungen sind auf Besteuerungs- und Vergütungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 enden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie
BMF, Schreiben IV B 3 - S-1301-BEL / 20 / 10002 :001 vom 07.05.2020
Im Hinblick auf die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von Grenzpendlern wurde mit dem Königreich Belgien am 6. Mai 2020 die in der Anlage beigefügte Konsultationsvereinbarung zum Abkommen vom 11. April 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuer in der Fassung des Zusatzabkommens vom 5. November 2002 unterzeichnet.
Die Konsultationsvereinbarung ist am 7. Mai 2020 in Kraft getreten und findet auf Arbeitstage im Zeitraum vom 11. März 2020 bis zum 31. Mai 2020 Anwendung. Ab dem 31. Mai 2020 verlängert sie sich bis zum Ende des folgenden Kalendermonats, wenn die zuständigen Behörden Deutschland und Belgiens dies mindestens eine Woche vor Beginn des jeweils folgenden Kalendermonats schriftlich vereinbaren.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 21/20 vom 30.04.2020 zum Urteil VIII R 34/16 vom 03.12.2019
Werden (nach dem 31.12.2008 erworbene) Aktien einem Aktionär ohne Zahlung einer Entschädigung entzogen, indem in einem Insolvenzplan das Grundkapital einer Aktiengesellschaft (AG) auf Null herabgesetzt und das Bezugsrecht des Aktionärs für eine anschließende Kapitalerhöhung ausgeschlossen wird, erleidet der Aktionär einen Verlust, der in entsprechender Anwendung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 20 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich geltend gemacht werden kann. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 03.12.2019 gegen die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) entschieden. Das BMF war dem Revisionsverfahren beigetreten.
Im Streitfall hatte die Klägerin am 14.02.2011 und am 16.01.2012 insgesamt 39.000 Namensaktien einer inländischen AG zu einem Gesamtkaufpreis von 36.262,77 Euro erworben. Im Streitjahr 2012 wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet. In einem vom Insolvenzgericht genehmigten Insolvenzplan wurde gemäß § 225a Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) das Grundkapital der AG auf Null herabgesetzt und eine Kapitalerhöhung beschlossen, für die ein Bezugsrecht der Klägerin und der übrigen Altaktionäre ausgeschlossen wurde. Der börsliche Handel der Altaktien wurde eingestellt. Da die Klägerin für den Untergang ihrer Aktien keinerlei Entschädigung erhielt, entstand bei ihr ein Verlust in Höhe ihrer ursprünglichen Anschaffungskosten. Das Finanzamt weigerte sich, diesen Verlust zu berücksichtigen.
Das sah der BFH anders und gab der Klägerin Recht. Er beurteilte den Entzug der Aktien in Höhe von 36.262,77 Euro als steuerbaren Aktienveräußerungsverlust. Dieser Verlust sei nach den Beteiligungsquoten auf die Gesellschafter der Klägerin zu verteilen.
Zur Begründung führte der BFH aus, dass der Untergang der Aktien keine Veräußerung darstelle und auch sonst vom Steuergesetz nicht erfasst werde. Das Gesetz weise insoweit aber eine planwidrige Regelungslücke auf, die im Wege der Analogie zu schließen sei. Die in § 225a InsO geregelte Sanierungsmöglichkeit sei erst später eingeführt worden, ohne die steuerlichen Folgen für Kleinanleger wie die Klägerin zu bedenken. Es widerspreche den Vorgaben des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes in seiner Konkretisierung durch das Leistungsfähigkeits- und Folgerichtigkeitsprinzip, wenn der von der Klägerin erlittene Aktienverlust steuerlich nicht berücksichtigt werde, wirtschaftlich vergleichbare Verluste (z. B. aufgrund eines Squeeze-Out oder aus einer Einziehung von Aktien durch die AG) aber schon.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Zuordnung von Darlehenszinsen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
BFH, Urteil IX R 1/18 vom 04.02.2020
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil III R 11/18 vom 28.11.2019
Leitsatz
Beantragen Ehegatten die Einzelveranlagung und den hälftigen Abzug von Sonderausgaben nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG, so sind die von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen zusammenzurechnen und hälftig zu verteilen. Erst danach ist getrennt für jeden Ehegatten die Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG durchzuführen.
Quelle: BFH
Gewerbesteuer
BFH, Urteil III R 34/17 vom 28.11.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 23/17 vom 05.11.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 20/20 vom 09.04.2020 zum Urteil XI R 13/18 vom 11.12.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 11.12.2019 - XI R 13/18 seine frühere Rechtsprechung bestätigt, dass die Umsätze eines Geldspielautomatenbetreibers umsatzsteuerpflichtig sind. Auch Unionsrecht steht dem nicht entgegen.
Der Kläger, ein Unternehmer, der an verschiedenen Orten (auch in einer eigenen Spielhalle) Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit betrieb, war der Auffassung, dass seine Umsätze nach neuerer Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) nicht der Umsatzsteuer unterliegen würden. Es fehle an einem besteuerbaren Leistungsaustausch; dabei sei von Bedeutung, dass es vom Zufall abhängig sei, ob der jeweilige Spieler gewinne oder verliere.
Der BFH folgt dieser Sichtweise nicht. Der Kläger ist Veranstalter eines Geldspielautomaten-Glücksspiels. Da aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften die Automaten technisch so eingestellt sind, dass ein bestimmter Prozentsatz der Spieleinsätze als Gewinn an die Spieler ausgezahlt wird, verbleibt dem Betreiber für die Bereitstellung der Spielgelegenheit wegen der Zufallsabhängigkeit des Spielverlaufs zwar nicht spielbezogen, aber zeitbezogen ein durchschnittlicher Gewinn. Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer ist auf dieser Grundlage daher auch nur der Teil der Spieleinsätze, über den der Automatenaufsteller effektiv (damit unter Berücksichtigung der an die Spieler ausgezahlten Spielgewinne) selbst verfügen kann. Die Entscheidung des BFH ist für den Automatenbetreiber nicht nur nachteilig. Denn die Steuerpflicht führt dazu, dass er im Zusammenhang mit seinen Umsätzen angefallene Vorsteuer abziehen kann.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 18/20 vom 02.04.2020 zum Urteil IX R 10/18 vom 29.10.2019
Veräußert der Steuerpflichtige ein kurz zuvor entgeltlich erworbenes Ticket für ein Spiel der UEFA Champions League, unterliegt ein daraus erzielter Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer. Dies hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 29.10.2019 entschieden.
Im Streitfall hatten die Kläger im April 2015 über die offizielle UEFA-Webseite zwei Tickets für das Finale der UEFA Champions League in Berlin zugelost bekommen (Anschaffungskosten: 330 Euro) und diese im Mai 2015 über eine Ticketplattform wieder veräußert (Veräußerungserlös abzüglich Gebühren 2.907 Euro). Entgegen der Auffassung der Kläger, die von der Steuerfreiheit des Veräußerungsgeschäfts ausgingen, erfasste das Finanzamt den Gewinn in Höhe von 2.577 Euro bei deren Einkommensteuerfestsetzung. Das Finanzgericht gab den Klägern Recht. Der BFH folgte dem nicht; er entschied, dass die Kläger mit der Veräußerung der beiden Tickets ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verwirklicht haben.
Einkünfte aus solchen privaten Veräußerungsgeschäften unterliegen der Einkommensteuer. Zu ihnen gehören u. a. Veräußerungen von sog. anderen Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt (§§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG); von der Besteuerung ausgenommen sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. "Andere Wirtschaftsgüter" in diesem Sinne sind sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt und die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind. Hierzu zählen auch UEFA Champions League-Tickets, mit denen der Karteninhaber das verbriefte Recht auf Zutritt zum Fußballstadion und Besuch des Fußballspiels an dem auf dem Ticket angegebenen Tag erwirbt. Die Tickets stellen nach Auffassung des BFH insbesondere keine sog. Gegenstände des täglichen Gebrauchs dar, sodass sie nicht von der Besteuerung ausgenommen sind.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 17/20 vom 02.04.2020 zum Urteil IX R 32/17 vom 10.12.2019
Mit Urteil vom 10.12.2019 - IX R 32/17 - hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass erfolglose Bewerber um ein Mandat im Europäischen Parlament ihre Wahlkampfkosten steuerlich nicht abziehen können.
Die Klägerin nahm als Kandidatin auf der Liste ihrer Partei zur Europawahl teil. Da der Listenplatz nach dem Wahlergebnis nicht für ein Mandat im Parlament ausreichte, erhielt sie die Position eines Nachrückers für den Fall des Ausscheidens eines der gewählten Abgeordneten ihrer Partei.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Kandidatur entstandene Kosten für Fahrten mit dem eigenen Pkw, Übernachtungen, Verpflegungsmehraufwand, Arbeitsmittel, Umzugskosten sowie Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung, Telefon und Internet als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend. Das Finanzamt und nachfolgend auch das Finanzgericht lehnten eine Berücksichtigung als Werbungskosten ab.
Der BFH hat die von der Klägerin aufgewandten Kosten als Wahlkampfkosten eingeordnet und den Abzug als Werbungskosten ebenfalls abgelehnt. Nach der einschlägigen Regelung im Einkommensteuergesetz (§ 22 Nr. 4 Satz 3 EStG) dürfen Wahlkampfkosten zur Erlangung eines Mandats im Bundestag, im Europäischen Parlament oder im Parlament eines Landes nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kandidatur erfolgreich war oder nicht. Zu den Wahlkampfkosten zählen alle Aufwendungen, die zur Erlangung oder Wiedererlangung eines Mandats getätigt werden. Dies gilt auch für die Kosten zur Erlangung des Kandidatenstatus, die organisatorische Vorbereitung als Kandidatin sowie die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Nachrückerstatus.
Der Gesetzgeber hat von der steuerlichen Berücksichtigung der Wahlkampfkosten u. a. deshalb abgesehen, weil der Steuervorteil je nach Höhe des individuellen Einkommens unterschiedlich hoch ausfallen würde und dadurch der Grundsatz der Chancengleichheit aller Wahlbewerber beeinträchtigt wäre. Den Parteien wird stattdessen bei Erreichen bestimmter Stimmenanteile pauschal eine steuerfreie Wahlkampfkostenerstattung gezahlt. Diese Erstattung kommt auch den Wahlbewerbern der Parteien zugute.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 15/20 vom 26.03.2020 zum Urteil VI R 8/18 vom 19.12.2019
Erleidet ein Steuerpflichtiger auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen Unfall, kann er die durch den Unfall verursachten Krankheitskosten als Werbungskosten abziehen. Solche Krankheitskosten werden nicht von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale erfasst, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 19.12.2019 entschieden hat.
Im Streitfall erlitt die Klägerin durch einen Verkehrsunfall auf dem Weg von ihrer ersten Tätigkeitsstätte nach Hause erhebliche Verletzungen. Sie machte die hierdurch verursachten Krankheitskosten, soweit sie nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen wurden, als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Finanzamt und Finanzgericht ließen den Werbungskostenabzug nicht zu.
Der BFH erkannte die unfallbedingten Krankheitskosten hingegen als Werbungskosten an. Zwar sind durch die Entfernungspauschale grundsätzlich sämtliche fahrzeug- und wegstreckenbezogene Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Dies gilt auch für Unfallkosten, soweit es sich um echte Wegekosten handelt (z. B. Reparaturaufwendungen). Andere Aufwendungen, insbesondere Aufwendungen in Zusammenhang mit der Beseitigung oder Linderung von Körperschäden, die durch einen Wegeunfall zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten sind, werden von der Abgeltungswirkung dagegen nicht erfasst. Solche beruflich veranlassten Krankheitskosten können daher neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 42/17 vom 16.01.2020
Leitsatz
Beteiligt sich ein Unternehmer an einem von einem Dritten betriebenen Rabattsystem, das an Kunden des Unternehmers umsatzabhängige Punkte ausgibt, so mindert sich die Bemessungsgrundlage des Unternehmers erst, wenn der Kunde die Punkte tatsächlich einlöst.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Beschluss IX R 26/19 vom 21.01.2020
Leitsatz
Im Revisionsverfahren stellt sich die Frage, ob die vom BMF zur Verfügung gestellte "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grund und Gebäude für Zwecke der AfA-Bemessung zugrunde gelegt werden kann. Der Senat hat das BMF zum Beitritt zu diesem Verfahren aufgefordert (§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO).
Quelle: BFH
Abgabenordnung
BFH, Pressemitteilung Nr. 14/20 vom 19.03.2020 zum Urteil VIII R 27/17 vom 14.01.2020
Ein externer Datenschutzbeauftragter ist gewerblicher Unternehmer, auch wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.01.2020 (Az. VIII R 27/17) entschieden hat, liegt keine freiberufliche Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 EStG vor. Der externe Datenschutzbeauftragte ist daher gewerbesteuerpflichtig und - bei Überschreiten bestimmter Gewinngrenzen - auch buchführungspflichtig.
Im Streitfall war der Kläger als selbständiger Rechtsanwalt im Bereich des IT-Rechts tätig. Daneben arbeitete er für verschiedene größere Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter. Das Finanzamt sah diese Tätigkeit als gewerblich an. Es setzte Gewerbesteuer fest und forderte den Kläger als gewerblichen Unternehmer gem. § 141 AO auf, ab dem Folgejahr Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Der gegen diese Aufforderung aus dem Jahr 2012 gerichtete Einspruch des Klägers blieb ebenso wie die nachfolgende Klage vor dem Finanzgericht ohne Erfolg.
Der BFH hat die Vorentscheidung jetzt bestätigt. Als Datenschutzbeauftragter übe der Kläger keine dem Beruf des Rechtsanwaltes vorbehaltene Tätigkeit aus. Vielmehr werde er in einem eigenständigen, von seiner Anwaltstätigkeit abzugrenzenden Beruf tätig. Der Datenschutzbeauftragte berate in interdisziplinären Wissensgebieten. Hierfür müsse er zwar neben datenschutzrechtlichem Fachwissen auch Fachwissen in anderen Bereichen (z. B. der Informations- und Kommunikationstechnik und der Betriebswirtschaft) besitzen. Eine spezifische akademische Ausbildung müsse er aber - anders als der Rechtsanwalt - nicht nachweisen. Aus diesem Grunde sei der Kläger als Datenschutzbeauftragter auch nicht in einem dem Rechtsanwalt ähnlichen Beruf tätig. Schließlich sei - so der BFH - auch keine sonstige selbständige Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzunehmen. Es fehle an der erforderlichen Vergleichbarkeit mit den dort genannten Regelbeispielen.
Quelle: BFH
Erbschaft-/Schenkungsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 13/20 vom 12.03.2020 zum Urteil II R 5/17 vom 05.12.2019
Erbt ein Kind von seinem biologischen Vater, findet auf das Erbe nicht die für Kinder günstige Steuerklasse I Anwendung, sondern es wird nach der Steuerklasse III besteuert. Dies hat der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 05.12.2019 entschieden. Dasselbe gilt, wenn der biologische Vater seinem Kind zu Lebzeiten eine Schenkung macht.
§ 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG sieht vor, dass auf Kinder und Stiefkinder die Steuerklasse I anzuwenden ist. In dieser Klasse fällt bei einem Erwerb bis 75.000 Euro eine Steuer in Höhe von 7 % an. In der Steuerklasse III sind dafür bereits 30 % Steuer zu zahlen. Besser kommen Kinder auch bei den Freibeträgen weg. Sie erhalten 400.000 Euro, bei Steuerklasse III hingegen lediglich 20.000 Euro.
Im Streitfall war der Kläger der leibliche, aber nicht der rechtliche Vater. Der Kläger war also der sog. biologische Vater seiner Tochter. Der rechtliche Vater war ein anderer Mann, mit dem die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet war. Der Kläger schenkte seiner leiblichen Tochter 30.000 Euro und beantragte beim Finanzamt (FA) die Anwendung der günstigen Steuerklasse I. Das FA lehnte mit dem Hinweis ab, die Steuerklasse I finde nur im Verhältnis der Tochter zu ihrem rechtlichen Vater Anwendung. Rechtlicher Vater sei aber der Ehemann der Mutter und nicht der Kläger.
Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Es gebe keinen Grund, die einschlägige Bestimmung des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG nach den zivilrechtlichen Regelungen eng auszulegen und nur den Erwerb vom rechtlichen Vater zu privilegieren.
Der BFH sah dies anders. Für die Steuerklasseneinteilung nach § 15 Abs. 1 ErbStG sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 1589 ff. BGB über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend. Diese unterscheiden zwischen dem rechtlichen Vater und dem biologischen Vater und akzeptieren, dass die rechtliche und die biologische Vaterschaft auseinanderfallen können. Nur der rechtliche Vater hat gegenüber dem Kind Pflichten, wie zum Beispiel zur Zahlung von Unterhalt. Außerdem ist das Kind nur gegenüber seinem rechtlichen, nicht aber seinem biologischen Vater erb- und pflichtteilsberechtigt. Dies rechtfertigt es, den rechtlichen Vater auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer finanziell besser zu stellen. Könnte ein Kind von seinem rechtlichen und zugleich von seinem biologischen Vater nach der Steuerklasse I erwerben, wäre dies schließlich eine Besserstellung gegenüber Kindern, die, wie in den allermeisten Fällen, nur „einen einzigen" Vater haben und nur von diesem steuergünstig erwerben können.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil C-700/17 (Peters) vom 18.09.2019
BFH, Urteil XI R 23/19 (XI R 23/15) vom 18.12.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 11/20 vom 05.03.2020 zum Urteil III R 59/18 vom 18.09.2019
Der BFH entschied mit Urteil vom 18.09.2019, dass in dem von einem Elternteil geführten Kindergeldprozess das volljährige Kind kein Zeugnisverweigerungsrecht hat und deshalb zur Aussage verpflichtet ist.
Im Streitfall ging es darum, ob im Falle geschiedener Eltern der Vater oder die Mutter das Kindergeld für das gemeinsame Kind beanspruchen konnten. Der Vater hatte beantragt, das Kindergeld zu seinen Gunsten festzusetzen, weil das Kind nicht mehr bei der Mutter lebe und er den höheren Unterhaltsbeitrag leiste. Das Finanzgericht wies die Klage des Vaters mit der Begründung ab, das Kind lebe weiterhin im Haushalt der Mutter. Es stützte sich dazu auf ein Schreiben des Kindes an die Kindergeldkasse, wonach es sich jedes zweite Wochenende in der Wohnung der Mutter aufgehalten und auch die Sommerferien dort verbracht habe. Das FG verzichtete auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch Vernehmung des Kindes, weil das Kind erklärt hatte, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.
Der BFH entschied, dass das Kind kein Zeugnisverweigerungsrecht hat, weil sich die Mitwirkungspflicht volljähriger Kinder in Kindergeldsachen auch auf das finanzgerichtliche Verfahren erstreckt. Nach § 68 Abs. 1 Satz 2 EStG haben volljährige Kinder in Kindergeldsachen umfassende Mitwirkungspflichten. Daher gilt der Grundsatz, dass Angehörige, also auch volljährige Kinder, nach § 84 Abs. 1 FGO i. V. m. § 101 AO zur Verweigerung der Aussage berechtigt sind, ausnahmsweise nicht im Kindergeldprozess. Volljährige Kinder sind dementsprechend im finanzgerichtlichen Verfahren verpflichtet, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Diese Mitwirkungspflicht erstreckt sich auf alle für die Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhaltselemente, insbesondere - wie im Streitfall - auf die Haushaltszuordnung, also auf die Tatsachen, nach denen sich bestimmt, ob ein Kind noch dem Haushalt eines Elternteils zuzuordnen ist.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil III R 14/18 vom 23.10.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Gewerbesteuer
BFH, Urteil I R 13/18 vom 11.07.2019
Leitsatz
Bringt eine natürliche Person ihren gesamten Anteil an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft zum Buchwert ein und veräußert diese einen miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteil innerhalb der Sperrfrist, so unterliegt der hierdurch ausgelöste Einbringungsgewinn II nicht der Gewerbesteuer, wenn auch die Einbringung zum gemeinen Wert nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.
Quelle: BFH
Gewerbesteuer
Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil I R 13/18 vom 11.07.2019
BFH, Urteil I R 26/18 vom 11.07.2019
Leitsatz
Bringt eine natürliche Person ihren gesamten Anteil an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft (hier: Aktiengesellschaft) zum Buchwert ein und veräußert der Einbringende oder sein Erbe einen Teil der erhaltenen Anteile (hier: Aktien) innerhalb der Sperrfrist, so unterliegt der hierdurch ausgelöste Einbringungsgewinn I nicht der Gewerbesteuer, wenn auch die Einbringung zum gemeinen Wert nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Anwachsung von Gesellschaftsanteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wegen des Ausscheidens eines Gesellschafters gegen Abfindung - Zulässigkeit einer gesonderten und einheitlichen Feststellung
BFH, Urteil IX R 24/18 vom 19.11.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nach Inkrafttreten des BilMoG
BFH, Urteil XI R 46/17 vom 20.11.2019
Leitsatz
Der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze (Anschluss an die BFH-Urteile vom 11.10.2012 - I R 66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013 S. 676; vom 13.07.2017 - IV R 34/14, BFH/NV 2017, 1426).
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 25/18 vom 27.11.2019
Leitsatz
Besteht die Leistung in der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung als zeitlich begrenzter Dauerleistung, wird die Leistung erst mit der Beendigung der dieser Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse erbracht.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 39/17 vom 06.11.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Lohnsteuer
Anwendung des BFH-Urteils vom 1. August 2019 - VI R 32/18
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 - S-2334 / 19 / 10017 vom 05.02.2020
Mit Urteilen vom 1. August 2019 - VI R 32/18, VI R 21/17 (NV) und VI R 40/17 (NV) - hat der BFH seine Rechtsprechung zu der in verschiedenen Steuerbefreiungs- und Pauschalbesteuerungsnormen oder anderen steuerbegünstigenden Normen des Einkommensteuergesetzes enthaltenen Tatbestandsvoraussetzung, wonach die jeweilige Steuervergünstigung davon abhängt, dass eine bestimmte Arbeitgeberleistung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erbracht werden muss (sog. Zusätzlichkeitsvoraussetzung), geändert.
Der BFH hat seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, nach der nur freiwillige Arbeitgeberleistungen, also Leistungen, die der Arbeitgeber arbeitsrechtlich nicht schuldet, zusätzlich in diesem Sinne erbracht werden konnten (BFH-Urteile vom 19. September 2012 - VI R 54/11 - BStBl II 2013 S. 395, und - VI R 55/11 - BStBl II 2013 S. 398, als Rechtsprechungsänderung zum BFH-Urteil vom 15. Mai 1998 - VI R 127/97 - BStBl II S. 518).
Nunmehr verneint der BFH, dass bestimmte Steuervergünstigungen für Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung (je nach arbeitsvertraglicher Ausgestaltung) durch die Zusätzlichkeitsvoraussetzung ausgeschlossen werden. Voraussetzung sei nur, dass der verwendungsfreie Arbeitslohn zugunsten verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen des Arbeitgebers arbeitsrechtlich wirksam herabgesetzt wird (Lohnformwechsel). Ansonsten liege eine begünstigungsschädliche Anrechnung oder Verrechnung vor (BFH-Urteil vom 1. August 2019 - VI R 32/18 - Rdnr. 30).
Tarifgebundener verwendungsfreier Arbeitslohn kann somit nicht zugunsten bestimmter anderer steuerbegünstigter verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen herabgesetzt oder zugunsten dieser umgewandelt werden, da der tarifliche Arbeitslohn nach Wegfall der steuerbegünstigten Leistungen wiederauflebt.
Die neue BFH-Rechtsprechung betrifft z. B. die Vorschriften § 3 Nr. 15, 33, 34, 34a, 37, 46 EStG und § 37b Abs. 2 EStG, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und 6 EStG, § 100 Abs. 3 Nr. 2 EStG sowie die mit dem „Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" eingeführten Regelungen zu den Zuschüssen zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte etc. (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG), zur Übereignung betrieblicher Fahrräder (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG) und zur Anwendung der 44-Euro-Freigrenze bei Gutscheinen und Geldkarten (§ 8 Abs. 2 Satz 11 zweiter Halbsatz EStG).
Der Gesetzgeber hat regelmäßig auf die Formulierung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" zurückgegriffen, wenn Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung explizit von der Steuerbegünstigung ausgeschlossen werden sollten; so zuletzt noch in der Einzelbegründung zu § 8 Abs. 2 Satz 11 zweiter Halbsatz EStG (Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften - Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 19/14909 Seite 44), wo es beispielsweise heißt: „Die Ergänzung des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG soll sicherstellen, dass Gutscheine und Geldkarten nur dann unter die 44-Euro-Freigrenze fallen, wenn sie vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Der steuerliche Vorteil soll damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden."
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher zu der Tatbestandsvoraussetzung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" im Vorgriff auf eine entsprechende Gesetzesänderung abweichend von der neuen BFH-Rechtsprechung und über den Einzelfall hinaus zur Gewährleistung der Kontinuität der Rechtsanwendung weiterhin Folgendes:
Im Sinne des Einkommensteuergesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erbracht, wenn
Es sind somit im gesamten Lohn- und Einkommensteuerrecht nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt.
Dieses Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 22. Mai 2013 (BStBl I S. 728) zur Anwendung der BFH-Urteile vom 19. September 2012 - VI R 54/11 - BStBl II 2013 S. 395, und - VI R 55/11 - BStBl II 2013 S. 398.
Dieses Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden und wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 6/20 vom 06.02.2020 zum Urteil V R 23/19 vom 27.11.2019
Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht als Unternehmer tätig. Dies hat der Bundesfinanzhof entgegen bisheriger Rechtsprechung mit Urteil vom 27.11.2019 - V R 23/19 (V R 62/17) entschieden.
Der Kläger war leitender Angestellter der S-AG und zugleich Aufsichtsratsmitglied der E-AG, deren Alleingesellschafter die S-AG war. Nach der Satzung der E-AG erhielt jedes Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine jährliche Festvergütung von 20.000 Euro oder einen zeitanteiligen Anteil hiervon. Der Kläger wandte sich gegen die Annahme, dass er als Mitglied des Aufsichtsrats Unternehmer sei und in dieser Eigenschaft umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringe. Einspruch und Klage zum Finanzgericht hatten keinen Erfolg.
Demgegenüber gab der BFH der Klage statt. Er begründete dies mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, die bei der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen sei. Nach der EuGH-Rechtsprechung übe das Mitglied eines Aufsichtsrats unter bestimmten Voraussetzungen keine selbständige Tätigkeit aus. Maßgeblich ist, dass das Aufsichtsratsmitglied für Rechnung und unter Verantwortung des Aufsichtsrats handelt und dabei auch kein wirtschaftliche Risiko trägt. Letzteres ergab sich in dem vom EuGH entschiedenen Einzelfall daraus, dass das Aufsichtsratsmitglied eine feste Vergütung erhielt, die weder von der Teilnahme an Sitzung noch von seinen tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden abhängig war.
Dem hat sich der BFH in seinem neuen Urteil unter Aufgabe bisheriger Rechtsprechung für den Fall angeschlossen, dass das Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine Festvergütung erhält. Ausdrücklich offengelassen hat der BFH, ob für den Fall, dass das Aufsichtsratsmitglied eine variable Vergütung erhält, an der Unternehmereigenschaft entsprechend bisheriger Rechtsprechung festzuhalten ist.
Quelle: BFH
Gewerbesteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 4/20 vom 30.01.2020 zum Urteil IV R 59/16 vom 30.10.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 30.10.2019 - IV R 59/16 - entschieden, dass gewerbesteuerliche Verlustvorträge bei der Verpachtung des Betriebs einer gewerblich geprägten Personengesellschaftuntergehen können. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die Kürzung des Gewerbeertrags um Verluste aus früheren Jahren u. a. die sog. Unternehmensidentität voraus. Danach muss der Gewerbetrieb, in dem die Verluste entstanden sind, mit dem Gewerbebetrieb identisch sein, der den Abzug der Verluste begehrt. Dies hängt davon ab, ob die tatsächlich ausgeübte Betätigung die gleiche geblieben ist. Ist dies nicht der Fall, geht der Verlustvortrag unter.
Im jetzt entschiedenen Fall hatte sich eine Unternehmensgruppe umstrukturiert, was für die zu beurteilende gewerblich geprägte KG bedeutete, dass sie in einem Zwischenschritt ihren Betrieb an eine andere Gesellschaft der Unternehmensgruppe verpachtete. Nach einem Jahr wurde der Pachtvertrag wieder aufgehoben, die bisherige Pächterin erwarb Teile des Betriebsvermögens von der Personengesellschaft und mietete nur noch das Betriebsgrundstück an. Das Finanzamt war der Meinung, dass der bisherige Betrieb mit Übergang zur Verpachtung jedenfalls gewerbesteuerlich beendet worden sei. Bisherige Verlustvorträge seien damit entfallen und könnten nicht mit späteren Gewinnen verrechnet werden. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Vor dem BFH hatte das Urteil der Vorinstanz jedoch keinen Bestand. Der BFH verwies die Sache an FG zurück. Er führte aus, dass es - entgegen der Auffassung des FG - nicht ausreicht, wenn der Gewerbebetrieb im Anrechnungsjahr wieder mit dem des Verlustentstehungsjahrs identisch ist, in der Zwischenzeit aber die werbende Tätigkeit nicht nur vorübergehend unterbrochen oder eine andersartige werbende Tätigkeit ausgeübt wurde. Vielmehr muss die Unternehmensidentität ununterbrochen bestanden haben. Sollte sich im zweiten Rechtsgang ergeben, dass es mit der Verpachtung zu einer Betriebsaufspaltung gekommen sei, habe die Unternehmensidentität von der Verpachtung an für die Dauer der personellen und sachlichen Verflechtung fortbestanden.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 14/18 vom 15.10.2019
Leitsatz
Der Vorsteuerabzug setzte nach der Rechtslage im Jahr 1999 eine Rechnung oder Gutschrift in Papierform voraus.
Quelle: BFH
Steuervergünstigung
EU-Kommission, Pressemitteilung vom 22.01.2020
Die Europäische Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass die „Sanierungsklausel“, eine deutsche Steuervergünstigung für notleidende Unternehmen, keine staatliche Beihilfe im Sinne der EU-Vorschriften darstellt. Die Sanierungsklausel ermöglicht es einem notleidenden Unternehmen, Verluste in einem bestimmten Jahr mit Gewinnen in zukünftigen Jahren zu verrechnen, trotz Veränderungen in der Aktionärsstruktur.
Die Entscheidung folgt auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs (Fälle C-203/16 P, C-208/16 P, C-209/16 P, C-219/16 P), der 2018 eine Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen aus dem Jahr 2011 für nichtig erklärte. Um diese Urteile umzusetzen, hat die Kommission die Maßnahme anhand eines breiteren Bezugsrahmens bewertet, einschließlich der Vorschriften des deutschen Rechts, die es Unternehmen generell erlauben, Verluste für steuerliche Zwecke vorzutragen.
Die EU-Wettbewerbsaufsicht kam zu dem Schluss, dass die Sanierungsklausel nicht von diesen allgemeinen Regeln abweicht und daher notleidenden Unternehmen keinen selektiven Vorteil gegenüber anderen Unternehmen verschafft.
Quelle: EU-Kommission
Solidaritätszuschlag
BFH, Pressemitteilung Nr. 3/20 vom 23.01.2020 zum Urteil II R 63/15 vom 14.11.2018
Der Solidaritätszuschlag war im Jahre 2011 verfassungsgemäß. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.11.2018 - II R 63/15 entschieden.
Die Kläger erzielten im Jahre 2011 Einkünfte u. a. aus nichtselbständiger Arbeit und in geringem Umfange aus Gewerbebetrieb, für die Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag festgesetzt wurden. Sie begehrten, aus Gründen der Gleichbehandlung den Solidaritätszuschlag für ihre gesamten Einkünfte so zu berechnen, als handele es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In diesem Falle wäre nämlich Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet worden und der Solidaritätszuschlag wäre im Ergebnis geringer ausgefallen.
Der BFH hat die Erhebung des Solidaritätszuschlages im Jahre 2011 für verfassungsgemäß erachtet. Er hat auch die geringere Belastung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb beim Solidaritätszuschlag mit Blick auf deren typische Gesamtbelastung durch Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer nicht beanstandet.
Die Entscheidung misst dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für die Erhebung der Ergänzungsabgabe sowie seiner Typisierungsbefugnis für deren Ausgestaltung maßgebende Bedeutung zu.
[Die Entscheidung wurde nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt.]
Quelle: BFH
DBA
BMF, Schreiben IV B 2 - S-1301 / 07 / 10017-11 vom 15.01.2020
Hiermit wird eine Übersicht über den gegenwärtigen Stand der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und anderer Abkommen im Steuerbereich sowie der Abkommensverhandlungen versendet.
Wie die Übersicht zeigt, werden verschiedene der angeführten Abkommen nach ihrem Inkrafttreten rückwirkend anzuwenden sein. In geeigneten Fällen sind Steuerfestsetzungen vorläufig durchzuführen, wenn ungewiss ist, wann ein unterzeichnetes Abkommen in Kraft treten wird, das sich zugunsten des Steuerschuldners auswirken wird. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind im Bescheid anzugeben. Ob bei vorläufiger Steuerfestsetzung der Inhalt eines unterzeichneten Abkommens bereits berücksichtigt werden soll, ist nach den Gegebenheiten des einzelnen Falles zwischen BMF und Ländern abgestimmt zu entscheiden.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 23/17 vom 26.09.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer/Grundgesetz
BVerfG, Pressemitteilung vom 10.01.2020 zum Beschluss 2 BvL 22/14, 2 BvL 27/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 23/14 vom 19.11.2019
Dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können, verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Dies hat der Zweite Senat mit am 10.01.2020 veröffentlichtem Beschluss auf Vorlagen des Bundesfinanzhofs hin entschieden.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass es für die Regelung sachlich einleuchtende Gründe gibt. Der Gesetzgeber durfte solche Aufwendungen als privat (mit-)veranlasst qualifizieren und den Sonderausgaben zuordnen. Die Erstausbildung oder das Erststudium unmittelbar nach dem Schulabschluss vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern prägt die Person in einem umfassenderen Sinne, indem sie die Möglichkeit bietet, sich seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln und allgemeine Kompetenzen zu erwerben, die nicht zwangsläufig für einen künftigen konkreten Beruf notwendig sind. Sie weist eine besondere Nähe zur Persönlichkeitsentwicklung auf. Auch die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Erstausbildungskosten auf einen Höchstbetrag von 4.000 Euro in den Streitjahren ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
§ 9 Abs. 6 EStG nimmt Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, generell von dem Begriff der Werbungskosten aus. Die Vorschrift konkretisiert den allgemeinen Werbungskostenabzugstatbestand des § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG dahingehend, dass diese Aufwendungen in keinem Fall beruflich veranlasst und damit weder unbeschränkt abzugsfähig sind noch als negative Einkünfte in andere Veranlagungszeiträume zurück- oder vorgetragen werden können. Stattdessen mindern sie lediglich als Sonderausgaben - in den Streitjahren bis zur Höhe von 4.000 Euro, heute bis zur Höhe von 6.000 Euro - das zu versteuernde Einkommen in dem Jahr, in dem sie anfallen. Dagegen können Aufwendungen für weitere Ausbildungen und für Erstausbildungen, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, wie andere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen als Werbungskosten abzugsfähig sein, soweit sie beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Ein Werbungskostenabzug setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige gegenwärtig bereits Einnahmen erzielt. Erforderlich ist, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen.
Die Kläger der sechs Ausgangsverfahren begehrten jeweils die Anerkennung der Kosten für ihr Erststudium bzw. für ihre Ausbildung zum Flugzeugführer als Werbungskosten. In der Revisionsinstanz hat der Bundesfinanzhof alle Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7. Dezember 2011 insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern.
I. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er bindet ihn an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit und das Gebot, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. In Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet er den Staat, das Einkommen des Bürgers jedenfalls insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Der einfache Gesetzgeber bemisst die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach dem (die betriebliche/berufliche Sphäre betreffenden) objektiven und dem (die private Sphäre betreffenden) subjektiven Nettoprinzip. Bei der Bewertung und Gewichtung von Lebenssachverhalten im Schnittbereich zwischen beruflicher und privater Sphäre verfügt er verfassungsrechtlich - unter Beachtung sonstiger grundrechtlicher Bindungen - über erhebliche Gestaltungs- und Typisierungsspielräume.
II. Nach diesen Maßstäben ist § 9 Abs. 6 EStG in der verfahrensgegenständlichen Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
1. § 9 Abs. 6 EStG bewirkt eine steuerliche Ungleichbehandlung von Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt (Erstausbildungskosten), mit Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen, zu denen auch Aufwendungen für zweite oder weitere Ausbildungen sowie Aufwendungen für eine erste Berufsausbildung oder ein Erststudium gehören können, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden.
a) Diese Differenzierung ist am Gleichheitssatz in seiner Eigenschaft als Willkürverbot zu messen. Einer Verschärfung des Maßstabs, weil sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung der Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) auswirken kann, bedarf es nicht. § 9 Abs. 6 EStG hat keine objektiv berufsregelnde Tendenz. Entscheidend für den Zugang zu einer bestimmten Ausbildung oder Ausbildungsstelle ist deren Finanzierbarkeit durch die Auszubildenden und Studierenden. Die Finanzierbarkeit hängt maßgeblich davon ab, ob und in welcher Höhe den Betroffenen während der Ausbildung eigene Einkünfte oder eigenes Vermögen zur Verfügung stehen beziehungsweise ihnen Unterhaltsansprüche oder Ansprüche nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zustehen. Diese Finanzierungsmöglichkeiten sind unabhängig davon, ob Aufwendungen für die Ausbildung in spätere Veranlagungszeiträume vorgetragen werden können. Dies gilt auch für eine Kreditfinanzierung der Ausbildung, weil es für deren Inanspruchnahme darauf ankommt, wie potentielle Kreditgeber die Kreditwürdigkeit im Ausbildungszeitraum beurteilen.
b) Für die Zuordnung der Aufwendungen für eine Erstausbildung zu den Sonderausgaben gibt es sachlich einleuchtende Gründe.
aa) Der Gesetzgeber durfte diese Aufwendungen als wesentlich privat (mit-)veranlasst qualifizieren. Nach Auffassung des Gesetzgebers gehört die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für die Lebensführung, weil sie Vorsorge für die persönliche Existenz bedeutet und dem Erwerb einer selbstständigen und gesicherten Position im Leben dient. Er ordnet deshalb Aufwendungen für die erste Berufsausbildung ebenso wie Aufwendungen für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig den Kosten der Lebensführung zu.
Diese Wertung des Gesetzgebers ist nicht zu beanstanden. Die Erstausbildung oder das Erststudium unmittelbar nach dem Schulabschluss vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern prägt die Person in einem umfassenderen Sinne, indem sie die Möglichkeit bietet, sich seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln und allgemeine Kompetenzen zu erwerben, die nicht zwangsläufig für einen künftigen Beruf notwendig sind. Sie weist damit eine besondere Nähe zur Persönlichkeitsentwicklung auf.
Die Qualifikation der dafür erforderlichen Aufwendungen als durch die allgemeine Lebensführung (privat) veranlasst korrespondiert damit, dass eine Erstausbildung noch von der Unterhaltspflicht der Eltern umfasst ist. Diese schulden - in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht. Die bei mangelnder Leistungsfähigkeit der Eltern an die Stelle tretenden sozialrechtlichen Leistungen werden dementsprechend der Bildungsförderung und nicht der Arbeitsförderung zugerechnet.
bb) Der Gesetzgeber durfte auch den objektiven Zusammenhang mit einem konkreten späteren Beruf als typischerweise gering ausgeprägt bewerten. Die Regelung erfasst insbesondere rein schulische Ausbildungen und das Hochschulstudium unmittelbar im Anschluss an den zum Studium berechtigenden Schulabschluss. Die schulische Ausbildung und das Studium eröffnen regelmäßig eine Vielzahl von unterschiedlichen Berufsmöglichkeiten. Sie sind häufig breit angelegt, so dass erst zu Beginn oder während der Berufstätigkeit eine Spezialisierung stattfindet. Zudem gibt es zahlreiche Studiengänge, die nicht ohne weiteres in konkrete Berufsfelder münden, und umgekehrt Berufsfelder, für die es nicht maßgeblich auf ein bestimmtes Studium ankommt, sondern darauf, dass überhaupt ein Studium absolviert worden ist.
Der Veranlassungszusammenhang mit der ausgeübten Erwerbstätigkeit ist zwar gerade bei der Ausbildung zum Berufspiloten sehr konkret. Die Bundesregierung legt jedoch in ihrer Stellungnahme dar, dass es sich dabei um eine zahlenmäßig unbedeutende Sonderkonstellation handele. Die geringe Zahl spricht dafür, dass der Gesetzgeber diese Fälle in Ausübung seiner Typisierungskompetenz vernachlässigen durfte, weil er sich grundsätzlich am Regelfall orientieren darf und nicht gehalten ist, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen.
cc) Letztlich kommt es darauf jedoch nicht an. Denn auch bei einer stark auf einen bestimmten späteren Beruf ausgerichteten Erstausbildung liegt eine private Mitveranlassung vor. Dass eine berufliche Veranlassung überwiegt und den Schwerpunkt bildet, indiziert noch nicht zwangsläufig eine unbedeutende private Mitveranlassung und umgekehrt. Der Gesetzgeber durfte deshalb jedenfalls von gemischt veranlasstem Aufwand ausgehen, bei dem private und berufliche Veranlassungselemente untrennbar sind und den er daher systematisch den Sonderausgaben zuordnen durfte. Auch Erstausbildungen, die wie die Pilotenausbildung einen konkreten Veranlassungszusammenhang mit einer später ausgeübten Erwerbstätigkeit aufweisen, schaffen erstmalig die Voraussetzungen für eine selbstbestimmte Lebensführung und vermitteln Kompetenzen, die allgemein die Lebensführung der Auszubildenden beeinflussen.
dd) Die Differenzierung zwischen Erstausbildungsaufwand und den Aufwendungen für Zweit- und weitere Ausbildungen hält einer gleichheitsrechtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Für letztere richtet sich die Zuordnung zu den Werbungskosten nach den einfachrechtlichen Grundsätzen. Entscheidend ist mithin, ob im Einzelfall eine berufliche Veranlassung gegeben ist. Diese Regelung ist sachlich gerechtfertigt, weil die Gründe für eine Zweit- oder weitere Ausbildung so heterogen sind, dass sie sich einer typisierenden Erfassung als maßgeblich privat (mit-)veranlasst entziehen.
Unter die weiteren Ausbildungen fallen Fort- und Weiterbildungen für den bereits ausgeübten Beruf oder für eine Spezialisierung in der bisherigen Berufstätigkeit ebenso wie Umschulungen oder eine völlige berufliche Neuorientierung. Die Motive für eine Zweitausbildung können mithin sehr unterschiedlich sein. Da Zweitausbildungen nicht mehr in den Grenzbereich zwischen allgemeinbildender Schule und erstmaliger Erwerbstätigkeit fallen, fehlt ihnen zugleich das Erstausbildungen verbindende Element, dass sie Grundvoraussetzung für die persönliche Entwicklung und die Erlangung und Festigung einer gesellschaftlichen Stellung sind.
ee) Schließlich ist auch für die Differenzierung zwischen Erstausbildungen und Erststudiengängen innerhalb und außerhalb eines Dienstverhältnisses ein sachlich einleuchtender Grund gegeben. Das Bestehen eines Dienstverhältnisses hat zur Folge, dass die Auszubildenden zur Teilnahme sowohl an einer betrieblichen als auch an einer schulischen oder universitären Ausbildung verpflichtet sind. Gleichzeitig erhalten sie eine Vergütung, auch für den schulischen Teil der Ausbildung. Es ist deshalb nicht willkürlich, bei den Auszubildenden anfallende Ausbildungskosten (auch) als Aufwendungen zur Sicherung von Einnahmen aus dem Ausbildungsverhältnis zu bewerten. Zwar schafft auch die Erstausbildung, die innerhalb eines Dienstverhältnisses erfolgt, die Voraussetzungen für eine selbstbestimmte Lebensführung und vermittelt Kompetenzen, die allgemein die Lebensführung der Auszubildenden beeinflussen. Die im Rahmen des Ausbildungsdienstverhältnisses bereits aktuell ausgeübte Erwerbstätigkeit ist jedoch ein sachlicher Grund, der den Gesetzgeber berechtigt, zu differenzieren.
2. a) Die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Erstausbildungskosten auf einen Höchstbetrag von 4.000 Euro in den Streitjahren verstößt nicht gegen das Gebot der Steuerfreiheit des Existenzminimums.
Der existenzielle Bedarf des Auszubildenden wird während der Erstausbildung grundsätzlich durch die zivilrechtliche Unterhaltspflicht der Eltern gedeckt. Alternativ oder kumulativ erfolgt eine sozialrechtliche finanzielle Unterstützung, vorrangig durch Ansprüche auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Soweit die Auszubildenden/Studierenden eigenes Einkommen haben, wird das Existenzminimum durch den Grundfreibetrag abgedeckt. Er betrug in den Streitjahren 2004 bis 2008 jeweils 7.664 Euro. Zusätzlich wurden die Erstausbildungskosten in den Streitjahren nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben bis zu einer Höhe von 4.000 Euro berücksichtigt; seit dem Veranlagungszeitraum 2012 gilt eine Höchstgrenze von 6.000 Euro.
Jedenfalls ein darüberhinausgehender Ausbildungsaufwand ist nicht dem Existenzminimum zuzurechnen. Vergleichsebene für die Quantifizierung des Existenzminimums ist das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau. Aufwendungen im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in einer Höhe, die den Höchstbetrag der danach abzugsfähigen Sonderausgaben überschreitet, sind weder von der Sozialhilfe noch von den Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz umfasst.
b) Die Höchstbetragsgrenze ist schließlich auch bei einer Würdigung von Erstausbildungsaufwand im Lichte betroffener Grundrechte, zu der der Gesetzgeber auch dann verpflichtet ist, wenn er diesen zulässigerweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuordnet, nicht zu beanstanden. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle bildet § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG die erforderlichen Kosten für eine eigene Erstausbildung realitätsgerecht ab. Bei der Pilotenausbildung handelt es sich um Sonderfälle, die nicht den typischen Fall der Erstausbildung darstellen. Im Übrigen ist es in weitem Umfang der freien Gestaltung des Gesetzgebers überlassen, wie er der objektiv-rechtlichen Wertentscheidung zugunsten eines freiheitlichen Berufs- und Ausbildungswesens Rechnung trägt. Art. 12 GG gebietet jedenfalls nicht eine uneingeschränkte steuerliche Entlastung wegen Erstausbildungsaufwand in beliebiger Höhe auf Kosten der Allgemeinheit. Insofern unterscheiden sich Ausbildungskosten etwa von erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten. Letztere sind unter dem besonderen Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG zwangsläufiger Aufwand, weil der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen nicht die „Vermeidbarkeit" ihrer Kinder entgegenhalten darf. Für eine besonders kostspielige Erstausbildung gilt das jedenfalls nicht in demselben Maße. Bei der steuerrechtlichen Berücksichtigung von Ausbildungskosten darf der Gesetzgeber auch einbeziehen, dass der Staat die Ausbildung durch die Bereitstellung des öffentlichen Bildungswesens und durch Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bereits fördert.
Quelle: BVerfG
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 29/19 (V R 44/16) vom 15.10.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BMF, Mitteilung vom 31.12.2019
Für den nichtkommerziellen Reiseverkehr wird Anfang 2020 eine Wertgrenze für die Umsatzsteuerrückerstattung eingeführt. Damit werden Einkäufe erst ab einem Rechnungsbetrag über 50 Euro von der Umsatzsteuer befreit, sodass mit einer Verbesserung der Zollabfertigung und Entlastung der Infrastruktur an den Grenzen gerechnet wird.
Ein wesentliches Ziel bei der Einführung der Wertgrenze ist es, den papiergebundenen Verwaltungsaufwand an der Schweizer Grenze zu reduzieren. Hier ist es in den letzten Jahren zu stark steigenden Abfertigungszahlen gekommen, verbunden mit langen Wartezeiten in den Supermärkten und an den Zollstellen. Neben der Reduzierung des Verwaltungsaufwands soll auch eine Entspannung der Verkehrssituation im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet herbeigeführt werden.
Der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages hatte aufgrund einer Prüfung zur Kontrolle der Steuerbefreiung im nichtkommerziellen Reiseverkehr dazu aufgefordert, eine Wertgrenze von 175 Euro einzuführen. Die Bundesregierung hat daraufhin eine zeitlich befristete Wertgrenze in Höhe von 50 Euro vorgeschlagen.
Quelle: BMF
Steuern und Finanzen
Bundesregierung, Mitteilung vom 20.12.2019
Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt zum 1. Januar 2020 auf 7.812 Euro. Auch für Erwachsene steigt der Grundfreibetrag in 2020 auf 9.408 Euro. Auf diesen Teil des Einkommens muss keine Einkommensteuer gezahlt werden. Die Bundesregierung entlastet Familien damit um rund zehn Milliarden Euro jährlich. Die nächste Kindergelderhöhung erfolgt am 1. Januar 2021.
Bahnfahren soll ab dem 1. Januar 2020 günstiger und dadurch attraktiver werden. Dafür wird der Mehrwertsteuersatz auf Fahrkarten im Fernverkehr von 19 Prozent auf sieben Prozent gesenkt. Ab April 2020 steigt im Gegenzug die Luftverkehrsteuer. Die Deutsche Bahn hat angekündigt, die Absenkung eins zu eins an die Fahrgäste weiterzugeben.
Energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum sollen für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2029 durch einen Abzug von 20 Prozent der Aufwendungen von der Steuerschuld gefördert werden. Abzugsfähig sind zum Beispiel die Dämmung von Wänden und Dächern oder der Einbau moderner Heizungen und Fenster. Dadurch wird ein Anreiz geschaffen, das Eigenheim klimafreundlicher zu gestalten.
Für die Anschaffung rein elektrischer oder anderer Nutzfahrzeuge und elektrisch betriebener Lastenfahrräder wird zum 1. Januar 2020 eine Sonderabschreibung von 50 Prozent im Jahr der Anschaffung eingeführt. Die Regelung gilt ab 2020 und ist bis Ende 2030 befristet.
Für Artikel des täglichen Bedarfs gilt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Ab Januar 2020 zählen auch Hygieneartikel für Frauen dazu, zum Beispiel Binden, Tampons und Menstruationstassen. Der vom Bundesfinanzministerium festgesetzten Steuersenkung von 19 auf sieben Prozent war eine Petition vorausgegangen mit der Forderung "Die Periode ist kein Luxus", die rund 190.000 Unterstützerinnen und Unterstützer fand.
Ab dem 1. Januar 2020 wird der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auch für E-Books, digitale Zeitungen und Periodika eingeführt. In Deutschland galt dies bisher nur für gedruckte Presseerzeugnisse.
Elektronische Kassen benötigen eine vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte Sicherheitseinrichtung. Damit kann kein Kaufpreis mehr manipuliert werden. Zudem muss bei jedem Kauf ein Bon ausgestellt werden. Die Kassen können spontan und unangemeldet durch die Steuerverwaltung mit einer "Kassennachschau" überprüft werden. Die neuen Regeln gelten für alle, die elektronische Kassensysteme nutzen. Die Wirtschaft hat noch bis zum 30. September 2020 eine Übergangsfrist, sich darauf einzustellen.
Ab Januar gelten strengere Meldevorschriften für Immobilienmakler, Kunstgalerien und Kunstauktionshäuser. Auch Geschäfte mit Kryptowährungen werden strenger geregelt. Das Transparenzregister wird für alle zugänglich sein. Grundlage dafür ist die 4. EU-Geldwäscherichtlinie. Dabei geht es auch um den Kampf gegen Terrorismusfinanzierung.
Zum 1. Januar 2020 wird die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung eingeführt. Das sieht das Forschungszulagengesetz vor. Künftig werden bei der Auftragsforschung die Auftraggeber begünstigt. Sie können die Forschungskosten steuerlich geltend machen in Form einer Forschungszulage. Davon profitieren unter anderem der Mittelstand, aber auch Handwerk und viele Unternehmen in Ostdeutschland, die keine eigene Forschungsabteilung haben und die auf die Auftragsforschung angewiesen sind. Grundsätzlich sind alle Arten von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben förderfähig.
Die zweite Stufe des Starke-Familien-Gesetzes, das Familien mit kleinem Einkommen unterstützt, tritt in Kraft: Zum 1. Januar 2020 wird der Kreis der Anspruchsberechtigten für den Kinderzuschlag erweitert. Die obere Einkommensgrenze, die sogenannte Abbruchkante, fällt weg. Einkommen der Eltern, das über ihren eigenen Bedarf hinausgeht, wird nur noch zu 45 Prozent, statt heute zu 50 Prozent, auf den Kinderzuschlag angerechnet.
Quelle: Bundesregierung
Lohnsteuer
Elfte Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 29.11.2019 (BGBl. I Seite 1997);
BMF, Schreiben IV C 5 - S-2334 / 19 / 10010 :001 vom 16.12.2019
Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV) zu bewerten.
Dies gilt ab 1. Januar 2014 gemäß § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, wenn der Preis der Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt.
Die Sachbezugswerte ab Kalenderjahr 2020 sind durch die Elfte Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 29. November 2019 (BGBl. I Seite 1997) festgesetzt worden. Demzufolge beträgt der Wert für Mahlzeiten, die ab Kalenderjahr 2020 gewährt werden,
Im Übrigen wird auf R 8.1 Abs. 7 und 8 LStR 2015 sowie auf das BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts vom 24. Oktober 2014 (BStBl I Seite 1412) hingewiesen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Urteil VIII R 22/17 vom 06.08.2019
Leitsatz
Verzichtet ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche und erhält es dafür einen fälligen Zahlungsanspruch, so führt die Verzinsung dieses Zahlungsanspruchs zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 52/17 vom 04.09.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 9/17 vom 09.07.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Berufsstand
BStBK, Pressemitteilung vom 05.12.2019
Am 29. November 2019 stimmte der Bundesrat dem sog. Jahressteuergesetz zu, welches, neben anderen Themenbereichen auch den Status von Steuerberatern als „unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege“ per Gesetz vorsieht.
BStBK-Präsident Prof. Hartmut Schwab begrüßt diese Gesetzesänderung: „Unsere langjährige Arbeit trägt endlich Früchte. Unser Berufsstand wird aufgewertet und statusmäßig mit Rechtsanwälten gleichgestellt. Steuerberater stehen nun auf Augenhöhe mit der Finanzverwaltung und können damit das Kompetenzgefälle zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen noch wirksamer ausgleichen als bisher.“
Gerade in Zeiten der zunehmenden Deregulierungsaktivitäten der EU-Kommission ist diese Klarstellung von immensem Wert für den Berufsstand. Schwab: „Die hohe Qualität unserer umfassenden Beratung ist in anderen Mitgliedstaaten noch nicht ausreichend bekannt. Nun haben wir einen Gleichklang mit dem in Europa überall bekannten Rechtsanwalt und können die Besonderheiten und Vorteile des deutschen Berufsrechts auf europäischer Ebene besser vermitteln.“
Das Gesetz wird über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zugeleitet und nach dessen Unterzeichnung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Quelle: BStBK
Einkommensteuer
BMF, Schreiben IV A 4 - S-1547 / 19 / 10001 :001 vom 02.12.2019
Das BMF gibt die für das Jahr 2020 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) bekannt:
Vorbemerkungen
Pauschbeträge (in Euro) nach Gewerbezweig, Jahreswert für eine Person ohne Umsatzsteuer, gegliedert nach ermäßigtem Steuersatz, vollem Steuersatz und insgesamt:
Bäckerei 1.218 | 406 | 1.624
Fleischerei/Metzgerei 891 | 865 | 1.756
Gaststätten aller Art
Getränkeeinzelhandel 105 | 302 | 407
Café und Konditorei 1.179 | 642 | 1.821
Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Eh.) 590 | 79 | 669
Nahrungs- und Genussmittel (Eh.) 1.140 | 681 | 1.821
Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Eh.) 275 | 236 | 511
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Erbschaft/Schenkungsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 77/19 vom 28.11.2019 zum Urteil II R 38/16 vom 11.07.2019
Die Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner entfällt rückwirkend, wenn der Erwerber das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt. Das gilt auch dann, wenn er die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11.07.2019 - II R 38/16 entschieden hat.
Nach dem Tod ihres Ehemannes hatte die Klägerin das gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus geerbt und war darin wohnen geblieben. Anderthalb Jahre nach dem Erbfall schenkte sie das Haus ihrer Tochter. Sie behielt sich einen lebenslangen Nießbrauch vor und zog nicht aus. Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) rückwirkend nicht mehr, weil die Klägerin das Familienheim verschenkt hatte.
Steuerfrei ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem sog. Familienheim von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner. Familienheim ist ein bebautes Grundstück, auf dem der Erblasser bis zum Erbfall eine Wohnung oder ein Haus zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Beim Erwerber muss die Immobilie unverzüglich "zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" bestimmt sein. Aufgrund eines sog. Nachversteuerungstatbestands entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer "Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" gehindert.
Das Finanzgericht und der BFH bestätigten das rückwirkende Entfallen der Steuerbegünstigung. Mit der Steuerbefreiung habe der Gesetzgeber den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern wollen. Deshalb könne die Befreiung nur derjenige überlebende Ehegatte oder Lebenspartner in Anspruch nehmen, der Eigentümer der Immobilie wird und sie selbst zum Wohnen nutzt. Wird die Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb aufgegeben, entfällt die Befreiung rückwirkend. Gleiches gilt bei der Aufgabe des Eigentums. Andernfalls könnte eine Immobilie steuerfrei geerbt und kurze Zeit später weiterveräußert werden. Dies würde dem Förderungsziel zuwiderlaufen. Hätten in dem Nachversteuerungstatbestand Aussagen lediglich zur weiteren Nutzung des Familienheims innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb getroffen werden sollen, hätte die kürzere Formulierung "Selbstnutzung zu Wohnzwecken" oder "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" ausgereicht. Der in der Vorschrift verwendete Begriff "Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" spreche dafür, dass sowohl die Nutzung als auch die Eigentümerstellung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners während des Zehnjahreszeitraums bestehen bleiben müssten.
Quelle: BFH
Hilfe zu GoBD
BMF, Mitteilung vom 28.11.2019
Die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ in Form der Neufassung durch das BMF-Schreiben vom 11. Juli 2019 sehen vor, dass im Rahmen einer Außenprüfung auf Verlangen der Finanzverwaltung - neben den aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten - auch alle zur Auswertung der Daten notwendigen Strukturinformationen in maschinell auswertbarer Form durch das geprüfte Unternehmen bereit gestellt werden. Die angeforderten Strukturinformationen sind jedoch vor allem kleineren und mittleren Unternehmen häufig nicht bekannt.
Da gerade die Datenträgerüberlassung dem geprüften Unternehmen erhebliche Probleme bereiten kann, werden nachfolgende Informationen zur Datenträgerüberlassung als Hilfe bereitgestellt.
Die Finanzverwaltung hat mit Softwareherstellern sowie dem deutschen Vertrieb der bundeseinheitlichen Prüfsoftware der Finanzverwaltung „IDEA“ (Firma Audicon GmbH) eine einheitliche, technische Bereitstellungshilfe zur Format- und Inhaltsbeschreibung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten entwickelt.
Umfang, Struktur oder Bezeichnung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten werden durch den Beschreibungsstandard nicht vorgegeben.
Beschreibungsstandard als technische Bereitstellungshilfe
Der Beschreibungsstandard für die Datenträgerüberlassung definiert die Datenimport-Schnittstelle zur automatisierten Übernahme aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtiger Daten einschließlich der zur maschinellen Auswertung erforderlichen Strukturinformationen und Verknüpfungen. Er ermöglicht Softwareherstellern und geprüften Unternehmen auf freiwilliger Basis eine problemlose Datenübergabe bei angeforderter Datenträgerüberlassung im Rahmen einer Außenprüfung.
Funktionsweise und Inhalt des XML-basierten Beschreibungsstandards
Um die unterschiedlichen Datenstrukturen verarbeiten zu können, muss das geprüfte Unternehmen oder ein beauftragter Dritter die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten weitgehend „denormalisiert“ zur Verfügung stellen. Der Beschreibungsstandard legt das Dateiformat für diese Daten auf gängige Standardformate fest. Zusätzlich liefert der Beschreibungsstandard eine maschinell auswertbare Beschreibung der Daten, Datenformate und Verknüpfungen im XML-Format. Beides, aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten und Beschreibungsdaten, werden auf einem Datenträger oder auf mehreren gemeinsamen Datenträgern bereitgestellt.
Weiterführende Informationen zum Beschreibungsstandard
Die aktuelle technische Beschreibung kann bei der Firma Audicon GmbH (www.audicon.net) kostenlos angefordert werden. Sie beinhaltet insbesondere die technische Organisation des Beschreibungsstandards und eine Erläuterung der zugrunde liegenden DTD (Document Type Definition).
Für den Bereich der Lohnsteuer-Außenprüfung hat die Finanzverwaltung die Digitale LohnSchnittstelle (DLS) erarbeitet.
Die DLS ist eine Datensatzbeschreibung für den standardisierten Datenexport aus dem Lohnabrechnungsprogramm des Arbeitgebers zur Übergabe an den Lohnsteuer-Außenprüfer. Sie soll eine einheitliche Strukturierung und Bezeichnung der nach § 41 EStG und § 4 LStDV im Lohnkonto aufzuzeichnenden Daten in Dateien und Datenfelder sicherstellen - unabhängig von dem Lohnabrechnungsprogramm des Arbeitgebers. Eine abschließende Definition und Aufzählung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten sind mit der DLS nicht verbunden.
Das Datenzugriffsrecht nach § 147 Abs. 6 S. 2 AO auf weitere prüfungsrelevante steuerliche Daten bleibt von der Anwendung der DLS unberührt.
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1679) hat der Gesetzgeber die Einführung eines einheitlichen Standarddatensatzes als Schnittstelle zum elektronischen Lohnkonto (Digitale LohnSchnittstelle -DLS-) verbindlich festgeschrieben, vgl. BMF-Schreiben vom 26. Mai 2017, BStBl I 2017, 789. Die DLS ist für ab dem 1. Januar 2018 aufzuzeichnende Daten anzuwenden. Die bisher im BMF-Schreiben vom 29. Juni 2011, BStBl I S. 675, ausgesprochene bloße Empfehlung zur Anwendung der DLS ist damit überholt.
Die jeweils aktuelle Version der DLS steht mit weiteren Informationen auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern unter www.bzst.bund.de zur Einsicht und zum Download bereit.
Neben dem Beschreibungsstandard unterstützt die von der Finanzverwaltung eingesetzte Prüfsoftware IDEA folgende Dateiformate - sofern die zur Auswertung der Daten notwendigen Strukturinformationen gleichfalls in maschinell auswertbarer Form bereitgestellt werden und das Einlesen der Daten ohne Installation zusätzlicher Fremdsoftware möglich ist:
Des Weiteren ist bei passwortgeschützten Dateien erforderlich, das Kennwort anzugeben.
Nicht erkennbare Dateiformate müssen in lesbare Formate konvertiert werden.
Werden die Daten aus einer Tabellenkalkulation angeliefert, sollten in den Tabellen nur die reinen Daten und keine leeren Zeilen, Zwischensummenzeilen oder Summenzeilen enthalten sein. Die Felder sollten entsprechend dem Feldtyp formatiert werden und in der ersten Zeile einen entsprechenden Feldnamen enthalten. Verknüpfungen sollten als eindeutige Schlüsselfelder mitgeliefert werden.
Für eine maschinelle Auswertbarkeit ist die Verwendung eindeutiger Feld- und Datensatztrennkriterien erforderlich (so darf zum Beispiel das Feldtrennzeichen nicht als Feldinhalt verwandt werden).
Dieses Schreiben ersetzt das Schreiben vom 14. November 2014.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 76/19 vom 21.11.2019 zum Urteil XI R 2/17 vom 23.07.2019
Betreibt ein gemeinnütziger Verein neben einer Werkstatt für behinderte Menschen ein der Öffentlichkeit zugängliches Bistro, in dem auch Menschen mit Behinderung arbeiten, unterliegen die Gastronomieumsätze des Bistros nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 23.07.2019 - XI R 2/17 entschieden. In der Folge werden viele gemeinnützige Einrichtungen entgegen derzeit allgemein geübter Praxis prüfen müssen, ob sie für die Umsätze ihrer Zweckbetriebe weiterhin den ermäßigten Steuersatz anwenden können.
Der Kläger unterstützt als gemeinnütziger Verein Menschen mit Behinderung, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Hilfe bedürfen. Seinem Begehren, die im öffentlichen Betrieb (Bistro und Toilette) erbrachten Umsätze mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % zu besteuern, weil auch behinderte Menschen dort arbeiteten, folgte das Finanzamt nicht. Die Klage beim Finanzgericht (FG) blieb aufgrund fehlender Nachweise erfolglos.
Demgegenüber verneint der BFH die Steuersatzermäßigung bereits dem Grunde nach. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) stellt unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen darauf ab, dass der Zweckbetrieb entweder nicht in unmittelbarem Wettbewerb mit der Regelbesteuerung unterliegenden Unternehmern tätig ist oder mit dessen Leistungen die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht werden. Bei der Entscheidung hierüber sind zwingende Vorgaben des Unionsrechts im Bereich der Mehrwertsteuer zu beachten. Danach muss es sich um Leistungen von Einrichtungen handeln, die sowohl gemeinnützig als zusätzlich auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind.
Diese Voraussetzungen waren im Streitfall nicht erfüllt. Zum einen war der Kläger mit seinen Gastronomieumsätzen in Wettbewerb zu anderen Unternehmern mit vergleichbaren Leistungen getreten. Zum anderen dienten die Gastronomieumsätze in erster Linie den Zwecken der Bistrobesucher und waren daher keine originär gemeinnützigen Leistungen. Allerdings verwies der BFH die Sache an das FG zurück, weil nicht ermittelt worden war, ob der ermäßigte Steuersatz aus anderen Gründen anzuwenden sein könnte (Abgabe von Speisen zur Mitnahme).
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 - S-2246 / 19 / 10001 vom 20.11.2019
Zur Einordnung der Einkünfte aus der Tätigkeit im Rahmen eines Heil-oder Heilhilfsberufs als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:
Einen Heil- oder Heilhilfsberuf übt derjenige aus, dessen Tätigkeit der Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen dient. Dazu gehören auch Leistungen der vorbeugenden Gesundheitspflege.
Soweit Heil- oder Heilhilfsberufe nicht zu den Katalogberufen zählen, ist ein solcher Beruf einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Katalogberufe ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufs mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufs vergleichbar ist. Dazu gehören die Vergleichbarkeit der jeweils ausgeübten Tätigkeit nach den sie charakterisierenden Merkmalen, die Vergleichbarkeit der Ausbildung und die Vergleichbarkeit der Bedingungen, an die das Gesetz die Ausübung des zu vergleichenden Berufs knüpft.
Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit ist regelmäßig auf die Katalogberufe des Heilpraktikers oder Krankengymnasten abzustellen. Dies bedeutet für die einzelnen Tatbestandsmerkmale Folgendes:
a) Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit
Die ausgeübte Tätigkeit ist den o. g. Katalogberufen ähnlich, wenn sie der Ausübung der Heilkunde dient.
b) Vergleichbarkeit der Ausbildung
Die Ausbildung ist den o. g. Katalogberufen ähnlich, wenn sie als mehrjährige theoretische und praktische Ausbildung auf Grund eines bundeseinheitlichen Berufsgesetzes absolviert wird.
c) Vergleichbarkeit der gesetzlichen Bedingungen an die Ausübung
Es müssen grundsätzlich vergleichbare berufsrechtliche Regelungen über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung vorliegen.
aa) Berufsrechtliche Regelung
Für den zu beurteilenden Beruf muss ein bundeseinheitliches Berufsgesetz existieren, in dem Ausbildung und Ausübung geregelt sind.
bb) Staatliche Erlaubnis der Berufsausübung
Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer gesetzlich vorgeschriebenen Erlaubnis bedürfen.
cc) Staatliche Überwachung
Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer staatlichen Überwachung durch die zuständige Behörde (z. B. Gesundheitsamt) unterliegen.
Nach den unter 1. genannten Grundsätzen üben demnach folgende Berufsgruppen eine freiberufliche Tätigkeit aus:
Ergänzend zu den unter 1. dargestellten Grundsätzen stellt die Zulassung des jeweiligen Steuerpflichtigen oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 1 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen ein ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer dem Katalogberuf des Krankengymnasten ähnlichen Tätigkeit dar. Gleiches gilt für die Zulassung zur Teilnahme an Verträgen zur Integrierten Versorgung mit Anthroposophischer Medizin nach §§ 140a ff. SGB V.
Fehlt es an einer solchen Zulassung, kann durch ein Gutachten nachgewiesen werden, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB V oder § 140a ff. SGB V vergleichbar sind. (vgl. BFH-Urteile vom 28. August 2003, BStBl II 2004 S. 954 und vom 20. November 2018, BStBl II 2019 S. xxx).
Dieses Schreiben tritt an die Stelle des Schreibens vom 22. Oktober 2004 - IV B 2 - S-2246 - 3/4 - (BStBl I S. 1030) und ist auf alle offenen Fälle anzuwenden. Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Warnung des BZSt
Landesamt für Steuern Niedersachsen, Pressemitteilung vom 14.11.2019
Seit einiger Zeit versuchen Betrüger per E-Mail an Informationen von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zu gelangen.
Sie geben sich per E-Mail als "Bundeszentralamt für Steuern" aus und behaupten, die betroffenen Bürgerinnen und Bürger hätten Anspruch auf eine Steuerrückerstattung. Um diese zu erhalten, müsse eine der E-Mail angehängte Datei ausgefüllt werden und an das Bundeszentralamt für Steuern geschickt werden.
Das Bundeszentralamt für Steuern warnt ausdrücklich davor, die der E-Mail angehängte, vermutlich mit einem Schadprogramm infizierte Datei zu öffnen und auf solche oder ähnliche E-Mails zu reagieren. Steuererstattungen müssen nicht per E-Mail beantragt werden.
Es wird dringend empfohlen, diese E-Mails zu löschen und aus dem E-Mail-Papierkorb zu entfernen.
Quelle: Landesamt für Steuern Niedersachsen
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 74/19 vom 14.11.2019 zum Urteil VIII R 18/16 vom 06.08.2019
Der Verzicht eines Gesellschafters auf eine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft kann nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 06.08.2019 - VIII R 18/16 zu § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 und Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Im Streitfall war der Kläger zu mehr als 10 % an einer GmbH beteiligt. Er hatte Forderungen gegen die GmbH im Nennwert von 801.768,78 Euro für einen Kaufpreis von 364.154,60 Euro erworben. Der Kläger verzichtete gegenüber der GmbH auf einen Teilbetrag seiner Darlehensforderung i. H. v. 275.000 Euro. Im Hinblick auf einen teilentgeltlichen Erwerb zu 43,5 % ging er davon aus, dass er einen Veräußerungsverlust i. H. v. 119.625 Euro erlitten habe. Dem folgten Finanzamt und Finanzgericht (FG) nicht.
Demgegenüber steht nach dem Urteil des BFH der Verzicht des Gesellschafters auf den nicht werthaltigen Teil seiner Forderung gegen die Kapitalgesellschaft einer Abtretung gleich und führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Forderungsausfall. Es liegt insoweit auch keine Einlage vor. Ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster, unbedingter Verzicht eines Gesellschafters auf einen Teil der ihm gegen die Kapitalgesellschaft zustehende Darlehensforderung führt nur insoweit zu einer Einlage i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG , als der Gesellschafter auf den werthaltigen Teil der Forderung verzichtet. Die Einlage setzt dabei voraus, dass der Verzichtsbetrag den Nennwert des nicht werthaltigen Teils der Forderung übersteigt. Stehen dem durch die Einlage bewirkten Zufluss Anschaffungskosten in gleicher Höhe gegenüber, fällt somit kein Gewinn i. S. des § 20 Abs. 4 EStG an.
Gleichwohl erwies sich die Klageabweisung durch das FG im Ergebnis als zutreffend. Denn steuerliche Auswirkungen hätte der Forderungsverzicht nur gehabt, wenn der Steuerpflichtige für den nicht werthaltigen Teil der Forderung Anschaffungskosten getragen hätte. Hieran fehlte es im Streitfall. Der Kläger hatte die Forderung im Nennwert von 801.768 Euro zum Kaufpreis von 364.154 Euro erworben. Der Kaufpreis wurde bei wirtschaftlicher Betrachtung für den werthaltigen Teil der Forderung aufgewandt. Der Verzicht in Höhe von 275.000 Euro bezog sich somit auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung, für den dem Kläger keine Anschaffungskosten entstanden waren. Seine Leistungsfähigkeit wurde durch den Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung folglich nicht gemindert.
Mit seinem Urteil setzt der VIII. Senat des BFH seine Rechtsprechung fort, nach der seit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt (vgl. Urteil vom 24.10 2017 VIII R 13/15, BFHE 259, 535 zum insolvenzbedingten Ausfall einer privaten Darlehensforderung).
Quelle: BFH
Gewerbesteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 72/19 vom 07.11.2019 zum Urteil III R 22/16 vom 25.07.2019
Entgelte, die ein Reiseveranstalter an Hoteliers für die Überlassung von Hotelzimmern bezahlt, unterliegen nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil III R 22/16 vom 25.07.2019 zu § 8 Nr. 1 Buchst. d und e des Gewerbesteuergesetzes entschieden. Nach diesen Vorschriften werden bei der Gewerbesteuer dem nach den Vorschriften des Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerrechts ermittelten Gewinn Miet- und Pachtzinsen, die zuvor gewinnmindernd berücksichtigt wurden, teilweise wieder hinzugerechnet, wenn die Wirtschaftsgüter dem Anlagevermögen des Betriebs des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.
Die Klägerin ist in der Rechtsform einer GmbH als Reiseveranstalterin tätig und organisiert Pauschalreisen. Zu diesem Zweck schloss sie mit anderen Leistungsträgern im Inland und im europäischen Ausland Verträge über typische Reisevorleistungen, insbesondere Übernachtungen, Personenbeförderungen, Verpflegungen, Betreuungen und Aktivitäten im Zielgebiet. Im Rahmen ihrer Gewerbesteuererklärung für 2008 nahm die Klägerin zwar Hinzurechnungen für von ihr geleistete Miet- und Pachtzinsen vor, jedoch nur hinsichtlich der von ihr angemieteten Geschäftsräume. Die an die Hoteliers gezahlten Entgelte blieben bei den Hinzurechnungen unberücksichtigt. Das Finanzamt war nach Durchführung einer Betriebsprüfung dagegen der Auffassung, dass nicht insgesamt eine Hotelleistung „eingekauft" werde, sondern ein Teil des an die Hoteliers bezahlten Entgeltes auf die „Anmietung" von Hotelzimmern entfalle. Entsprechend erhöhte es den gewerblichen Gewinn um den gesetzlich vorgesehenen Teil dieser Mietzinsen. Das Finanzgericht (FG) entschied zunächst im Rahmen eines Zwischenurteils über verschiedene Rechtsfragen. Dabei gelangte es u. a. zu dem Ergebnis, dass in den von der Klägerin an die Hoteliers gezahlten Entgelten Mietzinsen enthalten seien und der betreffende Anteil bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen sei.
Dagegen sah der BFH die Revision der Klägerin als begründet an. Die Hinzurechnung setze neben dem Vorliegen eines Miet- oder Pachtvertrages voraus, dass die gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter bei fiktiver Betrachtung Anlagevermögen des Steuerpflichtigen wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden. Letzteres verneinte der BFH, da bei einer nur kurzfristigen Überlassung der Hotelzimmer auch nur eine entsprechend kurzfristige Eigentümerstellung der Klägerin zu unterstellen sei. Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Anlage- oder dem Umlaufvermögen sei der konkrete Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen und - soweit wie möglich - auf die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen abzustellen.
Insofern sei entscheidend, dass das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters wie der Klägerin typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter erfordere. Vielmehr diene die nur zeitlich begrenzte Nutzung der Wirtschaftsgüter dem Bedürfnis des Reiseveranstalters, sich ständig an dem Wandel unterliegende Markterfordernisse (wie z. B. veränderte Kundenwünsche oder veränderte Verhältnisse am Zielort der Reise) anpassen zu können.
Da das FG bislang nur durch Zwischenurteil über Einzelfragen entschieden hatte, ging die Sache an das Finanzgericht zurück.
Quelle: BFH
Abgabenordnung
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 4 - S-0319 / 19 / 10002 :001 vom 06.11.2019
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 (BGBl. S. 3152) ist § 146a AO eingeführt worden, wonach ab dem 1. Januar 2020 die Pflicht besteht, dass jedes eingesetzte elektronische Aufzeichnungssystem im Sinne des § 146a Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. § 1 Satz 1 KassenSichV sowie die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen sind.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Verwendung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. § 1 Satz 1 KassenSichV ohne zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung nach dem 31. Dezember 2019 Folgendes:
Die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen sind umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen. Zur Umsetzung einer flächendeckenden Aufrüstung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a AO wird es nicht beanstandet, wenn diese elektronischen Aufzeichnungssysteme längstens bis zum 30. September 2020 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen.
Die Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 AO bleibt hiervon unberührt.
Die digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für Kassensysteme - DSFinV-K - findet bis zur Implementierung der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung, längstens für den Zeitraum der Nichtbeanstandung, keine Anwendung. Von der Mitteilung nach § 146a Abs. 4 AO ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit abzusehen. Der Zeitpunkt des Einsatzes der elektronischen Übermittlungsmöglichkeit wird im Bundessteuerblatt Teil I gesondert bekannt gegeben.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Abgabenordnung
BFH, Urteil V R 21/18 vom 22.08.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 12/19 (V R 9/16) vom 22.08.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Körperschaftsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 69/19 vom 24.10.2019 zum Vorlagebeschluss I R 18/19 vom 13.03.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) bittet den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung, ob die Steuerbegünstigung für dauerdefizitäre Tätigkeiten kommunaler Eigengesellschaften gegen die Beihilferegelung des Unionsrechts verstößt. Der Vorlagebeschluss vom 13.03.2019 - I R 18/19 - betrifft § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 und ist für Städte und Gemeinden von großer Bedeutung, da sie im Bereich der Daseinsvorsorge häufig an Eigengesellschaften mit dauerdefizitären Tätigkeiten beteiligt sind.
Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH. Da die Anteile der Klägerin zu 100 % von einer Stadt gehalten werden, handelt es sich um eine sog. kommunale Eigengesellschaft. Aus dem Betrieb einer Schwimmhalle erwirtschaftete die Klägerin in den Streitjahren 2002 und 2003 (dauerhaft) Verluste. Diese Verluste wurden vom Finanzamt nicht steuermindernd anerkannt.
Der BFH hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass die Hinnahme von Dauerverlusten im Interesse von Städten und Gemeinden bei kommunalen Eigengesellschaften regelmäßig zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führt (BFH-Urteil vom 22.08.2007 - I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007 S. 961).
Dementsprechend sieht der BFH auch in der Hinnahme der Dauerverluste durch die Eigengesellschaft im Streitfall eine vGA an die Stadt, mit der Folge, dass das Einkommen der Gesellschaft entsprechend zu erhöhen ist. Dieser Rechtsfolge steht jedoch die durch das Jahressteuergesetz 2009 auch mit Wirkung für die Vergangenheit geschaffene Regelung des § 8 Abs. 7 Satz1 Nr. 2 KStG entgegen, wonach die Rechtsfolgen einer vGA bei kommunalen Eigengesellschaften nicht zu ziehen sind, wenn sie ein sog. Dauerverlustgeschäft, wie z. B. beim Betrieb von Schwimmbädern aus gesundheitspolitischen Gründen, unterhalten.
Fraglich ist aber, ob die Steuerbegünstigung nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG eine staatliche Beihilfe i. S. von Art. 107 Abs. 1 i. V. m. Art. 108 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist. Genehmigungspflichtig sind danach selektive Beihilfen für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige.
Der BFH ist der Auffassung, dass § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG den kommunalen Eigengesellschaften einen selektiven Vorteil dadurch verschafft, dass die Rechtsfolgen einer vGA nicht zu ziehen sind, während bei den übrigen Steuerpflichtigen, die ebenfalls im Interesse ihrer Gesellschafter verlustreiche Tätigkeiten durchführen, diese Rechtsfolgen eintreten. In seinem Vorlagebeschluss geht der BFH von einem grundsätzlichen Vorliegen einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV aus, überantwortet aber dem EuGH die verbindliche Klärung der im Streitfall bestehenden Auslegungsfrage.
Sollte der EuGH das Vorliegen einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV bejahen, wäre § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG bis zu einer Entscheidung der Europäischen Kommission über die Vereinbarkeit der Steuerbegünstigung mit dem Binnenmarkt nicht anwendbar. Der Streitfall wie auch die weitere Anwendung dieser Vorschrift müssten bis zu einer Entscheidung durch die Kommission ausgesetzt werden.
Im Übrigen ist in Bezug auf die Besteuerungszeiträume ab 2009 - anders als im Streitfall - auch die sog. Spartenrechnung des § 8 Abs. 9 KStG zu beachten. Diese ändert aber nichts am Entfallen der vGA, mit dem der BFH sein Vorabentscheidungsersuchen maßgeblich begründet hat. Ein vom EuGH auf dieser Grundlage bejahter Beihilfetatbestand könnte sich daher auch auf die heute bestehende Rechtslage auswirken.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 32/18 vom 01.08.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 20/17 vom 12.06.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Vorsorgeaufwendungen
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 - S-2221 / 09 / 10013 :001 vom 15.10.2019
Auszug
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind zur Ermittlung der steuerlich berücksichtigungsfähigen Vorsorgeaufwendungen die vom Steuerpflichtigen geleisteten einheitlichen Sozialversicherungsbeiträge (Globalbeiträge) staatenbezogen wie im Schreiben genannt aufzuteilen (Angaben in Prozent des vom Arbeitnehmer geleisteten Globalbeitrags):
(...)
Der ledige Arbeitnehmer A leistet für das Jahr 2020 in Belgien einen Globalbeitrag i. H. v. 1.000 Euro.
A kann an Vorsorgeaufwendungen geltend machen:
Im Rahmen der Höchstbetragsberechnung gemäß § 10 Absatz 3 EStG ist ein Arbeitgeberanteil i. H. v. 979,60 Euro (= 97,96 % von 1.000 Euro) anzusetzen.
Eine entsprechende Aufteilung ist hinsichtlich der Altersvorsorgeaufwendungen auch bei der Ausstellung von elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen und Besonderen Lohnsteuerbescheinigungen durch den Arbeitgeber für das Kalenderjahr 2020 vorzunehmen (s. Abschnitt I Tz. 13 Buchstabe a des für das Kalenderjahr 2020 maßgeblichen BMFSchreibens vom 9. September 2019 [BStBl I Seite ..] i. V. m. der Bekanntmachung vom 9. September 2019 [BStBl I Seite …]).
Die Tabellen sind für den Veranlagungszeitraum 2020 anzuwenden. Sie gelten für den gesamten Veranlagungszeitraum.
Die Aufteilung von Globalbeiträgen, die an Sozialversicherungsträger in Ländern außerhalb Europas geleistet werden, ist nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen.
Unabhängig davon sind die für das Vereinigte Königreich (GB) ausgewiesenen Prozentsätze für den gesamten Veranlagungszeitraum 2020 - unbeachtlich des beabsichtigten Austritts aus der EU („Brexit“) - anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 65/19 vom 10.10.2019 zum Urteil X R 19/17 vom 22.05.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht die Verpflichtung, unverzinsliche Betriebsschulden mit 5,5 % abzuzinsen, für Wirtschaftsjahre bis einschließlich 2010 als verfassungsgemäß an. Mit Urteil vom 22.05.2019 - X R 19/17 hat er zudem einer nachträglich vereinbarten Verzinsung die steuerliche Anerkennung versagt.
Die Klägerin erhielt im Jahr 2010 für ihren Gewerbebetrieb von einem Bekannten ein langfristiges und zunächst nicht zu verzinsendes Darlehen über ca. 250.000 Euro. Während einer Außenprüfung, in der es um eine bilanzielle Gewinnerhöhung aufgrund der fehlenden Verzinsung ging, legten die Vertragspartner eine ab dem 01.01.2012 beginnende Verzinsung von jährlich 2 % fest. Später hoben sie den ursprünglichen Darlehensvertrag auf und vereinbarten rückwirkend ab 2010 eine Darlehensgewährung zu 1 % Zins. Das Finanzgericht (FG), das das Darlehen steuerlich dem Grunde nach anerkannte, ließ die nachträglich getroffenen Verzinsungsabreden bilanziell unberücksichtigt, so dass sich für das Streitjahr ein einkommen- und gewerbesteuerpflichtiger Abzinsungsgewinn ergab.
Der BFH bestätigte im Revisionsverfahren insoweit die Entscheidung der Vorinstanz. Durch das Abzinsungsgebot für unverzinsliche Verbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) werde steuerlich berücksichtigt, dass eine erst in Zukunft zu erfüllende Verpflichtung weniger belaste als eine sofortige Leistungspflicht und mangels Gegenleistung für den Zahlungsaufschub nicht mit dem Nenn-, sondern dem geringeren Barwert zu passivieren sei. Zeitlich nach dem jeweiligen Bilanzstichtag getroffene Zinsabreden könnten - selbst wenn sie zivilrechtlich rückwirkend erfolgten - wegen des bilanzsteuerrechtlichen Stichtagsprinzips sowie des allgemeinen steuerlichen Rückwirkungsverbots erst für künftige Wirtschaftsjahre berücksichtigt werden.
Die von den Klägern gerügte Verfassungswidrigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG teilte der BFH für das Streitjahr nicht. Jedenfalls im Jahr 2010 habe sich das niedrigere Marktzinsniveau noch nicht derart strukturell verfestigt, dass es dem Gesetzgeber nicht noch zuzubilligen gewesen wäre, aus Vereinfachungsgründen an dem statischen Abzinsungssatz von 5,5 % festzuhalten. Der vergleichsweise heranzuziehende Zins am Fremdkapitalmarkt habe Ende des Jahres 2010 noch knapp unter 4 % gelegen.
Der BFH konnte in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden und hat daher den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen. Zu einem weiteren, von einem Schwager der Klägerin gewährten Darlehen hat das FG im zweiten Rechtsgang festzustellen, ob dieses im Hinblick auf die Anforderungen an Angehörigenverträge überhaupt dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 7/17 vom 17.07.2019
Leitsatz
Der Antragsteller im Vorsteuervergütungsverfahren verletzt keine Mitwirkungspflichten i. S. von § 61 Abs. 6 UStDV, wenn er die Einspruchsbegründung und die vom BZSt angeforderten Unterlagen zwar nicht innerhalb der Monatsfrist des § 61 Abs. 6 UStDV, aber innerhalb der ihm vom BZSt verlängerten Frist vorlegt.
Quelle: BFH
Bekämpfung von Steuerbetrug
Am 27.09.2019 wurden im EU-Amtsblatt zwei Durchführungsbeschlüsse veröffentlicht, die Portugal und Rumänien erlauben, Sonderregelungen im Bereich der Mehrwertsteuer einzuführen, um Steuerbetrug und -umgehung zu bekämpfen:
Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7344 / 19 / 10001 :001 vom 30.09.2019
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
(1) Im Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und -Vorauszahlungsverfahren werden für die Voranmeldungszeiträume ab Januar 2020 die beiliegenden Vordruckmuster eingeführt:
(2) Die Änderungen in den beiliegenden Vordruckmustern gegenüber den Mustern des Vorjahres dienen der zeitlichen Anpassung oder sind redaktioneller oder drucktechnischer Art.
(3) Die Vordruckmuster USt 1 A und USt 1 H sind im Aufbau und insbesondere im Kopf- und Verfügungsteil - soweit sachlich möglich - mit dem Vordruckmuster der Lohnsteuer-Anmeldung abgestimmt. Steueranmeldungsvordrucke sollen einheitlich sein, deshalb sind die Vordrucke auf der Grundlage der unveränderten Vordruckmuster (Absatz 1) herzustellen.
(4) Folgende Abweichungen sind zulässig:
In den Fällen der Abweichung soll auf der Vorderseite der Vordruckmuster USt 1 A und USt 1 H unten rechts das jeweilige Bundesland angegeben werden. Anderenfalls soll diese Angabe unterbleiben.
(5) Die Umsatzsteuer-Voranmeldung 2020 sowie der Antrag auf Dauerfristverlängerung/die Anmeldung der Sondervorauszahlung 2020 sind grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung authentifiziert zu übermitteln (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG und § 48 Abs. 1 Satz 2 UStDV i. V. m. § 87a Abs. 6 Satz 1 AO). Informationen hierzu sind unter der Internet-Adresse www.elster.de erhältlich.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 60/19 vom 26.09.2019 zum Urteil XI R 40/17 vom 22.05.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 22.05.2019 - XI R 40/17 entschieden, dass eine bei einer Bußgeldfestsetzung gewinnmindernd zu berücksichtigende „Abschöpfung" der aus der Tat erlangten Vorteile nicht bereits dann vorliegt, wenn die Geldbuße lediglich unter Heranziehung des tatbezogenen Umsatzes ermittelt wird und sich nicht auf einen konkreten Mehrerlös bezieht.
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darf eine von einer inländischen Behörde festgesetzte Geldbuße den Gewinn nicht mindern. Dieses Abzugsverbot gilt nach Satz 4 Halbsatz 1 dieser Regelung allerdings nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind. Daher ist das Abzugsverbot bei einer sog. Bruttoabschöpfung nicht bzw. insoweit nicht anzuwenden, um eine doppelte Steuerbelastung auszuschließen.
Im Streitfall wurde gegen die Klägerin durch das Bundeskartellamt (BKartA) wegen unerlaubter Kartellabsprachen ermittelt. Im Rahmen eines Angebots zur einvernehmlichen Verfahrensbeendigung ("Settlement-Schreiben") teilte die Behörde im Juli 2013 die Absicht mit, ein Bußgeld in genau bezifferter Höhe festzusetzen. Im Februar 2014 verhängte das BKartA das Bußgeld in der angedrohten Höhe. Die Klägerin bildete in ihrer Bilanz auf den 31. Dezember 2013 wegen des angedrohten Bußgeldes eine handelsrechtliche Rückstellung; einen Teilbetrag davon berücksichtigte sie unter Hinweis auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 Halbsatz 1 EStG einkommensmindernd, da sie (insoweit) von einer sog. Bruttoabschöpfung ausging. Dem folgte weder das Finanzamt noch das Finanzgericht.
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Zwar sei die Bildung einer steuerwirksamen Rückstellung im Hinblick auf eine am maßgeblichen Bilanzstichtag noch nicht verhängte (aber angedrohte) Kartellgeldbuße möglich. Nach dem Urteil des BFH enthielt die angedrohte und dann auch festgesetzte Geldbuße aber überhaupt keinen Abschöpfungsteil. Hierfür reiche die Liquiditätsbelastung aufgrund des Bußgelds nicht aus. Die Geldbuße müsse vielmehr auf die Abschöpfung eines konkreten Mehrerlöses bezogen sein. Demgegenüber sei im Streitfall ein "kartellbedingter" Gewinn nicht ermittelt worden. Die nur pauschale Berücksichtigung eines tatbezogenen Umsatzes reiche für die Annahme einer Abschöpfung nicht aus.
Quelle: BFH
Erbschaft-/Schenkungsteuer
BFH, Urteil VII R 16/18 vom 04.06.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Lohnsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 58/19 vom 19.09.2019 zum Urteil VI R 36/17 vom 03.07.2019
Unbelegte Backwaren mit einem Heißgetränk sind kein Frühstück im lohnsteuerrechtlichen Sinne, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 3. Juli 2019 - VI R 36/17 - entschieden hat.
Im Streitfall hatte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken zum sofortigen Verzehr im Betrieb kostenlos bereitgestellt. Das Finanzamt sah dies als ein Frühstück an, das mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern sei.
Dem folgte der BFH nicht. Die unentgeltliche oder verbilligte Abgabe von Speisen und Getränken durch den Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer könne zu Arbeitslohn führen. Arbeitslohn liege grundsätzlich vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Mahlzeit, wie ein Frühstück, Mittagessen oder Abendessen, unentgeltlich oder verbilligt reiche. Davon abzugrenzen seien nicht steuerbare Aufmerksamkeiten, die lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen dienten und denen daher keine Entlohnungsfunktion zukomme.
Im vorliegenden Fall handele es sich bei den unentgeltlich zugewandten Lebensmitteln nicht um Arbeitslohn in Form kostenloser Mahlzeiten, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten. Unbelegte Brötchen seien auch in Kombination mit einem Heißgetränk kein Frühstück i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung. Selbst für ein einfaches Frühstück müsse jedenfalls noch ein Aufstrich oder ein Belag hinzutreten. Die Überlassung der Backwaren nebst Heißgetränken habe daher lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen gedient.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 59/19 vom 19.09.2019 zum Urteil IX R 28/18 vom 23.07.2019
Der Eigentumsverlust durch Enteignung ist keine Veräußerung i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 23.07.2019 IX R 28/18 zu § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden, da der Entzug des Eigentums ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen stattfindet.
Im Streitfall hatte der Kläger an einem unbebauten Grundstück im Jahr 2005 einen zusätzlichen Miteigentumsanteil durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben. Hierdurch wurde er Alleineigentümer des Grundstücks. Im Jahr 2008 führte die Stadt, in der das Grundstück belegen war, ein Bodensonderungsverfahren durch und erließ einen dieses Grundstück betreffenden und an den Kläger gerichteten Sonderungsbescheid nach dem Bodensonderungsgesetz, mit dem das Eigentum an dem Grundstück auf die Stadt überging. Der Kläger erhielt eine Entschädigung i. H. v. 600.000 Euro für das gesamte Grundstück. Das Finanzamt sah in der Enteignung in Bezug auf den in der Zwangsversteigerung erworbenen Miteigentumsanteil ein Veräußerungsgeschäft i. S. des § 23 EStG und setzte entsprechend dem Zufluss der Entschädigungszahlungen - nach mehreren Änderungen - in den Einkommensteuerbescheiden des Klägers für die Streitjahre 2009 und 2012 einen Veräußerungsgewinn von 175.244,97 Euro (2009) und von 43.500 Euro (2012) fest. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt: die hoheitliche Übertragung des Eigentums an einem Grundstück führe nicht zu einem steuerbaren Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft. Der BFH hat die Entscheidung des FG bestätigt.
Private Veräußerungsgeschäfte sind gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u. a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, soweit der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Die Begriffe "Anschaffung" und "Veräußerung" erfassen entgeltliche Erwerbs- und Übertragungsvorgänge, die wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen; sie müssen Ausdruck einer wirtschaftlichen Betätigung sein. An einer willentlichen Übertragung auf eine andere Person fehlt es, wenn - wie im Falle einer Enteignung - der Verlust des Eigentums am Grundstück ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen (und ggf. auch gegen seinen Willen) stattfindet. Diese am Wortlaut orientierte Gesetzesauslegung entspricht, wie der BFH in seinem Urteil betonte, dem historischen Willen des Gesetzgebers; sie sei auch vor dem Hintergrund eines systematischen Auslegungsansatzes folgerichtig.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 57/19 vom 12.09.2019 zu den Urteilen VIII R 22/15 und VIII R 31/15 vom 07.05.2019
Stückzinsen sind nach Einführung der Abgeltungsteuer ab dem Veranlagungszeitraum 2009 als Teil des Gewinns aus der Veräußerung einer sonstigen Kapitalforderung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig. Dies gilt auch, wenn die veräußerte Kapitalforderung vor dem 1. Januar 2009 erworben wurde. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen vom 7. Mai 2019 - VIII R 22/15 und VIII R 31/15 zu § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 (nunmehr § 52 Abs. 28 Satz 16, Halbsatz 2 EStG) entschieden.
Stückzinsen sind das vom Erwerber an den Veräußerer der Kapitalforderung gezahlte Entgelt für die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung entfallenden Zinsen des laufenden Zinszahlungszeitraums. Im Streitfall VIII R 31/15 vereinnahmte die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, im Streitjahr 2009 bei der Veräußerung einer Kapitalforderung offen ausgewiesene Stückzinsen. Sie hatte die veräußerte Kapitalforderung vor dem 1. Januar 2009 erworben. Die Klägerin war der Auffassung, die Stückzinsen seien aufgrund der Übergangsregelung in § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG i. d. F. JStG 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I 2008, 2794) nicht steuerbar. Die erst durch das JStG 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768) eingeführte Regelung in § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG, nach der Stückzinsen, die nach dem 31. Dezember 2008 zufließen, der Besteuerung unterliegen, führe zu einer verfassungswidrigen echten Rückwirkung. Der BFH trat dem entgegen. Nach seinem Urteil ist § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG i. d. F. des JStG 2010 keine verfassungswidrige rückwirkende, sondern eine verfassungsgemäße klarstellende Regelung.
Der BFH ordnet Stückzinsen, die nach dem 31. Dezember 2008 zufließen, als Teil des Gewinns aus der Veräußerung einer Kapitalforderung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ein. Die spätere Festschreibung der Steuerpflicht der Stückzinsen durch das JStG 2010 habe lediglich die bestehende Rechtslage klargestellt. Die Stückzinsen seien bis zum Ende des Veranlagungszeitraums 2008 und auch ohne die Regelung in § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG i. d. F. JStG 2010 nach Einführung der Abgeltungsteuer und damit ab dem Veranlagungszeitraum 2009 steuerpflichtige Kapitaleinkünfte gewesen.
Im Fall VIII R 22/15 war die Steuerpflicht von Stückzinsen im Streitjahr 2010 streitig, die vor der Einführung des § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG durch das JStG 2010 vereinnahmt worden waren. Der BFH sieht in der Neuregelung für diesen Veranlagungszeitraum ebenfalls keine verfassungswirkende rückwirkende, sondern eine verfassungsgemäße Vorschrift, die die bestehende Rechtslage klarstellt.
Quelle: BFH
Finanzgerichtsordnung
BFH, Beschluss II B 35-37/18 vom 17.07.2019
Leitsatz
Wurden die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im finanzgerichtlichen Verfahren angesprochen und ist der Kläger vor dem FG rechtskundig vertreten, bedarf es in der mündlichen Verhandlung keines richterlichen Hinweises, sich zu diesem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu äußern. Bei einem durch einen fach- und sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beteiligten stellt das Unterlassen eines (nach seiner Ansicht notwendigen) Hinweises gemäß § 76 Abs. 2 FGO regelmäßig keinen Verfahrensmangel dar.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 56/19 vom 05.09.2019 zum Beschluss XI R 11/17 vom 10.04.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel, ob die nach nationalem Recht bestehende Umsatzsteuerpflicht für Gutachten, die eine Krankenschwester zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit im Auftrag des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK) erbringt, mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Er hat daher mit Beschluss vom 10. April 2019 - XI R 11/17 den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung gebeten.
Im Streitfall erstellte die Klägerin, eine Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Pflege-Qualitätsmanagement, für den MDK Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Nach Auffassung des Finanzamts ist diese Tätigkeit weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei.
Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie) sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden, steuerfrei.
Da die Leistungsgewährung der Pflegekasse zur Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit gehört und die Leistung der Klägerin der Vorbereitung dieser Leistungsgewährung dient, will der BFH mit dem Vorabentscheidungsersuchen zunächst klären lassen, ob die Gutachtertätigkeit ein eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundener Umsatz ist, auch wenn sie nicht gegenüber dem Hilfsbedürftigen, sondern an eine Person erbracht wird, die sie benötigt, um seine eigene Leistung an den Patienten oder Hilfsbedürftigen zu erbringen. Ist dies zu bejahen, wird weiter zu klären sein, welche Anforderungen an die unternehmerbezogene Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter zu stellen sind, die der BFH nach der Richtlinie als für die Steuerfreiheit erforderlich ansieht. Diese könnte aus der Stellung als Subunternehmer, aus einer pauschalen Übernahme der Kosten durch Kranken- und Pflegekassen oder aus Vertragsbeziehungen abzuleiten sein.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil XI R 1/18 vom 22.05.2019
Leitsatz
1. Die im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltende Einschränkung des § 18 Abs. 9 Satz 6 UStG (jetzt: § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG) zur Gegenseitigkeit findet gemäß § 15 Abs. 4b UStG unter den dort genannten Voraussetzungen auch im allgemeinen Besteuerungsverfahren Anwendung. Fehlt es in den dort genannten Fällen an der für eine Vorsteuer-Vergütung erforderlichen Gegenseitigkeit, ist auch im allgemeinen Besteuerungsverfahren der Vorsteuerabzug des nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers für sämtliche Eingangsleistungen ausgeschlossen.
2. § 18 Abs. 9 Satz 6 UStG (jetzt: § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG) und § 15 Abs. 4b UStG verstoßen weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht.
Quelle: BFH
Verfahrensrecht
BFH, Beschluss VII R 9/19 (VII R 4/09) vom 18.07.2019
Leitsatz
Hat das BVerfG entschieden, dass eine Steuerrechtsnorm mit Bestimmungen des GG unvereinbar ist und die Fortgeltung der Vorschrift bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber angeordnet, und wird deshalb ein Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, entspricht es billigem Ermessen, der Finanzbehörde die Verfahrenskosten aufzuerlegen.
Quelle: BFH
Rückzahlung von Altersvorsorgezulagen
BFH, Pressemitteilung Nr. 55/9 zum Urteil X R 35/17 vom 09.07.2019
Ist ein Altersvorsorgevertrag über eine sog. Riesterrente vom Anbieter abgewickelt worden, kann die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) rechtsgrundlos geleistete Zulagebeträge vom Zulageempfänger zurückfordern. Nach dem zu § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Juli 2019 - X R 35/17 kommt es auf ein Verschulden des Zulageempfängers nicht an.
Im Streitfall hatte die Klägerin bei einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen. Aufgrund der Angabe des Anbieters, die Klägerin sei unmittelbar zulageberechtigt, zahlte die ZfA jährlich Zulagebeträge, die der Anbieter dem Konto der Klägerin gutschrieb. Nach Beendigung des Altersvorsorgevertrages stellte die ZfA im Rahmen einer Überprüfung die fehlende Zulageberechtigung der Klägerin für drei Beitragsjahre fest und forderte die insoweit gewährten Altersvorsorgezulagen von ihr zurück. Den Einwand der Klägerin, sie treffe kein Verschulden, da die unzutreffenden Zulageanträge von ihrem Anbieter herrührten und die ZfA die Auszahlungen ohne inhaltliche Prüfung vorgenommen habe, ließ das FG nicht gelten. Es war vielmehr der Ansicht, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin auf Rückzahlung lägen vor.
Der BFH hat die Vorentscheidung bestätigt. § 37 Abs. 2 AO über die Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Leistungen sei auch bei Altersvorsorgezulagen anzuwenden, da speziellere Regelungen - jedenfalls nach der bis zum 31.12.2017 geltenden Rechtslage - nicht eingriffen. Insbesondere komme eine Rückforderung über den Anbieter (vgl. § 90 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes) nicht in Betracht, da das Konto der Klägerin beim Anbieter infolge der Beendigung des Altersvorsorgevertrages nicht mehr existiert habe und damit auch nicht mehr belastet werden konnte. Ob die Klägerin oder - wie sie behaupte - ihr Anbieter die fehlerhafte Mitteilung über die Zulageberechtigung zu vertreten habe, sei für § 37 Abs. 2 AO unerheblich, da die Vorschrift kein Verschulden voraussetze. Der Umstand, dass die ZfA über mehrere Jahre hinweg eine Auszahlung von Zulagen allein aufgrund der ihr vom Anbieter übermittelten Daten veranlasst und erst nachträglich eine Prüfung der Zulageberechtigung der Klägerin vorgenommen habe, führe auch nicht zur Verwirkung des Rückforderungsanspruchs. Denn dieser Geschehensablauf entspreche in typischer Weise der gesetzlichen Ausgestaltung des Zulageverfahrens. Die Klägerin sei daher in ihrem Vertrauen auf das Behaltendürfen der unberechtigt erhaltenen Zulagen nicht schutzwürdig.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 54/19 vom 22.08.2019 zum Urteil VIII R 35/16 vom 14.05.2019
Prüfingenieure, die Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durchführen, erzielen Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Voraussetzung ist allerdings, dass sie insoweit leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Hieran fehlt es bei einer Personengesellschaft, deren Gesellschafter zwar Prüfingenieure sind, die jedoch den überwiegenden Teil der Prüftätigkeiten durch angestellte Prüfingenieure durchführen lässt und sie dabei nur stichprobenartig überwacht. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. Mai 2019 - VIII R 35/16 zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Im Streitfall führte die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, unter anderem Haupt- und Abgasuntersuchungen durch. Ihre Gesellschafter waren selbst Prüfingenieure. Den überwiegenden Teil der im Streitjahr 2009 durchgeführten Haupt- und Abgasuntersuchungen hatten allerdings die drei bei der Klägerin angestellten Prüfingenieure übernommen. Das Finanzamt war der Meinung, die Klägerin erziele gewerbliche Einkünfte und setzte dementsprechend auch Gewerbesteuer fest. Dies hat der BFH in seiner aktuellen Entscheidung als zutreffend bestätigt.
Der BFH hat zwar die Tätigkeit der Gesellschafter der Klägerin als freiberuflich beurteilt, soweit sie selbst Hauptuntersuchungen durchgeführt hatten. Soweit die Klägerin den überwiegenden Teil der Prüftätigkeiten durch angestellte Prüfingenieure habe durchführen lassen, fehle es jedoch an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter. Die angestellten Prüfingenieure hätten die Hauptuntersuchungen eigenständig durchgeführt und seien dabei lediglich stichprobenartig von den Gesellschaftern der Klägerin überwacht worden. Die Klägerin erziele daher insgesamt gewerbliche Einkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).
Der BFH betont, dass eine gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG unschädliche Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte auch für technische Berufe wie den des Ingenieurs voraussetzt, dass die Leistung als solche des Berufsträgers erkennbar und ihm damit persönlich zurechenbar ist. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ermächtige weder dazu, Routineaufgaben vollständig auf einen angestellten Berufsträger zu delegieren, noch dem Berufsträger eine Tätigkeit als eigene zuzurechnen, die tatsächlich ein anderer, angestellter Berufsträger eigenständig ausführe und zu verantworten habe. Dies gelte auch für Prüfingenieure, obwohl deren Tätigkeit weitgehend gesetzlich geregelt sei und daher umfassende Kontrollmaßnahmen ebenso ausgeschlossen seien wie die Festlegung von Untersuchungsmethoden oder -inhalten.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 7/18 vom 11.06.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 52/19 vom 16.08.2019 zu den Urteilen VIII R 2/16 und VIII R 26/16 vom 07.05.2019
Rentenberater sind nicht freiberuflich i. S. d. § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tätig, sondern erzielen gewerbliche Einkünfte, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen vom 7. Mai 2019 - VIII R 2/16 und VIII R 26/16 entschieden hat. Danach üben Rentenberater weder einen dem Beruf des Rechtsanwaltes oder Steuerberaters ähnlichen Beruf aus (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) noch erzielen sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
In den Streitfällen waren die Klägerinnen als Rentenberaterinnen tätig. Sie waren als solche im Rechtsdienstleistungsregister registriert, verfügten aber nicht über eine Zulassung als Rechtsanwältin oder Steuerberaterin. Die zuständigen Finanzämter sahen die Tätigkeit der Klägerinnen als gewerblich an und setzten Gewerbesteuer fest. Die hiergegen gerichteten Klagen blieben ohne Erfolg.
Der BFH hat die Vorentscheidungen jetzt bestätigt. Es fehle - so der BFH - an den Voraussetzungen für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit gem. § 18 EStG, sodass gewerbliche Einkünfte (§ 15 EStG) vorliegen.
Nach dem Urteil des BFH ist die Tätigkeit der Klägerinnen keinem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Katalogberufe - insbesondere nicht dem des Rechtsanwalts oder Steuerberaters - ähnlich. Bei der Prüfung, ob eine Berufstätigkeit der eines Katalogberufs ähnlich ist, sei auf die Ähnlichkeit mit einem der genannten Katalogberufe, z. B. dem des Rechtsanwalts oder Steuerberaters, abzustellen. In den Streitfällen fehlte es an der für die Annahme einer solchen Ähnlichkeit notwendigen Vergleichbarkeit von Ausbildung und ausgeübter Tätigkeit. Der Umstand, dass die Klägerinnen eine Tätigkeit ausübten, die auch von Rechtsanwälten wahrgenommen werde, begründe keine Ähnlichkeit zu diesem Beruf.
Darüber hinaus erzielten die Klägerinnen auch keine Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Ihre Tätigkeiten waren im Schwerpunkt beratender Natur. Sie übten keine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis aus, wie es für die gesetzlichen Regelbeispiele der Testamentsvollstrecker, Vermögensverwalter oder Aufsichtsratsmitglied prägend ist.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 50/19 vom 16.08.2019 zum Urteil V R 7/19 (V R 38/16) vom 23.05.2019
Fahrunterricht in einer Fahrschule zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 (Kraftfahrzeuge mit zulässiger Gesamtmasse von nicht mehr als 3.500 kg) ist nicht umsatzsteuerfrei. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Mai 2019 - V R 7/19 (V R 38/16) handelt es sich um sog. spezialisierten Unterricht, nicht aber um die Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen, wie es für den umsatzsteuerfreien Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnend ist.
Im Streitfall betrieb die Klägerin, eine GmbH, eine Fahrschule. Sie wies in den von ihr ausgestellten Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert aus, weil sie der Auffassung war, ihre Leistungen seien umsatzsteuerfrei. Dem folgten weder das Finanzamt noch das Finanzgericht. Der BFH wies die Revision der Fahrschule zurück. Im Revisionsverfahren hatte der BFH ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gerichtet. Dieses hatte der EuGH mit seinem Urteil C-449/17 A & G Fahrschul-Akademie vom 14. März 2019 beantwortet.
Nach dem Urteil des BFH ist der von der Fahrschule geleistete Fahrunterricht nicht nach innerstaatlichem Recht steuerfrei. Denn es handelt sich mangels der hierfür erforderlichen Bescheinigung nicht um eine dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung, die i. S. von § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes steuerfrei ist. Die Fahrschule kann sich auch nicht unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL mit dem danach von der Umsatzsteuer zu befreienden "Schul- und Hochschulunterricht" berufen. Denn der Fahrunterricht in einer Fahrschule ist nach dem im Streitfall ergangenen EuGH-Urteil ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt und der deshalb nicht unter den Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i. S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL fällt (EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie). Dem hat sich der BFH angeschlossen.
Das Verfahren V R 38/16 ruhte gemäß Vorlagebeschluss vom 16. März 2017 bis zur Entscheidung des EuGH. Das Verfahren V R 38/16 wurde wieder aufgenommen und unter dem Az. V R 7/19 fortgeführt.
Quelle: BFH
Grunderwerbsteuer
BFH, Urteil II R 16/17 vom 10.04.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil IV R 7/16 vom 06.06.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 47/19 vom 01.08.2019 zum Urteil VIII R 16/15 vom 14.05.2019
Kosten für den Umbau eines privat genutzten Badezimmers gehören nicht zu den abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. Mai 2019 - VIII R 16/15 entschieden.
Im Streitfall hatten die zusammen veranlagten Kläger im Jahr 2011 das Badezimmer und den vorgelagerten Flur in ihrem Eigenheim umfassend umgebaut. In dem Eigenheim nutzte der Kläger ein häusliches Arbeitszimmer für seine selbständige Tätigkeit als Steuerberater, das 8,43 % der Gesamtfläche ausmachte. Der Kläger machte für das Streitjahr 8,43 % der entstandenen Umbaukosten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes als Betriebsausgaben im Zusammenhang mit seinem häuslichen Arbeitszimmer geltend. Diese Aufwendungen in Höhe von rund 4.000 Euro berücksichtigte das FA - mit Ausnahme der Kosten für den Austausch der Tür zum Arbeitszimmer - nicht. Das hat der BFH nunmehr als dem Grunde nach zutreffend angesehen.
Nach dem Urteil des BFH sind Renovierungs- oder Reparaturaufwendungen, die wie z. B. Schuldzinsen, Gebäude-AfA oder Müllabfuhrgebühren für das gesamte Gebäude anfallen, zwar nach dem Flächenverhältnis aufzuteilen und damit anteilig zu berücksichtigen. Nicht anteilig abzugsfähig sind jedoch Kosten für einen Raum, der wie im Streitfall das Badezimmer und der Flur der Kläger ausschließlich - oder mehr als in nur untergeordnetem Umfang - privaten Wohnzwecken dient. Erfolgen Baumaßnahmen in Bezug auf einen privat genutzten Raum, fehlt es an Gebäudekosten, die nach dem Flächenverhältnis aufzuteilen und anteilig abzugsfähig sind.
Da das Finanzgericht (FG) keine hinreichenden Feststellungen zu ebenfalls streitigen Aufwendungen für Arbeiten an Rollläden des Hauses der Kläger getroffen hatte, konnte der BFH allerdings in der Sache nicht abschließend entscheiden und verwies die Sache an das FG zurück. Sollte es dabei um die Rollladenanlage des Wohnzimmers gegangen sein, lägen auch insoweit keine abziehbaren Aufwendungen vor.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 46/19 vom 01.08.2019 zum Urteil IV R 30/16 vom 06.06.2019
Einkünfte einer Personengesellschaft aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen werden aufgrund zusätzlicher gewerblicher Beteiligungseinkünfte bei der Einkommensteuer in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, unterliegen aber nicht der Gewerbesteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 6. Juni 2019 - IV R 30/16 entschieden. Danach ist § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht als der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt.
Im Streitfall erzielte eine KG hauptsächlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Daneben wurden ihr in geringem Umfang (negative) gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen an anderen Personengesellschaften zugerechnet.
Einkommensteuerrechtlich gelten die Einkünfte einer Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in zwei Fällen insgesamt als gewerblich. Diese sog. Abfärbewirkung greift ein, wenn zu den Einkünften einer Personengesellschaft auch Einkünfte aus originär gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) oder aus der Beteiligung an einer anderen gewerblichen Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG) gehören.
Für Gesellschaften, die neben nicht gewerblichen Einkünften auch solche aus einer originär gewerblichen Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) erzielen, hatte der BFH bereits entschieden, dass geringfügige gewerbliche Einkünfte nicht zur Abfärbung führen. Auf eine solche Geringfügigkeitsgrenze berief sich im Streitfall auch die KG in Bezug auf ihre gewerblichen Beteiligungseinkünfte. Sie machte geltend, dass eine Abfärbung der gewerblichen Beteiligungseinkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG angesichts deren Geringfügigkeit unverhältnismäßig sei.
Dem folgte der BFH nicht. Einkommensteuerrechtlich führen nach seinem Urteil gewerbliche Beteiligungseinkünfte unabhängig von ihrem Umfang immer zur Umqualifizierung nicht gewerblicher Einkünfte. Es handele sich insoweit um eine grundsätzlich zulässige Typisierung, mit der Einkünfte einer Einkunftsart insgesamt einer anderen Einkunftsart zugeordnet werden. Nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles könne diese Umqualifizierung für den Steuerpflichtigen auch zu steuerrechtlichen Vorteilen wie etwa bei einer Verlustberücksichtigung oder einer Rücklagenbildung führen.
Im Hinblick auf die Gewerbesteuer sei die Abfärbewirkung aufgrund gewerblicher Beteiligungseinkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG) - anders als die Abfärbewirkung bei originär gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG) - aber nur dann verfassungsgemäß, wenn die infolge der Abfärbung gewerblichen Einkünfte nicht gewerbesteuerbar seien. Nur so werde eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern vermieden.
In seiner Begründung bezog sich der BFH auf den Schutz des Gewerbesteueraufkommens als Gesetzeszweck. Die Abfärbewirkung aufgrund originär gewerblicher Tätigkeit verhindere, dass infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Tätigkeiten einer Gesellschaft gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen werden. Diese Gefahr bestehe bei gewerblichen Beteiligungseinkünften nicht, so dass es insoweit keiner Abfärbewirkung bedürfe. Zudem seien die gewerblichen Beteiligungseinkünfte, die bei der Obergesellschaft (im Streitfall: KG) einkommensteuerrechtlich zur Gewerblichkeit der weiteren Einkünfte führen, bei ihr im Hinblick auf die gewerbesteuerrechtliche Kürzung ohnehin nicht mit Gewerbesteuer belastet.
Quelle: BFH
Erbschaft-/Schenkungsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 44/19 vom 25.07.2019 zum Urteil II R 37/16 vom 28.05.2019
Kinder können eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie steuerfrei erben, wenn sie die Selbstnutzung als Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall aufnehmen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. Mai 2019 II R 37/16 entschieden hat. Ein erst späterer Einzug führt nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb als Familienheim.
Der Kläger und sein Bruder beerbten zusammen ihren am 5. Januar 2014 verstorbenen Vater. Zum Nachlass gehörte ein Zweifamilienhaus mit einer Wohnfläche von 120 qm, das der Vater bis zu seinem Tod allein bewohnt hatte. Die Brüder schlossen am 20. Februar 2015 einen Vermächtniserfüllungsvertrag, nach dem der Kläger das Alleineigentum an dem Haus erhalten sollte. Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 2. September 2015. Renovierungsangebote holte der Kläger ab April 2016 ein. Die Bauarbeiten begannen im Juni 2016.
Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer fest, ohne die Steuerbefreiung für Familienheime nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu berücksichtigen. Diese Steuerfreiheit setzt voraus, dass der Erblasser in einem im Inland belegenen Grundstück bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder dass er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war. Die Wohnung muss beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken als Familienheim bestimmt sein, wobei die Wohnfläche 200 qm nicht übersteigen darf. Das Finanzgericht (FG) sah den Erwerb als steuerpflichtig an.
Der BFH bestätigte die Versagung der Steuerfreiheit. Der Kläger habe das Haus auch nach der Eintragung im Grundbuch nicht unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken bestimmt. Erst im April 2016, mehr als zwei Jahre nach dem Todesfall und mehr als sechs Monate nach der Eintragung im Grundbuch, habe der Kläger Angebote von Handwerkern eingeholt und damit überhaupt erst mit der Renovierung begonnen. Der Kläger habe nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten habe. Schließlich wies der BFH darauf hin, dass der Kläger noch nicht einmal bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem FG mithin zwei Jahre und acht Monate nach dem Erbfall in das geerbte Haus eingezogen war.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 38/17 vom 12.06.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 43/19 vom 18.07.2019 zu den Urteilen VI R 27/17 vom 04.04.2019, VI R 6/17 vom 10.04.2019, VI R 36/16, VI R 40/16 und VI R 12/17 vom 11.04.2019
Das steuerliche Reisekostenrecht, das seit dem Jahr 2014 den Werbungskostenabzug für nicht ortsfest eingesetzte Arbeitnehmer und Beamte - wie z. B. Streifenpolizisten - einschränkt, ist verfassungsgemäß, wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 4. April 2019 VI R 27/17 entschieden hat. Zeitgleich hat der BFH vier weitere Urteile veröffentlicht, die die Folgen der geänderten Rechtslage für andere Berufsgruppen - wie etwa Piloten, Luftsicherheitskontrollkräfte oder befristet Beschäftigte - verdeutlichen (Urteile vom 10. April 2019 VI R 6/17, vom 11. April 2019 VI R 36/16, vom 11. April 2019 VI R 40/16 und vom 11. April 2019 VI R 12/17).
Steuerrechtlich sind beruflich veranlasste Fahrtkosten von nichtselbständig Beschäftigten grundsätzlich in Höhe des tatsächlichen Aufwands als Werbungskosten abziehbar. Abzugsbeschränkungen bestehen allerdings für den Weg zwischen der Wohnung und dem Arbeits- oder Dienstort. Werbungskosten liegen hier nur im Rahmen der sog. Pkw-Entfernungspauschale i. H. v. 0,30 Euro je Entfernungskilometer vor. Dabei definiert das neue Recht den Arbeits- oder Dienstort als "erste Tätigkeitsstätte" (bisher: "regelmäßige Arbeitsstätte"). Nach dem neuen Recht bestimmt sich die erste Tätigkeitsstelle anhand der arbeitsvertraglichen oder dienstrechtlichen Zuordnung durch den Arbeitgeber (§ 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG). Demgegenüber kam es zuvor auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers an. Diese Änderung ist für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG) sowie der Verpflegungspauschalen (§ 9 Abs. 4a Satz 1 EStG) von Bedeutung.
Der Streitfall VI R 27/17 betraf einen Polizisten, der arbeitstäglich zunächst seine Dienststelle aufsuchte und von dort seinen Einsatz- und Streifendienst antrat. Die Tätigkeiten in der Dienststelle beschränkten sich im Wesentlichen auf die Vor- und Nachbereitung des Einsatz- und Streifendienstes. In seiner Einkommensteuererklärung für 2015 machte er Fahrtkosten von seiner Wohnung zu der Polizeidienststelle sowie Verpflegungsmehraufwendungen entsprechend der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nach Dienstreisegrundsätzen geltend. Er ging davon aus, dass keine erste Tätigkeitsstätte vorliege, da er schwerpunktmäßig außerhalb der Polizeidienststelle im Außendienst tätig sei. Das Finanzamt (FA) berücksichtigte Fahrtkosten lediglich in Höhe der Entfernungspauschale. Mehraufwendungen für Verpflegung setzte es nicht an. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Der BFH hat die Vorinstanz bestätigt. Nach neuem Recht ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer oder Beamte einer ersten Tätigkeitsstätte durch arbeits- oder dienstrechtliche Festlegungen sowie diese ausfüllende Absprachen und Weisungen des Arbeitgebers (Dienstherrn) dauerhaft zugeordnet ist. Ist dies der Fall, kommt es auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage nicht an. Ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer (Beamte) am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat. Dies war nach den Feststellungen des FG bei dem Streifenpolizisten im Hinblick auf Schreibarbeiten und Dienstantrittsbesprechungen der Fall.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung verneint der BFH. Der Gesetzgeber habe sein Regelungsermessen nicht überschritten, da sich Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken könnten.
Der Streitfall VI R 40/16 betraf eine Pilotin. Auch sie machte die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Flughafen sowie Verpflegungsmehraufwendungen entsprechend der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nach Dienstreisegrundsätzen erfolglos gegenüber FA und FG geltend. Der BFH hat auch in diesem Fall das FG-Urteil bestätigt. Fliegendes Personal - wie Piloten oder Flugbegleiter - , das von seinem Arbeitgeber arbeitsrechtlich einem Flughafen dauerhaft zugeordnet ist und auf dem Flughafengelände zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbringt, die arbeitsvertraglich geschuldet sind, hat nach dem Urteil des BFH dort seine erste Tätigkeitsstätte. Da die Pilotin in den auf dem Flughafengelände gelegenen Räumen der Airline in gewissem Umfang auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Flugvor- und Flugnachbereitung zu erbringen hatte, verfügte sie dort über eine erste Tätigkeitsstätte. Unerheblich war somit, dass sie überwiegend im internationalem Flugverkehr tätig war. Der BFH weist zudem darauf hin, dass auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z. B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) als (großräumige) erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommt.
Ebenso hat der BFH in der Sache VI R 12/17 den Ansatz der Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen bei einer Luftsicherheitskontrollkraft verneint, die auf dem gesamten Flughafengelände eingesetzt wurde.
Mit zwei weiteren Urteilen (Az. VI R 36/16 und VI R 6/17) hat der BFH bei befristeten Arbeitsverhältnissen entschieden, dass eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer des befristeten Dienst- oder Arbeitsverhältnisses an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung tätig werden soll. Erfolgt während der Befristung eine Zuordnung zu einer anderen Tätigkeitsstätte, stellt letztere keine erste Tätigkeitsstätte mehr dar, weshalb ab diesem Zeitpunkt wieder die Dienstreisegrundsätze Anwendung finden. Damit war der Kläger in der Sache VI R 6/17 erfolgreich. Der BFH bestätigte hier die Klagestattgabe durch das FA, sodass dem Kläger Reisekosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit mit 0,30 Euro je gefahrenen Kilometer zustehen. Im Fall VI R 36/16 kam es zu einer Zurückverweisung an das FG, damit geprüft wird, ob überhaupt ortsfeste Einrichtungen vorliegen.
Quelle: BFH
GoBD
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 4 - S-0316 / 19 / 10003 :001 vom 11.07.2019
Mit dem BMF-Schreiben werden die GoBD neugefasst. Es tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 14. November 2014, BStBl I S. 1450.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 28/16 vom 10.04.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Grunderwerbsteuer
BFH, Urteil II R 27/16 vom 20.02.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 - S-2133-b / 19 / 10001 vom 02.07.2019
Hiermit wird das aktualisierte Datenschema der Taxonomien (Version 6.3) als amtlich vorgeschriebener Datensatz nach § 5b EStG veröffentlicht. Die aktualisierten Taxonomien (Kern-, Ergänzungs- und Spezialtaxonomien) stehen unter www.esteuer.de zur Ansicht und zum Abruf bereit.
Die Taxonomien sind grundsätzlich für die Bilanzen der Wirtschaftsjahre zu verwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 beginnen (Wirtschaftsjahr 2020 oder 2020/2021). Sie gelten entsprechend für die in Rdnr. 1 des BMF-Schreibens vom 28. September 2011 genannten Bilanzen sowie für Eröffnungsbilanzen, sofern diese nach dem 31. Dezember 2019 aufzustellen sind. Es wird nicht beanstandet, wenn diese auch für das Wirtschaftsjahr 2019 oder 2019/2020 verwendet werden.
Die Übermittlungsmöglichkeit mit diesen neuen Taxonomien wird für Testfälle voraussichtlich ab November 2019 und für Echtfälle ab Mai 2020 gegeben sein.
Die einzelnen Änderungen in den Taxonomien ergeben sich aus dem ebenfalls unter www.esteuer.de eingestellten Änderungsnachweis.
Auf folgende Neuerungen wird hingewiesen:
Es wurden zahlreiche neue Taxonomie-Positionen zur Darstellung von Sachverhalten auf Ebene des Anlegers, der dem Betriebsvermögen zugeordnete Investment- oder Spezial-Investmentanteile hält, aufgenommen.
Beispielsweise wurden im Berichtsteil „Bilanz“ zur innerbilanziellen Abbildung von gesetzlich geregelten Veräußerungsfiktionen (z. B. § 22 und § 56 InvStG) neue Taxonomie-Positionen geschaffen. Für durch die fingierte Veräußerung der Investment- oder Spezial-Investmentanteile aufgedeckte stille Reserven wurden die Taxonomie-Positionen „Rücklagen nach dem InvStG“ geschaffen. Unter anderem zur innerbilanziellen Erfassung von Vorabpauschalen (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 18 InvStG) und ausschüttungsgleichen Erträgen (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 36 InvStG) sind als steuerliche Bilanzierungshilfe Ausgleichsposten vorgesehen. Im Berichtsteil „Gewinn- und Verlustrechnung“ wurden zahlreiche TaxonomiePositionen für Erträge und Aufwendungen im Zusammenhang mit Investment- und Spezial-Investmentanteilen ergänzt. Außerdem wurden im Berichtsteil „steuerliche Gewinnermittlung“ Taxonomie-Positionen für außerbilanzielle Korrekturen ergänzt (z. B. für die Teilfreistellung gemäß § 20 InvStG: „Abrechnung, nach InvStG steuerfreier Erträge“).
Mit Einführung der Taxonomie-Position „zuzüglich nach InvStG steuerfreie Erträge“ im Berichtsteil „Steuerliche Gewinnermittlung bei Feststellungsverfahren“ entfiel der Anwendungsbereich der Taxonomie-Position "zuzüglich sonstige steuerfreie Erträge", sodass die letztgenannte Position gelöscht wurde.
Das Betriebsvermögen (Eigenkapital) am Schluss des Wirtschaftsjahres im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ermittelt sich nach dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zuzüglich oder abzüglich eines Steuerbilanzgewinns oder -verlusts, abzüglich Entnahmen und zuzüglich Einlagen.
Ein von der Mitunternehmerschaft erzielter Steuerbilanzgewinn erhöht demnach in einem ersten Schritt stets das steuerliche Eigenkapital und damit die Kapitalanteile der Mitunternehmer entsprechend dem ihnen zuzurechnenden Anteil am Steuerbilanzgewinn. Ist der Gewinnanteil des Mitunternehmers vollständig oder teilweise auf einem als Fremdkapital einzustufenden Gesellschafterkonto zu erfassen (vgl. zur steuerlichen Einordnung von Kapitalkonten der Gesellschafter das BMF-Schreiben vom 30. Mai 1997, BStBl I S. 627), ist insoweit in einem zweiten Schritt eine Entnahme zu berücksichtigen, die dann zu einer Minderung seines Kapitalanteils führt.
Ab der Version 6.3 greift eine ERiC-Regel, durch die E-Bilanzen einer Mitunternehmerschaft als fehlerhaft zurückgewiesen werden, sofern Gewinnanteile eines Mitunternehmers unmittelbar auf einem steuerlich als Fremdkapital zu beurteilenden Gesellschafterkonto erfasst werden.
Da entnahmefähige Gewinnanteile, soweit und solange sie nicht entnommen werden, i. d. R. eine dem Sonderbetriebsvermögen I zuzuordnende Forderung des jeweiligen Mitunternehmers darstellen, ist im Sonderbereich des jeweiligen Mitunternehmers in diesem Fall korrespondierend eine Einlage zu erfassen. Zur innerbilanziellen Abbildung steht ab dieser Version 6.3 die neue Taxonomie-Position „Forderungen gegen Gesellschaft/Gesamthand“ für Zwecke der Übermittlung einer Sonderbilanz zur Verfügung
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
AdV; kein Vorsteuerabzug aus Scheinlieferung; kein Vorsteuerabzug bei Beteiligung an fremder Steuerhinterziehung; Gewährung des Vorsteuerabzugs im Wege des Gutglaubensschutzes; Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug im Besteuerungszeitraum des Besitzes der Rechnung; Zulässigkeit von Hinzuschätzungen bei Verletzung der Aufzeichnungspflichten des § 22 UStG und bei sonstigen Buchführungsmängeln im Bereich der Umsatzsteuer
BFH, Beschluss XI B 13/19 vom 16.05.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Finanzkontrolle Schwarzarbeit
Bundesrat, Mitteilung vom 28.06.2019
Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit erhält weitere Befugnisse im Kampf gegen illegale Beschäftigung, Steuerhinterziehung und Sozialleistungsmissbrauch: der Bundesrat stimmte einem entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages am 28. Juni 2019 zu.
Das Gesetz weitet die Befugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit aus, die beim Zoll angesiedelt ist. Sie soll Scheinarbeit oder vorgetäuschte Selbständigkeit, Menschenhandel und Arbeitsausbeutung aufdecken - zudem missbräuchliches Anbieten von Schrottimmobilien oder Kindergeldmissbrauch.
Ermittler prüfen künftig auch solche Fälle von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit, bei denen Dienst- oder Werkleistungen noch gar nicht erbracht wurden, sich aber bereits anbahnen - zum Beispiel auf sog. Tagelöhnerbörsen. Sie verfolgen zudem Fälle von vorgetäuschten Dienst- oder Werkleistungen, die nur dazu dienen, unberechtigt Sozialleistungen zu erhalten.
Um Missbrauch von Kindergeld zu verhindern, erhält die Familienkasse eigene Prüfungskompetenzen. Neu nach Deutschland zugezogene EU-Bürgerinnen und Bürger sind in den ersten drei Monaten vom Leistungsbezug ausgeschlossen, sofern sie keine inländischen Einkünfte erzielen. Auch laufende Kindergeldzahlungen kann die Familienkasse in begründeten Zweifelsfällen künftig vorläufig einstellen.
Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es tritt einen Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
Quelle: Bundesrat
Einkommensteuer
Bundesrat, Mitteilung vom 28.06.2019
Private Investoren erhalten Klarheit: Der Bundesrat hat am 28. Juni 2019 den Sonderabschreibungen beim Mietwohnungsneubau zugestimmt. Der Bundestag hatte die Neuregelungen bereits im Dezember 2018 verabschiedet. Der Bundesrat hatte den Gesetzesbeschluss damals von der Tagesordnung abgesetzt.
Das Gesetz ermöglicht privaten Investoren, befristet für vier Jahre fünf Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten einer neuen Wohnung bei der Steuer geltend zu machen - zusätzlich zur bereits geltenden linearen Sonderabschreibung über zwei Prozent. Damit können in den ersten vier Jahren insgesamt 28 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten einer neuen Mietwohnung steuerlich abgeschrieben werden.
Voraussetzung für die Sonderabschreibung ist, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen. Hierdurch soll der Bau bezahlbarer Mietwohnungen angeregt werden.
Um sicherzustellen, dass die neuen Wohnungen nicht als Ferienwohnungen (unter-)vermietet werden, hat der Bundestag in seinem Gesetzesbeschluss klargestellt, dass die Wohnungen dauerhaft bewohnt sein müssen.
Vorgesehen sind darüber hinaus auch Steuerbegünstigungen für Investitionen in bestehende Gebäude. Auch sie greifen nur, wenn sie zu neuem Wohnraum führen.
Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es tritt einen Tag nach der Verkündung in Kraft.
Quelle: Bundesrat
Einkommensteuer
BFH, Urteil III R 49/17 vom 17.01.2019
Leitsatz
Die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung löst keine Nachversteuerung von in der Vergangenheit nach § 34a EStG begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinnen aus. Eine analoge Anwendung des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG kommt nicht in Betracht.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 47/16 vom 14.02.2019
Leitsatz
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2011 beginnen, gilt allein § 51 EStDV i. d. F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011. Die frühere Inanspruchnahme eines pauschalen Betriebsausgabenabzugs gemäß § 51 EStDV in der zuvor geltenden Fassung steht einer gewinnmindernden Berücksichtigung von Wiederaufforstungskosten in diesen Wirtschaftsjahren deshalb schon aus diesem Grund nicht entgegen.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Beschluss XI R 34/16 vom 13.02.2019
Leitsatz
Wird im Jahr der Erteilung einer Pensionszusage eine Pensionsrückstellung gebildet und erfolgt dies im Jahr der Veröffentlichung neuer "Heubeck-Richttafeln", existiert kein "Unterschiedsbetrag" i. S. des § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG, der auf drei Jahre verteilt werden müsste.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 36/19 vom 13.06.2019 zum Urteil IX R 44/17 vom 12.03.2019
Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld sind nicht als Entschädigung ermäßigt zu besteuern. Es handelt sich vielmehr um laufenden Arbeitslohn, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12. März 2019 IX R 44/17 zu Zahlungen einer Transfergesellschaft im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses entschieden hat.
Im Streitfall wechselte der Kläger - nach mehr als 24 Jahren Beschäftigungszeit - wegen der Stilllegung eines Werkes des Arbeitgebers zu einer Transfergesellschaft. Für die einvernehmliche Aufhebung des langjährigen Beschäftigungsverhältnisses zahlte der bisherige Arbeitgeber dem Kläger eine Abfindung. Gleichzeitig schloss der Kläger mit der Transfergesellschaft ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Dauer von zwei Jahren mit dem Ziel ab, dem Kläger Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen und seine Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Den Kläger trafen arbeitsvertraglich geregelte Mitwirkungs- und Teilnahmepflichten. Er hatte den Weisungen der Transfergesellschaft zu folgen. Ein Beschäftigungsanspruch bestand nicht.
Grundlage für das neue Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft war die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Transfergesellschaft verpflichtete sich zur Zahlung eines Zuschusses zum Transferkurzarbeitergeld. Das Finanzamt (FA) behandelte die Aufstockungsbeträge als laufenden, der normalen Tarifbelastung unterliegenden Arbeitslohn nach § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Kläger war demgegenüber der Auffassung, es handele sich um eine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i. V. m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG für den Verlust seines früheren Arbeitsplatzes.
Der BFH bestätigte die Auffassung des FA. Die Aufstockungsbeträge seien dem Kläger aus dem mit der Transfergesellschaft geschlossenen Arbeitsverhältnis zugeflossen und durch dieses unmittelbar veranlasst. Daher stellten sie eine Gegenleistung für die vom Kläger aus dem Arbeitsverhältnis geschuldeten Arbeitnehmerpflichten dar. Der Annahme von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit stehe nicht entgegen, dass der Kläger weder einen Anspruch auf Beschäftigung gegenüber der Transfergesellschaft hatte noch diese zur tatsächlichen Beschäftigung des Klägers verpflichtet war. Der BFH begründete dies damit, dass ein Arbeitgeber auf die Arbeitsleistung eines Mitarbeiters auch ganz verzichten könne, ohne dass dies Einfluss auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses habe.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 35/19 vom 06.06.2019 zum Urteil VI R 18/17 vom 04.04.2019
Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat für eine im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzten Wohnung fallen nicht unter die Höchstbetragsbegrenzung von 1.000 Euro und sind daher grundsätzlich in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 4. April 2019 VI R 18/17 zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden.
Im Streitfall hatte der Kläger eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung begründet. Aufwendungen für die Miete nebst Nebenkosten sowie Anschaffungskosten für die Einrichtung machte er als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nur in Höhe von 1.000 Euro je Monat an, da die Abzugsfähigkeit der Kosten für die Unterkunft nach der Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2004 auf diesen Höchstbetrag begrenzt sei. Dem widersprach das Finanzgericht (FG). Die Kosten der Einrichtung (Absetzung für Abnutzung auf angeschaffte Einrichtungsgegenstände und Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftsgüter) seien keine Kosten der Unterkunft und seien daher nicht mit dem Höchstbetrag abgegolten. Da die übrigen Kosten den Höchstbetrag nicht überschritten hätten, seien die Aufwendungen in voller Höhe abzugsfähig.
Der BFH bestätigte die FG-Entscheidung. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind nur die Kosten der Unterkunft auf den Höchstabzugsbetrag von 1.000 Euro gedeckelt. Davon sind aber Aufwendungen für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände nicht umfasst, da diese nur für deren Nutzung und nicht für die Nutzung der Unterkunft getätigt werden. Die Nutzung der Einrichtungsgegenstände ist nicht mit der Nutzung der Unterkunft als solcher gleichzusetzen. Derartige Aufwendungen sind daher - soweit sie notwendig sind - ohne Begrenzung der Höhe nach abzugsfähig.
Quelle: BFH
Bewertungsgesetz
FinMin Baden-Württemberg, Allgemeinverfügung 3 - S-0625 vom 03.06.2019
Das BMF hat eine ergänzende Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder zur Zurückweisung der wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens eingelegten Einsprüche in besonderen Fällen veröffentlicht.
„Aufgrund
ergeht unter Bezugnahme auf die Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 18. Januar 2019 (BStBl I S. 26) folgende ergänzende Allgemeinverfügung:
Am 3. Juni 2019 anhängige und zulässige Einsprüche, die sich gegen die Ablehnung von zulässigen Anträgen auf
richten, werden hiermit zurückgewiesen, soweit mit ihnen geltend gemacht worden ist, die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens (§ 19 Abs. 1, §§ 68 und 70, § 129 Abs. 2 BewG) verstoßen gegen das Grundgesetz.
Zusatz der obersten Finanzbehörden der Länder Berlin, Bremen und Hamburg:
Vorstehende Regelung gilt entsprechend für Einsprüche gegen die Ablehnung von Anträgen auf Aufhebung oder Änderung einer Grundsteuerfestsetzung."
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 33/19 vom 29.05.2019 zum Urteil VI R 19/17 vom 03.04.2019
Die Steuermäßigung für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, kann der Steuerpflichtige nur für seine eigene Unterbringung in einem Heim oder für seine eigene Pflege in Anspruch nehmen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 3. April 2019 VI R 19/17 zu § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Im Streitfall hatte der Kläger die Aufwendungen seiner Mutter für deren Aufenthalt in einem Seniorenheim übernommen. Er machte diese Kosten, soweit sie auf Pflege und Verpflegung seiner Mutter entfielen, gemäß § 35a EStG steuermindernd geltend. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Dies gilt auch für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind (§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG). Finanzamt und Finanzgericht (FG) gewährten die beantragte Steuerermäßigung jedoch nicht.
Der BFH bestätigte die FG-Entscheidung. Ein Abzug der geltend gemachten Aufwendungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG kam nicht in Betracht, weil es sich nicht um Kosten handelte, die dem Kläger wegen seiner eigenen Unterbringung in einem Heim oder zu seiner eigenen Pflege erwachsen sind. Für Aufwendungen, die die Unterbringung oder Pflege einer anderer Personen betreffen, scheidet die Steuerermäßigung dagegen aus.
Über den Abzug der Aufwendungen bei der Mutter des Klägers musste der BFH im Streitfall nicht entscheiden.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH-Urteile vom 30. August 2017, XI R 37/14, und 2. August 2018, V R 21/16
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7100 / 19 / 10001 :005 vom 27.05.2019
Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 2. August 2018 hervorgehoben, dass die Teilnahme an Turnieren zur Erzielung von platzierungsabhängigen Preisgeldern nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolge. Der V. Senat hat sich dabei sowohl auf die Entscheidung des EuGH (Urteil vom 10. November 2016, C-432/15, Baštová) als auch auf die zuvor ergangene Entscheidung des XI. Senats (Urteil vom 30. August 2017, XI R 37/14) bezogen. Soweit der Senat in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 9. März 1972, V R 32/69) eine gegenläufige Ansicht vertreten habe, sei diese angesichts der damals noch nicht harmonisierten Rechtslage durch das o. g. EuGH-Urteil überholt.
Die Urteilsgrundsätze des BFH und die darin umgesetzte Rechtsprechung des EuGH gelten für platzierungsabhängige Preisgelder des Veranstalters bei Pferderennen und Pokerturnieren, bei sportlichen Wettbewerben, Schönheitskonkurrenzen, Ausscheidungsspielen, Glücksspielen und Ähnlichem. Sie gelten nicht für Leistungen eines Geldspielautomatenaufstellers oder Spielbankbetreibers, da deren sonstige Leistung in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance besteht und der Spieleinsatz der Teilnehmer hierfür entgeltliche Gegenleistung ist.
Die Verwaltungsauffassung in Abschnitt 12.2 Abs. 5 Satz 2 UStAE steht im Widerspruch zu den Urteilsgrundsätzen und wird daher geändert. Zusätzlich werden in dem Abschnitt 1.1 UStAE ein klarstellender Absatz zur Nichtsteuerbarkeit von platzierungsabhängigen Preisgeldern sowie in Abgrenzung hierzu ein Absatz zur Leistungserbringung der Veranstalter von Glücksspielen eingefügt. Des Weiteren erfolgt in Abschnitt 12.3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 UStAE eine Klarstellung dahingehend, dass Züchterprämien regelmäßig kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs darstellen.Die Fälle der Zahlung eines platzierungsabhängigenPreisgeldes sind von solchen Fällen zu unterscheiden, in denen jeder Teilnehmer eines Wettbewerbs eine Zahlung seitens des Veranstalters erhält und nur die Höhe der Zahlung ungewiss ist. Die Ungewissheit beseitigt den Leistungsaustausch in diesen Fällen nicht, da die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die Teilnahme am Wettbewerb und nicht für das Erreichen einer bestimmten Platzierung ist. Im Gegensatz zu der Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses stellt die Teilnahme einen verbrauchsfähigen Vorteil dar. In diesen Fällen hat die Ungewissheit dann allein Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage des Umsatzes jedes Teilnehmers.
Überdies ist die Rechtsprechung nicht auf alle Arten von Leistungen zu übertragen, die gegen Zahlung einer erfolgsabhängigen Vergütung erbracht werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. vom 11. Dezember 2006 L 347, S. 1) Bestimmungen zu Vermittlungsleistungen enthält, deren Gegenleistung typischerweise erfolgsabhängig ist (vgl. u. a. EuGH-Urteil vom 15. September 2016, C-518/14, Senatex, EuGH-Urteil vom 22. Oktober 2015, C-264/14, Hedqvist, EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2001, C-235/00, CSC Financial-Services, BFH-Urteil vom 27. Januar 2011, V R 7/09). Im Regelfall wird auch eine erfolgsabhängige Vergütung als Gegenleistung für eine steuerbare Leistung (z. B. Vermittlung, Verkaufsförderung, Versteigerung, Währungsumtauscho. Ä.) gezahlt. Die Ungewissheit der Zahlung des Entgelts beseitigt den unmittelbaren Zusammenhang mithin nicht ausnahmslos. Folglich ist bei der Prüfung, ob bei erfolgsabhängigen Vergütungen ein Leistungsaustausch vorliegt, zukünftig danach zu differenzieren, ob die Zahlung für einen (ungewissen) Erfolg oder aufgrund einer tatsächlich erbrachten Leistung gezahlt wird.
Die BFH-Urteile vom 30. August 2017, XI R 37/14, und vom 2. August 2018, V R 21/16, werden im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 23. Mai 2019 - III C 2 - S-7100 / 19 / 10002 :002 (2019/0389478), BStBl I S. xxxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:
1. Abschnitt 1.1 wird wie folgt geändert:
a) Nach Absatz 23 wird folgender Absatz 24 angefügt:
„(24) Die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen, Pokerturnieren, sportlichen Wettbewerben, Schönheitskonkurrenzen, Ausscheidungsspielen und Ähnlichem) stellt nur dann eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt (z.B. Antrittsgelder oder platzierungsunabhängige Preisgelder). Eine Staffelung der Vergütung ist insoweit unschädlich. Platzierungsabhängige Preisgelder des Veranstalters stellen kein Entgelt für die Teilnahme an einem Wettbewerb dar, da sie nicht für die Teilnahme gezahlt werden, sondern für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses (vgl. EuGH-Urteil vom 10. 11. 2016, C-432/15, Baštová, sowie BFH-Urteile vom 30. 8. 2017, XI R 37/14, BStBl 2019 II S. …, und vom 2. 8. 2018, V R 21/16, BStBl 2019 II S. …).“
b) Nach dem neuen Absatz 24 wird folgender Absatz 25 angefügt:
„(25) Die sonstige Leistung der Veranstalter von Glücksspielen (Automatenaufsteller, Spielbankbetreiber etc.) besteht in der Zulassung zum Spiel gegen Gewinnchance; der Einsatz der Spieler steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Durchführung des Spiels und ist daher entgeltliche Gegenleistung für die Teilnahme.“
2. Abschnitt 12.2 Abs. 5 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„ 2Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG ist auf Entgelte anzuwenden, die dem Unternehmer platzierungsunabhängig für die Teilnahme an solchen Leistungsprüfungen zufließen (z.B. Antrittsgelder), insbesondere auf Zahlungen, die den Prämien im Sinne des Abschnitts 12.3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 entsprechen, sowie platzierungsunabhängige Preisgelder; zu den grundsätzlichen Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vgl. Abschnitt 1.1 Abs. 24.“
3. Abschnitt 12.3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 wird wie folgt gefasst:
„8. Züchterprämien, wenn sie ausnahmsweise umsatzsteuerrechtlich Leistungsentgelte darstellen (vgl. BFH-Urteile vom 2. 10. 1969, V R 163/66, BStBl 1970 II S. 111, und vom 7. 8. 1970, V R 94/68, BStBl II S. 730); zur Nichtsteuerbarkeit vgl. Abschnitt 10.2 Abs. 7 Satz 7;“
Durch Änderung der Rechtsauffassung sind die BMF-Schreiben vom 5. November 1969, IV A 2 - S-7280 - 59/69, FMNR020360069, und vom 1. Dezember 1975, IV A 1 - S-7234 - 2/75, FMNR001980075, BStBl 1975 I S. 1127, nicht mehr anzuwenden.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Es wird jedoch - auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs - nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei der Zahlung platzierungsabhängiger Preisgelder für die Teilnahme an einem vor dem 1. Juli 2019 stattfindenden Wettbewerb bzw. einer vor dem 1. Juli 2019 durchgeführten Tierleistungsprüfungeinvernehmlich von einem steuerpflichtigen Entgelt ausgehen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
(Abschnitt 12.9 Abs. 13 Sätze 3, 5 und 6 UStAE)
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7242-a / 19 / 10001 :001 vom 23.05.2019
I.
Abschnitt 12.9 Abs. 13 UStAE sieht für Inklusionsbetriebe nach § 215 Abs. 1 SGB IX bestimmte Kriterien vor, anhand derer zu prüfen ist, ob diese Einrichtungen in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen dienen (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG). Der Kreis der in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Beschäftigten eines Inklusionsbetriebs wird auf die psychisch kranken beschäftigten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 4 SGB IX (bis 31. Dezember 2017: § 132 Abs. 4 SGB IX) ausgedehnt.
II.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 2. Januar 2019 - III C 2 - S-7244 / 07 / 10007 (2018/0944198), BStBl I S. 17, geändert worden ist, Abschnitt 12.9 Abs. 13 wie folgt geändert:
1. In Satz 3 wird der erste Spiegelstrich wie folgt gefasst:
„- wenn die besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 1 SGB IX oder die psychisch kranken beschäftigten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 4 SGB IX nicht als Arbeitnehmer der Einrichtung beschäftigt sind, sondern lediglich z.B. von Zeitarbeitsfirmen entliehen werden; dies gilt nicht, soweit die entliehenen Arbeitnehmer über die nach § 68 Nr. 3 Buchstabe c AO erforderliche Quote hinaus beschäftigt werden, oder“
2. Sätze 5 und 6 werden wie folgt gefasst:
„ 5Aus Vereinfachungsgründen können diese Anhaltspunkte unberücksichtigt bleiben, wenn der Gesamtumsatz der Einrichtung (§ 19 Abs. 3 UStG) den für Kleinunternehmer geltenden Betrag von 17 500 € im Jahr (Kleinunternehmergrenze, § 19 Abs. 1 UStG) je Beschäftigtem, der zu der Gruppe der besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 1 SGB IX oder der psychisch kranken beschäftigten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 4 SGB IX zählt, nicht übersteigt, oder wenn der durch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes im Kalenderjahr erzielte Steuervorteil insgesamt den um Zuwendungen Dritter gekürzten Betrag nicht übersteigt, welchen die Einrichtung im Rahmen der Beschäftigung aller besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 1 SGB IX oder der psychisch kranken beschäftigten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 4 SGB IX in diesem Zeitraum zusätzlich aufwendet. 6Vorbehaltlich des Nachweises höherer tatsächlicher Aufwendungen kann als zusätzlich aufgewendeter Betrag die um Lohnzuschüsse Dritter gekürzte Summe der Löhne und Gehälter, die an die besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 1 SGB IX und an die psychisch kranken beschäftigten Menschen im Sinne des § 215 Abs. 4 SGB IX ausgezahlt wird, zu Grunde gelegt werden."
III.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 47/16 vom 14.02.2019
Leitsatz
Die für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach ständiger Rechtsprechung erforderliche Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen.
Quelle: BFH
Mehrwertsteuer
EU-Kommission, Pressemitteilung vom 15.05.2019
Seit dem 15.05.2019 ist ein neues Instrument im Einsatz, mit dem die EU-Staaten Mehrwertsteuerbetrug schneller aufdecken können. Das Transaction-Network-Analysis-Tool (TNA) bietet den Steuerbehörden einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu Informationen über grenzüberschreitende Umsätze. Sie können so rasch agieren, wenn ein potenzieller Fall von Mehrwertsteuerbetrug angezeigt wird. Den Mitgliedstaaten entgehen jedes Jahr bis zu 50 Mrd. Euro an Steuereinnahmen durch Mehrwertsteuerbetrug.
Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschaft und Finanzen, Steuern und Zoll, erklärte: „Mehrwertsteuerbetrug ist heute eines der größten Probleme für die öffentlichen Finanzen, und seine Bekämpfung sollte für die Regierungen der EU-Länder höchste Priorität haben. Dank des neuen Instruments können die Behörden verdächtige Aktivitäten schneller aufdecken und entsprechend tätig werden. Trotz dieser positiven Entwicklung ist eine tiefergreifende und umfassendere Reform des EU-Mehrwertsteuersystems nach wie vor notwendig, um die wachsenden grenzüberschreitenden Handelsströme in der EU zu bewältigen."
Das Transaction-Network-Analysis-Tool (TNA) ist Teil der anhaltenden Bemühungen der Kommission für ein modernes und betrugssicheres Mehrwertsteuersystem. Mehrwertsteuerbetrug erfordert mitunter nur wenige Augenblicke - umso wichtiger ist es, dass die Mitgliedstaaten über Instrumente für ein möglichst rasches und effizientes Handeln verfügen. Das neue Tool wird es den Mitgliedstaaten erlauben, Mehrwertsteuerdaten rasch auszutauschen und gemeinsam zu verarbeiten und so verdächtige Netze früher aufzudecken.
Die TNA, die in enger Zusammenarbeit von den Mitgliedstaaten und der Kommission entwickelt wurde, wird auch eine sehr viel intensivere Kooperation innerhalb des EU-Expertennetzwerks für die Betrugsbekämpfung („Eurofisc") bei der gemeinsamen Datenauswertung ermöglichen. So kann Karussellbetrug noch schneller und effizienter aufgedeckt und abgestellt werden. Die TNA wird die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen nationalen Steuerbeamten fördern, da die Eurofisc-Beamten Informationen nunmehr mit Strafregistern, Datenbanken und Informationen von Europol und der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF abgleichen und grenzüberschreitende Ermittlungen koordinieren können.
Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem spielt im EU-Binnenmarkt eine wichtige Rolle. So ist die Mehrwertsteuer eine bedeutende und wachsende Einnahmequelle der EU-Mitgliedstaaten, die 2015 über 1 Billion Euro einbrachte und damit 7 Prozent des BIP der EU ausmachte. Darüber hinaus stellt sie eine der Eigenmittelquellen der EU dar. Als Verbrauchsteuer ist sie eine der wachstumsfreundlichsten Formen der Besteuerung.
Die Kommission hat sich konsequent für die Reform des Mehrwertsteuersystems eingesetzt, um es weniger betrugsanfällig zu machen. Fortschritte gab es bei den neuen Vorschriften für die Mehrwertsteuer auf Online-Verkäufe sowie bei effizienteren Bestimmungen für den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten.
Die Vorschläge der Kommission zur Einrichtung eines unternehmerfreundlichen und weniger betrugsanfälligen endgültigen EU-Mehrwertsteuerraums kommen hingegen nur schleppend voran. Im Oktober 2017 hatte die Kommission eine grundlegende Reform des derzeitigen Systems vorgeschlagen.
Abgabenordnung
BFH, Urteil II R 61/15 vom 20.03.2019
Leitsatz
Ein Widerstreit zwischen einem inländischen und einem ausländischen Steuerbescheid liegt nicht vor, wenn derselbe Sachverhalt im Ausland bei der Bemessungsgrundlage für die Steuer und im Inland im Rahmen des Progressionsvorbehalts hätte berücksichtigt werden können.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 28/19 vom 08.05.2019 zum Urteil XI R 1/17 vom 13.02.2019
Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 13. Februar 2019 XI R 1/17 entschieden, dass Abmahnungen, die ein Rechteinhaber zur Durchsetzung eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs gegenüber Rechtsverletzern vornimmt, umsatzsteuerpflichtig sind. Gegenleistung für die Abmahnleistung ist der vom Rechtsverletzer gezahlte Betrag.
Die Klägerin, eine Tonträgerherstellerin, ließ mit Hilfe einer beauftragten Rechtsanwaltskanzlei Personen, die Tonaufnahmen im Internet rechtswidrig verbreitet hatten, abmahnen. Gegen Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Zahlung von pauschal 450 Euro (netto) bot sie an, von der gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche abzusehen. Sie ging dabei davon aus, dass die erhaltenen Zahlungen als Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzungen anzusehen seien und daher keine Umsatzsteuer anfalle. Die ihr von der Rechtsanwaltskanzlei in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zog sie gleichzeitig als Vorsteuer ab.
Dieser Auffassung zur Frage der Steuerbarkeit ist der BFH nicht gefolgt. Er hat klargestellt, dass - unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung durch die Beteiligten und der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage - Abmahnungen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs als umsatzsteuerpflichtige Leistungen im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Abmahner und den von ihm abgemahnten Personen zu qualifizieren sind. Die Abmahnung erfolge, so der BFH weiter, zumindest auch im Interesse des jeweiligen Rechtsverletzers, weil er die Möglichkeit erhalte, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Dies sei als umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen. Für das Ergebnis sei es unerheblich, dass im Zeitpunkt der Abmahnung nicht sicher festgestanden habe, ob die Abmahnung erfolgreich sein werde: Auch wenn ungewiss sei, ob die abgemahnte Person ein Rechtsverletzer sei und zahlen werde, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmahnung als sonstige Leistung und der dafür erhaltenen Zahlung.
Damit überträgt der BFH seine ständige Rechtsprechung zu Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf Abmahnungen nach dem Urheberrechtsgesetz.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 10/19 (V R 60/16) vom 27.03.2019
Leitsatz
Die Vermietung von Ferienwohnungen, die der Unternehmer von anderen Unternehmern angemietet hat, unterliegt der Margenbesteuerung nach § 25 UStG unter Anwendung des Regelsteuersatzes.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 25/19 vom 02.05.2019 zum Beschluss XI R 13/17 vom 13.02.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel, welche Angaben des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen zur Bezeichnung der "Nummer der Rechnung" in einem Vorsteuervergütungsantrag erforderlich sind. Er hat mit Beschluss vom 13. Februar 2019 XI R 13/17 den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) insoweit um Klärung gebeten.
Im Streitfall wurde der Vergütungsantrag der in Österreich ansässigen Klägerin (einer Spedition) dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) über das von der österreichischen Finanzverwaltung eingerichtete Portal elektronisch übermittelt. Dem Antrag lagen Rechnungen über die Lieferung von Kraftstoffen, aus denen die Klägerin den Vorsteuerabzug geltend macht, zugrunde. In der amtlichen Anlage zum Antrag ist zu den Rechnungen in der Spalte "Beleg Nr." nicht die in der jeweiligen Rechnung aufgeführte Rechnungsnummer, sondern eine weitere, jeweils in der Rechnung ausgewiesene und in der Buchhaltung der Klägerin erfasste Referenznummer eingetragen. Das BZSt lehnte die Vorsteuervergütung ab, weil der Antrag den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprochen habe.
Nach Art. 171 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Verbindung mit Art. 7 der Richtlinie 2008/9/EG muss der nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässige Steuerpflichtige einen elektronischen Erstattungsantrag einreichen und hierbei für jede Rechnung u. a. Angaben zu Datum und Nummer machen. Der Erstattungsantrag muss dem Mitgliedstaat, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, spätestens am 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen, wobei der Antrag nur dann als vorgelegt gilt, wenn der Antragsteller u. a. alle in Art. 8 geforderten Angaben gemacht hat (Art. 8 Abs. 2 Buchst. d bzw. Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG).
Der BFH vertritt in dem Vorlagebeschluss die Auffassung, die Angabe der Referenznummer ermögliche eine eindeutige Zuordnung der Rechnungen. Der fristgemäß beim BZSt eingegangene Antrag sei allenfalls unrichtig, jedenfalls nicht unvollständig und damit nicht unwirksam. Soweit die Klägerin nach Ablauf der Antragsfrist eine Zuordnung der Referenznummern zu der jeweiligen Rechnungsnummer vorgenommen hat, handele es sich um eine unabhängig von der Antragsfrist mögliche Ergänzung der Angaben.
Mit dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH soll insbesondere geklärt werden, ob Art. 8 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/9/EG dahingehend auszulegen ist, dass auch die Angabe der Referenznummer einer Rechnung, die als zusätzliches Ordnungskriterium neben der Rechnungsnummer ausgewiesen ist, genügt.
Quelle: BFH
Gewerbesteuer
BFH, Urteil III R 23/16 vom 11.12.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Finanzgerichtsordnung
BFH, Beschluss V B 3/19 vom 14.03.2019
Leitsatz
Ernstlich zweifelhaft ist, ob der Vorsteuerabzug aus Rechnungen im Niedrigpreissegment hinsichtlich der Leistungsbeschreibung voraussetzt, dass die Art der gelieferten Gegenstände mit ihrer handelsüblichen Bezeichnung angegeben wird oder ob insoweit die Angabe der Warengattung ("Hosen", "Blusen", "Pulli") ausreicht.
Quelle: BFH
Abgabenordnung
BFH, Pressemitteilung Nr. 22/19 vom 17.04.2019 zum Urteil I R 81/16 vom 14.11.2018
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14. November 2018 I R 81/16 entschieden, dass eine auf ausländischem Recht beruhende Buchführungspflicht eines Steuerpflichtigen zugleich als Mitwirkungspflicht im (inländischen) Steuerverfahren zu beurteilen ist.
Nach der Vorschrift des § 140 der Abgabenordnung (AO) sind Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten aus anderen als Steuergesetzen auch für Besteuerungszwecke zu erfüllen. Dadurch werden insbesondere die Buchführungspflichten nach dem deutschen Handelsgesetzbuch in steuerliche Mitwirkungspflichten "transformiert". Das entlastet einerseits den Gesetzgeber, der nicht erst spezifische Buchführungspflichten schaffen muss. Für den Steuerpflichtigen ergibt sich der Vorteil, dass er die ohnehin zu fertigenden Buchführungsunterlagen zugleich auch für Steuerzwecke verwenden kann. Der BFH hat nun entschieden, dass auch etwaige ausländische Buchführungspflichten durch § 140 AO in steuerliche Mitwirkungspflichten transformiert werden.
Der vom BFH entschiedene Fall betrifft eine liechtensteinische Aktiengesellschaft mit inländischen Vermietungseinkünften, die nach liechtensteinischem Recht buchführungspflichtig ist. Das Finanzamt wollte die Gesellschaft zusätzlich zur Buchführung nach deutschem Steuerrecht verpflichten. Der BFH hat entschieden, dass eine solche Verpflichtung nicht erforderlich ist, weil die Gesellschaft bereits nach § 140 AO für Steuerzwecke zur Buchführung verpflichtet ist.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Keine wesentlichen Änderungen der Prozesslage bei Wechsel des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers
BFH, Urteil XI R 41/17 vom 13.02.2019
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 20/19 vom 10.04.2019 zum Urteil VIII R 45/15 vom 20.11.2018
Die Anmeldung der Kapitalertragsteuer durch ein Geldinstitut kann von dem Gläubiger der Kapitalerträge nicht mehr im Wege einer Drittanfechtungsklage angefochten werden, wenn die Kapitalerträge aufgrund eines Antrags nach § 32d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bereits in die Steuerfestsetzung mit einbezogen wurden und die abgeführte Kapitalertragsteuer auf die Steuerschuld angerechnet wurde. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 20. November 2018 VIII R 45/14 in einem Fall entschieden, in dem der Steuerpflichtige mit einer Drittanfechtungsklage der Kapitalertragsteuer-Anmeldung des Geldinstituts die Erstattung der Abgeltungsteuer erreichen wollte.
Im Streitfall behielt das Geldinstitut aufgrund einer „Entflechtung (Spin-off)" von Aktien einer amerikanischen Kapitalgesellschaft Kapitalertragsteuer ein. Der Kläger war der Auffassung, dass die Entflechtung der Wertpapiere nicht steuerpflichtig sei und erhob nach dem Erlass des Einkommensteuerbescheids, in den die Kapitalerträge aufgrund eines Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG einbezogen worden waren, eine Drittanfechtungsklage gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des Geldinstituts. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen.
Der BFH hat die FG-Entscheidung bestätigt und die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zwar war der Kläger als Gläubiger der Kapitalerträge grundsätzlich befugt, die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des Geldinstituts anzufechten. Jedoch hatte sich diese durch den Erlass des Einkommensteuerbescheids erledigt, da dieser aufgrund des Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG den Regelungsgehalt der Kapitalertragsteuer-Anmeldung aufgenommen hat. Die Klage war danach mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Grundsätzlich hält der BFH die Beschränkung der Drittanfechtungsklage gegen eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung auch verfassungs- und europarechtlich für zulässig. Nicht entschieden hat der BFH über die Frage, wie eine Drittanfechtungsklage ohne einen Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG zu beurteilen wäre und ob aufgrund der ab dem Veranlagungszeitraum 2016 geltenden Bindung des Geldinstituts an die Verwaltungsauffassung nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG der Prüfungsumfang bei einer Drittanfechtungsklage weiter eingeschränkt wird.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 22/17 vom 14.02.2019
Leitsatz
Die Lieferung von Pflanzen bildet mit den damit im Zusammenhang stehenden Gartenbauarbeiten eine einheitliche komplexe Leistung, wenn auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts etwas selbständiges Drittes (Gartenanlage) geschaffen wird.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Auswirkungen der BFH-Urteile vom 11. Juli 2017 (IX R 36/15), vom 6. Dezember 2017 (IX R 7/17) und vom 20. Juli 2018 (IX R 5/15)
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 - S-2244 / 17 / 10001 vom 05.04.2019
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der BFH-Urteile vom 11. Juli 2017 (IX R 36/15, BStBl 2019 II S. xxxx), vom 6. Dezember 2017 (IX R 7/17, BStBl 2019 II S. xxxx) und vom 20. Juli 2018 (IX R 5/15, BStBl 2019 II S. xxxx) Folgendes:
Das BMF-Schreiben vom 21. Oktober 2010 (IV C 6 - S-2244 / 08 / 10001, BStBl I S. 832) zur Behandlung nachträglicher Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG ist aus Vertrauensschutzgründen weiterhin in allen offenen Fällen anzuwenden, bei denen auf die Behandlung des Darlehens/der Bürgschaft die Vorschriften des MoMiG anzuwenden sind, wenn die bisher als eigenkapitalersetzend angesehene Finanzierungshilfe bis einschließlich 27. September 2017 gewährt wurde oder wenn die Finanzierungshilfe bis einschließlich 27. September 2017 eigenkapitalersetzend geworden ist.
Ein Darlehen ist nach den Vorschriften des MoMiG zu behandeln, wenn das Insolvenzverfahren bei einer GmbH nach dem 31. Oktober 2008 eröffnet wurde oder wenn Rechtshandlungen, die nach § 6 AnfG der Anfechtung unterworfen sind, nach dem 31. Oktober 2008 vorgenommen wurden.
In allen übrigen Fällen ist nach den Grundsätzen der oben genannten BFH-Entscheidungen § 255 HGB für die Bestimmung der Anschaffungskosten i. S. v. § 17 Abs. 2 EStG maßgeblich. Nachträgliche Anschaffungskosten stellen damit nur noch solche Aufwendungen dar, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen und verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Hierzu zählen insbesondere Nachschüsse (§§ 26ff GmbHG) und sonstige Zuzahlungen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage, Barzuschüsse oder der Verzicht auf eine werthaltige Forderung. Aufwendungen aus Fremdkapitalhilfen wie der Ausfall eines Darlehens oder der Ausfall mit einer Bürgschaftsregressforderung führen hingegen grundsätzlich nicht mehr zu Anschaffungskosten der Beteiligung. Etwas anderes gilt, wenn die vom Gesellschafter gewährte Fremdkapitalhilfe aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich vergleichbar ist. Dies kann der Fall sein bei einem Gesellschafterdarlehen, dessen Rückzahlung auf Grundlage der von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen, wie beispielsweise der Vereinbarung eines Rangrücktritts i. S. des § 5 Abs. 2a EStG, im Wesentlichen denselben Voraussetzungen unterliegt wie die Rückzahlung von Eigenkapital (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 2011, I R 100/10, BStBl 2012 II S. 332). In einem solchen Fall kommt dem Darlehen auch bilanzsteuerrechtlich die Funktion von zusätzlichem Eigenkapital zu (BFH-Urteil vom 15. April 2015, I R 44/14, BStBl II S. 769). Die rein gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt gleichfalls nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters. Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
Randziffer 81 des BMF-Schreibens zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Vorsorgeaufwendungen vom 24. Mai 2017 (BStBl I 2017 S. 820), ergänzt durch BMF-Schreiben vom 6. November 2017 (BStBl I 2017 S. 1455) sowie R 10.4 EStR
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 - S-2221 / 10 / 10005 :005 vom 03.04.2019
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 13. März 2018 (Az. X R 25/15) entschieden, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG, nach der Eltern die von ihnen getragenen Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherungsbeiträge eines unterhaltsberechtigten Kindes (Kind ist Versicherungsnehmer) im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigen können, auch dann gelte, wenn das Kind erwerbstätig sei und der Arbeitgeber die Beiträge unmittelbar vom Lohn des Kindes einbehalten habe. Nach Auffassung des BFH ist aber Voraussetzung für den Steuerabzug, dass die Eltern die Beiträge des Kindes tatsächlich gezahlt oder erstattet, d. h. in Form von Barunterhalt getragen haben. Hingegen reiche eine Leistung in Form von Sachunterhalt laut BFH nicht aus. Zum anderen bedürfe es laut Urteilsbegründung im Hinblick auf die Unterhaltsverpflichtung bei volljährigen, in Ausbildung befindlichen Kindern - ggf. unter Anrechnung deren eigener Einkünfte und Bezüge - einer im Einzelfall zu überprüfenden Unterhaltsbedürftigkeit.
Der BFH knüpft damit für die Gewährung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG - der bestehenden Verwaltungsauffassung folgend - entscheidend an eine dem Grunde nach bestehende Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber dem als Versicherungsnehmer auftretenden Kind an (§§ 1610 Abs. 2 i. V. m. 1601 BGB). Daneben setzen sowohl die Finanzverwaltung als auch der BFH in seiner o. g. Entscheidung für einen Sonderausgabenabzug bei den unterhaltsverpflichteten Eltern eine durch die Tragung der Beiträge des Kindes entstandene wirtschaftliche Belastung der Eltern voraus, welche jedenfalls nicht allein dadurch, dass die Beiträge im Rahmen eines Dienstverhältnisses vom Lohn des Kindes einbehalten wurden, ausgeschlossen ist.
In Bezug auf die vorstehend genannten Anspruchsvoraussetzungen steht das BFH-Urteil X R 25/15 damit dem Grunde nach im Einklang mit der bestehenden Verwaltungsauffassung (vgl. Randziffer 81 des Bezugsschreibens sowie R 10.4 EStR). Im Hinblick auf die konkrete Beurteilung dieser beiden wesentlichen Anspruchsvoraussetzungen legt der BFH die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG jedoch deutlich enger als die Finanzverwaltung aus, die ihre Rechtsansicht auf die Regelungen der Randziffer 81 des Bezugsschreibens stützt.
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist das BFH-Urteil vom 13. März 2018 (Az. X R 25/15) daher lediglich in Bezug auf die in der Entscheidung aufgestellten Grundsätze, nicht aber bezüglich der laut Urteilsbegründung enger ausgestalteten Anforderungen zur Umsetzung dieser Grundsätze über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
Damit gilt im Umgang mit dem o. g. Urteil zur steuerlichen Berücksichtigung von im Rahmen einer Unterhaltsverpflichtung getragenen Basiskranken- und Pflegepflichtversicherungsbeiträgen eines Kindes bei den Eltern in Bezug auf den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG Folgendes:
Randziffer 81 des BMF-Schreibens zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Vorsorgeaufwendungen vom 24. Mai 2017 (BStBl I 2017 S. 820; ergänzt durch BMF-Schreiben vom 6. November 2017, BStBl I 2017 S. 1455) sowie R 10.4 EStR bleiben von der BFH-Entscheidung X R 25/15 vom 13. März 2018 (BStBl II 2019 S. ...) unberührt.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Urteil VIII R 7/15 vom 11.12.2018
Leitsatz
Die Finanzierungskosten für den Erwerb einer Sicherheits-Kompakt-Rente, die den Abschluss einer Rentenversicherung als Versorgungskomponente und einer Lebensversicherung als Tilgungskomponente zum Gegenstand hat, sind auch nach der Einführung des Werbungskostenabzugsverbots nach § 20 Abs. 9 EStG zum 1. Januar 2009 aufzuteilen in Werbungskosten, die anteilig den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG und den sonstigen Einkünften i. S. des § 22 Nr. 1 EStG zuzuordnen sind.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil VIII R 3/15 vom 25.09.2018
Leitsatz
Die Gewährung eines zinslosen Darlehens führt nicht zu einer steuerschädlichen Verwendung der Darlehensvaluta eines mit einer Lebensversicherung besicherten Darlehens i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, die die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen der Lebensversicherung zur Folge hat (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 27. März 2007 VIII S 23/06, BFH/NV 2007, 1486 sowie zum Senatsurteil vom 4. Juli 2007 VIII R 46/06, BFHE 218, 308, BStBl II 2008 S. 49).
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 15/19 vom 20.03.2019 zum Urteil X R 6/17 vom 15.01.2019
Ein Ehegatte kann eine Spende auch dann einkommensteuerlich abziehen, wenn ihm der Geldbetrag zunächst von dem anderen Ehegatten geschenkt wird. Voraussetzung ist hierfür nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Januar 2019 X R 6/17, dass die Ehegatten zusammenveranlagt werden und dass aufgrund einer Auflage im Schenkungsvertrag die Verpflichtung besteht, den Geldbetrag an einen gemeinnützigen Verein weiterzuleiten.
Im entschiedenen Fall hatte der - kurz darauf verstorbene - Ehemann (E) seiner Ehefrau einen Geldbetrag von 400.000 Euro geschenkt. Die Ehefrau (Klägerin) gab Teilbeträge von insgesamt 130.000 Euro an zwei gemeinnützige Vereine weiter. Hierzu war sie möglicherweise aufgrund einer Auflage des Schenkers verpflichtet. Die Vereine stellten Zuwendungsbestätigungen auf den Namen der Klägerin aus.
Das Finanzamt versagte den Spendenabzug mit der Begründung, die Ehefrau habe nicht freiwillig gehandelt, sondern aufgrund einer Verpflichtung, die der E ihr auferlegt habe. Dem schloss sich das Finanzgericht (FG) an.
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH dieses Urteil auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. Das FG muss aufklären, ob der E der Klägerin den Geldbetrag mit der Auflage geschenkt hat, einen Teilbetrag an die Vereine weiterzugeben. Dann wäre ihr der Spendenabzug zu gewähren. Die erforderliche Freiwilligkeit sei auch dann zu bejahen, wenn die Klägerin als Spenderin zu der Zuwendung zwar rechtlich verpflichtet gewesen sei, diese Verpflichtung - wie hier im Schenkungsvertrag - aber ihrerseits freiwillig eingegangen sei. Auch komme es bei zusammenveranlagten Eheleuten nicht darauf an, welcher der Eheleute mit einer Zuwendung wirtschaftlich belastet sei. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des § 26b EStG.
In seinem Urteil äußert sich der BFH in grundsätzlicher Weise zu den Merkmalen des Spendenbegriffs wie etwa der Unentgeltlichkeit, der Freiwilligkeit und der wirtschaftlichen Belastung. Die Entscheidung wird daher die weitere Rechtsprechung maßgeblich beeinflussen.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil XI R 21/17 vom 23.01.2019
Leitsatz
Hat ein Bauträger aufgrund der rechtsirrigen Annahme seiner Steuerschuld als Leistungsempfänger von ihm bezogene Bauleistungen nach § 13b UStG versteuert, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung geltend machen, ohne dass es darauf ankommt, dass er einen gegen ihn gerichteten Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt oder die Möglichkeit für eine Aufrechnung durch das FA besteht (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27. September 2018 V R 49/17, BStBl II 2019, 109; entgegen BMF-Schreiben vom 26. Juli 2017, BStBl I 2017, 1001, Rz 15a).
Sind Bauunternehmer und Leistungsempfänger bei einem vor Erlass des BFH-Urteils vom 22. August 2013 V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) abgeschlossenen und durchgeführten Bauvertrag übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers ausgegangen und hat der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunternehmers entfallende Umsatzsteuer an das FA abgeführt, steht dem Bauunternehmer aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags zu, wenn der Bauträger Erstattung der Steuer verlangt und deshalb für den Bauunternehmer die Gefahr entsteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gemäß § 27 Abs. 19 UStG die Umsatzsteuer abführen zu müssen (Anschluss an das BGH-Urteil vom 17. Mai 2018 VII ZR 157/17, HFR 2018, 661).
Quelle: BFH
Mehrwertsteuer
EuGH, Pressemitteilung vom 14.03.2019 zum Urteil C-449/17 vom 14.03.2019
Fahrschulunterricht für die Fahrerlaubnisklassen B und C1 ist kein von der Mehrwertsteuer befreiter Schul- und Hochschulunterricht.
Die private Fahrschule A & G Fahrschul-Akademie wendet sich vor den deutschen Gerichten gegen die Weigerung der deutschen Steuerbehörden, den von ihr erteilten Fahrunterricht von der Umsatzsteuer zu befreien. Konkret geht es um Unterricht im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 1, also für Kraftwagen, die zur Beförderung von Personen ausgelegt und gebaut sind und deren zulässige Gesamtmasse 3,5 bzw. 7,5 Tonnen nicht überschreitet.
A & G macht geltend, der von ihr erteilte Unterricht umfasse die Vermittlung von zugleich praktischen und theoretischen Kenntnissen, die für den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erforderlich seien. Dieser Unterricht verfolge keinen bloßen Freizeitzweck, da mit dem Besitz der betreffenden Fahrerlaubnisse u. a. beruflichen Anforderungen entsprochen werden könne. Für den zu diesem Zweck erteilten Unterricht müsse daher die von der Mehrwertsteuerrichtlinie für den „Schul- und Hochschulunterricht" vorgesehene Befreiung 2 gelten.
Der Bundesfinanzhof (Deutschland) möchte wissen, ob der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts den in Rede stehenden Fahrunterricht umfasst.
Der Gerichtshof verneint dies mit seinem Urteil vom 14.03.2019.
Er führt dazu aus, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen verweist.
Dieser Begriff umfasst nicht Fahrunterricht, der von einer Fahrschule wie A & G im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird.
Der Fahrunterricht mag sich zwar vielleicht auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art beziehen. Er bleibt aber ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.
Fußnoten
1 Im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. 2006, L 403, S. 18).
2 Siehe Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).
Quelle: EuGH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 14/19 vom 13.03.2019 zum Urteil VIII R 37/15 vom 20.11.2018
Hat ein Steuerpflichtiger in Knock-Out-Zertifikate investiert, die durch Erreichen der Knock-Out-Schwelle verfallen, kann er den daraus resultierenden Verlust nach der seit 1. Januar 2009 unverändert geltenden Rechtslage im Rahmen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen abziehen. Damit wendet sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem Urteil vom 20. November 2018 VIII R 37/15 gegen die Auffassung der Finanzverwaltung.
Im Streitfall hatte der Kläger im Streitjahr 2011 verschiedene Knock-Out-Zertifikate erworben, die je nach Kursverlauf der Basiswerte auf Zahlung eines Differenzausgleichs gerichtet waren. Noch während des Streitjahrs wurde die sog. Knock-Out-Schwelle erreicht. Dies führte zur Ausbuchung der Kapitalanlagen ohne jeglichen Differenzausgleich bzw. Restwert. Das Finanzamt erkannte die daraus resultierenden Verluste nicht an. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Unabhängig davon, ob im Streitfall die Voraussetzungen eines Termingeschäfts vorgelegen hätten, seien die in Höhe der Anschaffungskosten angefallenen Verluste steuerlich zu berücksichtigen. Liege ein Termingeschäft vor, folge dies aus dem neuen § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG), der jeden Ausgang eines Termingeschäfts erfasst. Die gegenteilige Auffassung zur alten Rechtslage sei überholt. Liege kein Termingeschäft vor, sei ein Fall der "Einlösung" i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 EStG gegeben. Diese Auslegung sei aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, um die Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit auszurichten.
Das Urteil ist eine Fortsetzung der Rechtsprechung des BFH, dass seit Einführung der Abgeltungssteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2017 VIII R 13/15, BFHE 259, 535 zum insolvenzbedingten Ausfall einer privaten Darlehensforderung).
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 10/19 vom 06.03.2019 zum Urteil III R 13/16 vom 08.11.2018
Die Besteuerung der Privatnutzung von Taxen erfolgt auf der Grundlage des allgemeinen Listenpreises, nicht aber nach besonderen Herstellerpreislisten für Taxen und Mietwagen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 8. November 2018 III R 13/16 zur Anwendung der sog. 1 %-Regelung entschieden. Listenpreis ist dabei nur der Preis, zu dem ein Steuerpflichtiger das Fahrzeug als Privatkunde erwerben könnte.
In dem vom BFH beurteilten Fall nutzte der Kläger sein Taxi nicht nur für sein Taxiunternehmen, sondern auch privat. Einkommensteuerrechtlich entschied er sich für die sog. 1 %-Regelung, d. h. er versteuerte für die Privatnutzung monatlich 1 % des Listenpreises gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes. Maßgeblich ist dabei der inländische Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer. Im Streitfall legte der Kläger den Bruttolistenpreis aus einer vom Hersteller herausgegebenen Preisliste für Taxen und Mietwagen zugrunde. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass der höhere, mit Hilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer abgefragte Listenpreis heranzuziehen sei. Im finanzgerichtlichen Verfahren hatte der Kläger zunächst Erfolg.
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und entschied, dass der für die 1 %-Regelung maßgebliche Listenpreis derjenige ist, zu dem ein Steuerpflichtiger das Fahrzeug als Privatkunde erwerben könnte. Denn der im Gesetz erwähnte Listenpreis soll nicht die Neuanschaffungskosten und auch nicht den gegenwärtigen Wert des Fahrzeugs abbilden, vielmehr handelt es sich um eine generalisierende Bemessungsgrundlage für die Bewertung der Privatnutzung eines Betriebs-Pkw.
Das Urteil betrifft einen Taxiunternehmer. Es hat darüber hinaus auch Bedeutung für alle Sonderpreislisten mit Sonderrabatten, die ein Fahrzeughersteller bestimmten Berufsgruppen gewährt.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 12/19 vom 06.03.2019 zum Urteil XI R 44/14 vom 05.12.2018
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 5. Dezember 2018 XI R 44/14 entschieden, dass der Vorsteuerabzug aus einer geleisteten Vorauszahlung dem Erwerber eines (später nicht gelieferten) Blockheizkraftwerks nicht zu versagen ist, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung die Lieferung als sicher erschien. Erforderlich ist hierfür, dass alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als ihm bekannt angesehen werden konnten und anhand objektiver Umstände nicht erwiesen ist, dass er zu diesem Zeitpunkt wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war.
Der Kläger hatte für den Erwerb eines Blockheizkraftwerks den Kaufpreis an eine Verkäuferin (A-GmbH) im Voraus gezahlt. Zur Lieferung, Verpachtung und zum Betrieb des Blockheizkraftwerks kam es - wie auch in zahlreichen anderen Fällen - nicht. Die Verantwortlichen der A-Firmengruppe hatten tatsächlich niemals beabsichtigt, die Blockheizkraftwerke zu liefern. Sie hatten vielmehr ein betrügerisches „Schneeballsystem" aufgebaut und wurden hierfür später strafrechtlich verurteilt. Die von der A-GmbH vermeintlich als monatliche Pacht an den Käufer getätigten Zahlungen zzgl. Umsatzsteuer meldete der Kläger an und führte die Umsatzsteuer an das Finanzamt (FA) ab. Kurze Zeit später wurde die A-GmbH insolvent.
Das FA ließ den vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der geleisteten Kaufpreiszahlung nicht zu. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Der BFH, der im Revisionsverfahren Zweifel an der zutreffenden Auslegung der einschlägigen europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie hatte, legte dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen zur Vorabentscheidung vor.
Nach dem Ergehen des EuGH-Urteils „Kollroß" vom 31. Mai 2018 C-660/16 wies der BFH die Revision des FA nun als unbegründet zurück. Dem Kläger steht als Unternehmer der streitige Vorsteuerabzug zu. Zum Zeitpunkt seiner Zahlung erschien die versprochene Lieferung als sicher, weil alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als dem Kläger bekannt angesehen werden konnten, und er zu diesem Zeitpunkt weder wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war. Schließlich hat der Kläger den Vorsteuerabzug auch nicht (nachträglich) zu berichtigen, da die A-GmbH den von ihm geleisteten Kaufpreis nicht zurückgezahlt hat. Die Vorsteuerberichtigung ist offenkundig unangemessen und daher ausgeschlossen, wenn ein Erwerber nach einer Berichtigung von der Steuerbehörde die Erstattung der auf eine derartige Berichtigung entfallenden Steuer beanspruchen könnte.
Entsprechende Entscheidungen ergingen in den Parallelverfahren XI R 8/14 und XI R 10/16. Zur Einkommensteuer hatte der BFH hinsichtlich des die A-GmbH betreffenden Anlagebetrugs mit Blockheizkraftwerken im sog. Verwaltungsvertragsmodell bereits mit Urteil vom 7. Februar 2018 X R 10/16 entschieden, dass der Verlust des Kapitals bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sein kann (Pressemitteilung Nr. 24 vom 14. Mai 2018).
Quelle: BFH
Abgabenordnung
BFH, Pressemitteilung Nr. 9/19 vom 26.02.2019 zum Urteil V R 60/17 vom 10.01.2019
Die Verfolgung politischer Zwecke ist im Steuerrecht nicht gemeinnützig. Gemeinnützige Körperschaften haben kein allgemeinpolitisches Mandat, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 10. Januar 2019 V R 60/17 zu Lasten des attac-Trägervereins entschieden hat.
Gemeinnützig ist im Steuerrecht die Verfolgung der in § 52 der Abgabenordnung (AO) ausdrücklich genannten Zwecke. Hierzu gehört nicht die Verfolgung politischer Zwecke. Allerdings dürfen sich Körperschaften nach ständiger BFH-Rechtsprechung zur Förderung ihrer nach § 52 AO steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke in gewissen Grenzen auch betätigen, um z. B. zur Förderung des Umweltschutzes Einfluss auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung zu nehmen.
Mit seinem Urteil verwarf der BFH die Entscheidung der Vorinstanz. Das Hessische Finanzgericht (FG) war davon ausgegangen, dass die nach § 52 AO steuerbegünstigte Förderung der Volksbildung eine Betätigung in beliebigen Politikbereichen zur Durchsetzung eigener politischer Vorstellungen ermögliche.
Demgegenüber ist nach dem Urteil des BFH für die zur Volksbildung gehörende politische Bildung wesentlich, politische Wahrnehmungsfähigkeit und politisches Verantwortungsbewusstsein zu fördern. Dabei können auch Lösungsvorschläge für Problemfelder der Tagespolitik erarbeitet werden. Politische Bildungsarbeit setzt aber ein Handeln in geistiger Offenheit voraus. Daher ist eine Tätigkeit, die darauf abzielt, die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen, nicht als politische Bildungsarbeit gemeinnützig.
Im Streitfall ging es nicht um die inhaltliche Berechtigung der von attac erhobenen Forderungen. Entscheidungserheblich war vielmehr, inwieweit sich Vereine unter Inanspruchnahme der steuerrechtlichen Förderung der Gemeinnützigkeit politisch betätigen dürfen. Nach dem Urteil des BFH ist der attac-Trägerverein nicht im Rahmen gemeinnütziger Bildungsarbeit berechtigt, Forderungen zur Tagespolitik bei „Kampagnen“ zu verschiedenen Themen öffentlichkeitswirksam zu erheben, um so die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Dabei ging es z. B. um ein Sparpaket der Bundesregierung, die Finanztransaktionensteuer, die Bekämpfung der Steuerflucht, ein Doppelbesteuerungsabkommen, ein Bahnprojekt, die wöchentliche Arbeitszeit oder das sog. bedingungslose Grundeinkommen.
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hatte nicht festgestellt, ob die für die Gemeinnützigkeit unzulässigen Betätigungen dem attac-Trägerverein selbst oder anderen Mitgliedern der attac-Bewegung zuzurechnen sind. Dies ist in einem zweiten Rechtsgang nachzuholen. Dabei hat das FG auch die Selbstdarstellung des attac-Trägervereins auf seiner Internetseite zu berücksichtigen. Ein Verlust der Gemeinnützigkeit führt insbesondere dazu, dass keine Spendenbescheinigungen (Bestätigungen über nach § 10b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes als Sonderausgaben abziehbare Zuwendungen) ausgestellt werden dürfen. Der endgültige Ausgang des Verfahrens kann auch für die steuerrechtliche Beurteilung des Klägers in Folgejahren von Bedeutung sein.
Der attac-Trägerverein hat den BFH unter Verzicht auf das Steuergeheimnis ermächtigt, seinen Namen in Pressemitteilungen zu offenbaren.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 8/19 vom 26.02.2019 zum Urteil X R 44-45/17 vom 10.10.2018
Die Überlassung eines Firmen-Pkw zur uneingeschränkten Privatnutzung ohne Selbstbeteiligung ist bei einem "Minijob"-Beschäftigungsverhältnis unter Ehegatten fremdunüblich. Der Arbeitsvertrag ist daher steuerlich nicht anzuerkennen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 10. Oktober 2018 X R 44-45/17 entschieden hat.
Im Streitfall beschäftigte der gewerblich tätige Kläger seine Ehefrau als Büro- und Kurierkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von neun Stunden mit einem Monatslohn von 400 Euro. Im Rahmen des Arbeitsvertrages überließ er ihr einen Pkw zur uneingeschränkten Privatnutzung. Den darin liegenden geldwerten Vorteil, der nach der sog. 1 %-Methode ermittelt wurde, rechnete der Kläger auf den monatlichen Lohnanspruch von 400 Euro an und zog seinerseits den vereinbarten Arbeitslohn als Betriebsausgabe bei seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb ab. Das Finanzamt (FA) erkannte das Arbeitsverhältnis steuerlich jedoch nicht an, da die Entlohnung in Gestalt einer Pkw-Überlassung im Rahmen eines "Minijobs" einem Fremdvergleich nicht standhalte. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage dagegen statt.
Auf die Revision des FA hob der BFH die FG-Entscheidung auf und ging von einer fremdunüblichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses aus. Arbeitsverträge zwischen nahen Angehörigen müssen für die steuerrechtliche Beurteilung sowohl hinsichtlich der wesentlichen Vereinbarungen als auch der Durchführung denjenigen Maßstäben entsprechen, die fremde Dritte vereinbaren würden. Nach diesen Grundsätzen hielt der BFH jedenfalls eine uneingeschränkte und zudem selbstbeteiligungsfreie Nutzungsüberlassung eines Firmenwagens für Privatfahrten an einen familienfremden "Minijobber" für ausgeschlossen. Denn ein Arbeitgeber werde im Regelfall nur dann bereit sein, einem Arbeitnehmer die private Nutzung eines Dienstfahrzeugs zu gestatten, wenn die hierfür kalkulierten Kosten (u. a. Kraftstoff für Privatfahrten) zuzüglich des Barlohns in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der erwarteten Arbeitsleistung stünden. Bei einer lediglich geringfügig entlohnten Arbeitsleistung steige das Risiko des Arbeitgebers, dass sich die Überlassung eines Firmenfahrzeugs für ihn wegen einer nicht abschätzbaren Intensivnutzung durch den Arbeitnehmer nicht mehr wirtschaftlich lohne. Unerheblich war insoweit für den BFH, dass die Ehefrau für ihre dienstlichen Aufgaben im Betrieb auf die Nutzung eines Pkw angewiesen war.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
Haftung für Umsatzsteuer beim Handel mit Waren im Internet
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 5 - S-7420 / 19 / 10002 :002 vom 21.02.2019
Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften
Unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt in Ergänzung des BMF-Schreibens vom 28. Januar 2019 Folgendes:
Bis zum 15. April 2019 wird es nicht beanstandet, wenn dem Betreiber eines elektronischen Marktplatzes anstelle der Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger (Unternehmer) nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG für die in § 22f Abs. 1 Satz 4 UStG genannten Unternehmer der beim zuständigen Finanzamt bis zum 28. Februar 2019 gestellte Antrag auf Erteilung der o. g. Bescheinigung (in elektronischem Format oder als Abdruck) vorliegt.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Durch Artikel 9 des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) wurden
in das Umsatzsteuergesetz (UStG) eingefügt.
Zudem wurde in § 27 UStG (Allgemeine Übergangsvorschriften) ein neuer Abs. 25 eingefügt.
Die vorgenannten Regelungen traten gemäß Artikel 20 Abs. 3 des o. g. Gesetzes am 1. Januar 2019 in Kraft.
Dieses Schreiben ergänzt das BMF-Schreiben vom 28. Januar 2019 (Az. III C 5 - S-7420 / 19 / 10002 :002).
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 6/19 vom 20.02.2019 zum Urteil IX R 30/17 vom 10.10.2018
Die ortsübliche Vergleichsmiete zur Feststellung einer nur verbilligten Vermietung darf nicht durch ein Sachverständigengutachten auf der Grundlage statistischer Annahmen nach der sog. EOP-Methode bestimmt werden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 10. Oktober 2018 IX R 30/17 entschieden. Mit der EOP-Methode wird aufgrund statistischer Annahmen die von einem normal qualifizierten Betreiber zu erwirtschaftende Pacht ermittelt.
Die Klägerin erwarb ein Grundstück mit historischem Altbestand, der als Gaststätte genutzt wird. Nach umfangreicher und kostspieliger Sanierung des Gebäudes verpachtete sie das Grundstück zum Betrieb einer Gaststätte u. a. an ihren Ehemann. Das Finanzamt (FA) nahm auf der Grundlage von Internet-Recherchen eine verbilligte Verpachtung an und kürzte die Werbungskosten entsprechend. Das Finanzgericht (FG) beauftragte einen Sachverständigen mit der Ermittlung der ortsüblichen Marktpacht. Die Beteiligten gingen übereinstimmend davon aus, dass sich aufgrund der Besonderheiten des Objekts keine vergleichbaren Objekte finden lassen, sodass die Marktpacht nicht nach der sog. Vergleichsmethode bestimmt werden kann. Der Sachverständige ermittelte deshalb im Wesentlichen auf der Grundlage der EOP-Methode einen Vergleichswert, der zur Abweisung der Klage führte.
Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Für die verbilligte Überlassung von Gewerbeobjekten gilt als allgemeiner Grundsatz ein Aufteilungsgebot. Die anteilig auf die unentgeltliche Überlassung entfallenden Aufwendungen können nicht abgezogen werden. Ob eine verbilligte Vermietung oder Verpachtung vorliegt, ist im Wesentlichen Tatfrage. Das FG muss die vereinbarte Miete oder Pacht der ortsüblichen Marktmiete oder -pacht gegenüberstellen. Letztere muss es von Amts wegen ermitteln. Dazu kann das Gericht ein Sachverständigengutachten einholen. Grundsätzlich gibt es keine rechtlichen Vorgaben, nach welcher Methode der Sachverständige vorgehen muss. Eine Grenze ist aber überschritten, wenn der Sachverständige aufgrund der von ihm gewählten Methode letztlich etwas anderes ermittelt als die ortsübliche Marktmiete oder -pacht. Das ist der Fall, wenn er im Wesentlichen darauf abstellt, welche Miete oder Pacht auf der Grundlage statistischer Annahmen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vom Mieter oder Pächter im Durchschnitt erwirtschaftet werden kann (sog. EOP-Methode). Mit solchen Erwägungen kann der Markt allenfalls global abgebildet werden. Das Gesetz verlangt aber, auf den örtlichen Markt zu blicken.
Das FG muss nun die ortsübliche Marktpacht noch einmal feststellen. Dafür genügt eine Schätzung unter Mitwirkung eines ortskundigen, erfahrenen Sachverständigen oder Maklers. Die damit verbundene höhere Unsicherheit ist hinzunehmen. Kann sich das FG auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen nicht die für eine Schätzung erforderliche Überzeugung bilden, geht dies zu Lasten des FA, das die objektive Beweislast zu tragen hat.
Quelle: BFH
Grundsteuer
Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 13.02.2019
Die Bundesregierung will im Zusammenwirken mit den Bundesländern dazu beitragen, dass die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist für eine gesetzliche Neuregelung der Grundsteuer eingehalten werden kann. Dies sichert die Regierung in ihrer Antwort ( 19/7488 ) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( 19/7062 ) zu. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31 Dezember 2019 gesetzt, um eine gesetzliche Neuregelung der Grundsteuer zu treffen. Das für die Gemeinden wichtige Grundsteueraufkommen von jährlich rund 14 Milliarden Euro solle gesichert werden. Einen Kabinettstermin nannte die Bundesregierung noch nicht. Die vom Bundesfinanzministerium am 28. November 2018 vorgelegten Überlegungen zur Reform der Grundsteuer würden gegenwärtig mit den Ländern intensiv diskutiert. Aussagen zu Details seien derzeit nicht möglich, erklärt die Regierung unter Hinweis auf den Schutz des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung.
Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 156/2019
Umsatzsteuer
BFH, Urteil XI R 16/17 vom 14.11.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 5/19 vom 06.02.2019 zum Urteil V R 65/17 vom 22.11.2018
Eine Bruchteilsgemeinschaft kann nicht Unternehmer sein, wie der Bundesfinanzhof (BFH) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung mit Urteil vom 22. November 2018 V R 65/17 zur Umsatzsteuer entschieden hat. Stattdessen erbringen die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig von ihnen zu versteuernde Leistungen.
Im Streitfall hatte der Kläger zusammen mit weiteren Personen Systeme zur endoskopischen Gewebecharakterisierung entwickelt. Die Erfindungen lizenzierten sie gemeinsam an eine Kommanditgesellschaft (KG), die ihnen für die Lizenzgewährung Gutschriften auf der Grundlage des seit 2007 geltenden Regelsteuersatzes von 19 % erteilte. Die auf ihn entfallenden Lizenzgebühren versteuerte der Kläger demgegenüber nur nach dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Das für den Kläger zuständige Finanzamt (FA) erfuhr hiervon im Rahmen einer Kontrollmitteilung und erließ gegenüber dem Kläger geänderte Steuerbescheide. Hiergegen machte der Kläger u. a. geltend, dass nicht er, sondern eine zwischen ihm und den anderen Erfindern gebildete Bruchteilsgemeinschaft Unternehmer und damit Steuerschuldner für die Lizenzgewährung gegenüber der KG sei.
Dem folgte der BFH nicht. Wie die Vorinstanz sah der BFH den Kläger als leistenden Unternehmer an, der die auf ihn entfallenden Lizenzgebühren nach dem Regelsteuersatz zu versteuern habe. Anders als die Vorinstanz und entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung begründete der BFH dies aber damit, dass eine Bruchteilsgemeinschaft umsatzsteuerrechtlich nicht Unternehmer sein könne.
Unternehmer ist nach allgemeinen Grundsätzen nur derjenige, der entgeltliche Leistungen erbringt. Die Person des Leistungserbringers richtet sich nach den der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen und damit im Regelfall nach dem Zivilrecht. Zivilrechtlich kann die nichtrechtsfähige Bruchteilsgemeinschaft aber keine Verpflichtungen eingehen und damit umsatzsteuerrechtlich auch keine Leistungen erbringen. Nach Maßgabe der zivilrechtlich geprägten Rechtsverhältnisse handelt es sich daher umsatzsteuerrechtlich bei Leistungen, die mit einem in Bruchteilsgemeinschaft stehenden Recht erbracht werden, um anteilige Leistungen der einzelnen Gemeinschafter. Die Rechtsprechungsänderung erfasst nicht nur Erfindergemeinschaften wie im Streitfall, sondern ist z. B. auch für die im Immobilienbereich weit verbreiteten Grundstücksgemeinschaften von großer Bedeutung.
Mit seinem Urteil schloss sich der BFH zudem der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, nach der technische Schutzrechte nicht urheberrechtlich geschützt sind. Mangels Urheberrechtsschutz kommt eine Steuersatzermäßigung nicht in Betracht. Darüber hinaus bejahte der BFH eine Steuerhinterziehung durch den Kläger, da dieser bei Abgabe von Voranmeldungen auf der Grundlage des ermäßigten Steuersatzes dem FA hätte mitteilen müssen, dass ihm gegenüber nach dem Regelsteuersatz abgerechnet wurde.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
TOP 8 der Umsatzsteuer-Sitzung I/2018 vom 23. bis 25. Januar 2018
BMF, Schreiben III C 3 - S-7180 / 17 / 10001 vom 04.02.2019
Beruft sich eine Vereinigung unmittelbar auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (sog. Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL) und behandelt die anfallenden Mitgliederbeiträge in der Folge abweichend von Abschnitt 1.4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass als steuerbares Entgelt für die von ihr gegenüber den Mitgliedern erbrachten Leistungen, kommt die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG grundsätzlich in Betracht.
Nach Maßgabe der weiteren Voraussetzungen gilt insbesondere für sportliche Veranstaltungen, dass eine über eine reine Benutzung der Sportanlagen hinausgehende Nutzung, z. B. im Rahmen des Trainingsbetriebes (vgl. Abschnitt 4. 22. 2 Abs. 2 Satz 4) oder bei Wettkämpfen mit anderen Vereinen, einer Teilnahme an einer sportlichen Veranstaltung gleich kommt und es sich bei den insoweit entrichteten Mitgliederbeiträgen um Teilnehmergebühren im Sinne der nationalen Befreiungsvorschrift handelt.
Die Anwendung der Befreiungsvorschrift zieht in der Folge systembedingt einen Ausschluss des Vorsteuerabzugs (z. B. aus Investitionen) nach sich. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass nach Auffassung des Bundesfinanzhofs die Vorschrift des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (1999) weder die gemeinschaftsrechtliche Bestimmung des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Artikel 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL) hinreichend umsetzt noch der Begriff der „sportliche(n) Veranstaltung" im Sinne der Richtlinie auslegbar ist. Denn auch nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Artikel 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL wären die Entgelte, die eine Vereinigung ohne Gewinnstreben von ihren Mitgliedern für die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen erhält, steuerfrei mit der Folge des Vorsteuerausschlusses. Bei einer gemischten Nutzung (z. B. für sportliche Veranstaltungen und reine Nutzungsüberlassungen der Sportanlage) sind die Vorsteuerbeträge entsprechend § 15 Abs. 4 UStG sachgerecht aufzuteilen.
Zwar betrifft die Berufung der Vereinigung auf die Richtlinienvorschrift regelmäßig ausdrücklich nur die Steuerbarkeit der Mitgliederbeiträge. Allerdings kann eine solche Berufung nicht dahingehend verstanden werden, dass mit ihrer Geltendmachung die Anwendung der (aller) übrigen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes unbeachtlich wäre. Die Anwendung von Befreiungen kommt auch bei Berufung auf die Richtlinienvorschrift in Betracht, soweit die Befreiungen in nationales Recht umgesetzt sind. Insbesondere bewirkt die Berufung oder wahlweise Nicht-Berufung auf die Steuerbarkeit keinen Automatismus hinsichtlich der Anwendung bzw. Nichtanwendung von z. B. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 4/19 vom 30.01.2019 zum Urteil V R 29/17 vom 22.11.2018
Die steuersatzbegünstigte Eintrittsberechtigung für Museen gilt auch für Kunstsammlungen, die eigens für die Ausstellung zusammengestellt wurden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 22. November 2018 V R 29/17 zu einem sog. Eismuseum entschieden.
Der Kläger veranstaltete während der Wintermonate im Streitjahr 2010 zwei themenbezogene Ausstellungen mit Eisskulpturen, die von internationalen Künstlern eigens für die Ausstellung geschaffen und später witterungsbedingt zerstört wurden. Die Ausstellungen konnten gegen Eintrittsgeld besucht werden. Der Kläger begehrte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 7 %. Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab. Zwar handelte es sich bei den Eisskulpturen um Kunstgegenstände, es liege aber keine Sammlung vor, die für den Museumsbegriff vorausgesetzt werde. Der Kläger unterhalte keine eigene Sammlung, sondern stelle nur vorübergehend aus. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes sei daher nicht anzuwenden.
Demgegenüber hob der BFH das Urteil der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Danach umfasst die Eintrittsberechtigung für Museen auch den Eintritt zu einer Sammlung von Kunstgegenständen, die eigens für die Ausstellung und damit nur vorübergehend, nicht aber dauerhaft zusammengestellt wurden. Der BFH weist ausdrücklich darauf hin, dass es für die Steuersatzermäßigung nicht darauf ankommt, ob z. B. Sonderausstellungen komplett aus den Sammlungsbeständen anderer Einrichtungen oder privater Leihgeber zusammengestellt sind oder aber nur zu einem geringen Anteil aus der eigenen Sammlung bestückt werden. Die Entscheidung des BFH kann auch für sog. Wanderausstellungen von Bedeutung sein, die an unterschiedlichen Orten gegen Eintrittsgeld zugänglich sind.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
Anwendung des § 27 Abs. 19 UStG
Auswirkungen des BFH-Urteils vom 27. September 2018 - V R 49/17
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7279 / 19 / 10001 :001 // IV A 3 - S-0354 / 14 / 10001 :019 vom 24.01.2019
Mit Urteil vom 27. September 2018 - V R 49/17 -, BStBl II 2019 Seite xxx, hat der BFH entschieden, dass ein Bauträger, der aufgrund der rechtsirrigen Annahme seiner Steuerschuld als Leistungsempfänger von ihm bezogene Bauleistungen nach § 13b UStG versteuert hat, das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung entgegen der Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben vom 26. Juli 2017, BStBl I Seite 1001, Tz. 15a) geltend machen kann, ohne dass es darauf ankommt, dass er einen gegen ihn gerichteten Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt oder die Möglichkeit für eine Aufrechnung durch das Finanzamt besteht.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die Tz. 15a des o. g. BMF-Schreibens vom 26. Juli 2017 gestrichen.
Dieses Schreiben ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Vergnügungssteuer
BVerwG, Pressemitteilung vom 23.01.2019 zum Urteil 9 C 1.18 vom 23.01.2019
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass eine Gemeinde den Eigentümer von Geldspielgeräten, falls er nicht zugleich der Aufsteller ist, unter bestimmten Umständen für Vergnügungssteuer-Rückstände des Aufstellers haftbar machen kann.
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Geldspielgeräte entwickelt, herstellt und vertreibt. Die beklagte Stadt Karlsruhe erhebt Vergnügungssteuern u. a. für das Bereitstellen von Geldspielgeräten zur Benutzung durch die Öffentlichkeit. Steuerschuldner ist nach der Steuersatzung der Aufsteller der Geräte. Neben dem Aufsteller haftet der Inhaber der Räume, in denen steuerpflichtige Geräte aufgestellt sind. Ist der Aufsteller nicht Eigentümer der Geräte, haftet auch der Eigentümer.
Ein Automatenaufsteller hatte von der Klägerin mehrere Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit angemietet. Gemäß den vertraglichen Bestimmungen wurden die Spielgeräte mit einem Bestand von Spielen betriebsbereit ausgeliefert; Software- und Hardwareänderungen waren dem Kunden untersagt. Der Vertragspartner der Klägerin hatte einige Geräte während eines gewissen Zeitraums in (zumindest) einer Gaststätte aufgestellt. Nachdem er die ihm gegenüber festgesetzte Vergnügungssteuer nicht gezahlt hatte und ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden war, nahm die Beklagte zunächst den Gaststättenbetreiber auf Zahlung der rückständigen Steuerschuld i. H. v. ca. 6.000 Euro in Anspruch. Da dieser selbst Zahlungsschwierigkeiten geltend machte und sich nur zur Begleichung des hälftigen Betrages in der Lage sah, setzte die Beklagte die Haftungsschuld auch gegenüber der Klägerin fest und forderte sie zur Zahlung der restlichen ca. 3.000 Euro auf.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe gab der Klage statt und hob den gegenüber der Klägerin ergangenen Haftungsbescheid auf. Dagegen bestätigte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Inanspruchnahme der Klägerin dem Grunde nach und ermäßigte nur die Höhe des Haftungsbetrages. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass eine Gemeinde unter Umständen der hier vorliegenden Art grundsätzlich berechtigt ist, einen Geräteeigentümer zur Haftung für die Spielautomatensteuer heranzuziehen. Indem ein Unternehmen wie die Klägerin Geldspielgeräte an den Aufsteller vermietet oder verpachtet, erstrebt es einen rechtlichen und wirtschaftlichen Erfolg, der die Nutzung der Automaten durch die Öffentlichkeit, also die Erfüllung des Tatbestandes der Vergnügungssteuer, voraussetzt. Auf diese Weise verschafft das Unternehmen dem Aufsteller zielgerichtet eine Erwerbsposition, die mit dem Steuergegenstand unmittelbar zusammenhängt. Damit steht es in einer derart engen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung zu Gegenstand und Tatbestand der Vergnügungssteuer, dass seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner gerechtfertigt ist.
Allerdings kann die Haftungsregelung in der Satzung der Beklagten ihrem Wortlaut nach auch Konstellationen erfassen, in denen ein Eigentümer in keiner vergleichbar intensiven Beziehung zu dem steuerrelevanten Sachverhalt steht. Die damit zusammenhängenden Fragen muss der Verwaltungsgerichtshof in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht klären, da hiervon die Wirksamkeit der Satzung und damit die Rechtmäßigkeit der Heranziehung der Klägerin abhängt. Daher hat das Bundesverwaltungsgericht die Sache an ihn zurückverwiesen.
Quelle: BVerwG
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 3/19 vom 23.01.2019 zum Beschluss XI R 19/15 vom 18.09.2018
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel, ob telefonische Beratungsleistungen, die eine GmbH im Auftrag von gesetzlichen Krankenkassen durch „Gesundheitscoaches" ausführt, als Heilbehandlungen gelten können. Er hat mit Beschluss vom 18. September 2018 XI R 19/15 den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung gebeten.
Im Streitfall betrieb die Klägerin im Auftrag gesetzlicher Krankenkassen ein sog. Gesundheitstelefon zur Beratung von Versicherten in medizinischer Hinsicht. Sie führte zudem Patientenbegleitprogramme durch, bei denen bestimmte Versicherte auf der Basis von Abrechnungsdaten und Krankheitsbildern über eine medizinische Hotline situationsbezogene Informationen zu ihrem Krankenbild erhielten. Die telefonischen Beratungsleistungen wurden durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte erbracht, die größtenteils auch als „Gesundheitscoach" ausgebildet waren. In ca. einem Drittel der Fälle wurde ein Arzt hinzugezogen, der die Beratung übernahm bzw. bei Rückfragen Anweisungen oder eine Zweitmeinung erteilte.
Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG) sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden, steuerfrei. Dem entspricht § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes, der entsprechend der Richtlinie auszulegen ist.
Der BFH vertritt in dem Vorlagebeschluss die Auffassung, dass die im Rahmen des Gesundheitstelefons erbrachten Leistungen bei engem Verständnis der Befreiungsvorschriften nicht in deren Anwendungsbereich fallen: Es stehe weder fest, ob sich an die Beratung eine ärztliche Heilbehandlung anschließt noch ob sie als Erstberatung Bestandteil einer komplexen Heilbehandlung werden; außerdem erfolge die Information der Anrufenden im Gegensatz zu den Patientenbegleitprogrammen nicht auf der Grundlage vorheriger medizinischer Feststellungen oder Anordnungen. Ferner sei fraglich, ob die für herkömmliche Heilbehandlungen von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten Qualifikationsmerkmale eines ärztlichen und arztähnlichen Berufs (Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG) auch für solche Heilbehandlungen gelten, die ohne persönlichen Kontakt erbracht werden, oder ob es - z. B. für Leistungen im Bereich der Telemedizin - zusätzlicher Anforderungen bedarf.
Mit dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH soll damit vom EuGH geklärt werden, ob eine steuerbefreite Tätigkeit vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger (Unternehmer) im Auftrag von Krankenkassen Versicherte zu verschiedenen Gesundheits- und Krankheitsthemen telefonisch berät. Außerdem ist die Frage zu beantworten, ob es für den erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweis ausreicht, dass die telefonischen Beratungen von „Gesundheitscoaches" (medizinischen Fachangestellten, Krankenschwestern) durchgeführt werden und (nur) in ca. einem Drittel der Fälle ein Arzt hinzugezogen wird.
Quelle: BFH
Grundsteuer
FinMin Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) 3 - S-0625 / 6 vom 18.01.2019
Das BMF hat die Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder zur Zurückweisung der wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens eingelegten Einsprüche und gestellten Änderungsanträge veröffentlicht.
Aufgrund
ergeht folgende Allgemeinverfügung:
Am 18. Januar 2019 anhängige und zulässige Einsprüche gegen die Feststellung des Einheitswerts für inländischen Grundbesitz oder die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags werden hiermit zurückgewiesen, soweit mit den Einsprüchen geltend gemacht wird, die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens (§ 19 Abs. 1, §§ 68 und 70, § 129 Abs. 2 BewG) verstoßen gegen das Grundgesetz.
Entsprechendes gilt für am 18. Januar 2019 anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte und zulässige Anträge auf Aufhebung oder Änderung der Feststellung eines Einheitswerts für inländischen Grundbesitz sowie für Anträge auf Fortschreibung des Einheitswerts (§ 22 BewG) und für Anträge auf Aufhebung oder Änderung der Festsetzung eines Grundsteuermessbetrags oder auf Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags (§ 17 GrStG).
Zusatz der obersten Finanzbehörden der Länder Berlin, Bremen und Hamburg:
Vorstehende Regelung gilt entsprechend für Einsprüche gegen die Grundsteuerfestsetzung sowie Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Grundsteuerfestsetzung.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 2/19 vom 16.01.2019 zum Urteil IX R 35/17 vom 25.09.2018
Einem Gesellschafter, der unterjährig in eine vermögensverwaltende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eintritt, kann der auf ihn entfallende Einnahmen- oder Werbungskostenüberschuss für das gesamte Geschäftsjahr zuzurechnen sein. Allerdings muss dies mit Zustimmung aller Gesellschafter bereits im Vorjahr vereinbart worden sein, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 25. September 2018 IX R 35/17 entschieden hat.
Im Streitfall waren an einer GbR mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung drei Gesellschafter zu jeweils einem Drittel beteiligt. Einer der Gesellschafter veräußerte seinen Anteil an einen neu eintretenden Gesellschafter. Nach dem im Oktober 1997 geschlossenen notariellen Vertrag sollte die Übertragung der Gesellschafterrechte mit Kaufpreiszahlung noch in diesem Jahr erfolgen. Der Kaufpreis wurde aber erst am 30. Juni 1998 gezahlt. Deshalb kam es erst zu diesem Zeitpunkt zum Gesellschafterwechsel.
Im Jahr 1998 entstand bei der GbR ein Verlust in Höhe von ca. 0,6 Mio. Euro. Das Finanzamt verteilte diesen Verlust zu jeweils einem Drittel auf die verbleibenden Gesellschafter und zu je einem Sechstel auf den ausgeschiedenen und den neu eingetretenen Gesellschafter. Die vom neu eingetretenen Gesellschafter beim Finanzgericht (FG) erhobene Klage, mit der dieser eine Zurechnung eines Drittels des Verlusts des gesamten Geschäftsjahres begehrte, hatte Erfolg.
Der BFH hat die Entscheidung des FG bestätigt und dem neu eingetretenen Gesellschafter den seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verlust des gesamten Geschäftsjahres 1998 zugesprochen. Grundsätzlich richtet sich die Verteilung des Ergebnisses bei einer vermögensverwaltenden GbR nach den Beteiligungsverhältnissen. Danach wäre der Kläger nur zu einem Sechstel beteiligt gewesen, weil seine Beteiligung von einem Drittel nur für ein halbes Jahr bestand.
Von dieser gesetzlichen Regelung können die Gesellschafter jedoch in engen Grenzen auf vertraglicher Grundlage abweichen. Voraussetzung ist, dass die von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Verteilung für zukünftige Geschäftsjahre getroffen wird und dass ihr alle Gesellschafter zustimmen. Sie muss zudem ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein. Werden diese Voraussetzungen eingehalten, können auch während des Geschäftsjahres eintretende Gesellschafter an dem vor ihrem Eintritt erwirtschafteten Ergebnis beteiligt werden. Der BFH hat seine bisherige Rechtsauffassung insoweit gelockert. Nicht entschieden hat der BFH, ob bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft eine Änderung der Ergebnisverteilung auch während des laufenden Geschäftsjahres mit schuldrechtlicher Rückbeziehung auf dessen Beginn steuerrechtlich anzuerkennen ist.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 1/19 vom 20.09.2018 zum Urteil IV R 6/16 vom 09.01.2019
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann beim Betrieb eines Blockheizkraftwerks, mit dem Strom an einen außenstehenden Abnehmer geliefert wird, selbst gewerblich tätig sein. Daher begründet sie selbst ertragsteuerrechtlich eine Mitunternehmerschaft, für die das erforderliche Feststellungsverfahren durchzuführen ist, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20. September 2018 IV R 6/16 entschieden hat. Der Annahme einer von den Wohnungseigentümern zusätzlich konkludent gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bedarf es nicht.
Im vom BFH entschiedenen Fall war eine Wohnanlage errichtet worden, zu der ein Blockheizkraftwerk gehörte, mit dem der eigene Wärmeenergiebedarf gedeckt werden sollte. Der außerdem erzeugte und nicht von den Wohnungseigentümern verbrauchte Strom wurde gegen Erhalt einer Vergütung in das Netz eines Energieversorgers eingespeist. Das Finanzamt (FA) war der Meinung, die Wohnungseigentümergemeinschaft unterhalte mit der Stromeinspeisung einen Gewerbebetrieb, und erließ gegenüber der Gemeinschaft einen Bescheid, mit dem gewerbliche Einkünfte festgestellt wurden. Hiergegen setzten sich die klagenden Eigentümer einer Wohnung zur Wehr. Sie meinten, der Bescheid sei rechtswidrig, weil nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern allenfalls eine zusätzlich von den Eigentümern gegründete GbR hätte gewerblich tätig sein können. Im Übrigen sei der Gewinn auch zu hoch festgestellt worden, u. a. weil nicht die richtigen Folgen aus der Nutzung der selbst erzeugten Energie durch die Wohnungseigentümer gezogen worden seien.
Der nach Klageabweisung durch das Finanzgericht (FG) angerufene BFH bestätigte das FG darin, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft infolge ihrer zivilrechtlichen Verselbständigung ähnlich einer Personengesellschaft steuerrechtlich als Mitunternehmerschaft anzusehen sein könne, soweit sie innerhalb ihres Verbandszwecks tätig werde. Die Lieferung von Strom halte sich jedenfalls dann innerhalb dieses Zwecks, wenn der Strom von einem eigenen Blockheizkraftwerk erzeugt werde, das vornehmlich der Erzeugung von Wärme für das Wohnungseigentum diene. Damit folgte der BFH nicht der zum Teil vertretenen Auffassung, eine Wohnungseigentümergemeinschaft könne nicht selbst eine Mitunternehmerschaft sein, sondern nur eine von den Wohnungseigentümern zusätzlich gegründete (GbR). Daher sind die gewerblichen Einkünfte aus der Stromlieferung in einem eigenständigen Verfahren gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht aber gegenüber einer daneben bestehenden GbR gesondert festzustellen. Die betreffende Steuererklärung habe der Hausverwalter abzugeben.
Ungeklärt blieb, von welchen Anschaffungskosten des Blockheizkraftwerks bei der Ermittlung des Gewinns Abschreibungen vorzunehmen waren. Dies hängt u. a. davon ab, in welchem Umfang die bei der Lieferung in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom FA erstattet werden konnte. Zur Ermittlung des richtigen Aufteilungsschlüssels verwies der BFH deshalb das Verfahren an das FG zurück.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7244 / 07 / 10007 vom 02.01.2019
I.
Der BFH hatte mit Urteil vom 2. Juli 2014, XI R 39/10 (BStBl II 2015 S. 421) entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz Anwendung finden kann, wenn die mit Mietwagen durchgeführten Krankenfahrten auf gleichermaßen für Taxen geltenden Sondervereinbarungen beruhen. Abschnitt 12.13 Abs. 8 Satz 3 UStAE wurde entsprechend angepasst. Ergänzend wurde eine Vereinfachungsregelung eingefügt, wonach die Gleichartigkeit dieser für Mietwagen- bzw. Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen für den Bereich der Krankenfahrten aus Vereinfachungsgründen regelmäßig unterstellt werden kann (Abschnitt 12.13 Abs. 8 Satz 4 UStAE).
Aus der Praxis sind Fragen zur Handhabung der Vereinfachungsregelung gestellt worden.
II.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 14.12.2018, III C 3 - S 7117-j / 18 / 10002 (2018/1031145), BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, Abschnitt 12.13 Absatz 8 wie folgt gefasst:
„(8) 1Grundsätzlich nicht begünstigt ist der Verkehr mit Mietwagen (BFH-Urteile vom 30. 10. 1969, V R 99/69, BStBl 1970 II S. 78, vom 2. 7. 2014, XI R 22/10, BStBl 2015 II S. 416 und XI R 39/10, BStBl 2015 II S. 421, und BverfG-Beschluss vom 11. 2. 1992, 1 BvL 29/87, BverfGE 85, 238). 2Der Mietwagenverkehr unterscheidet sich im Wesentlichen vom Taxenverkehr dadurch, dass nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden dürfen, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind (§ 49 Abs. 4 PbefG). 3Führt ein Mietwagenunternehmer hingegen Krankenfahrten mit hierfür nicht besonders eingerichteten Fahrzeugen durch (vgl. Abschnitt 4.17.2) und beruhen diese steuerpflichtigen Leistungen auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinbarungen, die ebenfalls für Taxiunternehmer gelten, ist die Steuerermäßigung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen anwendbar (vgl. BFH-Urteil vom 2. 7. 2014, XI R 39/10, a. a. O.). 4Liegt in diesem Fall der Beförderungsleistung eines Mietwagenunternehmers eine nur für Mietwagenunternehmen geltende Sondervereinbarung zu Grunde, kann die Steuerermäßigung zur Anwendung kommen, wenn der Unternehmer nachweist, dass im selben räumlichen Geltungsbereich eine hinsichtlich Beförderungsentgelt und Transportpflicht inhaltsgleiche Sondervereinbarung für Taxiunternehmer gilt. 5Die Gleichartigkeit dieser für Mietwagen- bzw. Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen kann für den Bereich der Krankenfahrten aus Vereinfachungsgründen in solchen Fällen regelmäßig unterstellt werden, in denen dem Mietwagenunternehmer ein Nachweis gleichartiger Sondervereinbarungen (z. B. über den Verband) praktisch nicht möglich ist oder in denen keine Vergleichsmöglichkeit besteht. 6Die entgeltliche Überlassung von Kfz durch einen Carsharing-Verein an seine Mitglieder ist nicht begünstigt (BFH-Urteil vom 12. 6. 2008, V R 33/05, BStBl 2009 II S. 221)."
III.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Urteil V R 37/17 vom 02.08.2018
Leitsatz
Leistungen eines Arztes im Rahmen eines Notdienstes, die dazu dienen, gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, um sofort geeignete Maßnahmen einleiten und damit einen größtmöglichen Erfolg einer (späteren) Behandlung sicherstellen zu können, sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin.
Quelle: BFH
Grunderwerbsteuer
BFH, Urteil II R 10/16 vom 19.09.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
"Jahressteuergesetz 2018"
BMF, Mitteilung vom 14.12.2018
Mit dem Gesetz sollen die noch in diesem Jahr fachlich gebotenen und zwingend notwendigen Rechtsänderungen im Steuerrecht erfolgen. Hierzu gehören notwendige Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie die Umsetzung von Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs. Außerdem enthält das Gesetz Folgeänderungen und Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und setzt weiteren kurzfristigen fachlichen und redaktionellen Änderungsbedarf um.
Hervorzuheben sind folgende Regelungen:
Der Gesetzentwurf wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens von „Jahressteuergesetz 2018“ in „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ umbenannt.
Quelle: BMF
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen 6 %-Zinssatz im Steuerrecht
DStV, Mitteilung vom 28.11.2018
Aktualisierung vom 17.12.2018
Die Luft für den 6 %-Zinssatz im Steuerrecht wird dünn: Hier hat sich in den letzten Monaten - und insbesondere jüngst - einiges getan. Der Steuerrechtsausschuss des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) informiert über die aktuellen Entwicklungen.
Mit Beschluss des VIII. Senats vom 03.09.2018 (Az. VIII B 15/18) hat der Bundesfinanzhof (BFH) das zweite Mal in diesem Jahr zur Höhe des steuerverfahrensrechtlichen Zinssatzes Stellung bezogen. Bereits am 25.04.2018 hatte der IX. Senat des BFH (Az. IX B 21/18) erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe des Zinssatzes ab April 2015 geäußert.
Dem hat sich der VIII. Senat des BFH angeschlossen und gewährte die beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Der Senat erweiterte darüber hinaus den Zeitraum: die Höhe des Zinssatzes sei schon seit (November) 2012 verfassungsrechtlich zweifelhaft.
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase bemängelte der BFH u. a. erneut die „realitätsferne Bemessung" des Zinssatzes, die wie ein „sanktionierender, rechtsgrundloser Zuschlag" wirke. Auch der Typisierung des Zinssatzes aus Gründen der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung erteilten die Richter angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten abermals eine Absage.
Das Gericht stellte außerdem klar: Die Entscheidungsgründe beziehen sich auf die Höhe des Zinssatzes nach § 238 AO. Sie gelten nach Auffassung des BFH daher nicht nur für Nachzahlungszinsen, sondern z. B. - wie im Streitfall - auch für Aussetzungszinsen.
Die BFH-Entscheidung vom 25.04.2018 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in einem Schreiben vom 14.06.2018 aufgegriffen. Hiernach sollen die Finanzämter bis auf Weiteres die Vollziehung für alle verfahrensrechtlichen Zinsen, die ab April 2015 entstanden sind, auf Antrag aussetzen. Auf Grundlage der Entscheidung des VIII. Senats vom 03.09.2018 hat das BMF mit Schreiben vom 14.12.2018 (Az. IV A 3 - S-0465 / 18 / 10005-01) die Anweisung auf Verzinsungszeiträume ab April 2012 ausgedehnt.
Aufgrund zweier anhängiger Verfassungsbeschwerden wird sich auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) abermals mit der Höhe des steuerlichen Zinssatzes befassen - und zwar für Zeiträume nach dem 31.12.2009 (Az. 1 BvR 2237/14) bzw. nach dem 31.12.2011 (Az. 1 BvR 2422/17). Der Zinssatz stand schon 2009 auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand. Die Beschwerde wurde allerdings seinerzeit abgewiesen (Az. 1 BvR 2539/07). Eine Entscheidung aus Karlsruhe wird in naher Zukunft erwartet.
Der Steuerrechtsausschuss des DStV rät vor diesem Hintergrund: Gegen Zinsbescheide ohne entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk sollte mit Verweis auf die anhängigen BVerfG-Verfahren fristgerecht Einspruch eingelegt werden, um den Bescheid offenzuhalten. Dies ist besonders wichtig, da Sie bzw. die Mandanten von einer günstigen Entscheidung des BVerfG nur in offenen Fällen profitieren können.
Des Weiteren bietet es sich an, Anträge auf AdV zu stellen. Für Zeiträume ab April 2015 sollten die Finanzämter diesen auf Grundlage des erwähnten BMF-Schreibens stattgeben.
Auf politischer Ebene ist zwischenzeitlich ebenfalls Bewegung in die Sache gekommen: Hessen hat im August einen Gesetzentwurf (BR-Drs. 396/18) und einen Entschließungsantrag (BR-Drs. 397/18) zur Anpassung des Zinssatzes in den Bundesrat eingebracht. Auf Bundesebene hat jüngst die Bundestagsfraktion der FDP in einem Änderungsantrag (BT-Drs. 19/5613) zu dem gemeinhin als „JStG 2018" bekannten Gesetz gleichsam eine Anpassung des Zinssatzes gefordert.
Auch der DStV wird sich, wie schon in seinen Positionen zur Bundestagswahl 2017, weiterhin für eine Senkung des Zinssatzes stark machen.
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.
Umsatzsteuer
Veröffentlichung der Entscheidungen XI R 20/14, V R 25/15 und V R 28/16
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7280-a / 07 / 10005 :003 vom 07.12.2018
I.
Mit Urteilen vom 13. Juni 2018, XI R 20/14 und vom 21. Juni 2018, V R 25/15, V R 28/16, hat der BFH unter Änderung seiner Rechtsprechung entschieden, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Es reicht jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist.
U. a. das Urteil des BFH vom 22. Juli 2015, V R 23/14, BStBl II S. 914 ist insoweit nicht mehr anwendbar.
II.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 27. November 2018 - III C 3 - S-7170 / 08 / 10001 (2018/0933230), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:
1. Abschnitt 14.5 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
aa) Nach Satz 2 werden folgende neue Sätze 3 und 4 eingefügt:
„3Es reicht jede Art von Anschrift, sofern der leistende Unternehmer bzw. der Leistungsempfänger unter dieser Anschrift erreichbar sind. 4Dabei ist es unerheblich, ob die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. 6. 2018, XI R 20/14, BStBl II S. xxx, und vom 21. 6. 2018, V R 25/15, BStBl II S. xxx, und V R 28/16, BStBl II S. xxx)."
bb) Der bisherige Satz 3 wird als neuer Satz 5 wie folgt gefasst:
„ 5Verfügt der leistende Unternehmer bzw. der Leistungsempfänger über ein Postfach, über eine Großkundenadresse oder über eine c/o-Adresse, genügt die jeweilige Angabe in der Rechnung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG an eine vollständige Anschrift."
b) Der bisherige Absatz 3 wird gestrichen.
c) Absatz 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„ 2Entsprechendes gilt für die Angabe der Anschrift einer Zweigniederlassung, einer Betriebsstätte oder eines Betriebsteils des Unternehmers."
2. Abschnitt 15.2a Abs. 2 wird wie folgt geändert:
a) Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„ 4Der Vorsteuerabzug ist nur möglich, wenn die Rechnung die Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers enthält, wobei es nicht erforderlich ist, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist; es reicht vielmehr jede Art von Anschrift und damit auch eine Briefkastenanschrift, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. 6. 2018, XI R 20/14, BStBl II S. xxx, und vom 21. 6. 2018, V R 25/15, BStBl II S. xxx, und V R 28/16, BStBl II S. xxx)."
b) Satz 5 wird gestrichen.
c) Die bisherigen Sätze 6 bis 9 werden neue Sätze 5 bis 8.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Steuerliche Änderungen
BMF, Mitteilung vom 10.12.2018
Zu Jahresbeginn gibt es regelmäßig Änderungen, die sich auf den Alltag der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen in unterschiedlicher Weise auswirken. Wir haben hier die wichtigsten Neuerungen für Sie zusammengestellt.
Eltern bringen durch Unterhalt, Betreuung und Erziehung ihrer Kinder wichtige Leistungen für unsere Gesellschaft. Dies wird bei der Bemessung der Einkommensteuer berücksichtigt. Dabei ist auch das Existenzminimum der steuerpflichtigen Menschen und ihrer Kinder einkommensteuerlich zu verschonen. Zudem ist die Wirkung der kalten Progression im Einkommensteuertarif zu berücksichtigen. Anderenfalls würde es bei Lohnerhöhungen, die lediglich die allgemeine Inflation ausgleichen, zu einer höheren individuellen Besteuerung kommen.
Im steuerlichen Familienleistungsausgleich sorgen Kinderfreibeträge und Kindergeld für eine angemessene Besteuerung von Familien. Ab dem 1. Juli 2019 wird das Kindergeld pro Kind um 10 Euro pro Monat erhöht. Zudem steigt entsprechend auch der steuerliche Kinderfreibetrag ab dem 1. Januar 2019 um 192 Euro von 7.428 Euro auf 7.620 Euro und ab dem 1. Januar 2020 um weitere 192 Euro von 7.620 Euro auf dann 7.812 Euro.
Außerdem wird der in den Einkommensteuertarif integrierte Grundfreibetrag angehoben, nämlich ab dem 1. Januar 2019 um 168 Euro von 9.000 Euro auf 9.168 Euro sowie ab dem 1. Januar 2020 um weitere 240 Euro von 9.168 Euro auf dann 9.408 Euro. Für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 werden zudem die übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs zum Ausgleich der kalten Progression nach rechts verschoben und zwar um 1,84 % ab dem 1. Januar 2019 und 1,95 % ab dem 1. Januar 2020. Änderungen ergeben sich überdies beim Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, der wie der Grundfreibetrag angehoben wird.
Bislang gehörten Arbeitgeberleistungen für Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet (z. B. Forstgebiet) oder zu einem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Sammelpunkt (z. B. Busdepot oder Fährhafen) zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Beim steuerpflichtigen Arbeitslohn wurden solche Sachbezüge dann nicht berücksichtigt, wenn der geldwerte Vorteil pro Monat insgesamt die Freigrenze von 44 Euro nicht überstieg. Allerdings sind bei der Prüfung der 44 Euro Freigrenze auch alle anderen Sachbezüge zu berücksichtigen. Bei Überschreiten der Freigrenze sind dann alle Sachbezüge steuerpflichtig.
Künftig werden zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Zuschüsse und Sachbezüge des Arbeitgebers für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet (z. B. Forstgebiet) oder zu einem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Sammelpunkt (z. B. Busdepot oder Fährhafen) steuerfrei gestellt. Zudem wird die Steuerbegünstigung auf private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr erweitert. Diese geldwerten Vorteile fallen nicht mehr unter die monatliche Freigrenze von 44 Euro. Die steuerfreien Leistungen werden auf die Entfernungspauschale angerechnet, um eine systemwidrige Überbegünstigung gegenüber denjenigen Arbeitnehmern zu verhindern, die die betreffenden Aufwendungen selbst aus ihrem versteuerten Einkommen bezahlen.
Fahrer von Elektro- und extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen werden bei der Privatnutzung dieser Fahrzeuge steuerlich entlastet. Grundsätzlich muss die private Nutzung eines Dienstwagens mit einem Prozent des inländischen Listenpreises für jeden Kalendermonat versteuert werden. Für Elektrofahrzeuge und auch für extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge, die nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2022 angeschafft oder geleast werden, wird der Vorteil aus der Nutzung solcher Fahrzeuge nur noch zur Hälfte besteuert.
Zur Förderung der Elektromobilität und der umweltverträglichen Mobilität sieht das Einkommensteuergesetz bereits die Steuerfreiheit für bestimmte Arbeitgeberleistungen, so etwa für den vom Arbeitgeber gestellten Ladestrom und die betriebliche Ladevorrichtung für entsprechende Fahrzeuge, vor. Künftig gilt dies auch für den geldwerten Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung eines betrieblichen Fahrrads oder Elektrofahrrades vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer. Ist ein Elektrofahrrad verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen (z. B. gelten Elektrofahrräder, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 Kilometer pro Stunde unterstützt, als Kraftfahrzeuge), sind für die Bewertung dieses geldwerten Vorteils die Regelungen der Dienstwagenbesteuerung anzuwenden. Nutzen Betriebsinhaber ein betriebliches Fahrrad, ist die private Nutzung nicht als Entnahme zu erfassen.
Mit der wachsenden Verbreitung des Internets hat auch der Handel von Waren im Internet deutlich zugenommen. Dabei wird ein erheblicher Teil dieses Handels über elektronische Marktplätze abgewickelt. Dieser Trend wird auch absehbar anhalten. Seit geraumer Zeit liegen jedoch vermehrt Anhaltspunkte dafür vor, dass es beim Handel mit Waren über das Internet unter Nutzung von elektronischen Marktplätzen verstärkt zu Umsatzsteuerhinterziehungen kommt. Zur Sicherstellung des Umsatzsteueraufkommens, sowie zum Schutz und zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit von steuerehrlichen Unternehmen hat der Gesetzgeber eine Regelung zur Haftung von Betreibern elektronischer Marktplätze in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen. Danach können Betreiber unter bestimmten Voraussetzungen für die entstandene und nicht abgeführte Umsatzsteuer aus den auf ihrem Marktplatz ausgeführten Umsätzen in Haftung genommen werden, insbesondere dann, wenn sie Unternehmer, die im Inland steuerpflichtige Umsätze erzielen und hier steuerlich nicht registriert sind, auf ihrem Marktplatz Waren anbieten lassen. Darüber hinaus werden die Betreiber verpflichtet, bestimmte Angaben ihrer Verkäufer, für deren Umsätze in Deutschland eine Steuerpflicht in Betracht kommt, aufzuzeichnen. Die neue Regelung tritt zum 1. Januar 2019 in Kraft.
Die Anleger von Investmentfonds müssen die Ausschüttungen eines Investmentfonds versteuern. In vielen Fällen schüttet der Investmentfonds in einem Jahr jedoch wenig oder gar nicht aus, da Investmentfonds ihre Erträge häufig thesaurieren, also wieder anlegen. Damit eine Anlage über einen Investmentfonds nicht besser gestellt ist als die direkte Geldanlage, gibt es die sogenannte Vorabpauschale.
Die Höhe der Vorabpauschale orientiert sich an einer risikolosen Marktverzinsung, das heißt an dem Betrag, den ein Anleger am Markt für eine risikofreie Geldanlage erhalten würde. Die tatsächlichen Ausschüttungen mindern die Vorabpauschale im Jahr ggf. bis auf null. Darüber hinaus ist die Vorabpauschale auf die tatsächliche Wertsteigerung des Anteils im Jahr begrenzt, sie fällt somit nicht an, wenn ein Verlust erzielt wurde.
Für das Jahr 2018 wird zur Berechnung der Vorabpauschale ein Zinssatz von 0,609 Prozent des Werts des Anteils am Investmentfonds angesetzt. Bei einem Wert des Investmentanteils am Anfang des Jahres von beispielsweise 100 Euro würden 0,61 Euro Vorabpauschale anfallen, falls der Wert des Investmentanteils bis zum Jahresende mindestens um diesen Betrag gestiegen ist. Bei einer Vorabpauschale von 0,61 Euro würden rund 0,15 Euro Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlags und ggf. Kirchensteuer anfallen.
Die Vorabpauschale für die Wertentwicklung des Jahres 2018 fließt Anfang 2019 zu, damit sie mit dem meist noch in voller Höhe vorhandenen Sparer-Pauschbetrag verrechnet werden kann. Reicht der Sparer-Pauschbetrag nicht aus oder wurde kein Freistellungsauftrag gestellt, erhebt das depotführende Kreditinstitut Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale in der Weise, dass ein entsprechender Geldbetrag vom Konto des Anlegers eingezogen und an die Finanzverwaltung abgeführt wird.
Verbriefungen, also die Umwandlung von Forderungen zu handelbaren Wertpapieren, können eine bedeutende Rolle für die Refinanzierung von Unternehmen spielen. Allerdings hatten undurchsichtige US-Verbriefungen in der Finanzkrise 2008 eine unrühmliche Rolle gespielt. Eine zu große Komplexität führte dazu, dass Kreditrisiken nicht richtig bewertet wurden, was zu großem Vertrauensverlust führte. Ab 2019 gilt ein neues, europaweit geltendes Regelwerk für Verbriefungen. Insbesondere werden die so genannten STS-Verbriefungen (Simple, Transparent, Standardised) geschaffen. Ziel ist es, einen Rahmen für einfache, transparente, standardisierte und angemessen beaufsichtigte Verbriefungen zu schaffen und zugleich das Vertrauen in Verbriefungen wieder zu stärken. Die europäischen Vorgaben werden in Deutschland eins zu eins angewandt.
Die Altersversorgung in Deutschland fußt auf einem Drei-Säulen-System: Die gesetzliche Rentenversicherung (erste Säule der Altersversorgung) wird durch die betriebliche Altersversorgung (zweite Säule) und die private Altersvorsorge (dritte Säule) ergänzt. Unter betrieblicher Altersversorgung versteht man die Zusage von Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung durch einen Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer. Die Ansprüche der Arbeitnehmer aus der betrieblichen Altersversorgung sind - in Abhängigkeit von der Zusage des Arbeitgebers und dem Durchführungsweg - durch ein mehrstufiges Sicherungssystem geschützt. In Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie wird die Aufsicht über die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung weiterentwickelt und modernisiert. Insbesondere müssen sich diese Einrichtungen intensiver mit den Risiken auseinandersetzen, denen sie ausgesetzt sind oder sein können, und mit der Frage, wie mit diesen Risiken umzugehen ist. Die EU-Richtlinie gibt damit weitere wichtige Impulse für die Bewältigung von Herausforderungen wie z. B. dem Niedrigzinsumfeld oder dem demographischen Wandel. Versorgungsanwärter und Versorgungsempfänger gewinnen dadurch besseren Schutz und mehr Sicherheit.
Quelle: BMF
Job-Ticket
DStV, Mitteilung vom 28.11.2018
Es gab sie schon einmal - die Steuerfreiheit für Arbeitgeberleistungen (Zuschüsse und Sachbezüge) für den Weg zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Steuerbefreiung entfiel zuletzt ab dem Veranlagungszeitraum 2004 im Rahmen der Umsetzung von Einsparvorschlägen mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 ( BGBl. 2003, I, S. 3076 ).
Umso erfreulicher ist es, dass eine solche Befreiung mit Wirkung ab 01.01.2019 durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften wieder Eingang in das Gesetz gefunden hat. Möchten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern den Weg zur Arbeit zumindest steuerlich attraktiver gestalten, müssen sie derzeit einiges beachten.
Die Neuregelung verspricht hingegen weniger bürokratische Lasten. Der Steuerrechtsausschuss des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. begrüßt die neue Steuerbefreiung und stellt ihre Grundzüge vor:
Bereits heute mindern Arbeitgeber die Aufwendungen ihrer Arbeitnehmer für den Weg zur Arbeit. Gängige Methoden sind:
§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG gestattet in diesen Fällen den Arbeitgebern eine pauschale Lohnbesteuerung für die Aufwendungen für den Weg ihrer Arbeitnehmer mit 15 %. Die pauschal besteuerten Bezüge sind nicht sozialversicherungspflichtig. Sofern das Job-Ticket die sog. 44-Euro-Freigrenze nicht übersteigt, handelt es sich um einen geringfügigen Sachbezug, der sogar ganz steuer- und beitragsfrei bleibt.
Gerade bei Jahreskarten kann die monatliche Freigrenze jedoch zum Problem werden. Gilt das Fahrticket für einen längeren Zeitraum, fließt dem Arbeitnehmer der gesamte geldwerte Vorteil in einem Monat zu und sprengt so zumeist die 44-Euro-Grenze. Daher blieb bislang bei Jahres-Tickets in der Regel nur die pauschale Besteuerung. Etwas anderes konnte gelten, wenn das Jahresticket aus 12 Monatsmarken besteht, die monatlich freigeschaltet werden müssen.
Arbeitnehmer müssen bislang beachten: Sowohl pauschal besteuerte als auch steuerfreie Bezüge, in denen die 44-Euro-Grenze greift, mindern insoweit den Werbungskostenabzug für den Arbeitsweg.
Vereinfacht dargestellt ergibt sich für die Besteuerung der Arbeitgeberleistungen nach derzeitiger Rechtslage folgendes Bild .
Künftig werden gewährte Arbeitgeberleistungen (Barzuschüsse und Sachbezüge) für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers von der Steuer befreit. Die Steuerbefreiung umfasst zudem auch private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr. So soll die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiver werden und mittelbar auch Umwelt- und Verkehrsbelastungen gesenkt werden.
Die Steuerbefreiung gilt nur, wenn Arbeitgeber die Leistungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbringen. Die Steuerbefreiung gilt mithin nicht für Arbeitgeberleistungen, die durch Umwandlung des ohnehin geschuldeten Arbeitslohns finanziert werden.
Die Neuregelung hat für Arbeitgeber den Vorteil, dass sie das Job-Ticket nicht mehr in die monatliche 44-Euro-Freigrenze einbeziehen müssen. Auch eine etwaige pauschale Besteuerung ist dann überflüssig. Unter anderem für ausgegebene Jahresfahrkarten bedeutet dies eine deutliche Erleichterung.
Ein paar Dinge sind dennoch zu beachten: Arbeitgeber haben insbesondere einen Zuschuss bzw. den gewährten Sachbezug grundsätzlich getrennt im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Er ist ferner auf der Lohnsteuerbescheinigung gesondert auszuweisen (§ 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 EStG).
Außerdem müssen Arbeitgeber beachten, dass sie sowohl beim Kauf von Job-Tickets als auch beim Ersatz einer Fahrkarte keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen können. Diese Leistungen sind nach derzeitiger Verwaltungsauffassung nicht als Umsätze für das Unternehmen anzusehen (Abschn. 15.5 Abs. 1 Satz 2 UStAE).
Arbeitnehmer müssen wissen: Die steuerfreien Leistungen werden im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung auf ihre Entfernungspauschale angerechnet, so dass sich ihr Werbungskostenabzug entsprechend mindert.
Quelle: DStV
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 - S-2353 / 08 / 10006 :009 vom 28.11.2018
Aufgrund des § 9 Abs. 4a Satz 5 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) werden im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die in der anliegenden Übersicht ausgewiesenen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten für beruflich und betrieblich veranlasste Auslandsdienstreisen ab 1. Januar 2019 bekannt gemacht (Fettdruck kennzeichnet die Änderungen gegenüber der Übersicht ab 1. Januar 2018 - BStBl I 2017 S. 1457).
Bei eintägigen Reisen in das Ausland ist der entsprechende Pauschbetrag des letzten Tätigkeitsortes im Ausland maßgebend. Bei mehrtägigen Reisen in verschiedenen Staaten gilt für die Ermittlung der Verpflegungspauschalen am An- und Abreisetag sowie an den Zwischentagen (Tage mit 24 Stunden Abwesenheit) im Hinblick auf § 9 Abs. 4a Satz 5 2. Halbsatz EStG insbesondere Folgendes:
Siehe dazu auch Rz. 51 des BMF-Schreibens vom 24. Oktober 2014 (BStBl I S. 1412).
Schließt sich an den Tag der Rückreise von einer mehrtägigen Auswärtstätigkeit zur Wohnung oder ersten Tätigkeitsstätte eine weitere ein- oder mehrtägige Auswärtstätigkeit an, ist für diesen Tag nur die höhere Verpflegungspauschale zu berücksichtigen. Im Übrigen, insbesondere bei Flug- und Schiffsreisen, ist R 9.6 Abs. 3 LStR zu beachten.
Zur Kürzung der Verpflegungspauschale gilt Folgendes:
Bei der Gestellung von Mahlzeiten durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung durch einen Dritten ist die Kürzung der Verpflegungspauschale i. S. d. § 9 Abs. 4a Satz 8 ff. EStG tagesbezogen vorzunehmen, d. h. von der für den jeweiligen Reisetag maßgebenden Verpflegungspauschale (s. o.) für eine 24-stündige Abwesenheit (§ 9 Abs. 4a Satz 5 EStG), unabhängig davon, in welchem Land die jeweilige Mahlzeit zur Verfügung gestellt wurde.
Beispiel:
Der Ingenieur I kehrt am Dienstag von einer mehrtägigen Auswärtstätigkeit in Straßburg (Frankreich) zu seiner Wohnung zurück. Nachdem er Unterlagen und neue Kleidung eingepackt hat, reist er zu einer weiteren mehrtägigen Auswärtstätigkeit nach Kopenhagen (Dänemark) weiter. I erreicht Kopenhagen um 23 Uhr. Die Übernachtungen - jeweils mit Frühstück - wurden vom Arbeitgeber im Voraus gebucht und bezahlt.
Für Dienstag ist nur die höhere Verpflegungspauschale von 39 Euro (Rückreisetag von Straßburg: 34 Euro, Anreisetag nach Kopenhagen 39 Euro) anzusetzen. Aufgrund der Gestellung des Frühstücks im Rahmen der Übernachtung in Straßburg ist die Verpflegungspauschale um 11,60 Euro (20 Prozent der Verpflegungspauschale Kopenhagen für einen vollen Kalendertag: 58 Euro) auf 27,40 Euro zu kürzen.
Die festgesetzten Beträge für die Philippinen gelten auch für Mikronesien, die Beträge für Trinidad und Tobago gelten auch für die zu dessen Amtsbezirk gehörenden Staaten Antigua und Barbuda, Dominica, Grenada, Guyana, St. Kitts und Nevis St. Lucia, St. Vincent und Grenadinen sowie Suriname. Zur Vereinfachung werden die Länder Mikronesien, Antigua und Barbuda, Dominica, Grenada, Guyana, St. Kitts und Nevis St. Lucia, St. Vincent und Grenadinen, Suriname mit den entsprechenden Werten weiterhin in der Übersicht aufgeführt.
Für die in der Bekanntmachung nicht erfassten Länder ist der für Luxemburg geltende Pauschbetrag maßgebend, für nicht erfasste Übersee- und Außengebiete eines Landes ist der für das Mutterland geltende Pauschbetrag maßgebend.
Die Pauschbeträge für Übernachtungskosten sind ausschließlich in den Fällen der Arbeitgebererstattung anwendbar (R 9.7 Abs. 3 LStR und Rz. 123 des BMF-Schreibens vom 24. Oktober 2014, BStBl I S. 1412). Für den Werbungskostenabzug sind nur die tatsächlichen Übernachtungskosten maßgebend (R 9.7 Abs. 2 LStR und Rz. 112 des BMF-Schreibens vom 24. Oktober 2014, BStBl I S. 1412); dies gilt entsprechend für den Betriebsausgabenabzug (R 4.12 Abs. 2 und 3 EStR).
Dieses Schreiben gilt entsprechend für doppelte Haushaltsführungen im Ausland (R 9.11 Abs. 10 Satz 1, Satz 7 Nr. 3 LStR und Rz. 107 ff. des BMF-Schreibens vom 24. Oktober 2014, BStBl I S. 1412).
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 26. Juli 2017, XI R 3/15
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7170 / 08 / 10001 vom 27.11.2018
Im Urteil vom 26. Juli 2017 hat der BFH entschieden, dass sich der Nachweis der erforderlichen Berufsqualifikation aus der Zulassung des Heileurythmisten zur Teilnahme an den Verträgen zur Integrierten Versorgung mit Anthroposophischer Medizin nach §§ 140a ff. SGB V (i. d. F. vor dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 16. Juli 2015) ergeben kann. Die Steuerbefreiung erstreckt sich auf sämtliche heileurythmische Heilbehandlungsleistungen des Leistungserbringers.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 4. Oktober 2018 - III C 2 - S-7200 / 08 / 10005 :002, BStBl I Seite 1090, geändert worden ist, Abschnitt 4.14.4 wie folgt geändert:
1. Absatz 9a wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 1 wird das Wort „regelmäßigen" gestrichen.
bb) In Satz 2 wird der Klammerzusatz wie folgt gefasst:
„(vgl. BFH-Urteile vom 8. 3. 2012, V R 30/09, BStBl II S. 623 und vom 26. 7. 2017, XI R 3/15, BStBl 2018 II S. XXX)"
2. Absatz 12 Nr. 2 wird wie folgt gefasst:
„2. Heileurythmistinnen und Heileurythmisten (BFH-Urteil vom 11. 11. 2004, V R 34/02, BStBl 2005 II S. 316); etwas anderes gilt, wenn diese den Nachweis ihrer beruflichen Qualifikation durch die Teilnahmeberechtigung an einem Vertrag zur Integrierten Versorgung erbringen (vgl. Absatz 9a);"
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die bis zum 31. Dezember 2018 erbracht werden, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von den o. g. Ausführungen umsatzsteuerpflichtig behandelt bzw. behandelt hat.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Kraftfahrzeugsteuer
BFH, Urteil III R 42/17 vom 05.07.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Jahressteuergesetz
Bundesrat, Mitteilung vom 23.11.2018
Der Bundesrat hat am 23. November 2018 zahlreichen Änderungen im Steuerrecht zugestimmt, die der Bundestag Anfang November beschlossen hatte.
Ziel der Neuregelungen ist es unter anderem, den Umsatzsteuerbetrug im Online-Handel zu bekämpfen. Künftig haften deshalb Betreiber eines elektronischen Marktplatzes - z. B. Amazon oder eBay - für nicht entrichtete Umsatzsteuer aus dem Handel auf ihren Plattformen. Hiervon können sie sich befreien, wenn sie gewisse Aufzeichnungspflichten erfüllen oder steuerunehrliche Händler von ihrem Online-Marktplatz ausschließen. Vor allem in Drittländern ansässige Unternehmen führten häufig keine Steuer auf Umsätze ab, die sie aus Verkäufen in Deutschland erzielen, heißt es zur Begründung der verschärften Regeln.
Außerdem entlastet das Gesetz Fahrer elektrisch angetriebener Dienstwagen und Hybridfahrzeuge: Bisher mussten sie die Privatnutzung mit einem Prozent des inländischen Listenpreises pro Kalendermonat versteuern. Für E-Autos, die nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2022 angeschafft werden, sinkt dieser Wert nun auf 0,5 Prozent. Die Neuregelung gilt auch für extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge.
Auf Betreiben des Bundesrates hat der Bundestag beschlossen, dass verbilligte Jobtickets künftig gänzlich steuerfrei sind: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen die Kostenersparnis nicht mehr versteuern. Damit sollen sie angeregt werden, verstärkt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Die steuerfreien Leistungen werden allerdings auf die Entfernungspauschale angerechnet, entschied der Bundestag.
Das Gesetz enthält darüber hinaus zahlreiche weitere Änderungen in 15 Steuergesetze, u. a. zur Anpassung an EU-Recht und an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs.
Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es soll in großen Teilen am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.
Quelle: Bundesrat
Lohnsteuer
BMF, Schreiben IV C 5 - S-2334 / 08 / 10005-11 vom 16.11.2018
Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV) zu bewerten. Dies gilt ab 1. Januar 2014 gemäß § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, wenn der Preis der Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt. Die Sachbezugswerte ab Kalenderjahr 2019 sind durch die Zehnte Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 6. November 2018 (BGBl. I Seite 1842) festgesetzt worden. Demzufolge beträgt der Wert für Mahlzeiten, die ab Kalenderjahr 2019 gewährt werden,
Im Übrigen wird auf R 8.1 Absatz 7 und 8 LStR 2015 sowie auf das BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts vom 24. Oktober 2014 (BStBl I S. 1412) hingewiesen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Grunderwerbsteuer
Konsequenzen aus dem BFH-Urteil II R 51/11 vom 18.04.2012 (BStBl II 2013 S. 830)
FinMin Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) 3 - S-454.3 / 20 vom 24.10.2018
Aufhebung der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 4. Juni 2013 (BStBl I S. 1277)
Mit Urteil vom 18. April 2012 - II R 51/11 - (BStBl II 2013 S. 830) hat der BFH entschieden, dass die Anzeige eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a GrEStG nur dann ordnungsgemäß i. S. des § 16 Abs. 5 GrEStG ist, wenn ihr u. a. diejenigen Rechtsvorgänge eindeutig und vollständig entnommen werden können, die den Tatbestand nach § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst oder zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen haben. Grundstücksbezogene Angaben sind nicht erforderlich.
Die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 4. Juni 2013 (BStBl I S. 1277), nach denen die Grundsätze des BFH-Urteils vom 18. April 2012, a. a. O., nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden sind, werden aufgehoben.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 60/18 vom 14.11.2018 zum Urteil V R 49/17 vom 27.09.2018
Ist ein Bauträger rechtsirrig davon ausgegangen, als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen zu sein, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung ohne Einschränkung geltend machen. Mit Urteil V R 49/17 vom 27. September 2018 verwirft der Bundesfinanzhof (BFH) dabei eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF).
Die Entscheidung des BFH betrifft nahezu die gesamte Bauträgerbranche, die in der Vergangenheit Wohnungen ohne Vorsteuerabzug errichtet und umsatzsteuerfrei verkauft ("geliefert") hat. Die Finanzverwaltung ist hier über einen mehrjährigen Zeitraum bis zum Februar 2014 davon ausgegangen, dass diese Bauträger Steuerschuldner für die von ihnen bezogenen Bauleistungen seien. Diese Verwaltungspraxis hatte der BFH mit einem im November 2013 veröffentlichten Urteil verworfen ( Pressemitteilung Nr. 80 vom 27. November 2013 ). Vordergründig eröffnete sich dadurch die Möglichkeit eines Wohnungsbaus ohne Umsatzsteuerbelastung: Bauunternehmer konnten im Hinblick auf die ausdrückliche Weisungslage der Finanzverwaltung darauf vertrauen, die von ihnen erbrachten Bauleistungen nicht versteuern zu müssen - der Bauträger war entgegen der Annahme der Finanzverwaltung nach der BFH-Rechtsprechung von vornherein kein Steuerschuldner.
Der Gesetzgeber hat hierauf im Jahr 2014 mit einer Neuregelung reagiert, die seitdem die Steuerschuldnerschaft im Baubereich eindeutig regelt. Zudem wurde der Vertrauensschutz beim Bauunternehmer für die Vergangenheit gesetzlich eingeschränkt. Letzteres hat der BFH bereits im Wesentlichen gebilligt ( Pressemitteilung Nr. 20 vom 5. April 2017 ).
Ungeklärt war bislang, ob die Finanzverwaltung zur Verhinderung von Steuerausfällen, die in einstelliger Milliardenhöhe befürchtet werden, berechtigt ist, Erstattungsverlangen der Bauträger für Leistungsbezüge bis zum Februar 2014 nur nachzukommen, wenn der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder für die Finanzverwaltung eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht (so BMF-Schreiben vom 26. Juli 2017, BStBl I 2017 S. 1001, Rz 15a). Diese Einschränkungen sind nach dem Urteil des BFH rechtswidrig.
Zentrale Streitfrage war dabei, ob der Bauträger treuwidrig handelt, wenn er von seinem Finanzamt die Rückgängigmachung der bei ihm rechtswidrig vorgenommenen Besteuerung verlangt, ohne Umsatzsteuer an die Bauunternehmer zu zahlen, von denen er Bauleistungen bezogen hat. Dies verneint der BFH. Die Annahme eines treuwidrigen Urteils kommt danach nicht in Betracht, wenn die Finanzverwaltung aufgrund einer rechtlichen Fehlbeurteilung die entscheidende Ursache für eine unzutreffende Besteuerung gesetzt hat.
Quelle: BFH
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes
Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 06.11.2018
Vor dem Hintergrund des Brexit hat die Bundesregierung den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vorgelegt ( 19/5463 ). Danach soll das Umwandlungsgesetz (UmwG) unter anderem um Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften ergänzt werden. Wie es in dem Entwurf heißt, kann sich der bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union negativ auf Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft nach britischem Recht auswirken, die ihren Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Regelungen des Entwurfs sollen den vom Brexit betroffenen Unternehmen eine Umwandlung zum Beispiel in eine Kommanditgesellschaft (KG) ermöglichen, an der sich - je nach Kapitalausstattung der betreffenden Gesellschaft - entweder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt - UG) als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnte. Darüber hinaus soll eine Übergangsregelung für alle zum Zeitpunkt des Brexit bereits begonnenen Verschmelzungsvorgänge geschaffen werden.
Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 842/2018
DBA-Schweiz
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV B 2 - S-1301-CHE / 07 / 10015-09 vom 25.10.2018
Zur einheitlichen Anwendung und Auslegung des Artikels 15a Abs. 2 des deutsch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 27. Oktober 2010 (BGBl. 2011 II S. 1092) haben die zuständigen Behörden, gestützt auf Artikel 26 Abs. 3 DBA, am 12. Oktober 2018 die nachstehende Konsultationsvereinbarung abgeschlossen:
„Nichtrückkehr eines Grenzgängers aufgrund der Arbeitsausübung nach Artikel 15a Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (DBA)
Gestützt auf Artikel 26 Abs. 3 des DBA haben die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft Folgendes vereinbart:
Eine Nichtrückkehr aufgrund der Arbeitsausübung liegt namentlich dann vor, wenn die Rückkehr an den Wohnsitz aus beruflichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs ist eine Rückkehr der unselbstständig erwerbstätigen Person nach Arbeitsende an ihren Wohnsitz insbesondere nicht zumutbar, wenn die kürzeste Straßenentfernung für die einfache Wegstrecke über 100 Kilometer beträgt. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist eine Rückkehr nach Arbeitsende an den Wohnsitz insbesondere nicht zumutbar, wenn die schnellste Verbindung zu den allgemein üblichen Pendelzeiten für die einfache Wegstrecke länger als 1,5 Stunden beträgt. Von einem Nichtrückkehrtag ist bei vorliegender Unzumutbarkeit der Rückkehr nur auszugehen, wenn die unselbstständig erwerbstätige Person glaubhaft macht, dass sie tatsächlich nicht an ihren Wohnsitz zurückgekehrt ist.
Diese Konsultationsvereinbarung soll Anwendung finden für Sachverhalte ab dem 1. Januar 2019."
Dieses Schreiben wird im Bundesteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 56/18 vom 31.10.2018 zum Urteil VIII R 19/16 vom 24.10.2017
Verzichtet ein Gesellschafter unter der auflösenden Bedingung der Besserung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft auf sein Gesellschafterdarlehen, um deren Eigenkapitalbildung und Ertragskraft zu stärken, sind bei ihm weiterhin anfallende Refinanzierungszinsen nicht als Werbungskosten im Zusammenhang mit früheren Zinseinkünften abziehbar, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 24. Oktober 2017 VIII R 19/16 entschieden hat. Die nunmehr durch die Beteiligungserträge veranlassten Refinanzierungszinsen sind vielmehr nur auf Antrag zu 60 % als Werbungskosten abziehbar.
Nimmt für die Veranlassungszeiträume ab 2009 ein mindestens zu 10 % am Stammkapital beteiligter Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ein Darlehen bei einer Bank auf, um selbst ein verzinsliches Gesellschafterdarlehen an die Kapitalgesellschaft auszureichen, sind die Schuldzinsen für das Refinanzierungsdarlehen grundsätzlich als Werbungskosten durch die Erträge aus dem Gesellschafterdarlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) veranlasst. Diese Werbungskosten können ohne die Beschränkungen des ansonsten geltenden Werbungskostenabzugsverbots (§ 20 Abs. 9, 2. Halbsatz EStG) bei den tariflich besteuerten Kapitaleinkünften des Gesellschafters abgezogen werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG). Dies gilt, wie der BFH jetzt klargestellt hat, auch, wenn die Kapitalgesellschaft die geschuldeten Zins- und Tilgungszahlungen aus dem Gesellschafterdarlehen nicht erbringt.
Verzichtet der Gesellschafter aber gegenüber der Kapitalgesellschaft auf sein Gesellschafterdarlehen gegen Besserungsschein, kann dies für Schuldzinsen, die auf das Refinanzierungsdarlehen gezahlt werden, bis zum Eintritt des Besserungsfalls zu einem Wechsel des Veranlassungszusammenhangs der Aufwendungen weg von den Kapitalerträgen aus dem Gesellschafterdarlehen hin zu den Beteiligungserträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Ein solcher Wechsel des Veranlassungszusammenhangs tritt insbesondere ein, wenn der Gesellschafter durch den Verzicht auf Zins- und Tilgungsansprüche aus dem Gesellschafterdarlehen die Eigenkapitalbildung und Ertragskraft der Gesellschaft stärken will. Der Wechsel des Veranlassungszusammenhangs hat zur Folge, dass die Schuldzinsen aus dem Refinanzierungsdarlehen nunmehr dem Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9, 2. Halbsatz EStG unterliegen.
Um wenigstens 60 % der Refinanzierungszinsen abziehen zu können, muss der Gesellschafter spätestens mit Abgabe der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr des Forderungsverzichts gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG die Anwendung des sog. Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) für die Dividenden aus der Kapitalgesellschaft und die damit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten beantragen, was im Streitfall nicht erfolgt war. Dies sollte zur Vermeidung von Nachteilen in der Sanierungspraxis bedacht werden.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 54/18 vom 24.10.2018 zum Urteil X R 44/16 vom 27.06.2018
Umsatzsteuervorauszahlungen, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt werden, sind auch dann im Vorjahr steuerlich abziehbar, wenn der 10. Januar des Folgejahres auf einen Sonnabend oder Sonntag fällt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 27. Juni 2018 X R 44/16 entgegen einer allgemeinen Verwaltungsanweisung entschieden.
Grundsätzlich sind Betriebsausgaben und Werbungskosten in dem Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Ausnahmsweise gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die beim Steuerpflichtigen kurze Zeit, d. h. zehn Tage, nach Beendigung des Kalenderjahres angefallen sind, gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als in dem Kalenderjahr abgeflossen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Sie können damit bereits in diesem Jahr abgezogen werden. Auch die vom Unternehmer an das Finanzamt (FA) gezahlte Umsatzsteuer ist eine Betriebsausgabe, die dieser Regelung unterliegt.
Im Streitfall hatte die Klägerin die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 am 8. Januar 2015 geleistet und diese Zahlung unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG als Betriebsausgabe des Jahres 2014 geltend gemacht. Das FA meinte demgegenüber, diese Vorschrift sei nicht anzuwenden. Die Klägerin habe zwar innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, die Umsatzsteuervorauszahlung müsse aber auch innerhalb dieses Zeitraums fällig gewesen sein. Daran fehle es. Die Vorauszahlung sei wegen § 108 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) nicht am Sonnabend, dem 10. Januar 2015, sondern erst an dem folgenden Montag, dem 12. Januar 2015 und damit außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums fällig geworden.
Der BFH gab der Klägerin Recht und gewährte den Betriebsausgabenabzug für 2014. Auch wenn man fordere, dass die Umsatzsteuervorauszahlung innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums fällig sein müsse, sei diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt. Denn bei der Ermittlung der Fälligkeit sei allein auf die gesetzliche Frist des § 18 Abs. 1 Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes abzustellen, nicht hingegen auf eine mögliche Verlängerung der Frist gemäß § 108 Abs. 3 AO. Diese Verlängerung sei im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 EStG nicht anwendbar, da es sich um eine Zufluss- und Abflussfiktion, nicht aber um eine Frist handele, sodass sich die Frage nach einer Verlängerung erübrige.
Mit seiner Entscheidung wendet sich der BFH gegen die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2017 § 11 EStG H 11, Stichwort Allgemeines, "Kurze Zeit"). Das Urteil ist immer dann von Bedeutung, wenn der 10. Januar auf einen Sonnabend oder Sonntag fällt, das nächste Mal somit im Januar 2021.
Quelle: BFH
Abgabenordnung
Widerlegung der Zugangsvermutung bei Beauftragung eines privaten Postdienstleisters unter Einschaltung eines Subunternehmers
BFH, Pressemitteilung Nr. 53/18 vom 24.10.2018 zum Urteil III R 27/17 vom 14.06.2018
Die Zugangsvermutung für die Bekanntgabe schriftlicher Verwaltungsakte gilt auch bei der Übermittlung durch private Postdienstleister, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. Juni 2018 III R 27/17 zu § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) entschieden hat. Bei der Einschaltung eines privaten Postdienstleisters, der mit einem Subunternehmer tätig wird, ist allerdings zu prüfen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann. Damit kommt es zu einer erheblichen Einschränkung der Zugangsvermutung.
Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Diese in der AO geregelte Zugangsvermutung findet sich wortgleich auch in anderen Verfahrensordnungen wieder (z. B. § 41 Abs. 2 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und § 37 Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch). Die Regelungen stammen aus einer Zeit als die Deutsche Bundespost für die Beförderung von Briefen noch das gesetzliche Monopol hatte und man regelmäßig davon ausgehen konnte, dass ein Brief nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutschen Post AG innerhalb von drei Tagen den Empfänger erreicht.
Im Streitfall ging es um die Einhaltung der Klagefrist, die einen Monat beträgt und mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beginnt. Auf der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2015 hatte die beklagte Familienkasse vermerkt "abgesandt am: 06.11.2015" (Freitag). Nach Auskunft der Familienkasse wurde die versandfertige Ausgangspost am Freitag zwischen 12:30 Uhr und 13:00 Uhr durch einen privaten Kurierdienst als Subunternehmer eines privaten Postdienstleisters abgeholt. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger am 10. Dezember 2015 Klage. Im Klageverfahren trug er vor, dass die Einspruchsentscheidung ihm erst am 12. November 2015 zugegangen sei. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab.
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück, da die tatsächlichen Feststellungen nicht ausreichten, um die Rechtzeitigkeit der Klageerhebung beurteilen zu können. Dabei stellte der BFH darauf ab, dass bei privaten Zustelldiensten im Rahmen der Lizenzierung die Einhaltung konkreter Postlaufzeiten nicht geprüft werde. Daher müsse ermittelt werden, ob nach den bei dem privaten Dienstleister vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn neben dem im Streitfall beauftragten privaten Zustelldienst, der bei bundesweiten Zustellungen regelmäßig nur über Verbundgesellschaften tätig werde, ein weiteres Dienstleistungsunternehmen zwischengeschaltet werde. Insoweit sei die Einschaltung privater Postdienstleister bei der Frage von Bedeutung, ob die Zugangsvermutung als widerlegt gelte, weil hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf die Folge sei.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 - S-2342 / 07 / 0001 :138 vom 22.10.2018
Zur einkommensteuerrechtliche Behandlung der Geldleistungen nach SGB VIII
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für in der Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII), für die Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII), in der Heimerziehung/Erziehung in sonstiger betreuter Wohnform (§ 34 SGB VIII), für die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35 SGB VIII) nach § 39 SGB VIII vereinnahmte Gelder zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen, sowie für vereinnahmte Gelder für die Unterbringung und Betreuung bei Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§§ 42, 42a SGB VIII) Folgendes:
Die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII dient dazu, einem Kind zeitlich befristet oder dauerhaft im Haushalt der Pflegeeltern ein neues Zuhause zu bieten. Zwischen Pflegeeltern und Kind soll ein dem Eltern-Kind-Verhältnis ähnliches Band entstehen. Formen der Vollzeitpflege sind die Dauerpflege, die Kurzzeitpflege, die Bereitschaftspflege, die Wochenpflege, die Sonderpflege sowie die Familienpflege für besonders beeinträchtigte Kinder und Jugendliche. Auch die Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Privathaushalt ausgebildeter Erzieher stellt eine Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII dar (BFH-Urteil VIII R 29/11 vom 5. November 2014, BStBl II 2017 S. 432).
Im Rahmen der Vollzeitpflege wird Pflegegeld ausgezahlt, welches die materiellen Aufwendungen und die Kosten der Erziehung abdeckt. Zusätzlich werden anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse geleistet. Sowohl das Pflegegeld als auch die anlassbezogenen Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind steuerfreie Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, die die Erziehung unmittelbar fördern, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliegt. Werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen, wird eine Erwerbstätigkeit vermutet. Bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern ist ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird. Weder die besondere Qualifikation noch ein in diesem Kontext für eine Familienpflege für besonders beeinträchtigte Kinder gezahltes bedarfsabhängiges erhöhtes Pflegegeld schließen die Annahme einer Beihilfe zur Förderung der Erziehung im Sinne von § 3 Nr. 11 EStG aus.
Die Bestandteile der Vergütungen an Bereitschaftspflegepersonen, die unabhängig von der tatsächlichen Aufnahme von Kindern geleistet werden, fördern nicht unmittelbar die Erziehung. Für den Fall, dass sog. Platzhaltekosten und Bereitschaftsgelder gezahlt werden, sind diese mit Ausnahme der Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge insoweit steuerpflichtig.
Die Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern. Die Ausgestaltung der Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe findet in der Regel in institutionalisiertem Rahmen nach § 32 Satz 1 SGB VIII statt. Die Betreuung wird von beim Träger angestellten Fachkräften erwerbsmäßig geleistet. Diese Tagesgruppen als Teil einer Einrichtung unterliegen dem Erlaubnisvorbehalt (§ 45 SGB VIII). Die Einnahmen hieraus sind nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.
§ 32 Satz 2 SGB VIII ermöglicht die Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe auch in geeigneten Formen der Familienpflege. Diese Form der spezialisierten Tagespflege nach § 32 Satz 2 SGB VIII erfordert, dass die betreuende Person bestimmte pädagogische Voraussetzungen erfüllt. Sie unterscheidet sich daher von der Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII. Die Hilfe nach § 32 Satz 2 SGB VIII bietet über die typische Betreuungs- und Erziehungsform einer Kindertagespflege hinaus vor allem älteren Kindern mit Leistungs- und Verhaltensproblemen Hilfestellung. Wird eine solche Hilfe gewährt, so wird auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sichergestellt. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen. Bei diesen Geldleistungen der Jugendämter handelt es sich um Beihilfen, die unmittelbar die Erziehung fördern und aus öffentlichen Mitteln geleistet werden. Sie sind daher bei der Pflegeperson als steuerfreie Einnahme im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG zu behandeln.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Das langfristige Ziel dieser Form der Pflege ist entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie , eine Rückkehr in diese Familie zu erreichen oder falls dies nicht möglich ist die Erziehung in einer anderen Familie vorzubereiten oder durch eine auf längere Zeit angelegte Lebensform auf ein selbständiges Leben vorzubereiten. Zur Heimerziehung und sonstigen betreuten Wohnform können u. a. heilpädagogische oder therapeutische Heime, Kinderdörfer, Kinderhäuser zählen.
Die sozialrechtliche Einordnung entfaltet für die Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG, welche sich an den tatsächlichen Verhältnissen orientiert, keine Tatbestandswirkung. Ob es sich um eine Betreuung in einer Vollzeitpflegestelle nach § 33 SGB VIII oder in einem Heim oder in einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 34 SGB VIII handelt, bestimmt sich daher allein nach den tatsächlichen Verhältnissen der konkreten Unterbringung. Sonstige betreute Wohnformen im Sinne des § 34 SGB VIII sind nur dann gegeben, wenn sie als Einrichtung einen institutionalisierten Rahmen für die stationäre Betreuung über Tag und Nacht bieten; lediglich angemietete Wohnungen oder die bloße Überlassung von Wohnraum wie z. B. eines Zimmers im Haushalt der Betreuungsperson genügen nicht. Unter „Einrichtung" ist eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von sächlichen und persönlichen Mitteln zu einem bestimmten Zweck unter der Verantwortung des Trägers zu verstehen. Privathaushalte der Betreuungspersonen sind daher in der Regel keine Einrichtungen im Sinne des § 34 SGB VIII (BFH-Urteil VIII R 29/11 vom 5. November 2014, BStBl II 2017 S. 432). Ausnahmen können im Einzelfall z. B. sog. familienangelehnte Wohngruppen darstellen, insbesondere dann, wenn neben den Pflegeeltern pädagogisch ausgebildete Fachkräfte beschäftigt werden.
Die Erziehung in sonstiger betreuter Wohnform im Sinne des § 34 SGB VIII wird anders als bei den meisten Pflegefamilien im Sinne des § 33 SGB VIII grundsätzlich durch besonders qualifizierte Fachkräfte übernommen, sodass diese Form der Erziehungshilfe in diesen Einrichtungen regelmäßig erwerbsmäßig ausgeübt wird und eine berufliche Tätigkeit der Betreuungsperson darstellt. Die hierfür gezahlten Gelder sind wegen ihres entgeltlichen Charakters keine Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG und deshalb steuerpflichtig. Einnahmen einer Betreuungsperson gemäß § 34 SGB VIII für die Pflege, Betreuung, Unterkunft und Verpflegung eines behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Absatz 1 SGB IX sind auch nicht nach § 3 Nr. 10 EStG steuerfrei.
Werden der Betreuungsperson Leistungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes gezahlt, gilt Folgendes:
Ist die Betreuungsperson freiberuflich (§ 18 Absatz 1 Nr. 1 EStG) tätig, stellen die Zahlungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes Betriebseinnahmen dar.
Grundsätzlich sind nur die tatsächlich angefallenen und auch nachgewiesenen Sach- und Unterhaltsaufwendungen für das Kind als Betriebsausgaben abziehbar. Aus Vereinfachungsgründen ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn statt der tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Betriebsausgaben ein Betriebsausgabenabzug für Sach- und Unterhaltskosten des Kindes in Höhe der hierfür erhaltenen kinderbezogenen Leistungen geltend gemacht wird. Der Betriebsausgabenabzug für anderweitige, im Zusammenhang mit der Kindesbetreuung entstandene Kosten, die keine Sach- und Unterhaltsaufwendungen für das Kind darstellen, bleibt unberührt.
Soweit die Betreuungsperson als Arbeitnehmer(in) tätig ist, gehört die Zahlung einer Sach- und Unterhaltskostenpauschale je Monat und Kind grundsätzlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Sie kann jedoch aus Vereinfachungsgründen als steuerfreier Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG behandelt werden, wenn sie den für in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII gezahlten Sätzen entspricht. Die Pauschale gehört in diesem Fall nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Gleiches trifft auf einmalige Beihilfen zu, die auf Einzelantrag unter Beifügung eines Nachweises erstattet werden. Korrespondierend dazu dürfen nach § 3c Absatz 1 EStG die damit abgegoltenen Aufwendungen nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen. Adressaten dieser Form der Hilfe sind besonders belastete oder gefährdete Jugendliche, die Gewalt erlebt haben, Kontakt mit dem
Drogen und Prostituiertenmilieu haben und z. T. ohne feste Unterkunft oder Arbeit sind bzw. bereits häufig strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Der Jugendliche wird bei der Bewältigung persönlicher Krisen, der Gewinnung neuer Perspektiven sowie bei der Alltagsbewältigung in Schule, Ausbildung oder Arbeit durch eine Einzelperson intensiv begleitet. Dies stellt hohe Anforderungen an die persönliche und fachliche Qualifikation der Betreuer/Innen. Die Hilfe nach § 35 SGB VIII ist deshalb nicht vergleichbar mit der Hilfe zur Erziehung in der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII. Aufgrund des Vergütungscharakters der gezahlten Gelder kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG nicht in Betracht. Die Leistungen des Jugendamtes für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung im Sinne des § 35 SGB VIII sind steuerpflichtige Einnahmen.
Werden Leistungen nach § 39 SGB VIII an Pflegefamilien/Erziehungsstellen im Sinne des § 33 SGB VIII über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe geleistet, dann handelt es sich nur dann um steuerfreie Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG, wenn der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld vom örtlichen Jugendamt bewilligt worden ist. Es müssen eindeutige und unmissverständliche vertragliche Regelungen zwischen dem Jugendamt, dem freien Träger und der Pflegeperson/Erziehungsstelle im Sinne des § 33 SGB VIII bestehen. So muss vertraglich zwischen allen Parteien festgehalten sein, dass das vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlte Pflegegeld unverändert an die Pflegeperson weitergeleitet wird und sich durch diese formale, organisatorische Abwicklung dem Grunde und der Höhe nach am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson nichts ändert. Außerdem sollten die Pflegepersonen mittels einer Vollmacht erklären, dass sie damit einverstanden sind, dass das örtliche Jugendamt das Pflegegeld über den freien Träger an sie weiterleitet, d. h. der freie Träger das Pflegegeld lediglich in Empfang nimmt und ihnen auszahlt. Unter diesen Voraussetzungen gilt die für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG erforderliche offene Verausgabung als nach Maßgabe haushaltsrechtlicher Vorschriften und unter gesetzlicher Kontrolle verwirklicht.
Die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG für Pflegegelder ist dagegen nicht möglich, wenn freie Träger den örtlichen Jugendämtern Pflegepersonen zur Verfügung stellen, diese Pflegepersonen betreuen und vergüten und den örtlichen Jugendämtern dann die gezahlten Pflegegelder in Rechnung stellen. Diese Zahlungen erfolgen aus Mitteln eines nicht öffentlichen Rechtsträgers (z. B. eines eingetragenen Vereins). Es handelt sich auch dann nicht um öffentliche Mittel, wenn sie aus öffentlichen, für Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG zweckbestimmten Zuwendungen gespeist werden. Insoweit ist nicht gewährleistet, dass über die Mittel nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts verfügt werden kann und die Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliegt.
Die Leistungen des Jugendamtes umfassen nach § 39 Absatz 4 SGB VIII auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Diese Teilbeträge sind nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn die Geldleistungen an sich steuerpflichtig sind.
Nach § 42 SGB VIII nimmt das Jugendamt unter bestimmten Voraussetzungen ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut und bringt das Kind oder den Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unter. Nach § 42a SGB VIII erfolgt eine vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise. In diesen Fällen gelten für die Unterbringung und Betreuung die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
Dieses Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 21. April 2011 (BStBl I S. 487) und vom 27. November 2012 (BStBl I S. 1226). Es ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Mehrwertsteuer
Die EU-Finanzminister haben am 02.10.2018 eine Einigung über eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf die befristete generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf Lieferungen bestimmter Gegenstände und Dienstleistungen über einem bestimmten Schwellenwert erzielt.
Den Mitgliedstaaten soll es künftig unter bestimmten Bedingungen gestattet sein, für einen begrenzten Zeitraum eine generelle Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft anzuwenden und so die Haftung für Mehrwertsteuerzahlungen vom Lieferanten bzw. Dienstleister auf den Erwerber zu verlagern.
Das sog. Reverse-Charge-Verfahren soll lediglich auf inländische Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen oberhalb eines Schwellenwerts von 17.500 Euro je Umsatz erfolgen. Zudem unterliegt das Verfahren strengen technischen Voraussetzungen, z. B. muss der Anteil des Karussellbetrugs in dem Mitgliedstaat, welcher das Verfahren anwendet, 25 % an der Mehrwertsteuerlücke betragen. Der betreffende Mitgliedstaat ist außerdem zur Einrichtung angemessener und effizienter elektronischer Berichtspflichten für alle steuerpflichtigen Personen verpflichtet. Dies gilt insb. für diejenigen Personen, auf die das Verfahren angewandt wird.
Erst wenn ein Mitgliedstaat die einschlägigen Kriterien erfüllt und sein Antrag auf Anwendung des „Reverse-Charge"-Verfahrens vom Rat autorisiert wurde, kann zukünftig die generelle Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft von diesem Mitgliedstaat angewendet werden. Sie unterliegt zudem strengen Schutzvorkehrungen der EU.
Die neuen Bestimmungen zur generellen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft gelten ab dem Inkrafttreten der Richtlinie. Die Richtlinie und damit auch das Verfahren der generellen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft ist allerdings lediglich bis zum 30.06.2022 anzuwenden.
Sobald das EU-Parlament seine Stellungnahme abgegeben hat, muss der Rat die Richtlinie einstimmig verabschieden.
Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem der Union ist von großer Bedeutung für den EU-Binnenmarkt, da die Mehrwertsteuer als Eigenmittelquelle der Union für diese eine wachsende Einnahmequelle darstellt. Allein im Jahr 2015 beliefen sich die Einnahmen durch die Mehrwertsteuer auf mehr als 1 Billion Euro (7 % des BIP der EU).
Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel
EU-Gesetzgebungsverfahren im MwSt-Bereich
Der Rat hat eine Verordnung zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 904/2010 und (EU) Nr. 2017/2454/EU im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer verabschiedet.
Durch die verstärkte Zusammenarbeit soll gegen den grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug vorgegangen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Austausch von Informationen zwischen den nationalen Verwaltungsbehörden intensiviert und das Frühwarnsystem Eurofisc gestärkt.
Informationen werden künftig online im Netzwerk Eurofisc bereitgestellt, um so einen Austausch von Informationen (z. B. über die Einfuhr von Waren) zwischen den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Eurofisc-Beamte sollen so schnell auf die erforderlichen Informationen zugreifen, diese austauschen, verarbeiten und analysieren können. Zudem sollen ihnen Befugnisse zur Koordinierung von Folgemaßnahmen erteilt werden. Um eine bessere Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs auf der EU-Ebene zu ermöglichen, soll zudem der Informationsaustausch zwischen Eurofisc und Europol und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) intensiviert werden.
Die Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Viele der neuen Regelungen sind bereits ab dem 1. Januar 2020 anzuwenden.
Aufgrund von grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs entgehen den Mitgliedstaaten jedes Jahr geschätzte Mehrwertsteuereinnahmen von über 50 Mrd. Euro.
Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel
Familienentlastungsgesetz
Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 08.10.2018
Familien sollen in den nächsten Jahren steuerlich stark entlastet werden. Dies plant die Bundesregierung mit dem von ihr eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen ( 19/4723 ). Damit sinkt die Steuerbelastung in den Jahren 2019 und 2020 um rund 9,8 Milliarden Euro (volle Jahreswirkung).
Zu den einzelnen Maßnahmen gehört eine Erhöhung des Kindergeldes um zehn Euro monatlich ab 1. Juli 2019. Allein dies führe zu Mehrausgaben von rund 3,3 Milliarden Euro, erwartet die Bundesregierung, die die Bedeutung der familienpolitischen Maßnahmen betont: "Familien halten unsere Gesellschaft zusammen. Familien zu stärken und zu entlasten, ist deshalb ein wichtiges Ziel." Die Erhöhung des Kindergeldes führt im Gegenzug allerdings zu einer Anrechnung bei den Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, sodass der Staat dort 2019 rund 130 Millionen Euro und ab 2020 rund 260 Millionen Euro spart.
Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 734/2018
Einkommensteuer
BFH, Urteil VIII R 14/15 vom 12.06.2018
Leitsatz
Der positive Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 Halbsatz 1 EStG ist bei Anwendung der 1 %-Regelung auch dann unter Ansatz von 0,03 % des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs je Kalendermonat zu berechnen, wenn der Steuerpflichtige im Monat durchschnittlich weniger als 15 Fahrten zur Betriebsstätte unternommen hat.
Quelle: BFH
Finanzpolitik
Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 02.10.2018
Erst wenn der internationale Informationsaustausch über Finanzkonten etabliert ist, will die Bundesregierung Entscheidungen zur zukünftigen Ausgestaltung der Abgeltungsteuer machen. An diese Regelung des Koalitionsvertrages erinnert die Regierung in ihrer Antwort ( 19/4541 ) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( 19/4226 ). In dem Vertrag hatten die Koalitionsparteien vereinbart, die Abgeltungsteuer auf Zinserträge abzuschaffen und Umgehungstatbestände zu verhindern. Die Bundesregierung sieht zudem keinen Bedarf für eine Angleichung der Kapitalertragsteuer auf europäischer Ebene. Die Besteuerung obliege primär dem Ansässigkeitsstaat des Zahlungsempfängers.
Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 720/2018
Lohnsteuer
Änderung der maßgebenden Beträge für umzugsbedingte Unterrichtskosten und sonstige Umzugsauslagen ab 1. März 2018, 1. April 2019 und 1. März 2020
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 - S-2353 / 16 / 10005 vom 21.09.2018
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der §§ 6 bis 10 des Bundesumzugskostengesetzes (BUKG) für Umzüge ab 1. März 2018, 1. April 2019 und ab 1. März 2020 jeweils Folgendes:
1. Der Höchstbetrag, der für die Anerkennung umzugsbedingter Unterrichtskosten für ein Kind nach § 9 Absatz 2 BUKG maßgebend ist, beträgt bei Beendigung des Umzugs ab
2. Der Pauschbetrag für sonstige Umzugsauslagen nach § 10 Absatz 1 BUKG beträgt:
a) Für Verheiratete, Lebenspartner und Gleichgestellte i. S. d. § 10 Absatz 2 BUKG bei Beendigung des Umzugs
b) Für Ledige, die die Voraussetzungen des § 10 Absatz 2 BUKG nicht erfüllen, bei Beendigung des Umzugs
Der Pauschbetrag erhöht sich für jede in § 6 Absatz 3 Satz 2 und 3 BUKG bezeichnete weitere Person mit Ausnahme des Ehegatten oder Lebenspartners:
Das BMF-Schreiben vom 18. Oktober 2016 - IV C 5 - S-2353 / 16 / 10005; DOK: 2016/0892361 - (BStBl I Seite 1147) ist auf Umzüge, die nach dem 28. Februar 2018 beendet werden, nicht mehr anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Urteil VII R 47/17 vom 26.06.2018
Leitsatz
Das Verfahren wurde vom V. Senat des Bundesfinanzhofs übernommen. Bisheriges Az. beim BFH: V R 67/17.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil XI R 20/14 vom 13.06.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 24/17 vom 26.04.2018
Leitsatz:
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 47/18 vom 12.09.2018 zu den Urteilen VI R 13/16 vom 07.06.2018 und VI R 16/17 vom 04.07.2018
Die Gewährung von Krankenversicherungsschutz ist in Höhe der Arbeitgeberbeiträge Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags ausschließlich Versicherungsschutz, nicht aber eine Geldzahlung verlangen kann. Demgegenüber wendet der Arbeitgeber Geld und keine Sache zu, wenn er einen Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass der Arbeitnehmer mit einem vom ihm benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen vom 7. Juni 2018 VI R 13/16 und vom 4. Juli 2018 VI R 16/17 entschieden.
Die Frage, ob Bar- oder Sachlohn vorliegt, ist für die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erheblich. Danach sind Sachbezüge bis 44 Euro im Kalendermonat steuerfrei. Für die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn ist der auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu ermittelnde Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend.
Im Fall VI R 13/16 schloss der Arbeitgeber des Klägers als Versicherungsnehmer für die Mitarbeiter des Unternehmens bei zwei Versicherungen (Gruppen-)Zusatzkrankenversicherungen für Vorsorgeuntersuchungen, stationäre Zusatzleistungen sowie Zahnersatz ab. Die für den Versicherungsschutz des Klägers vom Arbeitgeber gezahlten monatlichen Beträge blieben unter der Freigrenze i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG. Der BFH bestätigte das Vorliegen von Sachlohn.
In der Sache VI R 16/17 informierte die Klägerin in einem „Mitarbeiteraushang" ihre Arbeitnehmer darüber, ihnen zukünftig eine Zusatzkrankenversicherung über eine private Krankenversicherungsgesellschaft anbieten zu können. Mitarbeiter nahmen das Angebot an und schlossen unmittelbar mit der Versicherungsgesellschaft private Zusatzkrankenversicherungsverträge ab. Die Versicherungsbeiträge wurden von den Mitarbeitern direkt an die Versicherungsgesellschaft überwiesen. Hierfür erhielten sie monatliche Zuschüsse von der Klägerin auf ihr Gehaltskonto ausgezahlt, die regelmäßig unter der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG blieben. Nach dem Urteil des BFH handelt es sich um Barlohn. Ein Sachbezug liege nur vor, wenn auch ein arbeitsrechtliches Versprechen erfüllt wird, das auf Gewährung von Sachlohn gerichtet ist. Die Klägerin hatte ihren Arbeitnehmern letztlich nur den Kontakt zu dem Versicherungsunternehmen vermittelt und bei Vertragsschluss einen Geldzuschuss versprochen. Damit hatte sie ihren Arbeitnehmern - anders als im Fall VI R 13/16 - keinen Versicherungsschutz zugesagt.
Die differenzierende Betrachtung des BFH verdeutlicht die für die Arbeitgeber bestehende Gestaltungsfreiheit. Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, seinen Arbeitnehmern - wie im ersten Fall - unmittelbar Versicherungsschutz zu gewähren, liegt zwar einerseits begünstigter Sachlohn vor, andererseits ist das Potential für weitere Sachbezüge angesichts der monatlichen Freigrenze von höchstens 44 Euro erheblich eingeschränkt. Denn jegliche Überschreitung der Freigrenze führt zum vollständigen Entfallen der Steuerfreiheit. Diesem Risiko kann der Arbeitgeber dadurch begegnen, dass er seinen Arbeitnehmern - wie im zweiten Fall - lediglich einen (von vornherein steuerpflichtigen) Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass diese eine eigene private Zusatzkrankenversicherung abschließen.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BMF, Mitteilung vom 04.09.2018
Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus sollen die im Rahmen der von der Bundesregierung gestarteten Wohnraumoffensive vorgesehenen steuerlichen Anreize für den Mietwohnungsneubau im bezahlbaren Mietsegment in die Tat umgesetzt werden. Dies erfolgt durch die Einführung einer Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau in § 7b Einkommensteuergesetz - neu -.
So können die Maßnahmen der Länder im Mietwohnungsneubau unterstützt werden, um insbesondere private Investoren zum Bau bezahlbaren Mietwohnraumes anzuregen. Hintergrund sind der Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen sowie die steigenden Mieten. Nur durch verstärkten Wohnungsneubau kann die Nachfrage gedeckt werden. Die Maßnahme zielt vorwiegend auf private Investoren ab, sich verstärkt im bezahlbaren Mietwohnungsneubau zu engagieren.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH, Urteil XI R 2/16 vom 13.06.2018
Leitsatz
Ein Leistungsbündel aus Unterhaltung und kulinarischer Versorgung der Gäste (sog. "Dinner-Show") unterliegt jedenfalls dann dem Regelsteuersatz, wenn es sich um eine einheitliche, komplexe Leistung handelt.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 45/18 vom 05.09.2018 zum Urteil X R 41/17 vom 06.06.2018
Erhält ein Steuerpflichtiger von seiner gesetzlichen Krankenkasse eine Prämie, die auf einem Wahltarif gemäß § 53 Abs. 1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) beruht, mindern sich die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 6. Juni 2018 X R 41/17 entschieden.
Seit April 2007 haben die gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit, ihren Versicherten sog. Wahltarife, d.h. Selbstbehaltungstarife in begrenzter Höhe oder Kostenerstattungstarife anzubieten. Im Streitfall hatte der Kläger einen Wahltarif mit Selbstbehalten gewählt, aufgrund dessen er eine Prämie je Kalenderjahr bis zur Höhe von 450 Euroerhalten konnte. Die von ihm im Gegenzug zu tragenden Selbstbehalte waren auf 550 Eurobegrenzt, so dass er seiner Krankenkasse in dem für ihn ungünstigsten Fall weitere 100 Eurozu zahlen hatte. Im Streitjahr 2014 erhielt der Kläger eine Prämie von 450 Euro, die er bei den von ihm geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträgen nicht berücksichtigte. Das Finanzamt sah in der Prämienzahlung eine Beitragsrückerstattung und setzte dementsprechend geringere Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 2 des Einkommensteuergesetzes an. Einspruch und Klage des Klägers blieben ohne Erfolg.
Der BFH bestätigte das finanzgerichtliche Urteil. Danach ist die Prämienzahlung nach § 53 Abs. 1 SGB V eine Beitragsrückerstattung, die die Vorsorgeaufwendungen des Steuerpflichtigen mindert. Der BFH begründet dies damit, dass sich die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen reduziere. Diese sei wesentliche Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug.
Die Prämie ist damit anders zu behandeln als Bonusleistungen, die gesetzliche Krankenkassen ihren Mitgliedern zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens gemäß § 65a SGB V gewähren. Diese mindern die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht (BFH-Urteil vom 1. Juni 2016 X R 17/15, BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989). Den Unterschied sieht der BFH darin, dass der Bonus eine Erstattung der vom Versicherten selbst getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen ist und damit nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes steht. Demgegenüber beruhe die Prämie auf der Übernahme des Risikos, der Krankenkasse ggf. weitere, jedoch der Höhe nach begrenzte Beitragszahlungen leisten zu müssen.
Die Beurteilung der Prämie entspricht damit der einer Beitragsrückerstattung einer privaten Krankenversicherung. In beiden Fällen erhält der Versicherte eine Zahlung von seiner Krankenkasse, da diese von ihm nicht oder in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen wurde. Dadurch werden im Ergebnis seine Beitragszahlungen reduziert. Im Falle der Beitragserstattungen erkauft der Versicherte dies mit selbst getragenen Krankheitskosten; im streitgegenständlichen Wahltarif ist der Preis des Klägers das Risiko, weitere Zahlungen in Höhe von maximal 100 Euro erbringen zu müssen.
Quelle: BFH
Abgabenordnung
BFH, Urteil VII R 19/16 vom 12.06.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Gewerbesteuer
BFH, Urteil III R 35/15 vom 14.06.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 32/16 vom 06.06.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil X R 28/15 vom 15.05.2018
Leitsatz
Auch wenn die Anwendung der 1 %-Regelung seit 2006 voraussetzt, dass das Kfz zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, die nach der 1 %-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme auf 50 % der Gesamtaufwendungen für das Kfz zu begrenzen.
Quelle: BFH
Deutsch-amerikanisches DBA
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV B 6 - S-1315 / 16 / 10022 :001 vom 16.08.2018
Das BMF teilt die am 29. Juni 2018 mit der US-Steuerbehörde IRS auf der Grundlage von Artikel 26 des deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 29. August 1989 in der durch das am 1. Juni 2006 unterzeichnete Protokoll geänderten Fassung getroffene gemeinsame Erklärung über die Durchführung des spontanen Austauschs länderbezogener Berichte für Wirtschaftsjahre ab 2016 mit.
Die gemeinsame Erklärung zielt darauf ab, durch den Spontanaustausch länderbezogener Berichte über Konzernkennzahlen - in Analogie zu den ausgetauschten Informationen im Rahmen der Mehrseitigen Vereinbarung vom 27. Januar 2016 zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte - die internationale steuerliche Transparenz zu erhöhen und den Zugang ihrer jeweiligen Steuerbehörden zu Informationen über die weltweite Verteilung der Einkünfte, die entrichteten Steuern und bestimmte Indikatoren für die Orte wirtschaftlicher Tätigkeit in Steuergebieten, in denen multinationale Konzerne tätig sind, zu verbessern, um erhebliche Verrechnungspreisrisiken und andere Risiken im Zusammenhang mit Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung zu bewerten.
Die gemeinsame Erklärung wird für spontan ausgetauschte länderbezogene Berichte für am oder nach dem 1. Januar 2016 und vor dem 1. Januar 2017 beginnende Wirtschaftsjahre multinationaler Konzerne angewendet. Der Spontanaustausch wird nach Abschluss eines Verwaltungsabkommens mit den USA über den automatischen Informationsaustausch durch den automatischen Informationsaustausch abgelöst.
Quelle: BMF
DBA-Schweiz
BMF, Schreiben IV B 2 - S-1301-CHE / 07 / 10019-04 vom 27.07.2018
Zur einheitlichen Anwendung und Auslegung des Artikels 19 Abs. 5 des deutsch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 27. Oktober 2010 (BGBl 2011 II S. 1092) haben die zuständigen Behörden, gestützt auf Artikel 26 Abs. 3 DBA, am 25. Juli 2018 die nachstehende Konsultationsvereinbarung abgeschlossen:
„Besteuerungsrecht von Ruhegehaltszahlungen an Hinterbliebene von Grenzgängern nach Artikel 19 Absatz 5 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (DBA)
Gestützt auf Artikel 26 Abs. 3 des DBA haben die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft Folgendes vereinbart:
Mit Konsultationsvereinbarung vom 21. Dezember 2016 haben sich die zuständigen Behörden darauf geeinigt, dass Vergütungen von Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule der schweizerischen Altersvorsorge an aktive oder ehemalige Bedienstete im Schweizer öffentlichen Dienst als aus einem Sondervermögen nach Artikel 19 Abs. 1 des DBA gewährt gelten und dass nach Artikel 19 Abs. 5 des DBA der Ansässigkeitsstaat vorrangig das Besteuerungsrecht für Vergütungen, einschließlich wiederkehrender oder einmaliger Zahlungen von Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule der schweizerischen Altersvorsorge an aktive oder ehemals Bedienstete im Schweizer öffentlichen Dienst hat, sofern der Vergütungsempfänger aktiver oder ehemaliger Grenzgänger nach Artikel 15a des DBA ist.
Für die vorgenannten Vergütungen ist Artikel 19 des DBA im Sinne der Konsultationsvereinbarung vom 21. Dezember 2016 auch anwendbar, wenn sie an Hinterbliebene eines Bediensteten im Schweizer öffentlichen Dienst bezahlt werden. Artikel 19 Abs. 5 des DBA ist anwendbar, wenn die vorgenannten Vergütungen an Hinterbliebene eines Grenzgängers im Sinne von Artikel 19 Abs. 5 in Verbindung mit Artikel 15a DBA und der Konsultationsvereinbarung vom 21. Dezember 2016 geleistet werden.
Das zuständige Finanzamt stellt eine Ansässigkeitsbescheinigung nach zwischen den zuständigen Behörden abgestimmtem Muster auf den/die Hinterbliebene(n) aus, sofern die überwiegende Grenzgängereigenschaft im Sinne der Konsultationsvereinbarung vom 21. Dezember 2016 beim Erblasser vorgelegen hat.
Stuttgart, den 25. Juli 2018
Für die zuständige Behörde der Schweizerischen Eidgenossenschaft:
Pascal Duss
Für die zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland:
Michael Wichmann“
Dieses Schreiben wird im Bundesteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 34/16 vom 25.04.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Kirchensteuer
BayLfSt, Mitteilung vom 03.08.2018
Seit 2015 behalten die Kreditinstitute und Versicherungen die auf die Kapitalerträge entfallende Kirchensteuer neben der staatlichen Kapitalertragsteuer ein. Hierzu fragen sie beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden ab. Der Bürger kann die Weitergabe dieser persönlichen Daten durch die Einlegung eines Sperrvermerks verhindern. In einem solchen Fall wird die Kirchenkapitalertragsteuer regelmäßig im Veranlagungsverfahren durch die Kirchensteuerämter nacherhoben. Beantragt der kirchensteuerpflichtige Bürger in seiner Einkommensteuererklärung jedoch keine Änderung der staatlichen Kapitalertragsteuer, wird in Bayern die Bemessungsgrundlage für die Kirchenkapitalertragsteuer vom Finanzamt in einem besonderen Verfahren festgestellt und dem Kirchensteueramt gesondert mitgeteilt.
Quelle: BayLfSt
Umsatzsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 42/18 vom 01.08.2018 zu den Urteilen V R 25/15 und V R 28/16 vom 21.06.2018
Eine Rechnung muss für den Vorsteuerabzug eine Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten, unter der er postalisch erreichbar ist. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung mit Urteilen vom 21. Juni 2018 V R 25/15 und V R 28/16 entschieden hat, ist es nicht mehr erforderlich, dass die Rechnung weitergehend einen Ort angibt, an dem der leistende Unternehmer seine Tätigkeit ausübt.
Bei der Umsatzsteuer setzt der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen anderer Unternehmer eine Rechnung voraus, die - neben anderen Erfordernissen - die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers angibt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i. V. m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes).
Im ersten Fall (Az. V R 25/15) erwarb der Kläger, ein Autohändler, Kraftfahrzeuge von einem Einzelunternehmer, der "im Onlinehandel" tätig war, ohne dabei ein "Autohaus" zu betreiben. Er erteilte dem Kläger Rechnungen, in denen er als seine Anschrift einen Ort angab, an dem er postalisch erreichbar war.
Im zweiten Fall (Az. V R 28/16) bezog die Klägerin als Unternehmer in neun Einzellieferungen 200 Tonnen Stahlschrott von einer GmbH. In den Rechnungen war der Sitz der GmbH entsprechend der Handelsregistereintragung als Anschrift angegeben. Tatsächlich befanden sich dort die Räumlichkeiten einer Anwaltskanzlei. Die von der GmbH für die Korrespondenz genutzte Festnetz- und Faxnummer gehörten der Kanzlei, die als Domiziladresse für etwa 15 bis 20 Firmen diente. Ein Schreibtisch in der Kanzlei wurde gelegentlich von einem Mitarbeiter der GmbH genutzt.
Der BFH bejahte in beiden Fällen den Vorsteuerabzug mit ordnungsgemäßen Rechnungen. Für die Angabe der "vollständigen Anschrift" des leistenden Unternehmers reiche die Angabe eines Ortes mit "postalischer Erreichbarkeit" aus. Die Rechtsprechungsänderung beruht auf dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Geissel und Butin vom 15. November 2017 C 374/16 und C 375/16, EU:C:2017:867, das auf Vorlage durch den BFH ergangen ist.
Die Rechtsprechungsänderung ist für Unternehmer, die nach ihrer Geschäftstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, von großer Bedeutung. Die Frage, ob bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs ordnungsgemäße Rechnungen vorliegen, ist bei ihnen regelmäßig Streitpunkt in Außenprüfungen. Die neuen Urteile des BFH erleichtern die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs.
Siehe auch die Pressemitteilung 46/16 vom 06.07.2016 .
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BFH, Urteil XI R 28/16 vom 16.05.2018
Leitsatz
Die wirksame Berichtigung eines Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG erfordert grundsätzlich, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.
Quelle: BFH
MwStSystRL
BFH, Pressemitteilung Nr. 41/18 vom 25.07.2018 zum Beschluss V R 20/17 vom 21.06.2018
Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen, die Sportvereine gegen gesondertes Entgelt erbringen. Mit Beschluss vom 21. Juni 2018 V R 20/17 hat er daher ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet.
Im Streitfall erbrachte der Kläger, ein Golfverein, verschiedene Leistungen gegen gesondert vereinbartes Entgelt. Dabei handelte es sich insbesondere um die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee), um die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten und um die Durchführung von Golfturnieren, bei denen der Kläger Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte. Das beklagte Finanzamt sah diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an. Demgegenüber bejahte das Finanzgericht eine Steuerfreiheit, die sich zwar nicht aus dem nationalem Recht, aber aus dem Unionsrecht und dabei aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ergebe.
Hieran zweifelt der BFH. Aus der Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteil British Film Institute vom 15. Februar 2017 C-592/15, EU:C:2017:117) könne abgeleitet werden, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL keine unmittelbare Wirkung zukomme, sodass sich Steuerpflichtige auf diese Bestimmung nicht berufen können, um sich gegen eine Steuerpflicht nach nationalem Recht zu wehren.
Sollte der EuGH eine unmittelbare Wirkung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL verneinen, würde dies zu einer Rechtsprechungsänderung führen. Denn der BFH hat in der Vergangenheit eine unmittelbare Wirkung und Berufbarkeit bejaht. Dies führte insbesondere zu einer aus dem Unionsrecht abgeleiteten Steuerfreiheit für die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee) und für die leihweise Überlassung von Golfbällen.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil VI R 35/16 vom 25.04.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 39/18 vom 18.07.2018 zum Urteil X R 17/16 vom 14.03.2018
Beim Abzugsverbot für betrieblich veranlasste Schuldzinsen ist die Bemessungsgrundlage auf den periodenübergreifenden Entnahmenüberschuss zu begrenzen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. März 2018 X R 17/16 entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung zu § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Nach § 4 Abs. 4a EStG sind - unter den dort im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen - betrieblich veranlasste Schuldzinsen nicht abziehbar, sondern dem Gewinn hinzuzurechnen, wenn die Entnahmen die Summe aus Gewinn und Einlagen übersteigen und damit sog. Überentnahmen vorliegen. Die Bemessungsgrundlage für das Abzugsverbot ergibt sich aus der Summe von Über- und Unterentnahmen während einer Totalperiode beginnend mit dem ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem 31. Dezember 1998 geendet hat, bis zum aktuellen Wirtschaftsjahr. § 4 Abs. 4a EStG beruht auf der gesetzgeberischen Vorstellung, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf als er erwirtschaftet und eingelegt hat. Damit kommt es zu einer Einschränkung des Schuldzinsenabzugs für den Fall, dass der Steuerpflichtige mehr entnimmt als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht.
Die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen stellte bei ihrer Einführung zum Veranlagungszeitraum 1999 eine Antwort des Gesetzgebers auf Steuergestaltung durch Zwei- und Mehrkontenmodelle (Verlagerung privat veranlasster Schuldzinsen in die betriebliche Sphäre) dar. Sie ist nach einhelliger Auffassung im Wortlaut zu weit geraten, weil bei ihrer mechanischen Anwendung bereits ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen könnte.
Im Streitfall führte der Kläger einen Kraftfahrzeughandel. Er erzielte in den Jahren von 1999 bis 2008 teils Gewinne, teils Verluste, und tätigte Entnahmen und Einlagen in ebenfalls stark schwankender Höhe. Zugleich waren im Betrieb Schuldzinsen angefallen. Das Finanzamt (FA) und mit ihm das Finanzgericht (FG) versagte in den beiden Streitjahren 2007 und 2008 für einen Teil der Schuldzinsen den Betriebsausgabenabzug, weil Überentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG vorgelegen hätten. Die Berechnung des FA entsprach den Vorgaben des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 17. November 2005 IV B 2 - S-2144 - 50/05 (BStBl I 2005, 1019). Daher kam es zu einer Verrechnung mit in den Vorjahren unberücksichtigt gebliebenen Verlusten im Wege einer formlosen Verlustfortschreibung.
Der BFH ist dem nicht gefolgt. Er begrenzt im Wege der teleologischen Reduktion die nach den Überentnahmen ermittelte Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen auf den von 1999 bis zum Beurteilungsjahr erzielten Entnahmenüberschuss und damit auf den Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen. So wird sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage für § 4 Abs. 4a EStG nicht erhöht und damit der Gefahr vorbeugt, dass ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen kann. Zudem wird der Verlust des aktuellen Jahres nicht anders bewertet als der Verlust aus Vorjahren. Dies kann für den Steuerpflichtigen in bestimmten Jahren günstiger, in anderen Jahren aber auch nachteiliger sein als der Verrechnungsmodus des BMF. Die Entscheidung ist insbesondere für Einzelunternehmer und Personengesellschaften im Bereich des Mittelstands von großer Bedeutung. Da es gleichgültig ist, in welchem Jahr innerhalb der Totalperiode Gewinne oder Verluste erzielt sowie Entnahmen oder Einlagen getätigt wurden, ist der Steuerpflichtige zu einer vorausschauenden Planung seiner Entnahmen auch in Gewinnjahren veranlasst, damit diese sich nicht durch spätere Verluste in steuerschädliche Überentnahmen verwandeln.
Im Streitfall hat der BFH der Klage des Steuerpflichtigen entgegen dem FG-Urteil teilweise stattgegeben. Zwar lagen kumulierte Überentnahmen im Zeitraum zwischen 1999 und dem Streitjahr 2007 in Höhe von 696.931 Euro (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008 in Höhe von 630.908 Euro) vor. Der Kläger hatte in diesem Zeitraum aber nur insgesamt 391.467 Euro (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008: 419.913 Euro) mehr entnommen als eingelegt. Da dieser Entnahmenüberschuss die kumulierten Überentnahmen unterschreitet, bildet er die Bemessungsgrundlage für die nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen. Die beim Steuerpflichtigen entstandenen Verluste führen somit nicht zu Überentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen beliefen sich damit im Streitjahr 2007 auf 23.488,02 Euro (6 % von 391.467 Euro) und im Streitjahr 2008 auf 25.194,78 Euro (6 % von 419.913 Euro).
Quelle: BFH
JStG 2018
DStV, Mitteilung vom 16.07.2018
Der Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2018 ist da. Neben den notwendigen Anpassungen an ergangene Rechtsprechung und redaktionellen Änderungen sieht er insbesondere im Umsatzsteuerrecht einschneidende Änderungen vor. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) weist in seiner Stellungnahme S 07/18 insbesondere auf folgende Punkte hin:
Die Gutschein-Richtlinie des Rates der Europäischen Union ( Richtlinie (EU) 2016/1065 des Rates vom 27.06.2016 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG hinsichtlich der Behandlung von Gutscheinen ) regelt die mehrwertsteuerliche Behandlung von Gutscheinen ab 2019. Bereits Mitte 2017 hat der DStV zu einem ersten Umsetzungsvorschlag der Verwaltung Stellung genommen ( DStV-Stellungnahme S 08/17 ). Die Umsetzung in nationales Recht soll nun im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2018 erfolgen.
Ein Dreh- und Angelpunkt der neuen Norm werden Abgrenzungsfragen sein. So unterscheidet die Regelung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen. Darüber hinaus gibt es aber auch ähnliche Instrumente, die generell nicht unter die Neuregelung fallen sollen. Je nach Gutscheinart knüpfen unterschiedliche umsatzsteuerliche Rechtsfolgen an. Klarstellend normiert der Referentenentwurf beispielsweise entsprechend der Vorgabe in der EU-Richtlinie, dass Gutscheine, die zum Preisnachlass berechtigen, keine Gutscheine im Sinne der Neuregelung sind.
Der DStV regt weitere Abgrenzungen des Gutscheinbegriffs an: Zumindest die explizit genannten Erwägungsgründe der Gutschein-Richtlinie sollten gesetzlich verankert werden.
Zudem sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren erläutert werden, wie der Gesetzgeber die Fälle lösen möchte, in denen ein Gutschein nicht eingelöst wird. Es ist systematisch äußerst zweifelhaft, wenn die Abgabe eines Einzweck-Gutscheins auch bei Nicht-Einlösen einen umsatzsteuerpflichtigen Umsatz begründet, - die Abgabe eines Mehrzweck-Gutscheins im gleichen Fall jedoch nicht.
Der DStV setzt sich zudem für die Klärung der Fragen ein, welche Rechnungsangaben bei der Gutscheinausgabe gemacht und wie „Alt-Gutscheine" nach dem Regimewechsel behandelt werden müssen.
Betreiber eines elektronischen Markplatzes müssen nach den Ausführungen im Referentenentwurf von Unternehmern, die via ihres Marktplatzes Waren vertreiben, bestimmte Angaben speichern. Der Nachweis muss zum Teil mittels einer neuen Bescheinigung geführt werden - der Bescheinigung über die steuerliche Erfassung.
Online-Händler müssten eine solche Bescheinigung bei ihrem zuständigen Finanzamt beantragen. Das Finanzamt kann den Antrag ablehnen, „wenn der Unternehmer seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht oder nicht in vollem Umfang nachgekommen ist und auch nicht zu erwarten ist, dass er diesen zukünftig nachkommen wird." Zudem soll die Bescheinigung auf drei Jahre beschränkt sein. In Anbetracht des hohen bürokratischen Mehraufwandes müssen wichtige Rechtsfragen geklärt werden.
Der DStV plädiert unter anderem für mehr Transparenz im Bescheinigungsverfahren. Bislang ist etwa nicht ersichtlich, welche konkreten Fälle die Versagung der benötigten Bescheinigung rechtfertigen. Der DStV fordert hier dringend Regelbeispiele. Auch sollte der Steuerpflichtige ein Recht auf eine Begründung haben, sollte ihm die Ausstellung versagt werden.
Darüber hinaus sieht der Referentenentwurf eine weitreichende Gefährdungshaftung für Marktplatzbetreiber vor. Sie sollen für die nicht entrichtete Umsatzsteuer aus der Lieferung von Unternehmen haften, sofern die ausstehende Steuer aus dem Handel auf ihren Marktplätzen hervorgeht. Auf diesem Weg soll eine korrekte Umsatzbesteuerung sichergestellt werden.
Der DStV ist der Ansicht, dass die angesprochenen neuen Aufzeichnungspflichten bereits eine enorme Zusatzbelastung für die Marktplatzbetreiber darstellen. Eine über die Pflichterfüllung hinausgehende Haftung für betrügerisches Verhalten, das nicht der Betreiber, sondern der Online-Händler zu vertreten hat, sieht der DStV kritisch. Er regt an, dass die Haftung insbesondere in den Fällen ausgeschlossen wird, in denen die neu geforderten Aufzeichnungspflichten erfüllt werden. Andernfalls würde ihm ein unüberschaubares und nicht gerechtfertigtes Haftungsrisiko auferlegt.
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 38/18 vom 11.07.2018 zum Urteil IX R 33/16 vom 29.05.2018
Wer die degressive Gebäude-AfA in Anspruch genommen hat, kann nicht nachträglich zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer übergehen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 29. Mai 2018 IX R 33/16 zu § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Bei der degressiven AfA handelt es sich um die Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts nach fallenden Staffelsätzen. Diese beliefen nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in seiner im Streitfall maßgeblichen Fassung bei Gebäuden in den ersten acht Jahren auf jeweils 5 %, in den darauf folgenden sechs Jahren auf jeweils 2,5 % und in den darauf folgenden 36 Jahren auf jeweils 1,25 %. Die degressive AfA führt zu einer Steuerstundung durch Vorverlagerung von AfA.
Aufgrund der degressiven Ausgestaltung wäre es für die Steuerpflichtigen vorteilhaft, zunächst die degressive AfA in Anspruch zu nehmen und später auf die lineare AfA von z. B. 3 % für Gebäude überzugehen, die zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 EStG). Einen derartigen Wechsel hatte der BFH allerdings bereits in der Vergangenheit ausgeschlossen.
Offen war bislang demgegenüber, ob ein Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) möglich ist. Bei Gebäuden mit einer tatsächlichen Nutzungsdauer von weniger als 50 Jahren kann die AfA danach entsprechend dieser verkürzten Nutzungsdauer vorgenommen werden. Dies machte die Klägerin in dem vom BFH jetzt entschiedenen Streitfall geltend. Sie vermietete ein im Jahr 1994 bebautes Grundstück an ihren Ehemann zum Betrieb eines Autohauses. Bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nahm sie die degressive AfA in Anspruch (8 x 5 %, 6 x 2,5 % und 36 x 1,25 %). Nach Ablauf der ersten 14 Jahre, im Jahr 2009, errichtete die Klägerin auf dem Grundstück u. a. einen Anbau und machte im Übrigen geltend, die Nutzungsdauer sämtlicher Gebäude betrage nur noch 10 Jahre. Sie begehrte nunmehr eine AfA entsprechend der tatsächlichen Nutzungsdauer.
Die von der Klägerin erstrebte Kombination von degressiver AfA und AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer hat der BFH verworfen. Der BFH begründet dies damit, dass § 7 Abs. 5 EStG die Nutzungsdauer eines Gebäudes typisiert und damit der Rechtsvereinfachung dient. Bei Wahl der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG erübrige sich die Feststellung der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes. Der Steuerpflichtige entscheide sich bei Wahl der degressiven AfA bewusst dafür, die Herstellungskosten des Gebäudes in 50 der Höhe nach festgelegten Jahresbeträgen geltend zu machen. Die Vereinfachung trete nur ein, wenn die Wahl über die gesamte Dauer der Abschreibung bindend sei. Die Wahl der degressiven AfA ist deshalb im Grundsatz unabänderlich.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil IX R 41/17 vom 13.03.2018
Leitsatz
Unvermutete Aufwendungen für Renovierungsmaßnahmen, die lediglich dazu dienen, Schäden zu beseitigen, welche aufgrund des langjährigen vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache durch den Nutzungsberechtigten entstanden sind, führen unter den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu anschaffungsnahen Herstellungskosten.
Dies gilt auch, wenn im Rahmen einer solchen Renovierung "verdeckte", d. h. dem Steuerpflichtigen im Zuge der Anschaffung verborgen gebliebene, jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandene Mängel behoben werden.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 36/18 vom 04.07.2018 zum Urteil IX R 14/17 vom 06.02.2018
Bei der Vermietung möblierter oder teilmöblierter Wohnungen kann es zur Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete erforderlich sein, einen Zuschlag für die Möblierung zu berücksichtigen. Ein solcher Möblierungszuschlag ist nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Februar 2018 IX R 14/17 dann zu berücksichtigen, wenn er sich aus einem örtlichen Mietspiegel oder aus am Markt realisierbaren Zuschlägen ermitteln lässt. Eine Ermittlung in anderer Weise kommt nicht in Betracht.
Nach § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Streitjahre 2006 bis 2010 war die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 56 vom Hundert der ortsüblichen Marktmiete beträgt.
Im Streitfall vermieteten die Kläger ihrem Sohn eine 80 qm große Wohnung. Die Wohnung war mit einer neuen Einbauküche ausgestattet; zudem wurden eine Waschmaschine und ein Trockner zur Nutzung überlassen. Die Kläger machten in ihren Einkommensteuererklärungen Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung geltend. Sie unterließen es, für die mitvermieteten Geräte die ortsübliche Vergleichsmiete gesondert zu erhöhen, berücksichtigten die überlassenen Gegenstände jedoch nach dem Punktesystem des Mietspiegels. Das Finanzamt erkannte die Werbungskostenüberschüsse teilweise nicht an, weil es von einer verbilligten Vermietung ausging. Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte überwiegend keinen Erfolg.
Demgegenüber sah der BFH die Revision der Kläger als begründet an. Nach seinem Urteil ist für die Überlassung von möblierten oder teilmöblierten Wohnungen grundsätzlich ein Möblierungszuschlag anzusetzen, da derartige Überlassungen regelmäßig mit einem gesteigerten Nutzungswert verbunden sind, die sich häufig auch in einer höheren ortsüblichen Miete niederschlagen. Zur Ermittlung der ortsüblichen Miete ist der örtliche Mietspiegel heranzuziehen. Sieht der Mietspiegel z. B. für eine überlassene Einbauküche einen prozentualen Zuschlag oder eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors über ein Punktesystem vor, ist diese Erhöhung als marktüblich anzusehen.
Lässt sich dem Mietspiegel hierzu nichts entnehmen, ist ein am örtlichen Mietmarkt realisierbarer Möblierungszuschlag zu berücksichtigen. Kann auch dieser nicht ermittelt werden, ist auf die ortsübliche Marktmiete ohne Möblierung abzustellen. Es kommt insbesondere nicht in Betracht, einen Möblierungszuschlag aus dem Monatsbetrag der linearen Absetzung für Abnutzung für die überlassenen Möbel und Einrichtungsgegenstände abzuleiten. Auch der Ansatz eines prozentualen Mietrenditeaufschlags ist nicht zulässig.
Im Streitfall verwies der BFH die Sache an das FG zurück, damit es feststellt, ob die Überlassung einer Einbauküche zu den Ausstattungsmerkmalen des städtischen Mietspiegels gehört.
Quelle: BFH
Kassenführung
DStV, Mitteilung vom 02.07.2018
Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) führte in den letzten Monaten viele Gespräche mit dem BMF zur Buchung von EC-Karten-Umsätzen in der Kassenführung. Er übte dabei nachdrücklich Kritik an der praxisfernen Rechtsauffassung, wie sie mit Schreiben des BMF vom 16.08.2017 veröffentlicht wurde. Das BMF reagierte mit Schreiben vom 29.06.2018 auf die Hinweise aus der Praxis und konkretisiert damit die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Danach gilt nach Abstimmung mit den Finanzministerien der Länder nunmehr Folgendes:
„...Die Erfassung von EC-Karten-Umsätzen im Kassenbuch stellt, ..., sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft einen formellen Mangel dar, da im Kassenbuch lediglich Barbewegungen zu erfassen sind. Sinn und Zweck eines Kassenbuches ist die Dokumentation des jeweils aktuellen Barbestands der Kasse.
Das Kassenbuch soll einen Überblick über den Bargeldbestand des Steuerpflichtigen ermöglichen. Hierfür soll es so beschaffen sein, dass der Sollbestand jederzeit mit dem Istbestand verglichen werden kann, um so eine jederzeitige Kassensturzfähigkeit herzustellen. Wie bereits in dem Schreiben vom 16.08.2017 ausgeführt, ist die steuerrechtliche Würdigung des Sachverhaltes in der Folge vom Einzelfall abhängig. Werden die ursprünglich im Kassenbuch erfassten EC-Karten-Umsätze z. B. in einem weiteren Schritt gesondert kenntlich gemacht oder sogar wieder aus dem Kassenbuch auf ein gesondertes Konto aus- bzw. umgetragen, so ist - obwohl die zunächst fälschlich in das Kassenbuch aufgenommenen EC-Karten-Umsätze weiterhin einen formellen Mangel darstellen - weiterhin die Kassensturzfähigkeit der Kasse gegeben.
Die (zumindest zeitweise) Erfassung von EC-Karten-Umsätzen im Kassenbuch ist ein formeller Mangel, der bei der Gewichtung weiterer formeller Mängel im Hinblick auf eine eventuelle Verwerfung der Buchführung nach § 158 AO regelmäßig außer Betracht bleibt. Voraussetzung ist, dass der Zahlungsweg ausreichend dokumentiert wird und die Nachprüfbarkeit des tatsächlichen Kassenbestandes jederzeit besteht. ..."
Familienentlastungsgesetz
Bis zu zehn Milliarden Euro für Familien
Bundesregierung, Pressemitteilung vom 27.06.2018
Familien weiter stärken, Steuerzahler spürbar entlasten. Diese Anliegen sind der Bundesregierung sehr wichtig. Sie hat deshalb das Familienentlastungsgesetz auf den Weg gebracht und damit finanzielle Erleichterungen von rund zehn Milliarden Euro jährlich beschlossen.
Eltern sind aufgrund ihrer Familienpflichten finanziell oft weniger leistungsfähig als kinderlose Menschen. Das muss bei der Bemessung der Einkommensteuer - vor allem beim Kinderfreibetrag und Kindergeld - angemessen berücksichtigt werden. Mit dem Familienentlastungsgesetz geht die Bundesregierung über das verfassungsrechtlich Notwendige deutlich hinaus und leistet - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - einen spürbaren Beitrag zur finanziellen Stärkung von Familien.
Ab 1. Juli 2019 steigt das Kindergeld in der ersten Stufe um zehn Euro monatlich. Das entspricht einer Erhöhung von rund fünf Prozent. Eine zweite Stufe ist zum 1. Januar 2021 vorgesehen.
Die Kindergelderhöhung wird beim steuerlichen Kinderfreibetrag nachvollzogen. Als Jahresbetrag wächst er daher in zwei gleichen Teilen zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020 um jeweils 192 Euro.
Auch für Erwachsene steigt der Grundfreibetrag: 2019 auf 9.168 Euro und 2020 auf 9.408 Euro. Auf diesen Teil des Einkommens muss keine Einkommensteuer gezahlt werden.
Eine Beispielrechnung finden Sie auf der Homepage der Bundesregierung.
Die sog. "kalte Progression" soll künftig nicht mehr zu einer höheren Steuerlast führen. Es kommt vor, dass manche trotz Lohnerhöhung real nicht mehr Geld zur Verfügung haben. Hintergrund ist die Berechnung der Einkommensteuer mittels Einkommensstufen. Diese Belastungswirkung bereinigt die Bundesregierung und passt den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag für 2019 und 2020 entsprechend an.
Bundestag und der Bundesrat müssen dem Familienentlastungsgesetz noch zustimmen.
Quelle: Bundesregierung
Körperschaftsteuer
BFH, Urteil I R 89/15 vom 07.03.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Abgabenordnung
Aussetzung der Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 4 AO - Aufhebung der Vorläufigkeiten wegen der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2009 und von sonstigen Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG) für Veranlagungszeiträume ab 2010, hinsichtlich der Berücksichtigung von Beiträgen zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) sowie hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages (§ 32a Abs. 1 EStG)
Mit Beschluss vom 27. September 2017, 2 BvR 598/12, hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das BFH-Urteil vom 16. November 2011, X R 15/09, BStBl II 2012 S. 325, nicht zur Entscheidung angenommen. Es hat damit die Auffassung des BFH bestätigt, dass hinsichtlich der Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit verfassungsrechtlich weder ein Sonderausgabenabzug in voller Höhe noch eine Berücksichtigung im Wege des negativen Progressionsvorbehalts geboten ist. Die wegen dieses Beschwerdeverfahrens ruhenden Revisionsverfahren - X R 30/16 - und - X R 38/09 - bis - X R 41/09 - haben sich zwischenzeitlich durch Zurücknahme der Revisionen durch die Kläger erledigt.
Für die Veranlagungszeiträume ab 2010 hatte der BFH bereits mit Urteil vom 9. September 2015, X R 5/13, BStBl II S. 1043, entschieden, dass die Regelung über die beschränkte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG auch im Hinblick auf die Neuregelung durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Auch die unterschiedliche Höhe der in § 10 Abs. 4 Satz 1 bis 3 EStG genannten Höchstbeträge sei verfassungsgemäß. Die gegen dieses Urteil erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 21. September 2017, 2 BvR 2445/15, nicht zur Entscheidung angenommen.Mit Urteil vom 27. Juli 2017, III R 1/09, BStBl II 2018 S. 96, hat der BFH des Weiteren entschieden, dass die in den Veranlagungszeiträumen 2000 bis 2004 bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten zu berücksichtigenden Grundfreibeträge (§ 32a EStG) sowie Kinderfreibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen. Für den Veranlagungszeitraum 2014 sind weitere Verfahren wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der kindbezogenen Freibeträge vor den obersten Bundesgerichten anhängig, die möglicherweise Auswirkungen auf andere Veranlagungszeiträume haben.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher Folgendes:
In der Anlage zum BMF-Schreiben vom 15. Januar 2018, BStBl I S. 2, werden mit sofortiger Wirkung
gestrichen. Ein Ruhenlassen außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren kommt insoweit nicht mehr in Betracht.
Wegen der Zurückweisung von Einsprüchen und außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellten Anträgen auf Aufhebung oder Änderung einer Einkommensteuerfestsetzung wegen der Frage der beschränkten Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2010 wird auf die Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 18. Juni 2018, BStBl I S. 703, hingewiesen.
Die Anlage zum BMF-Schreiben vom 15. Januar 2018, a. a. O., wird mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:
"Abschnitt A (Vorläufige Steuerfestsetzung)
I.
Steuerfestsetzungen sind hinsichtlich folgender Punkte gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AO im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit und verfassungskonforme Auslegung der Norm vorläufig vorzunehmen:
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummern 1.a) und 1.b) ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2004 beizufügen. Ferner ist er im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Ablehnungen einer Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags (§ 10d Absatz 4 EStG) beizufügen, wenn der Ablehnungsbescheid einen Feststellungszeitpunkt nach dem 31. Dezember 2003 betrifft und die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben beantragt wurde.
Für eine Aussetzung der Vollziehung in den Fällen der Nummern 1.a) und 1.b) gilt Folgendes:
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 2 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2001 mit einer Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG sowie den mit derartigen Einkommensteuerfestsetzungen verbundenen Festsetzungen des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer beizufügen. In Rechtsbehelfsverfahren gegen die Festsetzung der Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer für den Veranlagungszeitraum 2014 gestellten Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO, § 69 Absatz 2 FGO) ist zu entsprechen, soweit unter Berücksichtigung eines um 72 Euro erhöhten Kinderfreibetrags je Kind die Steuer herabzusetzen wäre und im Übrigen die Voraussetzungen des § 361 AO oder des § 69 FGO erfüllt sind. Ein Einkommensteuerbescheid ist hinsichtlich des Kinderfreibetrags kein Grundlagenbescheid für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer (BFH-Urteile vom 27. Januar 2011, III R 90/07, BStBl II S. 543, und vom 15. November 2011, I R 29/11, BFH/NV 2012 S. 921); § 361 Absatz 3 Satz 1 AO und § 69 Absatz 2 Satz 4 FGO sind daher insoweit nicht anwendbar.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 3 ist in Fällen unbeschränkter Steuerpflicht im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen beizufügen.
II.
Ferner sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtliche Festsetzungen des Solidaritätszuschlags für die Veranlagungszeiträume ab 2005 hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 vorläufig gemäß § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AO vorzunehmen.
Abschnitt B (Aussetzung der Steuerfestsetzung)
Steuerfestsetzungen sind gemäß § 165 Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 2 AO auszusetzen, soweit § 8c Satz 1 KStG (in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007, BGBl. I S. 1912) sowie § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG (in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen vom 12. August 2008, BGBl. I S. 1672, und den nachfolgenden Fassungen bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften vom 20. Dezember 2016, BGBl. I S. 2998) für unmittelbare schädliche Beteiligungserwerbe von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor dem 1. Januar 2016 nicht anzuwenden ist (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. März 2017, 2 BvL 6/11, BGBl. I S. 1289).
Die Aussetzung der Steuerfestsetzung ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten vorzunehmen bei Festsetzungen der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuer-Messbetrags für Veranlagungs- bzw. Erhebungszeiträume 2008 bis 2015 bzw. bis ein-schließlich Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2016 bei abweichendem Wirtschaftsjahr gemäß § 7 Absatz 4 KStG bzw. § 10 Absatz 2 GewStG und einem schädlichen Beteiligungserwerb i. S. v. § 8c (Absatz 1) Satz 1 KStG vor dem 1. Januar 2016. Entsprechendes gilt bei gesonderten Feststellungen nach §§ 2a, 10d, § 15 Absatz 4, §§ 15a, 15b EStG, 6 § 4h EStG in Verbindung mit § 8a KStG, § 14 Absatz 5 KStG, § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG und § 10a GewStG für Feststellungszeitpunkte 31. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2015.
Die Aussetzung der Steuerfestsetzung bewirkt, dass § 8c (Absatz 1) Satz 1 KStG aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungswidrigkeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung vorerst nicht anzuwenden ist, soweit bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals an einer Kapitalgesellschaft auf einen Erwerber (schädlicher Beteiligungserwerb) vor dem 1. Januar 2016 insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar sind."
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
FinMin Baden-Württemberg, Verfügung 3 - S-0625 / 6 vom 18.06.2018
Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder zur Zurückweisung der wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der beschränkten Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen (ab 2010) eingelegten Einsprüche und gestellten Änderungsanträge
Einsprüche gegen Festsetzungen der Einkommensteuer für Veranlagungszeiträume ab 2010 werden zurückgewiesen, soweit mit den Einsprüchen geltend gemacht wird, die beschränkte Abziehbarkeit (§ 10 Abs. 4 EStG) von sonstigen Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG) verstoße gegen das Grundgesetz.
Laut der Allgemeinverfügung gilt Entsprechendes für am 18.06.2018 anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte und zulässige Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Einkommensteuerfestsetzung für Veranlagungszeiträume ab 2010.
Die Allgemeinverfügung ergeht aufgrund von § 367 Abs. 2b und § 172 Abs. 3 AO und des Nichtannahmebeschlusses des BVerfG vom 21.09.2017 (Az. 2 BvR 2445/15). Der Verfassungsbeschwerde ging ein Urteil des BFH voraus, in dem er die Regelung über die beschränkte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG i. d. F. des BürgEntlG KV) verfassungsrechtlich nicht beanstandete (BFH, Urteil X R 5/13 vom 09.09.2015).
Quelle: BMF
Finanzen
Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 15.06.2018
Die Verwendung von sog. Virtuellen Währungen wird der Verwendung von konventionellen Zahlungsmitteln gleichgesetzt. Daher unterliegt die Hingabe von Kryptogeld zur Entgeltentrichtung nicht der Umsatzsteuer, geht aus einer Antwort der Bundesregierung ( 19/2452 ) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke ( 19/1975 ) hervor. Risiken für die Finanzstabilität durch die Nutzung von Kryptowährungen erwartet die Bundesregierung nicht.
Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 420/2018
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 32/18 vom 13.06.2018 zum Urteil VI R 18/16 vom 21.02.2018
Steuerpflichtige sind nicht berechtigt, bei der Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in Anspruch zu nehmen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 21. Februar 2018 VI R 18/16 zu § 35a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Im Streitfall wurden die Kläger im Jahr 2011 an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage (zentrale Kläranlage) angeschlossen. Zuvor wurde das Abwasser über eine Sickergrube auf ihrem Grundstück entsorgt. Für die Herstellung der hierfür erforderlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes erhob der Abwasserzweckverband im Streitjahr (2012) einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag in Höhe von 3.896,60 Euro, von dem die Kläger einen geschätzten Lohnanteil in Höhe von 2.338 Euro als Handwerkerleistung geltend machten. Das Finanzgericht gab diesem Begehren statt.
Dem ist der BFH entgegengetreten und hat die Klage abgewiesen. Die tarifliche Einkommensteuer ermäßigt sich nach § 35a Abs. 3 EStG um 20 % (maximal 1.200 Euro) der Arbeitskosten für bestimmte in Anspruch genommene Handwerkerleistungen. Dies gilt nach einer früheren Entscheidung des BFH auch für Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht werden (Urteil vom 20. März 2014 VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, für die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers). Die Handwerkerleistung muss dabei aber in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt des Steuerpflichtigen dienen.
In Abgrenzung zu seinem Urteil VI R 56/12 hat der VI. Senat des BFH nun klargestellt, dass der von § 35a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 EStG vorausgesetzte räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen nicht gegeben ist, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird. Denn im Unterschied zum Hausanschluss kommt der Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugute. Er wird damit nicht „im Haushalt" erbracht. Unerheblich ist, wenn der Baukostenzuschuss - wie im Streitfall - beim erstmaligen Grundstücksanschluss an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage erhoben wird.
Entscheidend ist somit allein, ob es sich um eine das öffentliche Sammelnetz betreffende Maßnahme handelt oder es um den eigentlichen Haus- oder Grundstücksanschluss und damit die Verbindung des öffentlichen Verteilungs- oder Sammelnetzes mit der Grundstücksanlage geht.
Quelle: BFH
Erbschaftsteuer
FG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 05.06.2018 zum Urteil 4 K 1063/17 vom 16.05.2018 (nrkr)
Mit Urteil vom 16.05.2018 hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass sich die Erbschaftsteuerbefreiung für ein sog. Familienheim nicht auf ein angrenzendes Gartengrundstück erstreckt (Az. 4 K 1063/17 Erb).
Die Klägerin ist die Witwe und Alleinerbin des Erblassers. Der Erblasser war Eigentümer von zwei Flurstücken, die aneinander angrenzen und im Grundbuch auf verschiedenen Blättern eingetragen sind. Das Flurstück 1 (ca. 1.800 qm) ist mit einem Einfamilienhaus bebaut. Das Flurstück 2 (ca. 1.700 qm) ist unbebaut. Beide Flurstücke sind aufgrund einer im Jahr 1969 erteilten Baugenehmigung einheitlich eingefriedet. Die Klägerin nutzt beide Flurstücke zu eigenen Wohnzwecken. Bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer begehrte sie für beide Flurstücke die Anwendung der Steuerbefreiung für mit einem Familienheim bebaute Grundstücke.
Das beklagte Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nur für das Flurstück 1. Es vertrat die Ansicht, dass es sich um zwei selbständige wirtschaftliche Einheiten handele. Das Flurstück 2 sei unbebaut und falle daher nicht in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift.
Mit der Klage begehrte die Kläger die Steuerfreistellung des Erwerbs beider Flurstücke. Sie machte geltend, dass es sich im Hinblick auf die einheitliche Bezeichnung und Adresse sowie Nutzung der Grundstücke nach der Verkehrsanschauung um eine wirtschaftliche Einheit handele.
Dem ist das Finanzgericht Düsseldorf nicht gefolgt und hat dies wie folgt begründet: Der Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks knüpfe nicht an den Begriff der wirtschaftlichen Einheit an. Es komme daher nicht darauf an, ob die Flurstücke 1 und 2 eine wirtschaftliche Einheit bilden, was aber als zutreffend unterstellt werden könne. Vielmehr sei dieser Begriff in einem zivilrechtlichen Sinn zu verstehen. Demnach sei ein Grundstück der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts auf einer eigenen Nummer eingetragen sei. Das Flurstück 2, das an ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück angrenze und im Grundbuch auf einer eigenen Nummer eingetragen sei, werde daher nicht von der im Streit stehenden Steuerbefreiungsvorschrift erfasst.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Quelle: FG Düsseldorf
Einkommensteuer
FG Köln, Pressemitteilung vom 04.06.2018 zum Urteil 8 K 1160/15 vom 20.03.2018 (nrkr - BFH-Az.: IX R 11/18)
Der Gewinn aus dem Verkauf von selbst genutztem Wohneigentum ist auch dann in vollem Umfang steuerfrei, wenn zuvor Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt wurden. Dies hat der 8. Senat des Finanzgerichts Köln in seinem am 04.06.2018 veröffentlichten Urteil vom 20.03.2018 (Az. 8 K 1160/15) entschieden.
Die Kläger hatten innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist ihre selbst bewohnte Eigentumswohnung veräußert. In den Vorjahren hatten sie den Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer i. H. v. 1.250 Euro erfolgreich geltend gemacht. Das Finanzamt unterwarf den auf das Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinn von 35.575 Euro der Besteuerung, da insoweit keine steuerfreie eigene Wohnnutzung im Sinne von § 23 Absatz 1 Nr. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliege.
Der 8. Senat folgte dem nicht und vertrat die Auffassung, dass ein häusliches Arbeitszimmer nicht zu einer anteiligen Besteuerung des Veräußerungsgewinns führe. Das Arbeitszimmer sei nämlich in den privaten Wohnbereich integriert und stelle kein selbständiges Wirtschaftsgut dar. Eine Besteuerung stünde auch im Wertungswiderspruch zum generellen Abzugsverbot von Kosten für häusliche Arbeitszimmer in § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 1 EStG.
Das beklagte Finanzamt hat die zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof in München eingelegt, die unter dem Aktenzeichen IX R 11/18 geführt wird.
Quelle: FG Köln
InvStG
Wertpapierdarlehen (Wertpapierleihe) und Wertpapierpensionsgeschäfte mit Investmentfonds, Ausgabenabzug im Zusammenhang mit Investmenterträgen
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 - S-1980-1 / 16 / 10010 :013 vom 15.05.2018
Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beantworte ich Ihre Fragen wie folgt
1. Zu § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 InvStG 2018 (Wertpapierdarlehen und echte Wertpapierpensionsgeschäfte)
a. Umfang der steuerpflichtigen Einkünfte
Zu den inländischen Beteiligungseinnahmen gehören nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018
Der Begriff der Entgelte, Einnahmen und Bezüge umfasst alle Leistungen, die aufgrund der Überlassung oder Übertragung von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft erbracht werden. Dies sind sowohl das Darlehens- oder Pensionsentgelt als auch der Ausgleich für die dem Darlehens- oder Pensionsgeber entgangenen Dividenden oder sonstigen Beteiligungseinnahmen (Kompensationszahlungen) und etwaige sonstige Leistungen (z. B. Zinsen oder sonstige Erträge aus einem als Sicherheit überlassenen Wertpapier).
Sinn der Besteuerung der Entgelte, Einnahmen und Bezüge nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 ist es, Steuerumgehungen im Hinblick auf die inländischen Beteiligungseinnahmen zu verhindern. Aus diesem Grund sind die Entgelte, Einnahmen und Bezüge nicht der Besteuerung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 zu unterwerfen, wenn in dem Zeitraum der Überlassung oder Übertragung keine Ansprüche auf inländische Beteiligungseinnahmen i. S. d. § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG 2018 aus den überlassenen oder übertragenen Anteilen entstehen. Darüber hinaus ist die Höhe der nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 steuerpflichtigen Entgelte, Einnahmen und Bezüge begrenzt auf die Höhe der dem Investmentfonds entgangenen Einnahmen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG 2018 einschließlich etwaiger Steuerabzugsbeträge („Brutto-Dividende").
b. Steuerabzug
Auf Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen und echten Wertpapierpensionsgeschäften finden gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 InvStG 2018 die Regelungen des § 32 Absatz 3 KStG entsprechende Anwendung.
Für den Steuerabzug in den Fällen des § 2 Nummer 2 Buchstabe a und b KStG gelten die für den Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 1a EStG maßgeblichen Vorschriften entsprechend. Der Entrichtungspflichtige für den Steuerabzug ist damit nach § 44 Absatz 1 Satz 3 EStG der Schuldner der Kapitalerträge. In den Anwendungsfällen des § 2 Nummer 2 Buchstabe c KStG obliegt der Steuerabzug nach § 6 Absatz 3 Satz 2 InvStG 2018 i. V. m. § 32 Absatz 3 Satz 4 KStG der die Einnahmen oder Bezüge leistenden Körperschaft.
Grundsätzlich würde die Verpflichtung zum Steuerabzug auch ausländische Schuldner der Kapitalerträge und ausländische leistende Körperschaften treffen. Da eine Erhebung und Abführung der Steuerabzugsbeträge bei ausländischen Personen nicht durch die deutschen Finanzbehörden sichergestellt werden kann, ist in diesen Fällen generell kein Steuerabzug vorzunehmen.
Inländische Entrichtungspflichtige haben generell einen Steuerabzug vorzunehmen. Zu den inländischen Entrichtungspflichtigen gehören auch inländische Zweigniederlassungen aus-ländischer Kreditinstitute. Bei ausländischen Zweigniederlassungen inländischer Kreditinsti-tute besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zum Steuerabzug.
Ein Steuerabzug ist auch dann vorzunehmen, wenn der Investmentfonds, dem die Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen oder echten Wertpapierpensionsgeschäften zufließen, aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Doppelbesteuerungsabkommen - DBA -) einen Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge besitzt oder eine Erklärung abgibt, dass er einen Erstattungsanspruch besitzen würde. Ein etwaiger Erstattungsanspruch des Investmentfonds entbindet den inländischen Entrichtungspflichtigen nicht von der Verpflichtung zum Steuerabzug.
Wenn nicht zweifelsfrei feststellbar ist, ob es sich bei dem Wertpapierdarlehensgeber oder dem Wertpapierpensionsgeber um einen Investmentfonds oder einen SpezialInvestmentfonds handelt oder nicht, ist ein Steuerabzug vorzunehmen. Das für die Einkommensbesteuerung des Entrichtungspflichtigen zuständige Finanzamt erstattet nach § 37 Absatz 2 AO auf Antrag die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge, wenn der Wertpapierdarlehens- oder Wertpapierpensionsgeber kein Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds ist.
Für die Höhe des Steuerabzugs sind die Modifikationen des § 7 Absatz 1 und 3 InvStG 2018 gegenüber § 32 Absatz 3 Satz 2 KStG zu beachten.
c. Übertragung von Rechten und Pflichten aus einem Wertpapierdarlehen oder einem echten Wertpapierpensionsgeschäft
Die Rechte und Pflichten aus einem Wertpapierdarlehen können im Wege der Novation auf eine zentrale Gegenpartei (z. B. Eurex Clearing AG) übertragen werden. Die zentrale Gegenpartei tritt dabei aus Sicht des Darlehensnehmers in die Rechtsstellung des ursprünglichen Darlehensgebers und aus Sicht des Darlehensgebers in die Rechtsstellung des ursprünglichen Darlehensnehmers ein. Der ursprüngliche Darlehensgeber hat die dem Darlehen zu Grunde liegenden Wertpapiere zunächst an die zentrale Gegenpartei zu liefern und die zentrale Gegenpartei hat die Wertpapiere ihrerseits an den ursprünglichen Darlehensnehmer zu liefern. Umgekehrt hat der ursprüngliche Darlehensnehmer die zu stellenden Sicherheiten, das Darlehensentgelt und etwaige sonstige Leistungen (z. B. die Kompensationszahlung) sowie die Rückgabe der Wertpapiere gegenüber der zentralen Gegenpartei zu erbringen und die zentrale Gegenpartei muss in gleicher Art und Umfang gegenüber dem ursprünglichen Darlehensgeber leisten. Für die zentrale Gegenpartei stellen die jeweiligen Leistungen nur durchlaufende Posten dar. Die zentrale Gegenpartei verfolgt nur insoweit ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Wertpapierdarlehen, dass sie Gebühren aus den Transaktionen erzielt. Im Übrigen werden von der zentralen Gegenpartei keine wirtschaftlichen Vorteile gezogen und keine Lasten getragen.
In gleicher Weise wie bei einem Wertpapierdarlehen können auch bei einem echten Wertpapierpensionsgeschäft die daraus resultierenden Rechte und Pflichten auf eine zentrale Gegenpartei übertragen werden.
Bei der Frage, wer Schuldner und Gläubiger aus einem Wertpapierdarlehen oder einem echten Wertpapierpensionsgeschäft ist, ist nicht ausschließlich auf die formale zivilrechtliche Rechtsposition abzustellen. Aufgrund der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist zu berücksichtigen, wem aus dem Rechtsgeschäft die wirtschaftlichen Vorteile zustehen und wer die wirtschaftlichen Lasten zu tragen hat. Da in dem oben beschriebenen Fall der „Zwischenschaltung" einer zentralen Gegenpartei die Vorteile und Lasten weiterhin ausschließlich bei den ursprünglichen Vertragsparteien verbleiben, sind nur diese als Schuldner und Gläubiger aus dem Wertpapierdarlehen oder dem echten Wertpapierpensionsgeschäft zu betrachten. Die zentrale Gegenpartei ist dagegen aus steuerrechtlicher Sicht keine Vertragspartei und mithin nicht zum Steuerabzug verpflichtet. Die Steuerabzugsverpflichtung verbleibt vielmehr bei dem ursprünglichen Darlehensnehmer oder Pensionsnehmer, der das Vertragsverhältnis mit einem Investmentfonds als Darlehensgeber oder Pensionsgeber begründet hat. Dies setzt jedoch voraus, dass die zentrale Gegenpartei Abrechnungspapiere erstellt, in denen die ursprünglichen Vertragsparteien angegeben sind. Darüber hinaus hat die zentrale Gegenpartei gegenüber den ursprünglichen Vertragsparteien schriftlich in den Abrechnungsunterlagen darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung zum Steuerabzug nicht auf die zentrale Gegenpartei übergangen ist, sondern beim ursprünglichen inländischen Darlehensnehmer oder inländischen Pensionsnehmer verbleibt. Abrechnungsunterlagen sind ins-besondere die von der zentralen Gegenpartei erstellten Belege bei Zahlung der Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen und echten Wertpapierpensionsgeschäften. Es ist nicht ausreichend, wenn die zentrale Gegenpartei lediglich in ihren Vertragsbedingungen darauf hinweist, dass die Verpflichtung zum Steuerabzug beim ursprünglichen inländischen Darlehensnehmer oder inländischen Pensionsnehmer verbleibt.
Die o. a. Grundsätze sind auf die Vermittlung von Wertpapierdarlehens- und Wertpapierpensionsgeschäften (sog. Agency Lending) zu übertragen, sofern
d. Mitteilungspflicht und Steuererhebung bei fehlendem Steuerabzug
Ein Investmentfonds hat die nach § 4 InvStG 2018 zuständige Finanzbehörde zu informieren, wenn er Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 erzielt, bei denen kein Steuerabzug oder ein zu niedriger Steuerabzug vorgenommen wurde oder ein Steuerabzug zu Unrecht erstattet wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob für diese Einkünfte Deutschland nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Ergebnis das Besteuerungsrecht zusteht. Befindet sich die Geschäftsleitung des gesetzlichen Vertreters im Ausland und erzielt der Investmentfonds ausschließlich inländische Einkünfte, die einem Steuerabzug unterliegen, hat er seine Mitteilung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 InvStG 2018 beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abzugeben. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Investmentfonds Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 erzielt, bei denen aufgrund eines ausländischen Schuldners der Kapitalerträge oder einer ausländischen leistenden Körperschaft generell vom Steuerabzug abgesehen wird.
Die nach § 4 InvStG 2018 zuständige Finanzbehörde kann die auf Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 entfallende Steuer durch Nachforderung nach § 44 Absatz 5 Satz 2 EStG i. V. m. § 167 Absatz 1 AO und § 155 AO oder im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung erheben. Bei beiden Erhebungsformen ist § 7 Absatz 1 Satz 3 InvStG 2018 anzuwenden bzw. entsprechend anzuwenden, so dass die Summe aus der geminderten Kapitalertragsteuer oder Körperschaftsteuer und dem Solidaritätszuschlag 15 Prozent der Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 beträgt.
e. Anwendung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
Ob ein ausländischer Investmentfonds bei einem tatsächlich erfolgten Steuerabzug auf die Leistungen i. S. d. § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 einen Erstattungsanspruch aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens besitzt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist im Rahmen des Erstattungsverfahrens nach § 50d EStG durch das BZSt zu klären. Sofern kein Steuerabzug vorgenommen wurde, kann im Rahmen der Nachforderung nach § 44 Absatz 5 Satz 2 EStG i. V. m. § 167 Absatz 1 AO und § 155 AO oder im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung von einer Steuererhebung abgesehen werden, soweit sich bei einer Steuererhebung ein Erstattungsanspruch aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ergeben würde. Auf Ersuchen eines Finanzamtes wirkt das BZSt im Wege der Amtshilfe bei der Prüfung des Besteuerungsanspruchs nach dem einschlägigen DBA mit.
2. Zu § 21 InvStG 2018
§ 21 InvStG 2018 überträgt die Rechtsgedanken des § 3c Absatz 2 EStG auf das Teilfreistel-lungsverfahren bei Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds. Die Regelung führt zu einer anteiligen Kürzung der mit dem Erwerb, dem Halten und der Veräußerung von Investmentanteilen an Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben im Umfang des jeweils anwendbaren Teilfreistellungssatzes.
Der Begriff des „wirtschaftlichen Zusammenhangs" ist gleichermaßen wie in § 3c Absatz 2 Satz 1 EStG als Veranlassungszusammenhang auszulegen.
§ 21 InvStG 2018 ist u. a. auf solche Finanzierungsaufwendungen anzuwenden, die aus Ver-bindlichkeiten stammen, die durch die Anschaffung von Investmentanteilen veranlasst sind, die dem Teilfreistellungsverfahren unterliegen. Bei Kreditinstituten ist von einem wirtschaftlichen Zusammenhang i. S. d. § 21 InvStG 2018 zwischen teilfreigestellten Investmenterträgen und den Zinsausgaben für Kundeneinlagen, für Interbankeinlagen, für Schuldverschreibungen und für vergleichbare allgemeine Zinsaufwendungen (sog. Poolrefinanzierungskosten) auszugehen.
Weitere Fragen zur Auslegung der §§ 21 und 44 InvStG 2018 befinden sich noch in der Abstimmung zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder.
Quelle: BMF
MwSt-Richtlinie
Die EU-Kommission hat am 25.05.2018 einen Vorschlag zur Verlängerung vorgelegt,
Beide Artikel laufen am 31.12.2018 aus. Beide Maßnahmen werden aber als wirksam und effizient zur Vorbeugung und Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs gehalten. Die beiden - in Artikeln 199a und 199b genannten - Maßnahmen sollten daher bis zum 30.06.2022 verlängert werden.
Dann sollte die endgültige Regelung für die Lieferung von Gegenständen zwischen Unternehmen in der EU in Kraft treten: Die EU-Kommission hat Ende 2017 zwei Legislativvorschläge vorgelegt, um den Mehrwertsteuerbetrug effizienter zu bekämpfen. Der erste Vorschlag betrifft die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die MwSt-Betrugsbekämpfung. Im zweiten Vorschlag werden Eckpunkte eines einfacheren und betrugssicheren endgültigen Mehrwertsteuersystems für den Handel vorgeschlagen.
Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel
EU-Recht
Der Rat hat am 25.05.2018 die Richtlinie zur Offenlegung von Steuerplanungsmodellen formal verabschiedet.
Konkret geht es um die „Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Modelle" (mehr zum Vorschlag hier ). Ziel ist die Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung.
Mit der Richtlinie sollen die OECD-Empfehlung 12 zur Offenlegung im Rahmen des BEPS-Projekt in EU-Recht übernommen werden. Die OECD hat jüngst am 09.03.2018 Modellregeln für die Verpflichtung von Intermediären zur Meldung von CRS-Vermeidungsvereinbarungen und Offshore-Strukturen an die zuständigen Finanzbehörden veröffentlicht. Die Richtlinie wird die Mitgliedstaaten zum Erlass nationaler Vorschriften bis zum 31.12.2018 verpflichten, nach denen Intermediäre - wie Steuerberater -potenziell aggressive Steuerplanungsmodelle mit einer grenzüberschreitenden Komponente verpflichtend offenlegen müssen. In Deutschland wird ein Entwurf -auch für nationale Anzeigepflichten - für Sommer 2018 erwartet.
Zur Abgrenzung, wann ein potenziell aggressives Steuermodell vorliegt, wird die Richtlinie eine Liste von "Kennzeichen" enthalten, die stark auf Steuervermeidung oder Steuermissbrauch hindeuten.
Die Steuerbehörden werden erhaltenen die Informationen, ggf. auch die Angaben zu den Intermediären und relevanten Steuerpflichtigen, automatisch quartalsweise über eine zentrale Datenbank mit Steuerbehörden der anderen Mitgliedstaaten austauschen.
Kann der Intermediär wegen seiner Verschwiegenheitspflicht der Offenlegungspflicht nicht nachkommen, ist die Verlagerung der Offenlegungspflicht auf den Steuerpflichtigen vorgesehen, der von dem Steuerplanungsmodell profitiert. Der Intermediär muss den Steuerpflichtigen darüber informieren. Für Verstöße gegen die Offenlegungspflichten sollen Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen festlegen.
Die Veröffentlichung im Amtsblatt steht aus. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis zum 31.12.2019 in nationales Recht umsetzen. Die Meldepflicht gilt ab dem 01.07.2020, der erste automatische Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden wird am 31.10.2020 erfolgen.
Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel
Lohnsteuer
BMF, Mitteilung vom 23.05.2018
Nach den statistischen Aufzeichnungen der obersten Finanzbehörden der Länder haben die Lohnsteuer-Außenprüfungen im Kalenderjahr 2017 zu einem Mehrergebnis von 945 Mio. Euro geführt. Von den insgesamt 2.549.817 Arbeitgebern wurden 100.188 Arbeitgeber abschließend in 2017 geprüft. Es handelt sich hierbei sowohl um private Arbeitgeber als auch um öffentliche Verwaltungen und Betriebe. Im Kalenderjahr 2017 wurden durchschnittlich 2.032 Prüfer eingesetzt. Darüber hinaus haben sich 30 Lohnsteuerprüfer des Bundeszentralamts für Steuern im Rahmen der Prüfungsmitwirkung an Prüfungen der Landesfinanzbehörden beteiligt, von denen 152 im Jahr 2017 abgeschlossen wurden.
Quelle: BMF
Abgabenordnung
BFH, Pressemitteilung Nr. 23/18 vom 14.05.2018 zum Beschluss IX B 21/18 vom 25.04.2018
Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015. Er hat daher mit Beschluss vom 25. April 2018 IX B 21/18 in einem summarischen Verfahren Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. Die Entscheidung ist zu §§ 233a, 238 der Abgabenordnung (AO) ergangen. Danach betragen die Zinsen für jeden Monat einhalb Prozent einer nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer. Allein bei der steuerlichen Betriebsprüfung vereinnahmte der Fiskus im Bereich der Zinsen nach § 233a AO in den letzten Jahren mehr als 2 Mrd. Euro.
Im Streitfall setzte das Finanzamt (FA) die von den Antragstellern für das Jahr 2009 zu entrichtende Einkommensteuer zunächst auf 159.139 Euro fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das FA am 13. November 2017 die Einkommensteuerfestsetzung auf 2.143.939 Euro. Nachzuzahlen war eine Steuer von 1.984.800 Euro. Das FA verlangte zudem in dem mit der Steuerfestsetzung verbundenen Zinsbescheid für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis 16. November 2017 Nachzahlungszinsen in Höhe von 240.831 Euro. Die Antragsteller begehren die AdV des Zinsbescheids, da die Höhe der Zinsen von einhalb Prozent für jeden Monat verfassungswidrig sei. Das FA und das Finanzgericht lehnten dies ab.
Demgegenüber hat der BFH dem Antrag stattgegeben und die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang ausgesetzt. Nach dem Beschluss des BFH bestehen im Hinblick auf die Zinshöhe für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 233a AO i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Der BFH begründet dies mit der realitätsfernen Bemessung des Zinssatzes, die den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletze. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im Streitzeitraum ein niedriges Marktzinsniveau strukturell und nachhaltig verfestigt habe.
Eine sachliche Rechtfertigung für die gesetzliche Zinshöhe bestehe bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht. Auf Grund der auf moderner Datenverarbeitungstechnik gestützten Automation in der Steuerverwaltung könnten Erwägungen wie Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung einer Anpassung der seit dem Jahr 1961 unveränderten Zinshöhe an den jeweiligen Marktzinssatz oder an den Basiszinssatz i. S. des § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr entgegenstehen. Für die Höhe des Zinssatzes fehle es an einer Begründung. Der Sinn und Zweck der Verzinsungspflicht bestehe darin, den Nutzungsvorteil wenigstens zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhalte, dass er während der Dauer der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen könne. Dieses Ziel sei wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus im typischen Fall für den Streitzeitraum nicht erreichbar und trage damit die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe nicht.
Es bestünden überdies schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, ob der Zinssatz dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Übermaßverbot entspreche. Die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe wirke in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung.
Der Gesetzgeber sei im Übrigen von Verfassungs wegen gehalten zu überprüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung zu der in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO geregelten gesetzlichen Höhe von Nachzahlungszinsen auch bei dauerhafter Verfestigung des Niedrigzinsniveaus aufrechtzuerhalten sei oder die Zinshöhe herabgesetzt werden müsse. Dies habe er selbst auch erkannt, aber gleichwohl bis heute nichts getan, obwohl er vergleichbare Zinsregelungen in der Abgabenordnung und im Handelsgesetzbuch dahin gehend geändert habe.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung und der rückwirkenden Anwendung von § 64 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011
BFH, Beschluss VI R 11/16 vom 21.02.2018
Leitsatz
Quelle: BFH
Überarbeitete Fassung
DStV, Mitteilung vom 02.05.2018
Ab sofort steht die Musterverfahrensdokumentation zur Digitalisierung und elektronischen Aufbewahrung von Belegen inkl. Vernichtung der Papierbelege in einer aktualisierten und redaktionell überarbeiteten Fassung zur Verfügung.
Die Musterverfahrensdokumentation wurde als Hilfestellung gemeinsam vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV) und der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) entwickelt. Sie gibt den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichtigen Formulierungshilfen dafür, wie der Umgang mit digitalisierten Belegen organisiert und dokumentiert werden kann. Damit soll die Vernichtung der originalen Papierbelege ermöglicht werden, ohne negative Folgen für die Ordnungsmäßigkeit und insbesondere die Beweiskraft der Buchführung bzw. der Aufzeichnungen befürchten zu müssen. Das digitale Belegabbild soll hierzu den Papierbeleg für Nachweis- und Dokumentationszwecke vollständig ersetzen. In der Musterverfahrensdokumentation werden die einzelnen Verfahrensschritte der Belegbearbeitung vom Posteingang über die Prüfung und Digitalisierung bis zur Archivierung beschrieben. Außerdem werden weitere Anforderungen formuliert, wie z. B. die genaue Unterweisung der mit dem Scannen betrauten Mitarbeiter, die Festlegung der für das Scannen verwendeten Hard- und Software, die Zuständigkeiten für die einzelnen Verfahrensschritte und die Anforderungen für ein internes Kontrollsystem.
Die aktualisierte Musterverfahrensdokumentation ist abrufbar unter https://www.dstv.de/fuer-die-praxis/arbeitshilfen-praxistipps .
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.
Einkommensteuer
Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 20. April 2018
FinMin Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) 3 - S-062.5 / 6 vom 30.04.2018
Aufgrund
ergeht folgende Allgemeinverfügung:
Am 30. April 2018 anhängige und zulässige Einsprüche gegen Festsetzungen der Einkommensteuer, gegen gesonderte und einheitliche Feststellungen von Einkünften oder gegen gesonderte Gewinnfeststellungen werden hiermit zurückgewiesen, soweit mit den Einsprüchen geltend gemacht wird, die Nichtabziehbarkeit der Aufwendungen für ein nicht ausschließlich oder nicht nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutztes häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b oder § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG) sei einfachgesetzlich fraglich oder verstoße gegen das Grundgesetz.
Entsprechendes gilt für am 30. April 2018 anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte und zulässige Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Einkommensteuerfestsetzung, einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften oder einer gesonderten Gewinnfeststellung.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung können die von ihr betroffenen Steuerpflichtigen Klage erheben. Ein Einspruch ist insoweit ausgeschlossen.
Die Klage ist bei dem Finanzgericht zu erheben, in dessen Bezirk sich das Finanzamt befindet, das den von dieser Allgemeinverfügung betroffenen Verwaltungsakt erlassen hat. Sie ist schriftlich oder als elektronisches Dokument einzureichen oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Finanzgerichts zu erklären und gegen das zuständige Finanzamt zu richten.
Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt ein Jahr. Sie beginnt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem diese Allgemeinverfügung veröffentlicht wird. Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage innerhalb der Frist bei dem zuständigen Finanzamt angebracht oder zu Protokoll gegeben wird.
Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, den mit der Klage angegriffenen Verwaltungsakt und diese Allgemeinverfügung bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Ihr soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und eine Abschrift dieser Allgemeinverfügung beigefügt werden.
Die Klageschrift soll in zweifacher Ausfertigung eingereicht werden; dies gilt nicht, wenn die Klage als elektronisches Dokument eingereicht wird.
Die Voraussetzungen zur elektronischen Einreichung bei dem jeweils örtlich zuständigen Finanzgericht regelt § 52a der Finanzgerichtsordnung. Nähere Informationen hierzu sind im Internet unter www.justiz.de und über die dort verlinkten Justizportale der Länder erhältlich.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Urteil IX R 34/16 vom 09.01.2018
Leitsatz
Verpflichtet sich der Arbeitgeber vertraglich, im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mehrere Zahlungen an den Arbeitnehmer zu leisten, ist eine einheitliche Entschädigung nur anzunehmen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür festgestellt sind, dass sämtliche Teilzahlungen "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" i. S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gewährt worden sind (Bestätigung des Senatsurteils vom 11. Juli 2017 IX R 28/16, BFHE 259, 272, BStBl II 2018, 86).
Ist neben einer Entschädigung für entgangene Einnahmen, die sich ihrer Höhe nach im Rahmen des Üblichen bewegt, eine weitere Zahlung vereinbart, die bei zusammenfassender Betrachtung den Rahmen des Üblichen in besonderem Maße überschreiten würde, spricht dies indiziell dafür, dass es sich insoweit nicht um eine Entschädigung für entgangene Einnahmen handelt. Von einer Überschreitung in besonderem Maß ist auszugehen, wenn durch die zweite Teilzahlung die Höhe der Gesamtzahlung verdoppelt wird.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 20/18 vom 18.04.2018 zum Urteil III R 8/17 vom 19.10.2017
Für in Ausbildung befindliche Kinder besteht nach Vollendung des 25. Lebensjahres auch dann kein Kindergeldanspruch, wenn sie sich für einen mehrjährigen Dienst im Katastrophenschutz verpflichtet haben und deshalb vom Wehrdienst freigestellt wurden. So entschied der BFH (Az. III R 8/17).
Für in Ausbildung befindliche Kinder besteht nach Vollendung des 25. Lebensjahres auch dann kein Kindergeldanspruch, wenn sie sich für einen mehrjährigen Dienst im Katastrophenschutz verpflichtet haben und deshalb vom Wehrdienst freigestellt wurden, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 19. Oktober 2017 III R 8/17 entschieden hat.
Im Streitfall absolvierte der im November 1987 geborene Sohn des Klägers ein Medizinstudium, das er 2013 kurz vor Vollendung des 26. Lebensjahres abschloss. Bereits im Jahr 2005 wurde er wegen einer mindestens sechs Jahre umfassenden Verpflichtung im Katastrophenschutz (Freiwillige Feuerwehr) vom (früheren) Wehrdienst freigestellt. Die Familienkasse gewährte dem Kläger das Kindergeld nur bis November 2012, da der Sohn in diesem Monat sein 25. Lebensjahr vollendete.
In seinem Urteil bestätigte der BFH diese Auffassung. Zwar können volljährige Kinder beim Kindergeldanspruch berücksichtigt werden, solange sie sich in Ausbildung befinden. Das Kindergeldrecht sieht insoweit aber eine Altersgrenze von 25 Jahren vor. Diese Altersgrenze wird zwar insbesondere dann, wenn das Kind den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, um die Dauer dieses Dienstes hinausgeschoben. Der Dienst im Katastrophenschutz gehört aber nicht zu den im Gesetz genannten Fällen.
Der BFH lehnte es ab, die Regelung über die Verlängerung des Kindergeldanspruchs im Streitfall entsprechend anzuwenden. Denn der Gesetzgeber hat die Verlängerung des Kindergeldanspruchs bei Diensten wie dem gesetzlichen Grundwehrdienst und dem Zivildienst nur deshalb vorgesehen, weil diese häufig die Beendigung der Berufsausbildung verzögern. Der vom Sohn des Klägers geleistete Dienst im Katastrophenschutz ist dagegen kein Vollzeitdienst und kann typischerweise auch neben der Ausbildung durchgeführt werden. Die Ausbildung wird deshalb durch einen solchen Dienst, ebenso wie bei einem Engagement des Kindes in einem Sportverein oder einer Jugendorganisation, regelmäßig nicht verzögert.
Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf andere neben der Ausbildung geleistete Dienste im Katastrophenschutz, die eine Freistellung von der Wehrpflicht zur Folge hatten (z. B. Sanitätsdienste beim Deutschen Roten Kreuz, der Johanniter-Unfall-Hilfe oder dem Malteser Hilfsdienst, Technische Dienste beim Technischen Hilfswerk).
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 19/18 vom 11.04.2018 zum Urteil X R 3/16 vom 29.11.2017
Trägt ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger seine Krankheitskosten selbst, um dadurch die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung zu schaffen, können diese Kosten nicht als Beiträge zu einer Versicherung i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich abgezogen werden. Mit dem Urteil vom 29. November 2017 X R 3/16 führte der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zur insoweit vergleichbaren Kostentragung bei einem sog. Selbstbehalt fort.
Im Urteilsfall hatten der Kläger und seine Ehefrau Beiträge an ihre privaten Krankenversicherungen zur Erlangung des Basisversicherungsschutzes gezahlt. Um in den Genuss von Beitragserstattungen zu kommen, hatten sie angefallene Krankheitskosten selbst getragen und nicht bei ihrer Krankenversicherung geltend gemacht. In der Einkommensteuererklärung kürzte der Kläger zwar die Krankenversicherungsbeiträge, die als Sonderausgaben angesetzt werden können, um die erhaltenen Beitragserstattungen, minderte diese Erstattungen aber vorher um die selbst getragenen Krankheitskosten, da er und seine Ehefrau insoweit wirtschaftlich belastet seien. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht folgten seiner Auffassung.
Der BFH sah das ebenso. Es könnten nur die Ausgaben als Beiträge zu Krankenversicherungen abziehbar sein, die im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stünden und letztlich der Vorsorge dienten. Daher hatte der BFH bereits entschieden, dass Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten keine Beiträge zu einer Versicherung sind (z. B. Urteil vom 1. Juni 2016 X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55). Zwar werde bei den selbst getragenen Krankheitskosten nicht - wie beim Selbstbehalt - bereits im Vorhinein verbindlich auf einen Versicherungsschutz verzichtet, vielmehr könne man sich bei Vorliegen der konkreten Krankheitskosten entscheiden, ob man sie selbst tragen wolle, um die Beitragserstattungen zu erhalten. Dies ändere aber nichts daran, dass in beiden Konstellationen der Versicherte die Krankheitskosten nicht trage, um den Versicherungsschutz „als solchen" zu erlangen.
Ob die Krankheitskosten als einkommensmindernde außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG anzuerkennen seien, musste der BFH nicht entscheiden: Da die Krankheitskosten der Kläger die sog. zumutbare Eigenbelastung des § 33 Abs. 3 EStG wegen der Höhe ihrer Einkünfte nicht überstiegen, kam bereits aus diesem Grunde ein Abzug nicht in Betracht.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil III R 23/15 vom 20.12.2017
Leitsatz
Erzielt ein Sporttrainer, der mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig ist, steuerfreie Einnahmen unterhalb des sog. Übungsleiterfreibetrags nach § 3 Nr. 26 EStG, kann er die damit zusammenhängenden Aufwendungen insoweit abziehen, als sie die Einnahmen übersteigen.
Quelle: BFH
Grundsteuer
BVerfG, Pressemitteilung vom 10.04.2018 zu den Urteilen 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12 vom 10.04.2018
Die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern sind jedenfalls seit dem Beginn des Jahres 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt. Mit dieser Begründung hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Vorschriften mit Urteil vom heutigen Tage für verfassungswidrig erklärt und bestimmt, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die verfassungswidrigen Regeln weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen sie für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden.
Sachverhalt:
Einheitswerte für Grundbesitz werden nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes in den „alten“ Bundesländern noch heute auf der Grundlage der Wertverhältnisse zum 1. Januar 1964 ermittelt und bilden die Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer. Der Entscheidung liegen fünf Verfahren, drei Richtervorlagen des Bundesfinanzhofs und zwei Verfassungsbeschwerden, zugrunde. Die Klägerinnen und Kläger der Ausgangsverfahren beziehungsweise Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind Eigentümer von bebauten Grundstücken in verschiedenen „alten“ Bundesländern, die jeweils vor den Finanzgerichten gegen die Festsetzung des Einheitswertes ihrer Grundstücke vorgegangen sind. In drei Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof die Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die einschlägigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig sind. Mit den Verfassungsbeschwerden wird im Wesentlichen ebenfalls eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes gerügt.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
I. Die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen sind mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar. Art. 3 Abs. 1 GG lässt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Bewertungsvorschriften für die steuerliche Bemessungsgrundlage einen weiten Spielraum, verlangt aber ein in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerechtes Bewertungssystem. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt.
1. Die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze zur Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht verlangen auch auf der Ebene der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Wertbemessung. Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen. Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit dem Ausmaß der Abweichung und ihrer Bedeutung für die Verteilung der Steuerlast insgesamt.
2. Die Aussetzung einer erneuten Hauptfeststellung der Einheitsbewertung über einen langen Zeitraum führt systembedingt in erheblichem Umfang zu Ungleichbehandlungen durch ungleiche Bewertungsergebnisse. Infolge der Anknüpfung an die Wertverhältnisse zum 1. Januar 1964 spiegeln sich die wertverzerrenden Auswirkungen des überlangen Hauptfeststellungszeitraums in den einzelnen Bewertungselementen sowohl des Ertragswert- als auch des Sachwertverfahrens wider.
Das System der Einheitsbewertung für Grundbesitz ist davon geprägt, dass in regelmäßigen Zeitabständen eine allgemeine Wertfeststellung (Hauptfeststellung) stattfindet. Diese Hauptfeststellung soll gemäß § 21 Abs. 1 BewG alle sechs Jahre für bebaute und unbebaute Grundstücke erfolgen. Ziel der Bewertungsregeln ist es, Einheitswerte zu ermitteln, die dem Verkehrswert der Grundstücke zumindest nahekommen. Der Verkehrswert ist in diesem System die Bezugsgröße, an der sich die Ergebnisse der Einheitsbewertung im Hinblick auf Art und Umfang etwaiger Abweichungen zur Beurteilung einer gleichheitsgerechten Besteuerung messen lassen müssen.
Der Gesetzgeber hat den Zyklus der periodischen Wiederholung von Hauptfeststellungen, nachdem er ihn erst 1965 wieder aufgenommen hatte, nach der darin auf den 1. Januar 1964 bezogenen Hauptfeststellung ausgesetzt und seither nicht mehr aufgenommen. 1970 wurde per Gesetz angeordnet, dass der Zeitpunkt der auf die Hauptfeststellung 1964 folgenden nächsten Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes durch besonderes Gesetz bestimmt wird. Ein solches Gesetz ist bis heute nicht verabschiedet worden. Die seither andauernde Aussetzung der erforderlichen Hauptfeststellung führt in zunehmendem Maße zu Wertverzerrungen innerhalb des Grundvermögens. Das ergibt sich als zwangsläufige Folge aus dem geltenden Bewertungssystem.
Die im Gesetz vorgesehene periodische Wiederholung der Hauptfeststellung ist zentral für das vom Gesetzgeber selbst so gestaltete Bewertungssystem. Ihm liegt der Gedanke zugrunde, dass die den Verkehrswert der Grundstücke bestimmenden Verhältnisse einheitlich zum Zeitpunkt der Hauptfeststellung möglichst realitätsnah abgebildet werden. Da diese Verhältnisse während der folgenden Jahre eines Hauptfeststellungszeitraums typischerweise verkehrswertrelevanten Veränderungen unterliegen, bedarf es in regelmäßigen und nicht zu weit auseinanderliegenden Abständen einer neuen Hauptfeststellung.
Je länger ein Hauptfeststellungszeitraum über die ursprünglich vorgesehenen sechs Jahre hinaus andauert, desto größer im Einzelfall und umfangreicher in der Gesamtzahl werden zwangsläufig die Abweichungen zwischen dem tatsächlichen Verkehrswert und den auf den Hauptfeststellungszeitpunkt bezogenen Einheitswerten der Grundstücke.
Eine Auseinanderentwicklung zwischen Verkehrswert und festgestelltem Einheitswert ist für sich genommen allerdings verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Würden die Einheitswerte in allen Fällen gleichmäßig hinter steigenden Verkehrswerten zurückbleiben, führte dies allein zu keiner verfassungsrechtlich relevanten Ungleichbehandlung, da das Niveau der Einheitswerte untereinander in Relation zum Verkehrswert gleich bliebe. Es gibt indes keine Anhaltspunkte dafür, dass die durch den Verzicht auf regelmäßige Hauptfeststellungen zwangsläufig in zunehmenden Maß auftretenden Wertverzerrungen sich in einer gleichmäßigen Relation zum Verkehrswert bewegten.
3. Die aus der Überdehnung des Hauptfeststellungszeitraums folgenden flächendeckenden, zahlreichen und erheblichen Wertverzerrungen bei der Einheitsbewertung des Grundvermögens führen zu entsprechenden Ungleichbehandlungen bei der Erhebung der Grundsteuer; die Vereinbarkeit dieser Ungleichbehandlungen mit Art. 3 Abs. 1 GG richtet sich aufgrund des Ausmaßes der Verzerrungen nach strengen Gleichheitsanforderungen. Eine ausreichende Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlungen ergibt sich weder allgemein aus dem Ziel der Vermeidung allzu großen Verwaltungsaufwands, noch aus Gründen der Typisierung und Pauschalierung.
a) Der Verzicht auf neue Hauptfeststellungen dient der Vermeidung eines besonderen Verwaltungsaufwands. Hierfür steht dem Gesetzgeber zwar ein erheblicher Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Dieser deckt aber nicht die Inkaufnahme eines dysfunktionalen Bewertungssystems.
Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigt die durch die andauernde Aussetzung des Hauptfeststellungszeitpunkts verursachten Wertverzerrungen nicht, selbst wenn man die damit erzielte Entlastungswirkung als besonders hoch einschätzt. Der Verzicht auf regelmäßige Hauptfeststellungen in wiederkehrenden Abständen von sechs Jahren ist nicht das Ergebnis einer bewussten Vereinfachungsentscheidung des Gesetzgebers, die Elemente der Einheitsbewertung im Sinne einer Verschlankung korrigiert und dabei auch Einbußen an Detailgenauigkeit in Kauf nimmt. Mit diesem Verzicht bricht der Gesetzgeber vielmehr ein zentrales Element aus dem System der Einheitsbewertung heraus, das unverzichtbar zur Gewinnung in ihrer Relation realitätsnaher Bewertungen ist. Erweist sich eine gesetzliche Regelung als in substanziellem Umfang grundsätzlich gleichheitswidrig, können weder ein Höchstmaß an Verwaltungsvereinfachung noch die durch eine solche Vereinfachung weitaus bessere Kosten-/Nutzenrelation zwischen Erhebungsaufwand und Steueraufkommen dies auf Dauer rechtfertigen. Die Erkenntnis, eine in einem Steuergesetz strukturell angelegte Ungleichbehandlung könne nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand beseitigt werden, darf nicht zur Tolerierung des verfassungswidrigen Zustands führen. Es ist unerheblich, ob der Gesetzgeber mit der Aussetzung der Hauptfeststellung dieses Defizit bewusst in Kauf genommen oder ob er es lediglich nicht erkannt hat. Entscheidend ist die objektive Dysfunktionalität der verbleibenden Regelung. Danach kommt es auch nicht darauf an, ob das Unterlassen der Bestimmung eines neuen Hauptfeststellungszeitpunkts lediglich als dauerhaftes Zuwarten innerhalb des Systems periodischer Hauptfeststellungen zu verstehen ist oder als konkludenter Ausdruck eines endgültigen Verzichts auf weitere Hauptfeststellungen überhaupt.
b) Gründe der Typisierung und Pauschalierung rechtfertigen ebenfalls nicht die Aussetzung der Hauptfeststellung und ihre Folgen. Zwar darf der Steuergesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen, wenn die daraus erwachsenden Vorteile im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen, er sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert und ein vernünftiger, einleuchtender Grund vorhanden ist. Diesen Voraussetzungen genügen im gegenwärtigen System der Einheitsbewertung entstehende Wertverzerrungen aber nicht. Es orientiert sich mit dem Verzicht auf weitere Hauptfeststellungen nicht realitätsgerecht am typischen Fall. Die Wertverzerrungen sind keineswegs auf atypische Sonderfälle oder vernachlässigbare Korrekturen in Randbereichen beschränkt. Sie betreffen vielmehr die Wertfeststellung im Kern, sind in weiten Bereichen zum Regelfall geworden und nehmen mit der fortschreitenden Dauer des Hauptfeststellungszeitraums an Zahl und Ausmaß zu.
c) Weder eine gemessen am Verkehrswert generelle Unterbewertung des Grundvermögens noch die vermeintlich absolut geringe Belastungswirkung der Grundsteuer vermögen die Wertverzerrungen zu rechtfertigen. Es ist für die verfassungsrechtliche Beurteilung von Gleichheitsverstößen in der Einheitsbewertung grundsätzlich auch ohne Belang, dass sie mittlerweile wegen ihrer weitgehenden Begrenzung auf das Recht der Grundsteuer wesentlich an allgemeiner Bedeutung verloren hat. Es handelt sich bei der Grundsteuer auch in der Sache nicht um eine Steuer im vernachlässigbaren Größenbereich. Dagegen spricht schon das Gesamtaufkommen der Grundsteuer, das in den letzten Jahren kontinuierlich von 12 auf zuletzt knapp 14 Milliarden Euro angestiegen ist, und ihre erhebliche Bedeutung für die Kommunen. Vor allem ist die Grundsteuer angesichts der heute üblichen Höhe der kommunalen Hebesätze für viele Steuerpflichtige vielfach keineswegs unbedeutend, zumal sie jährlich und zeitlich unbegrenzt anfällt. Die Wertverzerrungen können entgegen der Auffassung der Bundesregierung und einiger Ländervertreter schließlich auch nicht durch Nachfeststellungen oder Wertfortschreibungen und auch nicht durch Anpassungen der Grundsteuerhöhe über die Hebesätze verfassungsrechtlich kompensiert werden.
II. Der Senat hat die Fortgeltung der für verfassungswidrig befundenen Normen in zwei Schritten angeordnet. Zum einen gelten sie für die in der Vergangenheit festgestellten Einheitswerte und die darauf beruhende Erhebung von Grundsteuer und darüber hinaus in der Zukunft zunächst bis zum 31. Dezember 2019. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Gesetzgeber eine Neuregelung zu treffen. Ohne diese Fortgeltungsanordnung hätte ein enormer Verwaltungsaufwand gedroht, wenn noch nicht bestandskräftige Einheitswertbescheide - und in deren Folge auch die darauf beruhenden Grundsteuerbescheide - in einer angesichts der großen Zahl von Grundsteuerschuldnern aller Voraussicht nach erheblichen Größenordnung aufgehoben oder geändert und zumindest zum Teil rückabgewickelt werden müssten. Die Probleme wären dadurch verschärft worden, dass die Aufarbeitung dieser Fälle erst nach Inkrafttreten und Umsetzung der Neuregelung auf der Bewertungsebene und damit erst viele Jahre nach Verkündung dieses Urteils hätte erfolgen können. Für die Zukunft bestünde angesichts der erheblichen finanziellen Bedeutung der Grundsteuer für die Kommunen die ernsthafte Gefahr, dass viele Gemeinden ohne die Einnahmen aus der Grundsteuer in gravierende Haushaltsprobleme gerieten. Die Hinnahme des Vollzugs solcher Einheitswertbescheide ist den Betroffenen auch deshalb zumutbar, weil die Belastung mit einer Grundsteuer dem Grunde nach durch die Verfassung legitimiert, traditionell „schon immer“ vorgesehen und deshalb von den Grundbesitzern auch zu erwarten war und ist. Sobald der Gesetzgeber eine Neuregelung getroffen hat, gelten die beanstandeten Bewertungsregeln noch für weitere fünf Jahre fort, aber nicht länger als bis zum 31. Dezember 2024. Die ungewöhnliche Anordnung der Fortgeltung nach der Verkündung der Neuregelung ist durch die besonderen Sachgesetzlichkeiten der Grundsteuer geboten und von daher ausnahmsweise gerechtfertigt. Zur bundesweiten Neubewertung aller Grundstücke bedarf es eines außergewöhnlichen Umsetzungsaufwandes im Hinblick auf Zeit und Personal. Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Fortgeltung der alten Rechtslage für weitere fünf Jahre geboten aber auch ausreichend, um im Falle einer Neuregelung die dadurch geschaffenen Bewertungsbestimmungen umzusetzen und so während dieser Zeit die ansonsten drohenden gravierenden Haushaltsprobleme zu vermeiden. Für Kalenderjahre ab 2025 hat der Senat Belastungen mit Grundsteuer allein auf der Basis bestandskräftiger Einheitswert- oder Grundsteuermessbescheide aus vorausgegangenen Jahren ausgeschlossen.
Quelle: BVerfG
Umsatzsteuer
BFH, Urteil XI R 17/17 vom 07.02.2018
Leitsatz
Das Legen eines Hauswasseranschlusses ist auch dann als "Lieferung von Wasser" i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG anzusehen, wenn diese Leistung nicht von dem Wasserversorgungsunternehmen erbracht wird, das das Wasser liefert (Anschluss an das BGH-Urteil vom 18. April 2012 VIII ZR 253/11, HFR 2012, 1110).
Quelle: BFH
Wohnungsförderung
Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 26.03.2018
Die Bundesregierung geht davon aus, dass 200.000 Familien mit rund 300.000 Kindern das geplante Baukindergeld in Anspruch nehmen können. Wie es in einer Antwort der Regierung ( 19/1276 ) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 19/1022 ) heißt, entstehe damit ein direktes Fördervolumen von rund 400 Millionen Euro pro Jahr und Förderjahrgang. "Unter Berücksichtigung eines unterstellten Förderzeitraums von zehn Jahren wäre damit im Jahr der vollen Wirksamkeit von jährlichen Gesamtausgaben für den Bund von bis zu vier Milliarden Euro auszugehen", heißt es in der Antwort weiter. Auf die Frage, wie viele zusätzliche Wohnungen durch die Zahlung von Baukindergeld entstehen könnten, heißt es in der Antwort, mit dem Baukindergeld könne die Anzahl der Baugenehmigungen von selbstgenutztem Wohneigentum verstetigt und damit eine Trendumkehr bei den Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser ermöglicht werden.
Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 187/2018
Besteuerung der digitalen Wirtschaft
EU-Kommission, Pressemitteilung vom 21.03.2018
Die Europäische Kommission hat am 21.03.2018 neue Vorschriften vorgeschlagen, die sicherstellen sollen, dass digitale Geschäftstätigkeiten in der EU auf faire und wachstumsfreundliche Weise besteuert werden. Durch diese Maßnahmen würde die EU eine weltweite Vorreiterrolle bei der Konzeption von Steuergesetzen übernehmen, die der modernen Wirtschaft und dem digitalen Zeitalter gerecht werden.
Der jüngste Boom bei Digitalunternehmen wie Social-Media-Unternehmen, Kooperationsplattformen und Anbietern von Online-Inhalten hat maßgeblich zum Wirtschaftswachstum in der EU beigetragen. Die derzeitigen Steuervorschriften wurden jedoch nicht für solche weltweit tätigen oder online tätigen Unternehmen konzipiert, die nur eine geringe oder gar keine physische Präsenz aufweisen. Die Lage hat sich radikal geändert: Neun der zwanzig nach Marktkapitalisierung führenden Unternehmen sind inzwischen digitale Unternehmen, gegenüber nur einem von zwanzig Unternehmen vor zehn Jahren. Die Herausforderung besteht nun darin, das Beste aus dieser Entwicklung zu machen und gleichzeitig sicherzustellen, dass digitale Unternehmen ihren gerechten Anteil an Steuern bezahlen. Anderenfalls besteht eine reale Gefahr für die öffentlichen Einnahmen der Mitgliedstaaten: Der durchschnittliche effektive Steuersatz digitaler Unternehmen ist derzeit nur halb so hoch wie für herkömmliche Unternehmen.
Die am 21.03.2018 vorgelegten Vorschläge sind eine Antwort auf die Suche der Mitgliedstaaten nach dauerhaften und langfristigen Lösungen zur Sicherstellung der fairen Besteuerung von Online-Tätigkeiten, die die Staats- und Regierungschefs der EU im Oktober 2017 mit Nachdruck gefordert hatten. Die Gewinne, die durch lukrative Tätigkeiten wie den Verkauf von nutzergenerierten Daten und Inhalten erzielt werden, werden mit den derzeit geltenden Steuervorschriften nicht erfasst. Die Mitgliedstaaten suchen derzeit nach schnellen, unilateralen Lösungen für die Besteuerung digitaler Tätigkeiten, was zur Entstehung eines rechtlichen Minenfelds und zu Rechtsunsicherheit für die Unternehmen führt. Nur durch eine koordinierte Vorgehensweise kann sichergestellt werden, dass die digitale Wirtschaft auf faire, wachstumsfreundliche und nachhaltige Weise besteuert wird.
Die Kommission hat am 21.03.2018 zwei unterschiedliche Legislativvorschläge vorgelegt, die zu einer faireren Besteuerung digitaler Geschäftstätigkeiten in der EU beitragen werden:
Das vorgelegte Paket enthält einen kohärenten Ansatz der EU für ein System zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft, das den digitalen Binnenmarkt unterstützt und das in die Diskussionen zur Lösung dieses Problems auf internationaler Ebene einfließen wird.
Der für den Euro und den sozialen Dialog zuständige Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis erklärte: „Die Digitalisierung birgt zahlreiche Vorteile und Chancen, erfordert aber auch eine Anpassung unserer herkömmlichen Vorschriften und Systeme. Unsere erste Wahl wären auf globaler Ebene, auch mit der OECD, vereinbarte Vorschriften. Derzeit wird jedoch ein inakzeptabel hoher Teil der Gewinne überhaupt nicht besteuert. Wir müssen unsere Steuervorschriften dringend auf den Stand des 21. Jahrhunderts bringen, indem wir eine neue umfassende und zukunftsfähige Lösung einführen."
Pierre Moscovici, Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, fügte hinzu: „Die digitale Wirtschaft stellt eine große Chance für Europa dar, und Europa bietet Digitalunternehmen enorme Ertragsmöglichkeiten. Diese Win-Win-Situation wirft allerdings rechtliche und steuerliche Bedenken auf. Unsere Vorschriften aus der Vor-Internet-Ära erlauben es den Mitgliedstaaten nicht, in Europa tätige Digitalunternehmen zu besteuern, wenn diese hier nur eine geringe oder keine physische Präsenz aufweisen. Dies entspricht einem ständig wachsenden schwarzen Loch für die Mitgliedstaaten, da ihre Steuerbasis schwindet. Aus diesem Grund schlagen wir neue Rechtsstandards sowie eine Übergangssteuer für digitale Tätigkeiten vor."
Dieser Vorschlag würde es den Mitgliedstaaten erlauben, Gewinne, die in ihrem Hoheitsgebiet erwirtschaftet werden, auch ohne eine physische Präsenz eines Unternehmens in ihrem Gebiet zu besteuern. Die neuen Vorschriften würden sicherstellen, dass Online-Unternehmen genauso wie herkömmliche Unternehmen einen Beitrag zu den öffentlichen Einnahmen leisten.
Von einer „digitalen Präsenz" oder einer virtuellen Betriebsstätte einer digitalen Plattform in einem Mitgliedstaat wird ausgegangen, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
Die neuen Vorschriften werden auch die Art und Weise, wie Gewinne auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, dahin gehend verändern, dass besser widergespiegelt wird, wie die Online-Wertschöpfung der Unternehmen erfolgt: z. B. je nach dem Ort, an dem sich der Nutzer zum Zeitpunkt des Verbrauchs befindet.
Letztlich wird durch das neue System eine klare Verbindung zwischen dem Ort der Erzielung digitaler Gewinne und dem Ort der Besteuerung dieser Gewinne hergestellt. Die Maßnahme könnte schließlich in den Geltungsbereich der Gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (CCCTB) aufgenommen werden - die von der Kommission bereits vorgeschlagene Initiative zur besseren Zuordnung der Gewinne multinationaler Unternehmensgruppen gemäß dem Ort der Wertschöpfung.
Diese Übergangssteuer stellt sicher, dass Tätigkeiten, die derzeit nicht wirksam besteuert werden, direkte Einnahmen für die Mitgliedstaaten schaffen würden. Sie würde auch dazu beitragen, einseitige Maßnahmen zur Besteuerung digitaler Tätigkeiten in bestimmten Mitgliedstaaten zu verhindern, die zu einem für den Binnenmarkt schädlichen Flickwerk nationaler Maßnahmen führen könnten.
Im Gegensatz zu der gemeinsamen EU-weiten Reform der zugrunde liegenden Steuervorschriften würde diese indirekte Steuer auf Erträge angewandt, die mit bestimmten, bisher überhaupt nicht besteuerten digitalen Tätigkeiten erwirtschaftet werden. Dieses System ist nur als Zwischenlösung bis zur Umsetzung der umfassenden Reform gedacht und verfügt über Mechanismen zur Verhinderung einer möglichen Doppelbesteuerung.
Die Steuer erfasst Erträge aus Tätigkeiten, bei denen die Nutzer eine wichtige Rolle bei der Wertschöpfung spielen und die mit den derzeitigen Steuervorschriften sehr schwierig zu erfassen sind, z. B.
Die Steuereinnahmen würden von den Mitgliedstaaten erhoben, in denen die Nutzer ansässig sind. Die Besteuerung würde nur für Unternehmen mit jährlichen weltweiten Gesamterträgen in Höhe von 750 Mio. Euro und EU-Erträgen in Höhe von 50 Mio. Euro gelten. Dadurch würde sichergestellt, dass kleinere Start-up- und Scale-up-Unternehmen nicht belastet würden. Mit einem Steuersatz von 3 % könnten jährlich schätzungsweise Einnahmen von 5 Mrd. Euro in den Mitgliedstaaten erzielt werden.
Die Legislativvorschläge werden dem Rat zur Annahme und dem Europäischen Parlament zur Konsultation vorgelegt. Die EU wird sich auch weiterhin aktiv an den weltweiten Diskussionen über die Besteuerung der digitalen Wirtschaft innerhalb der G20/der OECD beteiligen und ehrgeizige internationale Lösungen vorantreiben.
Quelle: EU-Kommission
Abgabenordnung
BFH, Pressemitteilung Nr. 14/18 vom 14.03.2018 zum Urteil VI R 41/16 vom 16.01.2018
Gleicht das Finanzamt (FA) bei einer in Papierform abgegebenen Einkommensteuererklärung den vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Arbeitslohn nicht mit den Angaben des Steuerpflichtigen zu seinem Arbeitslohn in der Erklärung ab und werden die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Einkommensteuerbescheid infolgedessen zu niedrig erfasst, kann das FA den Fehler nicht im Nachhinein berichtigen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 16. Januar 2018 VI R 41/16 zur offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 der Abgabenordnung (AO) entschieden.
Die Klägerin war im Streitjahr (2011) zunächst bei der X GmbH und später bei der Y GmbH beschäftigt. Ihren aus diesen beiden Arbeitsverhältnissen bezogenen Arbeitslohn erklärte sie gegenüber dem FA zutreffend. Die Erklärung wurde in Papierform eingereicht. Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid lediglich den Arbeitslohn aus dem Arbeitsverhältnis mit der Y GmbH. Nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids stellte das FA fest, dass die X GmbH erst im Nachhinein die richtigen Lohndaten für die Klägerin übermittelt hatte und diese deshalb im Bescheid nicht enthalten waren. Das FA erließ einen Änderungsbescheid, gegen den die Klägerin erfolglos Einspruch einlegte. Das FA sah sich als nach § 129 Satz 1 AO änderungsbefugt an. Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Demgegenüber gab das Finanzgericht der Klage statt.
Dies hat der BFH bestätigt. Nach seinem Urteil liegt keine offenbare Unrichtigkeit vor. Entscheidend war hierfür, dass die Klägerin ihren Arbeitslohn zutreffend erklärt, das FA diese Angaben aber ignoriert hatte, weil es darauf vertraute, dass die vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Daten zutreffend waren. Kommt es bei dieser Vorgehensweise zu einer fehlerhaften Erfassung des Arbeitslohns, liegt nach dem BFH kein mechanisches Versehen, sondern vielmehr ein Ermittlungsfehler des FA vor. Eine spätere Berichtigung nach § 129 AO ist dann nicht möglich.
Wird infolge einer fehlerhaften Meldung des Arbeitgebers zu viel Arbeitslohn erfasst, kann sich der Steuerpflichtige in vergleichbaren Fällen ebenfalls nicht im Nachhinein auf § 129 AO berufen, wenn er den Fehler erst nach Ablauf der Einspruchsfrist bemerkt.
Nicht zu berücksichtigen war im Streitfall die seit 1. Januar 2017 geltende Neuregelung in § 175b AO. Danach ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Urteil III R 2/16 vom 08.11.2017
Leitsatz
Der Übertragung des BEA-Freibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 8 EStG auf den anderen Elternteil kann nach § 32 Abs. 6 Satz 9 Alt. 2 EStG der Elternteil, bei dem das minderjährige Kind nicht gemeldet ist, regelmäßig erfolgreich widersprechen, wenn er das Kind nach einem - üblicherweise für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegten - weitgehend gleichmäßigen Betreuungsrhythmus tatsächlich in der vereinbarten Abfolge mit einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % betreut.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
EuGH-Urteil vom 22. Oktober 2015, C-264/14, Hedqvist
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7160-b / 13 / 10001 vom 27.02.2018
Mit Urteil vom 22. Oktober 2015 hat der EuGH entschieden, dass es sich bei dem Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der sog. virtuellen Währung Bitcoin und umgekehrt um eine Dienstleistung gegen Entgelt i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSysRL handelt, die unter die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSysRL fällt.
Daneben können den Urteilsgrundsätzen auch generelle Ausführungen zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von sog. virtuellen Währungen entnommen werden, die wie der Bitcoin als vertragliches unmittelbares Zahlungsmittel zwischen Wirtschaftsteilnehmern akzeptiert werden und die keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen.
Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:
I. Umsätze, die sich auf Bitcoin beziehen
Der Umtausch von Bitcoin
Bei dem Umtausch von konventionellen Währungen in Bitcoin und umgekehrt handelt es sich um eine steuerbare sonstige Leistung, die im Rahmen einer richtlinienkonformen Gesetzesauslegung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei ist.
Die Verwendung von Bitcoin als Entgelt
Die Verwendung von Bitcoin wird der Verwendung von konventionellen Zahlungsmitteln gleichgesetzt, soweit sie keinem anderen Zweck als dem eines reinen Zahlungsmittels dienen. Die Hingabe von Bitcoin zur bloßen Entgeltentrichtung ist somit nicht steuerbar.
Bei Zahlung mit Bitcoin bestimmt sich das Entgelt beim Leistenden grundsätzlich nach dem Gegenwert in der Währung des Mitgliedsstaates, in dem die Leistung erfolgt und zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Leistung ausgeführt wird. In analoger Anwendung des Art. 91 Abs. 2 MwStSystRL soll die Umrechnung zum letzten veröffentlichten Verkaufskurs (z. B. auf entsprechenden Umrechnungsportalen im Internet) erfolgen. Dieser ist vom leistenden Unternehmer zu dokumentieren.
Folgefragen hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Bitcoin in Bezug auf weitere Umsätze
a) „Mining"
Die sog. „Miner" erfüllen in dem auf mathematischen Algorithmen beruhenden Programm des Bitcoin-Systems eine zentrale Aufgabe, da die Leistung ihrer Rechnernetzwerke Grundvoraussetzung für die Aufrechterhaltung des Systems ist. Miner stellen für das „Schürfen" von Bitcoin dem sog. Miningpool ihre Rechnerleistung zur Verfügung, zeichnen Transaktionen in einem sog. „Block" auf und transferieren diesen anschließend in die sog. „Blockchain".
Bei den Leistungen der Miner handelt es sich um nicht steuerbare Vorgänge. Die sog. Transaktionsgebühr, welche die Miner von anderen Nutzern des Systems erhalten können, wird freiwillig gezahlt und steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Leistungen der Miner. Auch die Entlohnung in Form des Erhalts neuer Bitcoin durch das System selbst ist nicht als Entgelt für die Minerleistungen anzusehen, da die Minerleistungen nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden. Dieses setzt neben dem Leistenden das Vorhandensein eines identifizierbaren Leistungsempfängers voraus.
b) „Wallet"
Die „Wallets" (elektronische Geldbörsen) werden auf dem Computer, Tablet oder Smartphone gespeichert und dienen der Aufbewahrung der sog. virtuellen Währung. Eine Wallet kann z. B. eine App für ein Smartphone sein, die aus einem Appstore heruntergeladen werden kann. Soweit Anbieter für die digitalen Wallets eine Zahlung von Gebühren verlangen, liegen auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen i. S. d. § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG vor, die nach Maßgabe des § 3a Abs. 2 bzw. Abs. 5 Satz 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig sind, soweit der Leistungsort im Inland liegt (vgl. hierzu auch Abschnitt 3a.9a Abs. 1 bis 8 UStAE).
c) Handelsplattformen
Stellt der Betreiber einer Handelsplattform seine Internetseite als technischen Marktplatz zum Erwerb bzw. Handel von Bitcoin den Marktteilnehmern zur Verfügung, handelt es sich um die Ermöglichung der rein EDV-technischen Abwicklung. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG kommt hierfür nicht in Betracht.
Soweit der Betreiber der Plattform allerdings den Kauf und Verkauf von Bitcoin als Mittelsperson im eigenen Namen vornimmt, kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG in Betracht.
II. Umsätze, die sich auf andere sog. virtuelle Währungen beziehen
Angesichts der Urteilsgründe und unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes werden auch andere sog. virtuelle Währungen den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt, soweit diese Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen.
Dementsprechend ist der Umtausch solcher sog. virtuellen Währungen in gesetzliche Zahlungsmittel und umgekehrt steuerbefreit. Dies gilt nicht für virtuelles Spielgeld (sog. Spielwährungen oder Ingame-Währungen, insbesondere in Onlinespielen), da dieses kein Zahlungsmittel i. S. d. MwStSystRL darstellt.
III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 7. Februar 2018 - III C 3 - S 7433/15/10001 (2018/0108025), BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, wird in Abschnitt 4.8.3 nach Absatz 3 folgender neuer Absatz 3a eingefügt:
„(3a) 1Sog. virtuelle Währungen (Kryptowährungen, z.B. Bitcoin) werden den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt, soweit diese sog. virtuellen Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Oktober 2015, C-264/14, Hedqvist, BStBl 2018 II S. xxx). 2Dies gilt nicht für virtuelles Spielgeld (sog. Spielwährungen oder Ingame-Währungen, insbesondere in Onlinespielen)."
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 8/18 vom 21.02.2018 zum Urteil IV R 23/14 vom 07.12.2017
Gerichte dürfen Verträge, die ausländischem Recht unterliegen, nicht nach deutschem Recht auslegen. Sie müssen daher nicht nur die ausländischen Rechtsnormen, sondern auch deren Anwendung in der Rechtspraxis ermitteln und haben hierfür ggf. einen Sachverständigen hinzuzuziehen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 7. Dezember 2017 IV R 23/14 entschieden hat.
Im Streitfall produzierte die Klägerin, eine deutsche Fondsgesellschaft, einen Spielfilm. Sie räumte die Rechte zur Verwertung des Films einem ausländischen Vertriebsunternehmen ein. Die Verträge waren im Wesentlichen kalifornischem Recht unterstellt.
Zwischen dem Finanzamt (FA) und dem Fonds bestand Streit darüber, ob und ggf. in welcher Höhe eine am Schluss der Vertragslaufzeit vom Vertriebsunternehmen zu leistende Zahlung in der Bilanz des Fonds bereits während der Laufzeit des Vertrags gewinnerhöhend auszuweisen war. FA und Finanzgericht (FG) hatten die Verträge nach den in Deutschland üblichen Methoden ausgelegt, während der BFH unter Beachtung der Vorgaben des Internationalen Privatrechts nun eine Auslegung nach kalifornischem Recht verlangt. Im Streitfall fehlten daher Feststellungen zu den Grundsätzen, nach denen Willenserklärungen und Verträge nach kalifornischem Recht auszulegen sind. Weiter geht es darum, ob das kalifornische Zivilrecht Begriffe wie "Fälligkeit" und "aufschiebende" sowie "auflösende Bedingung" kennt und ob es diesen Begriffen die gleiche Bedeutung wie das deutsche Zivilrecht beimisst. Zu klären ist auch, wie Begriffe wie "Call Option" und "Final Payment" nach kalifornischem Rechtsverständnis zu beurteilen sind.
Die Ermittlung ausländischen Rechts darf wegen der erforderlichen Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht vom Revisionsgericht selbst durchgeführt werden. Zuständig ist vielmehr das FG, an das das Verfahren wegen eines sog. Rechtsanwendungsfehlers trotz Fehlens einer diesbezüglichen Rüge zurückverwiesen wurde.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
EU-Kommission, Pressemitteilung vom 15.02.2018
Die Europäische Kommission hat am 15.02.2018 eine Konformitätsprüfung eingeleitet, um zu prüfen, ob die Mehrwertsteuererstattungen an Unternehmen in den EU-Mitgliedstaaten mit dem geltenden EU-Recht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang stehen.
Der fehlende Zugang zu einem einfachen und schnellen Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer kann erhebliche Auswirkungen auf die Cashflows und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen haben. Dies gilt insbesondere für die kleinsten Unternehmen, die es sich nicht leisten können, lange und beschwerliche Verfahren durchlaufen zu müssen, um die Mehrwertsteuer zu erhalten, die ihnen vom Staat geschuldet wird.
In den nächsten acht Monaten werden die Steuervorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten überprüft, um sicherzustellen, dass die Erstattungsverfahren es den Unternehmen ermöglichen, Mehrwertsteuerguthaben sowohl im eigenen Land als auch in anderen EU-Ländern schnell und einfach zurückzufordern. In der Studie wird beispielsweise untersucht, wie lange es dauert, bis die Verfahren in jedem Land abgeschlossen sind, und welche unnötigen Hürden im System bestehen, die finanzielle Risiken für die Unternehmen mit sich bringen können. Die Kommission könnte beschließen, bei Verstößen gegen die Vorschriften Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.
Diese Maßnahme ist Teil der Bemühungen der Kommission um einen einheitlichen Mehrwertsteuerraum , in dem der Verwaltungsaufwand für die Unternehmen, insbesondere für Kleinstunternehmen und KMU, drastisch reduziert wird.
Quelle: EU-Kommission
Steueränderungen
CDU/CSU und SPD haben sich am 07.02.2018 auf einen Koalitionsvertrag für eine neue Große Koalition geeinigt. Dabei wurden einige Aspekte für die Steuerpolitik, die bereits im Sondierungspapier enthalten waren, und weitere steuerpolitische Ziele aufgenommen.
Hier ein Überblick über die wesentlichen Vorhaben:
Es ist vorgesehen, dass die CDU über den Koalitionsvertrag am 26.02.2018 abstimmt. In der SPD soll die Basis entscheiden, das Votum vom 20.02. bis 02.03.2018 stattfinden, die Ergebnisverkündung am 04.03.2018 sein.
Quelle: DATEV eG
Einkommensteuer
Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für private Fahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte/erster Tätigkeitsstätte und Familienheimfahrten - Nutzung von Brennstoffzellenfahrzeugen
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 - S-2177 / 13 / 10002 vom 24.01.2018
Mit dem Bezugsschreiben vom 5. Juni 2014 (BStBl I S. 835) wurde in der Fußnote 1 darauf hingewiesen, dass für Brennstoffzellenfahrzeuge ergänzende Regelungen aufgenommen werden, sobald diese allgemein marktgängig sind. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG für Brennstoffzellenfahrzeuge wie folgt Stellung:
Die Regelungen im BMF-Schreiben vom 5. Juni 2014 (a. a. O.) sind auch für Brennstoffzellenfahrzeuge anzuwenden. Der Batteriekapazität von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen ist bei Brennstoffzellenfahrzeugen die im Fahrzeug gespeicherte Energie vergleichbar. Dieser Wert wird in der Zulassungsbescheinigung Teil 1 in Ziffer 22 angegeben und ist für die Ermittlung der Minderungsbeträge heranzuziehen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Erbschaft-/Schenkungsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 5/18 vom 24.01.2018 zu den Urteilen II R 54/15, II R 32/16 und II R 42/16 vom 13.09.2017
Zahlt eine GmbH unter Mitwirkung des Gesellschafters einen überhöhten Mietzins oder Kaufpreis an eine dem Gesellschafter nahestehende Person, liegt hierin keine Schenkung der GmbH an die nahestehende Person. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit drei Urteilen vom 13. September 2017 II R 54/15, II R 32/16 und II R 42/16 unter Änderung der rechtlichen Beurteilung entschieden hat, kann vielmehr eine Schenkung des Gesellschafters an die ihm z. B. als Ehegatte nahestehende Person gegeben sein.
In den Streitfällen II R 54/15 und II R 32/16 hatten die Kläger Grundstücke an eine GmbH vermietet. Sie waren jeweils die Ehegatten der Gesellschafter der GmbH. Die Gesellschafter hatten die Verträge mit unterschrieben oder als Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossen. Im Streitfall II R 42/16 veräußerte der Kläger Aktien an eine GmbH. Er war der Bruder des Gesellschafters, der den Kaufpreis bestimmt hatte. Die bei den GmbHs durchgeführten Außenprüfungen ergaben, dass Mietzins und Kaufpreis überhöht waren und insoweit ertragsteuerrechtlich verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbHs an ihre Gesellschafter vorlagen. Die Finanzämter sahen die überhöhten Zahlungen zudem schenkungsteuerrechtlich als gemischte freigebige Zuwendungen der GmbHs an die nahestehenden Personen an und besteuerten diese nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG).
Der BFH ist dem aufgrund einer geänderten Beurteilung nicht gefolgt (vgl. zur bisherigen Rechtsprechung BFH-Urteil vom 7. November 2007 II R 28/06, BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258). Die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist danach keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. Die Mitwirkung des Gesellschafters kann darin bestehen, dass er den Vertrag zwischen GmbH und nahestehender Person als Gesellschafter-Geschäftsführer abschließt, als Gesellschafter mit unterzeichnet, dem Geschäftsführer eine Anweisung zum Vertragsabschluss erteilt, in sonstiger Weise auf den Vertragsabschluss hinwirkt oder diesem zustimmt.
Grund für die Zahlung des überhöhten Mietzinses oder Kaufpreises durch die GmbH an den Ehegatten oder Bruder ist in einem solchen Fall das bestehende Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und ihrem Gesellschafter. Dies gilt auch, wenn mehrere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind und zumindest einer bei der Vereinbarung zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat. Ist ein Gesellschafter über eine Muttergesellschaft an der GmbH beteiligt, gelten die Rechtsgrundsätze entsprechend, wenn er an dem Vertragsabschluss zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat.
In diesen Fällen kann jedoch der Gesellschafter selbst Schenker i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein. Ob tatsächlich eine Schenkung zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person vorliegt, hängt von der Ausgestaltung der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehung ab. Hier sind verschiedene Gestaltungen denkbar (z. B. Schenkungsabrede, Darlehen, Kaufvertrag). Hierüber hatte der BFH in den Streitfällen nicht abschließend zu entscheiden.
Quelle: BFH
Bewertungsgesetz
DStV, Mitteilung vom 22.01.2018
Mit Blick auf die vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahren hatte die Politik viel Zeit, die Reformierung der Einheitsbewertung für die Grundsteuer zum Abschluss zu bringen: Verfassungsbeschwerden aus den Jahren 2011 und 2012 rügten, die Bewertungsgrundlagen für die Grundsteuer seien ab dem Stichtag 01.01.2002 bzw. 01.01.2006 verfassungswidrig (Az. 1 BvR 639/11 und 889/12). In 2014 legte der Bundesfinanzhof (BFH) nach: In seinen Vorlagebeschlüssen führte er aus, die Vorschriften über die Einheitsbewertung seien (spätestens) ab dem Bewertungsstichtag 01.01.2008 bzw. 2009 nicht mehr verfassungsgemäß (Az. 1 BvL 11/14, 12/14 und 1/15). Die Maßgeblichkeit der Wertverhältnisse am Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 führe für die Einheitsbewertung zu Folgen, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht mehr vereinbar seien.
Nun wird es für den Gesetzgeber eng: Der Erste Senat des BVerfG führte am 16.01.2018 eine mündliche Verhandlung über die Richtervorlagen und Verfassungsbeschwerden durch. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) nahm als Sachverständiger, vertreten durch die Leiterin der Steuerabteilung RAin/StBin Sylvia Mein, an der Verhandlung teil. Die kontrovers geführten Erörterungen zeigten sehr deutlich, wohin die Reise gehen könnte. Im Fokus standen dabei Fragen zu Wertverzerrungen durch den Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 und deren Rechtfertigung, zu einem etwaigen Vollzugsdefizit und zur Tenorierung. Nach der Verhandlung dürfte es nur noch wenige Monate bis zu den Urteilsverkündungen dauern.
Der Hauptfeststellungszeitpunkt 1935 sei angesichts der Sachverhalte der zu beurteilenden Verfahren nicht Gegenstand der Entscheidungen des BVerfG, so der Berichterstatter des BVerfG, BVR Prof. Dr. Michael Eichberger, in seinen einleitenden Worten. Das BVerfG sehe darüber hinaus keinen Erörterungsbedarf zu der Zweiteilung der Bewertungsmethoden in Ertrags- und Sachwertverfahren. Wie der DStV in seinen Stellungnahmen S 11/14 und S 08/15 zu den anhängigen Verfahren herausarbeitete, könne auch nach der Auffassung des BVerfG in der Differenzierung kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gesehen werden. Insoweit verwies Prof. Dr. Eichberger auf die Ausführungen im BVerfG-Urteil vom 10.02.1987 (Az. 1 BvL 18/81 ).
Der Bevollmächtigte eines Beschwerdeführers forderte in seinem Eingangsstatement, dass die Erhebung der Grundsteuer für den Fall, dass das BVerfG die gegenwärtige Rechtslage als verfassungswidrig einstuft, sofort eingestellt werden müsse. Damit den Gemeinden nicht abrupt der Geldhahn zugedreht werde, müssten Finanzausgleichsströme bewirkt werden. Nach dem Gesetzentwurf des Bundesrats zur Reformierung der Grundsteuer aus 2016 ( BT-Drs. 18/10753 ) könnte das neue Recht allerdings erst nach 10 Jahren seine praktische Wirkung entfalten. Ein weiterer Bevollmächtigter erachtete eine entsprechende, vom BVerfG auszusprechende Fortgeltungsdauer für die gegenwärtigen Vorschriften von 10 Jahren für nicht hinnehmbar. Würde das BVerfG einen entsprechenden Zeitraum anordnen, stelle dies eine massive Entwertung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes dar. Nur eine kurze Frist werde den Gesetzgeber dazu bewegen, ein transparentes und einfaches Bewertungsverfahren für das Grundvermögen auf den Weg zu bringen. Ein langer Fortgeltungszeitraum provoziere hingegen ein erneut kompliziertes und komplexes Verfahren.
Die Bundesregierung wurde durch Dr. Michael Meister, den Parlamentarischen Staatssekretär beim BMF, vertreten. Nach seinem Eingangsstatement seien die Vorschriften zur Ermittlung des Einheitswerts gerade noch mit der Verfassung im Einklang. Der geringen Belastungswirkung für den einzelnen Steuerpflichtigen stehe die hohe finanzielle Bedeutung des Aufkommens für die Gemeinden und der hohe administrative Aufwand im Massenverfahren gegenüber. Mit einem weitgehend konjunkturunabhängigen Aufkommen von 13,7 Mrd. Euro in 2016 sei die Grundsteuer für die Gemeinden nach der Gewerbesteuer und dem Anteil an der Einkommensteuer die drittwichtigste Steuer. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass der technische Anpassungsbedarf zur Erfassung und Bewertung von mehr als 35 Millionen Einheiten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei. Diese Abwägungen führten zur Verhältnismäßigkeit der geltenden Rechtslage.
Im Zusammenhang mit der Frage nach einer etwaigen Fortgeltungsdauer betonte die Bundesregierung, dass gewährleistet werden müsse, dass die Gemeinden keine Jahre ohne Aufkommen aus der Grundsteuer treffen. Die Bundesregierung stellte zur Bestimmung der Dauer auf das Credo ab: Je komplexer die materiell-rechtlichen Vorgaben seien, umso länger sei der zeitliche Umsetzungsbedarf. Eine Fortgeltungsdauer von 10 Jahren rechtfertige sich durch die Mehrstufigkeit des Reformvorhabens: In einem ersten Schritt müssten die Bewertungsregelungen durch gesetzgeberische Maßnahmen angepasst werden. 5 bis 7 Jahre seien für die Automatisierung des Verfahrens notwendig. Erst wenn danach die Höhen der einzelnen Einheitswerte feststünden, könne mit der geplanten Anpassung der Steuermesszahlen und der Hebesätze im Sinne der von der Politik beabsichtigten Aufkommensneutralität nachjustiert werden.
Für die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Berlin sprachen deren Finanzstaatssekretäre Dr. Stephan Weinberg, Dr. Patrick Opdenhövel und Dr. Margaretha Sudhof. Sie stellten die komplexen Reformüberlegungen des Bundesrats im Detail vor. Dabei arbeiteten sie anschaulich heraus, warum ein Umsetzungsprozess von 10 Jahren erforderlich sei. Dies liege maßgeblich an dem Aufbau einer neuen automationsgestützten Infrastruktur, der Einrichtung einer Grundstücksdatenbank und reibungslos laufender Verknüpfungen zwischen den unterschiedlichen IT-Landschaften der einzelnen Länder. Auf Basis der gegenwärtigen Rechtslage sei bereits vor einigen Jahren mit der Entwicklung technischer Systeme begonnen worden. Für sie sei eine Pilotierung in 2019 bzw. 2020 geplant.
Deutliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gegenwärtigen Rechtslage zeigte das BVerfG durch seine Fragen zur Rechtfertigung etwaiger Wertverzerrungen aufgrund des Hauptfeststellungszeitpunkts 01.01.1964. Im Zentrum standen unter anderem die Fragen, ob die gegenwärtige Rechtslage überhaupt zu Wertverzerrungen führe und wie großzügig der Typisierungsspielraum des Gesetzgebers sei.
Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, Ludwig-Maximilians-Universität München, hob als Vertreter der Bundesregierung hervor, dass es zur Beurteilung einer Wertverzerrung eines Bezugspunktes bedürfe. In der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung werde unterstellt, dass dieser Bezugspunkt der Verkehrswert sein müsse. Nach der Rechtsprechung sei die Orientierung am Verkehrswert bei der Grundsteuer als Einvermögensteuer jedoch nicht zwingend. In diesem Bereich stehe dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungs- bzw. Typisierungsspielraum zu. Anfangs möge die Entscheidung zwar in Richtung Verkehrswert ausgefallen sein. Der Gesetzgeber habe seine Entscheidung jedoch im Laufe der Jahre schrittweise relativiert und den Typisierungsspielraum durch die Aussetzung der sechsjährigen Festsetzungsfrist genutzt. Darüber hinaus müsse nach Drüen nicht die Frage nach der Bewertungsgleichheit, sondern die nach der Belastungsgleichheit betrachtet werden. Der Einheitswert sei nur die erste Stufe auf dem Weg zur Belastungsgleichheit. Einzubeziehen seien darüber hinaus die korrigierende Wirkung durch die Steuermesszahl und die Hebesätze. Ziel des Gesetzgebers sei es bei Einführung des Systems gewesen, die Belastungsgleichheit durch das Zusammenwirken der drei Ebenen herzustellen.
Diese Begründungsansätze schienen das BVerfG nicht zu überzeugen: Zwar sei zutreffend, dass zur Beurteilung von Wertverzerrungen im Rahmen der Grundsteuer nicht der Verkehrswert zwingend als Bezugsgröße heranzuziehen sei. Dennoch liege dem geltenden System nach wie vor das Ziel zugrunde, ökonomisch realitätsgerechte Werte und in diesem Sinne den Verkehrswert abzubilden. So seien die Aktualisierung und eine periodische Feststellung der Werte nach wie vor im Gesetz angelegt. Die angeführte schrittweise Relativierung der Entscheidung des Gesetzgebers hätte nicht allein durch eine Aussetzung der Feststellungsfrist, sondern vielmehr durch eine Umstellung der materiell-rechtlichen Grundlagen erfolgen müssen. Das BVerfG suche - trotz der Ausführungen der Bundesregierung - immer noch arg nach einer Richtungsänderung im bestehenden System. Nach Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des BVerfG und Vorsitzender des Ersten Senats, lasse sich wohl nicht bestreiten, dass eine ökonomisch realitätsgerechte Abbildung der Werte durch das Abstellen auf die Wertverhältnisse am 01.01.1964 nicht mehr gegeben sei. Die Steuermesszahl und die Hebesätze seien als Korrektiv nicht ausreichend.
Weniger bedeutsam schien dem BVerfG die Frage nach einem strukturellen Vollzugsdefizit. Dieses könnte beispielsweise durch das Fehlen einer Deklarationspflicht des Steuerpflichtigen begründet sein. Nach dem Vertreter der Bundesregierung und der Vertreterin des Finanzministeriums Hamburg würden die verwaltungsinternen Informationsmöglichkeiten, wie die Angaben in den Steuererklärungen beispielsweise zu Anschaffungskosten oder zu Modernisierungsmaßnahmen, genutzt. Auch die Mitteilungen der Baubehörden würden Nachfeststellungen anstoßen. Es gäbe allenfalls Ineffizienzen, die das für das Massenverfahren übliche Maß nicht überstiegen. Weiteren Erörterungsbedarf sah das Gericht nicht.
Die Erörterungen über die Rechtsfolgen bei einem unterstellten Verfassungsverstoß offenbarten eindrucksvoll die Bedenken einzelner Richter des Ersten Senats angesichts der Untätigkeit des Gesetzgebers in den letzten 40 Jahren. Zudem brachte die mehrfach gestellte Frage, wie schnell eine Reform machbar wäre, die Zweifel an dem Wunsch nach einer Fortgeltungsdauer von 10 Jahren zum Ausdruck.
Nach Prof. Dr. Kirchhof hätte der Gesetzgeber über eine Zeitspanne von 10 Legislaturperioden längst handeln können. Jahressteuergesetze würden beispielsweise flott verabschiedet, sobald das Jahresende naht. BVR Prof. Dr. Andreas L. Paulus brachte auf den Punkt, dass es eine Fortgeltungsdauer von 10 Jahren bisher in der Rechtsprechung der BVerfG nicht gab. Sollte ein solches Exempel statuiert werden, würde dies das Vertrauen des BVerfG voraussetzen, dass „…die Reform gleich um die Ecke komme". Dies sei eher nicht zu erwarten, da seit der Einbringung des Vorschlags des Bundesrats in den Deutschen Bundestag in 2016 wieder nichts passiert sei. Zudem seien sich die Länder nach wie vor untereinander nicht einig.
Die Bundesregierung und Vertreter der Länder gingen bei ihren Erwiderungen umfassend auf die Schwierigkeiten der Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens ein. Sie erklärten, welche Verfahrensschritte im Rahmen von KONSENS zu beachten seien. Weiter räumten sie ein, dass die personellen IT-Kapazitäten bisher vornehmlich für die großen Steuern, wie die Einkommensteuer, eingesetzt wurden. Zudem sei nicht die finanzielle Ausstattung das Problem, sondern vielmehr der Mangel an Spezialisten, die an der Schnittstelle von IT und Recht einsetzbar wären. Schließlich sei eine großzügige Fortgeltungsfrist erforderlich, weil im Falle eines kurzen Zeitraums eine Zwischenlösung gefunden werden müsse. Dies müsse unbedingt vermieden werden: Die erlangte politische Einigung auf Länderebene würde dann auf null zurückgesetzt. IT-Personal, welches für die langfristige Lösung benötigt werde, müsse für die Umsetzung der Zwischenlösung eingesetzt werden. Dies verzögere die angestrebte, langfristige Lösung.
Bemerkenswert klar deutete das BVerfG an, dass sowohl die Komplexität der neuen Rechtsgrundlagen als auch die damit verbundenen IT-Umsetzungsmaßnahmen verfassungsrechtlich nicht vorgegeben seien. Auch die Aufkommensneutralität, welche durch eine Reformierung des Steuermesszahlen-Systems und die Anpassung der Hebesätze erreicht werden soll, sei ein rein politisches Ziel. Denkbar wäre demgegenüber ein einfaches System, welches innerhalb einer kurzen Frist einführbar wäre.
In diesem Kontext erschienen die Schlussworte des Hamburger Finanzsenators, Dr. Peter Tschentscher, wie die Lösung aller Probleme: Nicht nur die IT-Umsetzungsmaßnahmen kennzeichnen die Schwierigkeiten des Gesetzentwurfes des Bundesrats. Anhand eines Rechenbeispiels zeigte er zudem auf, dass auf Mieter von Wohnungen in Ballungsräumen oder Großstädten massive Mehrkosten zukämen. In dem Hamburger Stadtteil Barmbek würden die Mietnebenkosten um rund 300 Euro pro Monat steigen. Ausweg aus dem Dilemma sei allein ein von Hamburg präferiertes Flächenmodell. Damit würde der für die Mieter unzumutbare Anstieg der Grundsteuer vermieden. Ein solcher Gesetzesvorschlag könnte gleichfalls in einer angemessen kurzen Frist umgesetzt werden.
Am Ende der intensiv geführten Verhandlung steht fest, dass das BVerfG mit seiner Entscheidung nicht nur grundlegende verfassungsrechtliche Fragestellungen beantworten wird. Durch die Untätigkeit und Gespaltenheit der gesetzgeberischen Entscheidungsträger gerät das BVerfG zwischen die politischen Fronten: Die Fortgeltungsdauer für die geltenden Regelungen bei einem unterstellten Verfassungsverstoß wird die politische Entscheidung für eines der diskutierten Reformmodelle maßgeblich bestimmen. Darüber hinaus bleibt abzuwarten, ob das BVerfG die grundsätzlich als Ausnahme konzipierte Anordnung der Fortgeltung auf ein bisher nicht da gewesenes Ausmaß ausweitet - dies aufgrund des politischen Unvermögens zur Einigung.
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.
Förderprogramme
DStV, Mitteilung vom 15.01.2018
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die sich von ihrem Steuerberater über die reine steuerliche Beratung hinaus auch in betriebswirtschaftlichen Fragen beraten lassen, können hierfür besondere Zuschüsse des Bundes im Rahmen des Programms „Förderung unternehmerischen Know-hows" erhalten. Dies haben das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das über die Bewilligung der Zuschüsse entscheidet, auf Nachfrage des DStV nochmals ausdrücklich bestätigt.
Die betriebswirtschaftliche Beratung durch Steuerberater werde grundsätzlich als förderungsfähige Unternehmensberatung im Sinne der einschlägigen Förderrichtlinien gewertet. Eine gute Nachricht für die Berufsangehörigen und ihre Mandanten: Denn Steuerberater beraten nicht nur etablierte Unternehmen, sondern verstärkt auch junge Unternehmen in der Gründungsphase, die eine qualifizierte Beratung und Unterstützung in betriebswirtschaftlichen Fragen besonders benötigen. Aber auch Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlichen Schieflage befinden, können von einer Förderung profitieren. Gerade mittelständisch geprägte Unternehmen sehen ihren Steuerberater als ihren ersten Ansprechpartner und engsten Vertrauten in Sanierungsfragen. Sein Wissen und die Kenntnis der Unternehmensstrukturen geben ihm die Möglichkeit, dem Mandanten zielgerichtet Anregungen für die Entwicklung des Unternehmens zu geben.
Der DStV begrüßt ausdrücklich, dass der Bund über seine öffentlichen Förderprogramme besondere Beratungszuschüsse für einen breiten Kreis von Unternehmen gewährt. Insbesondere das angesprochene Programm „Förderung unternehmerischen Know-hows" bietet den KMU die nötige Unterstützung, um qualifizierte Beratungsleistungen in Anspruch nehmen zu können.
Weitere Informationen zur Förderung von Beratungsleistungen des Steuerberaters Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
Quelle: DStV
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 4/18 vom 10.01.2018 zum Urteil III R 19/16 vom 14.09.2017
Die Kindergeldgewährung aufgrund einer Berufsausbildung endet nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses einer Abschlussprüfung, sondern erst mit dem späteren Ablauf der gesetzlich festgelegten Ausbildungszeit. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. September 2017 III R 19/16 zu § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Im Streitfall absolvierte die Tochter des Klägers eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin, die nach der einschlägigen landesrechtlichen Verordnung drei Jahre dauert. Der Ausbildungsvertrag hatte dementsprechend eine Laufzeit vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2015. Die Tochter bestand die Abschlussprüfung im Juli 2015; in diesem Monat wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Die Kindergeldgewährung setzte voraus, dass sich die Tochter in Berufsausbildung befand (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Die Familienkasse ging davon aus, dass eine Berufsausbildung bereits mit Ablauf des Monats endet, in dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird, sodass es nicht auf das Ende der durch Rechtsvorschrift festgelegten Ausbildungszeit ankommt.
Die Familienkasse hob daher die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2015 auf und verwies hierzu auf die Rechtsprechung des BFH, der zufolge eine Ausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet. Der Kläger wandte sich dagegen und erstritt vor dem Finanzgericht das Kindergeld für den Monat August. Die Revision der Familienkasse hatte keinen Erfolg.
Der BFH hat mit dem neuen Urteil seine Rechtsprechung zur Dauer der Berufsausbildung präzisiert. In den bislang entschiedenen Fällen war die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt des Ausbildungsverhältnisses. Hiervon unterscheidet sich der Streitfall, weil hier das Ausbildungsende durch eine eigene Rechtsvorschrift geregelt ist. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Heilerziehungspflegeverordnung des Landes Baden-Württemberg dauert die Fachschulausbildung zur Heilerziehungspflegerin drei Jahre. Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), der zufolge eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, war nicht einschlägig, da die Ausbildung an einer dem Landesrecht unterstehenden berufsbildenden Schule absolviert wurde, sodass das BBiG nicht anwendbar war. Damit endete die Berufsausbildung nicht im Juli 2015, sondern erst mit Ablauf des Folgemonats.
Quelle: BFH
EU-Recht
EU-Kommission, Pressemitteilung vom 03.01.2018
Seit dem 1. Januar gelten neue Vorschriften zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Die neuen Regeln sollen den Steuerbehörden bei der Bekämpfung der durch die Paradies-Papiere aufgedeckten Strukturen zur Steuerhinterziehung und Steuervermeidung einen wichtigen Impuls geben. „Wir wollen den Steuerbehörden die entscheidenden Informationen über die Personen geben, die hinter einem Unternehmen oder einer Stiftung stehen. Nur so können sie Steuerhinterzieher identifizieren und bekämpfen", so Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll.
Die neuen geänderten Vorschriften, die in der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung verankert sind, werden den Steuerbehörden den dringend benötigten Zugang zu Informationen über die tatsächlichen Eigentümer von Unternehmen, Trusts und Fonds ermöglichen und es ihnen ermöglichen, schnell und effizient auf Fälle von Steuerhinterziehung und -umgehung zu reagieren.
Quelle: EU-Kommission
Einkommensteuer
Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung und anderer Verordnungen vom 7. Dezember 2017 (BGBl. I Seite 3906)
BMF, Schreiben IV C 5 - S-2334 / 08 / 10005-10 vom 21.12.2017
Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV) zu bewerten. Dies gilt ab 1. Januar 2014 gemäß § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushalts-ührung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, wenn der Preis der Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt. Die Sachbezugswerte ab Kalenderjahr 2018 sind durch die Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung und anderer Verordnungen vom 7. Dezember 2017 (BGBl. I Seite 3906) festgesetzt worden. Demzufolge beträgt der Wert für Mahlzeiten, die ab Kalenderjahr 2018 gewährt werden,
Im Übrigen wird auf R 8.1 Abs. 7 und 8 LStR 2015 sowie auf das BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts vom 24. Oktober 2014 (BStBl I Seite 1412) hingewiesen.
Quelle: BMF
Neuerungen 2018
BMF, Mitteilung vom 19.12.2017
Höhere Freibeträge, mehr Kindergeld, Verbesserung der Altersvorsorge und Maßnahmen gegen Steuervermeidung und Steuerbetrug. Zu Jahresbeginn gibt es regelmäßig Änderungen, die sich auf den Alltag der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen in unterschiedlicher Weise auswirken. Das BMF hat die wichtigsten Neuerungen zusammengestellt.
2018 werden die Steuerpflichtigen um 4,1 Milliarden Euro entlastet. Davon profitieren insbesondere Familien und Arbeitnehmer. Folgende steuerliche Entlastungen wird es geben:
Bezüglich des Kindergeldes ist zu beachten, dass Kindergeld nur noch für höchstens 6 Monate rückwirkend beantragt werden kann (bisher 4 Jahre). Riester-Sparer sollten daran denken, die Beitragszahlung anzupassen, wenn sich ihre Einkommens- und Familienverhältnisse ändern. Denn um die volle Zulagenförderung zu erhalten, muss der unmittelbar Begünstigte in dem Beitragsjahr den erforderlichen Mindesteigenbeitrag erbringen. Die erhöhte Zulage wird erstmals für das Beitragsjahr 2018 gezahlt, die Gutschrift erfolgt jedoch erst nach Ablauf des Beitragsjahres und damit frühestens 2019.
Im Bereich der Altersvorsorge treten weitere Verbesserungen in Kraft. Ist der monatliche Rentenanspruch bei einem Riester-Vertrag sehr gering, hat der Anbieter das Recht, diesen Rentenanspruch mit einer Einmalzahlung zu Beginn der Auszahlungsphase abzufinden (sog. Kleinbetragsrentenabfindung). Diese Einmalzahlung wird ab dem 1. Januar 2018 ermäßigt besteuert (entsprechende Anwendung der sog. „Fünftelregelung"). Außerdem müssen neue zertifizierte Altersvorsorgeverträge ein Wahlrecht vorsehen, ob ein Riester-Sparer die Abfindung seiner Kleinbetragsrente zu Beginn der Auszahlungsphase erhalten möchte oder zum 1. Januar des darauffolgenden Jahres. Eine Verschiebung kann sich auszahlen, wenn die übrigen Einkünfte im Folgejahr geringer sind.
Einkommen aus zusätzlicher Altersvorsorge wird bei der Berechnung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht mehr voll angerechnet: Künftig wird ein monatlicher Sockelbetrag von 100 Euro aus zusätzlicher Altersvorsorge nicht auf die Leistungen der Grundsicherung angerechnet. Ist die Riester-Rente höher als 100 Euro, ist der übersteigende Betrag zu 30 % anrechnungsfrei. Insgesamt ist der Freibetrag auf 50 % der Regelbedarfsstufe 1 (dies entspricht 2018 einem Betrag von 208 Euro) begrenzt. Der Freibetrag ist ein wichtiges Signal, dass sich die zusätzliche Altersvorsorge in jedem Fall lohnt.
Auch in der betrieblichen Altersversorgung besteht die Möglichkeit, die Riester-Förderung in Anspruch zu nehmen. Leistungen aus der so geförderten betrieblichen Altersversorgung unterliegen in der Auszahlungsphase künftig nicht mehr der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Bislang unterlagen bei der betrieblichen Altersversorgung mit Riester-Förderung sowohl die Einzahlungen als auch die daraus resultierenden Leistungen dieser Beitragspflicht. Diese sog. „Doppelverbeitragung" ist abgeschafft.
Ab 2018 können internationale Konzerne Ausgaben für die Überlassung von Rechten (zum Beispiel Patente, Lizenzen) in Deutschland steuerlich nur noch beschränkt berücksichtigen, wenn die Zahlungen im Ausland im Rahmen schädlicher Präferenzregime (sog. „IP-Boxen", „Lizenzboxen" oder „Patentboxen") nicht oder niedrig besteuert werden. Unter Präferenzregime versteht man eine von der Regelbesteuerung abweichende Besteuerung im Ausland. Die Regelung knüpft an die Vereinbarungen der Staaten des G20/OECD-Projekts gegen „Base Erosion and Profit Shifting" (BEPS) im Kampf gegen Steuervermeidung und Steuergestaltung an.
Ab dem kommenden Jahr kann ein Amtsträger der Finanzbehörde unangekündigt eine Kassen-Nachschau durchführen. Damit besteht ein deutlich erhöhtes Entdeckungsrisiko, sollten die Kassenaufzeichnungen manipuliert worden sein. Denn aufgrund der fortschreitenden Technisierung ist es heutzutage möglich, dass digitale Grundaufzeichnungen, z. B. in elektronischen Registrierkassen, unerkannt gelöscht oder geändert werden können. Sofern Feststellungen Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung übergegangen werden.
Im Bereich der Zahlungsdienste treten ab dem 13. Januar 2018 Maßnahmen mit dem Ziel in Kraft, den Rechtsrahmen für Zahlungsdienste an den technologischen Fortschritt anzupassen, die Sicherheit von Zahlungen zu verbessern und die Rechte der Kundinnen und Kunden bei der Nutzung von Zahlverfahren zu stärken. So werden Drittdienstleister (sog. „Zahlungsauslösedienstleister" und „Kontoinformationsdienstleister") dem Aufsichtsregime der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstellt. Sie erbringen Zahlungsdienste für Verbraucher oder Unternehmen auf der Grundlage des Zugangs zu ausgewählten Kontoinformationen - sofern der Kontoinhaber einwilligt - und müssen besondere Sicherheitsanforderungen - vor allem an IT- und Datensicherheit - erfüllen. Des Weiteren erfordern künftig bestimmte Vorgänge im elektronischen Zahlungsverkehr eine sogenannte „starke Kundenauthentifizierung", das bedeutet eine Legitimation über zwei Komponenten wie Karte und PIN.
Bereits seit Ende 2014 gibt es die sog. PRIIPs-Verordnung für verpackte Anlageprodukte. "PRIIPs" ist die Abkürzung für "Packaged Retailand Insurance-based Investment Products" und als "verpackt" gelten Produkte, die das Geld der Kunden indirekt am Kapitalmarkt anlegen oder deren Rückzahlungsanspruch in sonstiger Weise an die Wertentwicklung bestimmter Papiere oder Referenzwerte gekoppelt ist. Um mehr Transparenz für die Verbraucher zu schaffen, ist ab 2018 allen Kleinanlegern, die sich über ein solches Produkt informieren möchten, ein einheitliches Basisinformationsblatt zur Verfügung zu stellen. Die Informationen umfassen die wichtigsten Merkmale der jeweiligen Produkte, insbesondere deren Risiken und Kosten. Durch die Standardisierung der Informationen wird die Vergleichbarkeit der Produkte erhöht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 77/17 vom 20.12.2017 zum Urteil VIII R 13/15 vom 24.10.2017
Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 24. Oktober 2017 VIII R 13/15 für den Fall der Insolvenzeröffnung beim Darlehensnehmer zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Im Urteilsfall gewährte der Kläger einem Dritten in 2010 ein verzinsliches Darlehen. Seit August 2011 erfolgten keine Rückzahlungen mehr. Über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete die noch offene Darlehensforderung zur Insolvenztabelle an und machte den Ausfall der Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Dem folgten Finanzamt und Finanzgericht (FG) nicht.
Die Revision hiergegen hatte Erfolg. Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Nach seinem Urteil soll mit der Einführung der Abgeltungsteuer seit 2009 eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden. Nach dem Urteil des BFH wird damit die traditionelle Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben. In der Folge dieses Paradigmenwechsels führt der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Verlust. Insoweit ist nunmehr eine Rückzahlung der Kapitalforderung, die -ohne Berücksichtigung der in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gesondert erfassten Zinszahlungen- unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibt, dem Verlust bei der Veräußerung der Forderung gleichzustellen.
Wie die Veräußerung ist nach dem Urteil des BFH auch die Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung. Danach liegt ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist. Hierzu hat das FG in einem zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.
Inwieweit diese Grundsätze auch für einen Forderungsverzicht oder etwa den Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft gelten, hatte der BFH nicht zu entscheiden. Auch in diesem Bereich dürfte jedoch die mit der Abgeltungsteuer eingeführte Quellenbesteuerung die traditionelle Beurteilung von Verlusten beeinflussen.
Quelle BFH
Weihnachtsfriede
Bayerische Steuerverwaltung unterlässt Vollstreckungsmaßnahmen - Finanzministerium unterstützt Beamten-Witwen
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Pressemitteilung vom 07.12.2017
Ihre gute Tradition behalten die Finanzämter in Bayern bei. Auch in diesem Jahr wird der „Weihnachtsfrieden" gewahrt. „Diese bürgerfreundliche Praxis der Steuerverwaltung hat sich bewährt", betonte Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder am 07.12.2017. Die Mitarbeiter der bayerischen Finanzverwaltung sehen vom 21. Dezember 2017 bis einschließlich Neujahr von allen Maßnahmen ab, die in der Weihnachtszeit als Belastung empfunden werden können. Die Finanzämter werden während dieser Zeit z. B. keine Außenprüfungen beginnen und keine Vollstreckungsmaßnahmen durchführen. Ausnahmen werden nur gemacht, wenn etwa wegen drohender Verjährung Steuerausfälle vermieden werden müssen. Steuerbescheide werden jedoch auch während des „Weihnachtsfriedens" versandt. Dieses Entgegenkommen führt im Übrigen zu keinen Steuerausfällen.
Erneut unterstützt Finanzminister Söder auch in diesem Jahr wieder 20 besonders unterstützungsbedürftige Angehörige ehemaliger bayerischer Beamter mit insgesamt 2.000 Euro. Die in unterschiedlichen Regionen des Freistaats lebenden Witwen erhalten eine Weihnachtsspende von je 100 Euro. Sie leben beispielweise in Landshut, Regensburg oder Deggendorf. In diesem Jahr liegt dabei der Schwerpunkt der Empfänger der Weihnachtsspende in Niederbayern und in der Oberpfalz nach Oberbayern (2016) und Franken (2015). Seit mehr als 40 Jahren gibt es diese besondere Weihnachtstradition.
Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Finanzen
Kassenführung
DStV, Mitteilung vom 07.12.2017
In Betrieben mit überwiegendem Bargeldverkehr nutzen Kunden häufig die Möglichkeit, ihre Zahlungen bargeldlos mit EC-Karte abzuwickeln. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich nun zur Buchung dieser EC-Kartenumsätze in der Kassenführung geäußert.
Regelmäßig werden EC-Kartenumsätze in der Buchführung wie folgt gebucht: Die täglichen Umsätze werden in der Tageslosung erfasst. Vielfach werden hierbei jedoch nicht nur bare Geschäftsvorfälle festgehalten. Vielmehr wird der Gesamtbetrag inklusive der bargeldlosen Geschäftsvorfälle (EC-Kartenzahlungen) im Kassenbuch aufgezeichnet und die EC-Zahlungen quasi als „Ausgabe" wieder ausgetragen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird sodann der Gesamtbetrag entsprechend im Kassenkonto gebucht und die EC-Kartenumsätze über das Geldtransitkonto ausgebucht (durchlaufender Posten).
Nachdem sich aus dem Kreise der Mitglieder Nachfragen zu diesem Prozedere ergeben haben, hat sich der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) in einem Fachgespräch an das BMF gewandt. Das BMF hat nun in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder seine Rechtsauffassung zu diesen Praxisabläufen in einem Schreiben vorgetragen:
Bare und unbare Geschäftsvorfälle seien in der Regel getrennt zu buchen. Im Kassenbuch seien nur Bareinnahmen und Barausgaben zu erfassen. Die Erfassung unbarer Geschäftsvorfälle im Kassenbuch stellt nach Auffassung des BMF einen formellen Mangel dar. Sie widerspreche dem Grundsatz der Wahrheit und Klarheit einer kaufmännischen Buchführung. Die steuerrechtliche Würdigung eines Sachverhalts hänge jedoch von den Umständen des Einzelfalls ab.
Um diesen Anforderungen zu genügen, müssten die EC-Kartenumsätze beispielsweise in einer Zusatzspalte bzw. einem extra Nebenbuch zum Kassenbuch erfasst werden.
Nach Auffassung des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) ist die Erst-Erfassung der Gesamtumsätze über das Kassenbuch praktikabel, vor allem aber wird die Umsatzsteuer korrekt erfasst! Dies ist für die Praxis besonders dann von Bedeutung, wenn die EC-Umsätze im Kassensystem nicht getrennt nach 7 %-igen und 19 %-igen Umsätzen ausgewiesen werden, sondern nur die Gesamtumsätze.
Diesen Standpunkt hat der DStV gegenüber dem BMF adressiert und hierbei folgende weitere Argumente angeführt:
Das Kassenbuch wird stets am Ende eines Tages geführt. Im selben Moment der Erfassung der Gesamtumsätze im Kassenbuch werden die EC-Kartenumsätze bereits wieder ausgetragen. Das Kassenbuch weist folglich unmittelbar im Zeitpunkt der Eintragung der Umsätze nebst Austragung der EC-Kartenumsätze den korrekten Tagesendbestand aus. Damit sind nach Auffassung des DStV eine hohe Transparenz und ein hoher Informationsgehalt im Kassenbuch gewährleistet.
Auch die Kassensturzfähigkeit ist jederzeit und innerhalb angemessener Zeit gegeben. Die im Vorwege getrennte Erfassung von Bar- und EC-Kartenzahlungen im Kassensystem ermöglicht eine jederzeitige Abstimmung. Die Geschäftsvorfälle sind fortwährend nachvollziehbar, die Erfassung der Umsatzsteuer ist sichergestellt.
Schließlich sind auch die Anforderungen der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) nach dem Dafürhalten des DStV erfüllt. Nach dem BMF-Schreiben zu den GoBD vom 14.11.2014 stellt die nicht getrennte Verbuchung von baren und unbaren Geschäftsvorfällen bei genügender Kennzeichnung ausdrücklich keinen Verstoß gegen die Grundsätze der Wahrheit und Klarheit dar (vgl. Rz. 55). Nach dem Verständnis des DStV liegt bei der Ausbuchung der EC-Kartenumsätze über das Geldtransitkonto verbunden mit der vorangegangenen Austragung der EC-Kartenumsätze aus dem Kassenbuch solch eine „genügende Kennzeichnung" vor.
Eine Erfassung der EC-Kartenumsätze in einer Zusatzspalte oder einem extra Nebenbuch zum Kassenbuch hingegen ist umständlich und für die Praxis mit deutlich erhöhtem Arbeitsaufwand verbunden. Auch die Verprobung der später auf dem Umsatzsteuerkonto gebuchten Steuerbeträge mit den Erlösen ist erschwert bzw. unmöglich. Dies gilt umso mehr, wenn unterschiedliche Steuersätze (z. B. 7 % und 19 % bei In-/Außerhaus-Umsätzen in der Gastronomie) zur Anwendung kommen.
Die strenge Auslegung von BMF und obersten Finanzbehörden belastet die Unternehmen unangemessen. Diesem Erfassungs- und Buchungsformalismus steht aus Sicht des DStV kein entsprechender Mehrwert gegenüber.
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.
Einkommensteuer
Aktualisierte endgültige Fassung - Hintergrund: neue Zahlenwerte durch die geänderten Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2018 vom 23. November 2017
BMF, Merkblatt (koordinierter Ländererlass) vom 24.11.2017
Ehegatten oder Lebenspartner, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind, nicht dauernd getrennt leben und beide Arbeitslohn (aktives Beschäftigungsverhältnis, keine Versorgungsbezüge) beziehen, können bekanntlich für den Lohnsteuerabzug wählen, ob sie beide in die Steuerklasse IV eingeordnet werden wollen oder ob einer von ihnen (der Höherverdienende) nach Steuerklasse III und der andere nach Steuerklasse V besteuert werden will. Die Steuerklassenkombination III/V ist so gestaltet, dass die Summe der Steuerabzugsbeträge beider Ehegatten oder Lebenspartner in etwa der zu erwartenden Jahressteuer entspricht, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Ehegatte oder Lebenspartner ca. 60 Prozent und der in Steuerklasse V eingestufte ca. 40 Prozent des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt. Bei abweichenden Verhältnissen des gemeinsamen Arbeitseinkommens kann es aufgrund des verhältnismäßig niedrigen Lohnsteuerabzugs zu Steuernachzahlungen kommen. Aus diesem Grund besteht bei der Steuerklassenkombination III/V generell die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Zur Vermeidung von Steuernachzahlungen bleibt es den Ehegatten oder Lebenspartnern daher unbenommen, sich trotzdem für die Steuerklassenkombination IV/IV zu entscheiden, wenn sie den höheren Steuerabzug bei dem Ehegatten oder Lebenspartner mit der Steuerklasse V vermeiden wollen; dann entfällt jedoch für den anderen Ehegatten oder Lebenspartner die günstigere Steuerklasse III. Zudem besteht die Möglichkeit, die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor zu wählen (siehe „Faktorverfahren").
Um verheirateten oder verpartnerten Arbeitnehmern die Steuerklassenwahl zu erleichtern, haben das Bundesministerium der Finanzen und die obersten Finanzbehörden der Länder die in der Anlage beigefügten Tabellen ausgearbeitet. Aus den Tabellen können die Ehegatten oder Lebenspartner nach der Höhe ihrer monatlichen Arbeitslöhne die Steuerklassenkombination feststellen, bei der sie die geringste Lohnsteuer entrichten müssen. Soweit beim Lohnsteuerabzug Freibeträge zu berücksichtigen sind, sind diese vor Anwendung der jeweils in Betracht kommenden Tabelle vom monatlichen Bruttoarbeitslohn abzuziehen.
Die Tabellen erleichtern lediglich die Wahl der für den Lohnsteuerabzug günstigsten Steuerklassenkombination. Ihre Aussagen sind auch nur in den Fällen genau, in denen die Monatslöhne über das ganze Jahr konstant bleiben. Im Übrigen besagt die im Laufe des Jahres einbehaltene Lohnsteuer noch nichts über die Höhe der Jahressteuerschuld. Die vom Arbeitslohn einbehaltenen Beträge an Lohnsteuer stellen im Regelfall nur Vorauszahlungen auf die endgültige Jahressteuerschuld dar. In welcher Höhe sich nach Ablauf des Jahres Erstattungen oder Nachzahlungen ergeben, lässt sich nicht allgemein sagen; hier kommt es immer auf die Verhältnisse des Einzelfalles an. Das Finanzamt kann Einkommensteuer-Vorauszahlungen festsetzen, wenn damit zu rechnen ist, dass die Jahressteuerschuld die einzubehaltende Lohnsteuer um mindestens 400 Euro im Kalenderjahr übersteigt. Auf die Erläuterungen im „Kleinen Ratgeber für Lohnsteuerzahler 2018", der auf der Internetseite der jeweiligen obersten Finanzbehörde des Landes abgerufen werden kann, wird hingewiesen.
Bei der Wahl der Steuerklassenkombination oder der Anwendung des Faktorverfahrens sollten die Ehegatten oder Lebenspartner daran denken, dass die Entscheidung auch die Höhe der Entgelt-/Lohnersatzleistungen, wie Arbeitslosengeld I, Unterhaltsgeld, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Elterngeld und Mutterschaftsgeld oder die Höhe des Lohnanspruchs bei der Altersteilzeit beeinflussen kann. Eine vor Jahresbeginn getroffene Steuerklassenwahl wird bei der Gewährung von Lohnersatzleistungen von der Agentur für Arbeit grundsätzlich anerkannt. Wechseln Ehegatten oder Lebenspartner im Laufe des Kalenderjahres die Steuerklassen, können sich bei der Zahlung von Entgelt-/Lohnersatzleistungen (z. B. wegen Arbeitslosigkeit eines Ehegatten oder Inanspruchnahme von Altersteilzeit) unerwartete Auswirkungen ergeben. Deshalb sollten Arbeitnehmer, die damit rechnen, in absehbarer Zeit eine Entgelt-/Lohnersatzleistung für sich in Anspruch nehmen zu müssen oder diese bereits beziehen, vor der Neuwahl der Steuerklassenkombination bzw. der Anwendung des Faktorverfahrens zu deren Auswirkung auf die Höhe der Entgelt-/Lohnersatzleistung den zuständigen Sozialleistungsträger bzw. den Arbeitgeber befragen.
Anträge zum Steuerklassenwechsel oder zur Anwendung des Faktorverfahrens sind an das Finanzamt zu richten, in dessen Bezirk die Ehegatten oder Lebenspartner im Zeitpunkt der Antragstellung ihren Wohnsitz (Wohnsitzfinanzamt) haben. Die Steuerklasse ist eines der für den Lohnsteuerabzug maßgebenden Lohnsteuerabzugsmerkmale. Im Kalenderjahr 2018 gilt die im Kalenderjahr 2017 verwendete Steuerklasse grundsätzlich weiter. Soll diese Steuerklasse nicht zur Anwendung kommen, kann bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2017 eine andere Steuerklasse oder abweichende Steuerklassenkombination beim Wohnsitzfinanzamt beantragt werden. Weil ein solcher Antrag nicht als Wechsel der Steuerklassen gilt, geht das Recht, einmal jährlich die Steuerklasse zu wechseln, nicht verloren. Für das Faktorverfahren gilt dies entsprechend.
Ein Steuerklassenwechsel oder die Anwendung des Faktorverfahrens im Laufe des Jahres 2018 kann in der Regel nur einmal, und zwar spätestens bis zum 30. November 2018, beim Wohnsitzfinanzamt beantragt werden. Nur in den Fällen, in denen im Laufe des Jahres 2018 ein Ehegatte oder Lebenspartner keinen Arbeitslohn mehr bezieht (z. B. Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis), einer der Ehegatten oder Lebenspartner verstorben ist oder sich die Ehegatten oder Lebenspartner auf Dauer getrennt haben, kann das Wohnsitzfinanzamt bis zum 30. November 2018 auch noch ein weiteres Mal einen Steuerklassenwechsel vornehmen. Ein weiterer Steuerklassenwechsel bzw. die Anwendung des Faktorverfahrens ist auch möglich, wenn ein Ehegatte oder Lebenspartner nach vorangegangener Arbeitslosigkeit wieder Arbeitslohn bezieht oder nach einer Elternzeit das Dienstverhältnis wieder aufnimmt.
Die Anträge sind grundsätzlich von beiden Ehegatten oder Lebenspartnern gemeinsam mit dem beim Finanzamt erhältlichen Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern" zu stellen. Bei der Wahl des Faktorverfahrens sind zusätzlich die voraussichtlichen Arbeitslöhne des Jahres 2018 aus den ersten Dienstverhältnissen anzugeben. Ab 2018 ist ein Wechsel der Steuerklassenkombination III/V in IV/IV auch auf Antrag nur eines Ehegatten/Lebenspartners möglich, so dass beide Ehegatten/Lebenspartner in die Steuerklasse IV eingereiht werden.
Für die Ermittlung der Lohnsteuer sind zwei Tabellen zur Steuerklassenwahl aufgestellt worden.
Ist einer der Ehegatten oder Lebenspartner nicht in allen Zweigen sozialversichert (z. B. rentenversicherungspflichtiger, privat krankenversicherter Arbeitnehmer) oder einer der Ehegatten oder Lebenspartner in keinem Zweig sozialversichert, jedoch zuschussberechtigt (z. B. nicht rentenversicherungspflichtiger, privat krankenversicherter Arbeitnehmer mit steuerfreiem Zuschuss des Arbeitgebers zur Kranken- und Pflegeversicherung), kann die Anwendung der Tabellen zu unzutreffenden Ergebnissen führen. Entsprechendes gilt, wenn bei einem gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer der kassenindividuelleZusatzbeitragssatz vom durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von 1,00 Prozent (wie er bei der Aufstellung der Tabellen berücksichtigt wurde) abweicht, bei einem gesetzlich pflegeversicherten Arbeitnehmer ein Beitragszuschlag zu zahlen ist oder der Arbeitnehmer in Sachsen beschäftigt ist (hier höherer Arbeitnehmeranteil zur sozialen Pflegeversicherung). In den meisten Fällen führen diese Besonderheiten jedoch zu keinem anderen Ergebnis.
Beide Tabellen gehen vom monatlichen Arbeitslohn A (nach Abzug etwaiger Freibeträge) des höher verdienenden Ehegatten oder Lebenspartners aus. Dazu wird jeweils der monatliche Arbeitslohn B (nach Abzug etwaiger Freibeträge) des geringer verdienenden Ehegatten oder Lebenspartners angegeben, der bei einer Steuerklassenkombination III (für den höher verdienenden Ehegatten oder Lebenspartner) und V (für den geringer verdienenden Ehegatten oder Lebenspartner) grundsätzlich nicht überschritten werden darf, wenn der geringste Lohnsteuerabzug erreicht werden soll. Die Spalten 2 und 5 sind maßgebend, wenn der geringer verdienende Ehegatte oder Lebenspartner in allen Zweigen sozialversichert ist; ist der geringer verdienende Ehegatte oder Lebenspartner in keinem Zweig sozialversichert und hat keinen steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers zur Kranken- und Pflegeversicherung erhalten, sind die Spalten 3 und 6 maßgebend. Übersteigt der monatliche Arbeitslohn des geringer verdienenden Ehegatten oder Lebenspartners den nach den Spalten 2, 3 oder 5 und 6 der Tabellen in Betracht kommenden Betrag, führt die Steuerklassenkombination IV/IV für die Ehegatten oder Lebenspartner grundsätzlich zu einem geringeren oder zumindest nicht höheren Lohnsteuerabzug als die Steuerklassenkombination III/V.
Die Beispiele finden Sie im Volltext-Dokument auf der Homepage des BMF (siehe unten!).
Anstelle der Steuerklassenkombination III/V können Arbeitnehmer-Ehegatten oder Lebenspartner auch die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor wählen. Durch die Steuerklassenkombination IV/IV in Verbindung mit dem vom Finanzamt zu berechnenden und als Lohnsteuerabzugsmerkmal zu bildenden Faktor wird erreicht, dass für jeden Ehegatten oder Lebenspartner durch Anwendung der Steuerklasse IV der Grundfreibetrag beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt wird und sich die einzubehaltende Lohnsteuer durch Anwendung des Faktors von 0,...(stets kleiner als eins) entsprechend der Wirkung des Splittingverfahrens reduziert. Der Faktor ist ein steuermindernder Multiplikator, der sich bei unterschiedlich hohen Arbeitslöhnen der Ehegatten oder Lebenspartner aus der Wirkung des Splittingverfahrens errechnet. Der Faktor kann beim Finanzamt beantragt werden. Hierfür kann der Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern" verwendet werden. Dabei sind die voraussichtlichen Arbeitslöhne des Jahres 2018 aus den ersten Dienstverhältnissen anzugeben. Das Finanzamt berechnet danach den Faktor mit drei Nachkommastellen ohne Rundung und trägt ihn jeweils zur Steuerklasse IV ein. Der Faktor wird wie folgt berechnet: voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren („Y") geteilt durch die Summe der Lohnsteuer für die Arbeitnehmer-Ehegatten oder Lebenspartner gemäß Steuerklasse IV („X"). Ein etwaiger Freibetrag wird hier nicht gesondert berücksichtigt, weil er bereits in die Berechnung der voraussichtlichen Einkommensteuer im Splittingverfahren einfließt.
Die Höhe der steuermindernden Wirkung des Splittingverfahrens hängt von der Höhe der Lohnunterschiede ab. Mit dem Faktorverfahren wird der Lohnsteuerabzug der voraussichtlichen Jahressteuerschuld sehr genau angenähert. Damit können höhere Nachzahlungen (und ggf. auch Einkommensteuer-Vorauszahlungen) vermieden werden, die bei der Steuerklassenkombination III/V auftreten können. In solchen Fällen ist die Summe der Lohnsteuer im Faktorverfahren dann folgerichtig höher als bei der Steuerklassenkombination III/V. Grundsätzlich führt die Steuerklassenkombination IV/IV-Faktor zu einer erheblich anderen Verteilung der Lohnsteuer zwischen den Ehegatten oder Lebenspartnern als die Steuerklassenkombination III/V. Die Ehegatten oder Lebenspartner sollten daher beim Faktorverfahren - ebenso wie bei der Steuerklassenkombination III/V - daran denken, dass dies die Höhe der Entgelt-/Lohnersatzleistungen oder die Höhe des Lohnanspruchs bei Altersteilzeit beeinflussen kann (s. oben). Das Bundesministerium der Finanzen und die obersten Finanzbehörden der Länder halten auf ihren Internetseiten neben dem Lohnsteuerrechner auch eine Berechnungsmöglichkeit für den Faktor bereit, damit die Arbeitnehmer-Ehegatten oder Lebenspartner die steuerlichen Auswirkungen der jeweiligen Steuerklassenkombination prüfen können; siehe diesbezüglich z. B.
www.bmf-steuerrechner.de
Wie bei der Wahl der Steuerklassenkombination III/V sind die Arbeitnehmer-Ehegatten oder Lebenspartner auch bei der Wahl des Faktorverfahrens verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einzureichen.
Die Beispiele zur Ermittlung und Anwendung des Faktors finden Sie im Volltext-Dokument auf der Homepage des BMF.
Die Tabellen zur Steuerklassenwahl finden Sie im Volltext-Dokument auf der Homepage des BMF.
Das vollständige Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.
Quelle: BMF
Erbschaft-/Schenkungsteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 72/17 vom 22.11.2017 zum Urteil II R 46/15 vom 30.08.2017
Überlässt ein Dritter seine Arbeitnehmer einem Fußballverein zum Einsatz als Fußballspieler, Trainer oder Betreuer, ohne dafür eine übliche Vergütung zu erhalten, liegt im Vergütungsverzicht eine freigebige Zuwendung des Dritten an den Verein. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 30. August 2017 II R 46/15 für den Verzicht eines Sponsors zugunsten eines Fußballvereins entschieden und den Verein als schenkungsteuerpflichtig angesehen.
Im Urteilsfall stellte der damalige Sponsor des Fußballvereins Spieler, Trainer und Betreuer bei sich als kaufmännische Angestellte oder Repräsentanten ein und bezahlte sie. Die Spieler/Trainer/Betreuer arbeiteten aber nicht für den Sponsor, sondern spielten Fußball für den Verein. Der Sponsor erhielt für die Überlassung der Athleten kein Entgelt von dem Verein. Das Finanzamt erhob auf die Lohnzahlungen des Sponsors an die Athleten vom Verein Schenkungsteuer. Die hiergegen gerichtete Klage des Vereins vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.
Der BFH teilte im Ergebnis die Auffassung, dass für die unentgeltliche Überlassung der Fußballspieler durch den Sponsor an den Verein Schenkungsteuer anfällt. Denn eine Arbeitnehmerüberlassung erfolgt in der Regel nur gegen ein angemessenes Entgelt. Sind sich die Beteiligten einig, dass die Spieler zwar bei dem Dritten angestellt und von diesem bezahlt werden, tatsächlich aber ausschließlich Fußball für den Verein spielen und der Verein dem Dritten für die Überlassung keine angemessene Vergütung zahlt, liegt in dem Verzicht des Dritten auf die angemessene Vergütung eine Schenkung an den Fußballverein.
Das Urteil des BFH kann auch für andere Sportarten von Bedeutung sein.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 73/17 vom 22.11.2017 zum Urteil X R 26/15 vom 20.06.2017
Der Sonderausgabenabzug für Schulgeld beim Besuch von Privatschulen setzt nicht voraus, dass die zuständige Schulbehörde in einem Grundlagenbescheid bescheinigt, die Privatschule bereite ordnungsgemäß auf einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss vor. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20. Juni 2017 X R 26/15 zu § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden hat, muss daher die Finanzbehörde die ordnungsgemäße Vorbereitung auf einen anerkannten Abschluss prüfen.
Führt eine Privatschule nicht zu einem anerkannten Schul- oder Berufsabschluss, sondern bereitet sie lediglich auf einen solchen vor, muss nachgewiesen werden, dass sie eine ordnungsgemäße Vorbereitung gewährleistet. Ansonsten ist das Schulgeld nicht in den Grenzen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgabe abziehbar.
Der BFH hatte jetzt zu entscheiden, wer in welcher Form die Erfüllung dieser Voraussetzung zu beurteilen hat. Nach seinem Urteil obliegt die Prüfung und Feststellung der schulrechtlichen Kriterien in Bezug auf die ordnungsgemäße Vorbereitung eines schulischen Abschlusses nicht den Schulbehörden, sondern ist Aufgabe der Finanzbehörden.
Im Streitfall besuchte die Tochter der Kläger eine Privatschule, die auf die Mittlere Reife vorbereitet. Die Prüfung wurde von einer staatlichen Schule abgenommen. Das Finanzamt (FA) verweigerte für das Streitjahr 2010 den Sonderausgabenabzug für das Schulgeld, weil die Kläger keinen Anerkennungsbescheid der zuständigen Kultusbehörde für die Privatschule vorgelegt hätten. Das Finanzgericht (FG) war hingegen der Auffassung, ein solcher Anerkennungsbescheid sei gesetzlich nicht gefordert. Zudem bejahte das FG die weiteren Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG und gab damit der Klage statt.
Der BFH sah dies ebenso und stellte sich damit gegen das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. März 2009 (BStBl I 2009, 487). Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG zeigten, dass ein Grundlagenbescheid nicht erforderlich sei, in dem die Schulbehörde bescheinigt, dass eine ordnungsgemäße Vorbereitung gegeben sei. Wenn der Gesetzgeber auf eine verbindliche Entscheidung durch eine Schulbehörde verzichte und die Finanzbehörden mit der Prüfung betraue, möge das vielleicht nicht zweckmäßig sein. Es bleibe dem zuständigen FA aber unbenommen, sich mit den Schulbehörden in Verbindung zu setzten und deren Einschätzung zur Erfüllung der schulischen Kriterien bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S -285 / 07 / 10002 vom 15.11.2017
Durch Artikel 5 des Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes ist die Grenze des § 33 UStDV für Kleinbetragsrechnungen von 150 Euro auf 250 Euro erhöht worden. Die Änderung ist nach Artikel 9 Absatz 2 des Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes rückwirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I Seite 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 8. November 2017 - III C 2 - S-7100 / 13 / 10007 (2017/0920527) -; BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:
In den Abschnitten 14.6 Abs. 1 Satz 1, 15.4 Abs. 1 sowie 18.14 Abs. 3 Nummer 1 wird die Angabe „150 €" jeweils durch die Angabe „250 €" ersetzt.
Die Änderungen sind auf alle ab 1. Januar 2017 ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Umsatzsteuer
BFH-Urteil vom 13. November 2013, XI R 24/11
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7100 / 13 / 10007 vom 08.11.2017
Der BFH hat mit Urteil vom 13. November 2013, XI R 24/11, entschieden, dass ein Unternehmer, der an ein Studentenwerk im Rahmen eines Public-Private-Partnership-Projekts eine Bauleistung (Werklieferung) ausführt, die mit einer 20-jährigen Finanzierung des Bauvorhabens durch ihn verbunden ist, neben einer umsatzsteuerpflichtigen Werklieferung eine eigenständige nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Kreditgewährung an das Studentenwerk erbringt.
Unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 17. Januar 2013, C-224/11, BGZ Leasing, führt der BFH aus, dass eine Werklieferung und eine Finanzierung derselben grundsätzlich nicht als derart eng miteinander verbunden angesehen werden können, dass sie einen einheitlichen Umsatz bilden. Auch wenn die Finanzierung die Realisierung des angestrebten Bauvorhabens erleichtere, sei davon auszugehen, dass sie im Wesentlichen einen eigenen Zweck erfüllt und nicht nur das Mittel darstellt, um die Werklieferung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Gleichwohl bleibe nach den allgemeinen Grundsätzen im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Leistungen jeweils umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilen oder als eine einheitliche Leistung zu betrachten sind. Eine gesonderte Rechnungsstellung und eine eigenständige Bildung des Leistungspreises sprechen dabei für das Vorliegen eigenständiger Leistungen.
Sei in Anbetracht der Umstände des Einzelfalles die Kreditierung des Werklieferungsentgelts bereits als eigenständige Leistung zu beurteilen, könne es - entgegen den Ausführungen in Abschnitt 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des UStAE - auf einen zahlenmäßig feststehenden Jahreszins nicht mehr ankommen.
Das BFH-Urteil vom 13. November 2013, XI R 24/11, wird im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht.
Unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 13. November 2011, XI R 24/11, und auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 10. Oktober 2017 - III C 3 - S-7103-a / 15 / 10001 (2017/0854904); BStBl I S. xxx, geändert worden ist, in Abschnitt 3.11 wie folgt geändert:
1. Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) 1Im Falle der Kreditgewährung im Zusammenhang mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung erbringt der leistende Unternehmer grundsätzlich jeweils eigene selbständige Leistungen. 2Die naturgemäße Verbindung des Kreditgeschäfts zu der Lieferung oder sonstigen Leistung reicht für sich genommen für die Annahme einer einheitlichen Leistung nicht aus. 3Ob mehrere, voneinander unabhängige Leistungen oder eine einheitliche Gesamtleistung vorliegen, ist im konkreten Einzelfall unter Beachtung der in Abschnitt 3.10 dargelegten objektiven Abgrenzungskriterien zu beurteilen. 4Anhaltspunkte, die für die Annahme mehrerer selbständiger Leistungen sprechen, sind dabei u. a.:
5Bei der Kreditgewährung im Rahmen von Public-Private-Partnership-Projekten ist von zwei getrennt zu beurteilenden Leistungen auszugehen, wenn Werklieferung und Finanzierung nicht so aufeinander abgestimmt sind, dass es die Verflechtung beider Komponenten nicht möglich machen würde, nur eine der beiden Leistungen in Anspruch zu nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 13. 3. 2013, XI R 24/11, BStBl 2017 II S. XXX). 6Zur Kreditgewährung im Zusammenhang mit einem Forderungskauf vgl. Abschnitt 2.4.“
2. Absatz 2 wird gestrichen.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 - S-2300 / 12 / 10003 :004 vom 27.10.2017
Kurzfassung
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nimmt das BMF zur beschränkten Steuerpflicht und Steuerabzugsverpflichtung bei der Überlassung von Software und Datenbanken durch im Ausland ansässige Anbieter an inländische Kunden wie folgt Stellung:
1. Beschränkte Steuerpflicht
1 Überlässt ein im Ausland ansässiger Anbieter Software zur Nutzung im Inland, kann er mit seinen inländischen Einkünften nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f oder Nr. 6 EStG der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, sofern er nicht ohnehin unter den Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG mit einer inländischen Betriebsstätte oder mit einem ständigen Vertreter der beschränkten Steuerpflicht unterliegt und die Rechteüberlassung dieser inländischen Betriebsstätte oder diesem ständigen Vertreter zuzurechnen ist (beachte R 49.1 Abs. 1 EStR).
2 Inländische Einkünfte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa und Nr. 6 EStG liegen u. a. vor, wenn Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung von Rechten erzielt werden, deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt. Vermietung bzw. Verpachtung ist die zeitlich begrenzte Überlassung insbesondere urheberrechtlich geschützter Rechte (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). Die nachfolgend erläuterten Grundsätze betreffen ausschließlich die Beurteilung von Software- und Datenbanküberlassungen durch im Ausland ansässige Anbieter an inländische Kunden bezogen auf die Regelungen zur beschränkten Steuerpflicht (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa und Nr. 6 EStG) und zum Steuerabzug (§ 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG).
a) Einkünfte aus der Überlassung von Rechten
3 Um Einkünfte aus der Überlassung von Rechten i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa und Nr. 6 EStG handelt es sich in Fällen der grenzüberschreitenden Softwareüberlassung nur, wenn dem Nutzer umfassende Nutzungsrechte an der Software zur wirtschaftlichen Weiterverwertung (siehe Rz. 6) eingeräumt werden. Das können insbesondere Vervielfältigungs-, Bearbeitungs-, Verbreitungs- oder Veröffentlichungsrechte sein. Allein das Recht zum Vertrieb einzelner Programmkopien ohne weitergehende Nutzungs- und Verwertungsrechte (z. B. Vervielfältigungs- oder Bearbeitungsrechte) an der Software selbst ist nicht ausreichend. Die steuerrechtliche Beurteilung ist unabhängig davon, ob die Softwareüberlassung auf Datenträgern oder internetbasiert erfolgt (Download, Nutzung auf fremdem Server).
4 Einkünfte aus der Überlassung von Rechten i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa und Nr. 6 EStG liegen nicht vor, wenn die Überlassung der Funktionalität einer Software im Vordergrund des Vertrages steht. Das ist der Fall, wenn lediglich der bestimmungsgemäße Gebrauch einer Software Vertragsgegenstand ist. Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehören insbesondere die Software-Installation, das Herunterladen in den Arbeitsspeicher, die Anwendung der Software und ggf. notwendige Bearbeitungs- oder Vervielfältigungshandlungen, um die Softwareanwendung zu ermöglichen (z. B. Anpassungen/Integrationsarbeiten an die eigene IT-Umgebung). Die Überlassung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch von Software stellt demnach für sich genommen keine Überlassung von umfassenden Nutzungsrechten zur Verwertung im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG dar.
5 Vertraglich vereinbarte Nutzungsrechte sind in der Regel nicht umfassend bzw. nicht auf eine wirtschaftliche Weiterverwertung gerichtet, wenn nach dem Urheberrecht (insbesondere §§ 69c ff. Urheberrechtsgesetz - UrhG) eine Zustimmung des Rechtsinhabers zur spezifischen Nutzung nicht erforderlich ist.
b) Wirtschaftliche Verwertung der überlassenen Rechte im Inland
6 Inländische Einkünfte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG liegen bei der grenzüberschreitenden Softwareüberlassung nur vor, wenn die Rechte in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung verwertet werden. „Verwertung“ meint ein zielgerichtetes Tätigwerden, um aus den überlassenen Rechten selbst einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen (wirtschaftliche Weiterverwertung).
7 Beispiel 1
Die B-GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland lässt sich von der in Singapur ansässigen „Software Pte. Ltd.“ Verbreitungs-, Vervielfältigungs-, Veröffentlichungs- und Bearbeitungsrechte an einer speziellen Foto-Software einräumen, die sie im Hinblick auf die Bedürfnisse des deutschen Marktes anpasst (u. a. übersetzt) und als Teil eines aus verschiedenen Programm-Elementen bestehenden Software-Pakets vertreibt. Die „Software Pte. Ltd.“ selbst unterhält im Inland weder eine Betriebsstätte, noch ist ein ständiger Vertreter bestellt.
Die von der B-GmbH gezahlten Lizenzgebühren stellen inländische Einkünfte der „Software Pte. Ltd.“ i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa EStG dar. Die „Software Pte. Ltd“ hat der B-GmbH umfassende Nutzungsrechte eingeräumt. Die Foto-Software wird als Teil eines Software-Pakets im Inland verwertet.
8 Eine Verwertung im Inland in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn lediglich die Ergebnisse der funktionsgemäßen Anwendung eines Softwareprogramms einer kommerziellen Nutzung zugeführt werden (z. B. Nutzung von Folien, die mit Hilfe einer Präsentationssoftware erstellt wurden, im Rahmen einer kostenpflichtigen Vortragsveranstaltung; Vertrieb eines Kalenders, der mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogrammes entworfen wurde).
2. Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG
9 Gemäß § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG unterliegen dem Steuerabzug u. a. Einkünfte aus Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten. Unterliegt der im Ausland ansässige Anbieter mit der grenzüberschreitenden Softwareüberlassung unter den o. g. Voraussetzungen der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 EStG, wird die Steuer im Wege des Steuerabzugs nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG erhoben.
10 Dem Steuerabzug unterliegt grundsätzlich der volle Betrag der Einnahmen, es sei denn, es ist - wie bei gemischten Verträgen - eine Aufteilung vorzunehmen. Betriebsausgaben oder Werbungskosten des Vergütungsgläubigers können nur von den Einnahmen abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 17. Juni 2014 (BStBl I S. 887) erfüllt sind.
11 Ein Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG kommt nur bei der zeitlich begrenzten Überlassung eines Rechts zur Nutzung in Betracht. Eine Rechteüberlassung bei urheberrechtlich geschützter Software ist grundsätzlich als eine zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten anzusehen, weil eine vollständige Übertragung bei urheberrechtlich geschützten Rechten ausgeschlossen ist (vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2010, BStBl I S. 1350, Rz. 23).
3. Im Weiteren geht das BMF anhand von Beispielen auf die folgenden Einzelfälle ein:
Das Schreiben wird im Bundesteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Das vollständige Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 53/17 vom 16.08.2017 zum Urteil VI R 9/16 vom 18.05.2017
Scheidungskosten sind anders als nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund einer seit dem Jahr 2013 geltenden Neuregelung nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Mit Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Kosten eines Scheidungsverfahrens unter das neu eingeführte Abzugsverbot für Prozesskosten fallen.
Seit der Änderung des § 33 Einkommensteuergesetzes (EStG) im Jahr 2013 sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG greift das Abzugsverbot nur dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Auf diese Ausnahmeregelung berief sich die Klägerin. Sie machte in ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung geltend.
Anders als das Finanzgericht sah der BFH die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in einem solchen Fall nicht als gegeben an. Der Ehegatte wende die Kosten für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse auf. Hiervon könne nur ausgegangen werden, wenn die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen bedroht sei. Eine derartige existenzielle Betroffenheit liege bei Scheidungskosten nicht vor, selbst wenn das Festhalten an der Ehe für den Steuerpflichtigen eine starke Beeinträchtigung seines Lebens darstelle. Zwar habe der BFH die Kosten einer Ehescheidung bis zur Änderung des § 33 EStG im Jahr 2013 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. Dies sei nach der Neuregelung jedoch nicht länger möglich. Denn dadurch habe der Gesetzgeber die Steuererheblichkeit von Prozesskosten auf einen engen Rahmen zurückführen und Scheidungskosten vom Abzug als außergewöhnliche Belastung bewusst ausschließen wollen.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall - Neuregelung im StVereinfG 2011 - Minderung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG - Überprüfung von Schätzungen
BFH, Urteil VIII R 52/13 vom 25.04.2017
Leitsatz
Der gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i. d. F. des JStG 2010 geltende Höchstbetrag abziehbarer Aufwendungen in Höhe von 1.250 Euro ist bei der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers im Rahmen mehrerer Einkunftsarten nicht nach den zeitlichen Nutzungsanteilen in Teilhöchstbeträge aufzuteilen. Er kann durch die dem Grunde nach abzugsfähigen Aufwendungen in voller Höhe ausgeschöpft werden (Anschluss an BFH-Urteil vom 16. Juli 2014 X R 49/11, BFH/NV 2015, 177).
Quelle: BFH
Einkommensteuer
Zulässigkeit einer Quantilsschätzung
BFH, Beschluss X B 16/17 vom 12.07.2017
Leitsatz
Quelle: BFH
Umsatzsteuer
Anwendung des § 27 Abs. 19 UStG
BMF, Schreiben III C 3 - S-7279 / 11 / 10002-09 // IV A 3 - S-0354 / 07 / 10002-10 vom 26.07.2017
1 Der BFH hat in seinem Urteil vom 22. August 2013, V R 37/10, BStBl II 2014 S. 128, die Regelungen zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i. V. mit Abs. 2 Nr. 4 UStG (i. d. F. vor der Änderung durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014, BGBl. I S. 1266) abweichend von der früheren Verwaltungsauffassung ausgelegt.
2 Nach der früheren Verwaltungsauffassung waren Unternehmer, die eigene Grundstücke zum Zweck des Verkaufs bebauen (z. B. Bauträger), Steuerschuldner für die von anderen Unternehmern an sie erbrachten Bauleistungen, wenn die Bemessungsgrundlage der von ihnen getätigten Bauleistungen mehr als 10 Prozent der Summe ihrer steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze (Weltumsatz) beträgt.
3 In dem vom BFH entschiedenen vorgenannten Streitfall versteuerte das Bauträgerunternehmen als Leistungsempfänger zunächst die von ihm bezogenen Leistungen als Steuerschuldner, machte aber später geltend, dass die Voraussetzungen des § 13b UStG nicht vorgelegen hätten und forderte die von ihm gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück. Der BFH entschied wie folgt:
4 Mit BMF-Schreiben vom 5. Februar 2014 (BStBl I S. 233) und vom 8. Mai 2014 (BStBl I S. 823) wurden die Finanzämter angewiesen, die Grundsätze des o. a. BFH-Urteils vom 22. August 2013 in vollem Umfang für nach dem 14. Februar 2014 (= Tag der Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 5. Februar 2014 im BStBl Teil I) ausgeführte Umsätze allgemein anzuwenden. Die betroffenen Unternehmer können danach für die Vergangenheit an der bisherigen Handhabung festhalten. Die Notwendigkeit von Rechnungsberichtigungen besteht nicht. Diese Vereinfachungsregelung (Nichtbeanstandungsregelung) gewährt beiden Unternehmern bei einvernehmlicher unveränderter Beibehaltung der bisherigen Handhabung uneingeschränkte Rechtssicherheit und Vertrauensschutz, sofern nicht zu einem späteren Zeitpunkt von der einvernehmlichen Handhabung abgewichen wird.
4a Mit BMF-Schreiben vom 31. Juli 2014 (BStBl I S. 1073) waren Grundsätze zur Anwendung des § 27 Abs. 19 UStG für die Fälle festgelegt worden, bei denen der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger bei einer vor dem 15. Februar 2014 erbrachten steuerpflichtigen Bauleistung davon ausgegangen sind, dass der Leistungsempfänger nach § 13b UStG die Steuer schuldet und sich diese Annahme nach dem BFH-Urteil vom 22. August 2013, V R 37/10, BStBl II 2014 S. 128, im Nachhinein als unrichtig herausgestellt hat und die beteiligten Unternehmer keinen Gebrauch von der Vereinfachungsregelung / Nichtbeanstandungsregelung gemacht haben.
4b In seinem Urteil vom 23. Februar 2017, V R 16/16, V R 24/16, BStBl II S. ..., hat der BFH entschieden, dass die in § 27 Abs. 19 UStG geregelte Korrektur der Umsatzsteuerfestsetzung in Bauträgerfällen unter Beachtung der nachfolgenden Voraussetzungen verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Danach sei der durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG angeordnete Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes unionsrechtlich dann zu rechtfertigen, wenn das Bestehen und die Abtretbarkeit einer Forderung nicht erst im Anschluss an die Änderung des Umsatzsteuerbescheids, sondern bereits im Festsetzungsverfahren geklärt werden. Die bereits aus dem Unionsrecht abzuleitenden Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes sowie von Treu und Glauben erforderten zudem, dass der leistende Unternehmer für die in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG umschriebene Fallgestaltung (Annahme einer Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung und Mitwirkung des leistenden Unternehmers bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs) einen Rechtsanspruch auf Annahme seines Abtretungsangebots hat. Auf eine mögliche Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG beim Leistenden bzw. eine analoge Anwendung der § 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 2 UStG beim Leistungsempfänger kommt es nach Ansicht des BFH daher nicht an (vgl. Rdnr. 62 des o. g. BFH-Urteils vom 23. Februar 2017).
5 Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher Folgendes:
6 Sind leistender Unternehmer und Leistungsempfänger bei einer vor dem 15. Februar 2014 erbrachten steuerpflichtigen Bauleistung davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger nach § 13b UStG die Steuer schuldet, und stellt sich diese Annahme nach dem BFH-Urteil vom 22. August 2013, V R 37/10, BStBl II 2014 S. 128, im Nachhinein als unrichtig heraus und machen die beteiligten Unternehmer keinen Gebrauch von der Vereinfachungsregelung/Nichtbeanstandungsregelung (vgl. Tz. 4), ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG für noch nicht festsetzungsverjährte Besteuerungszeiträume (§ 169 Abs. 1 AO) zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner i. S. d. § 13b UStG zu sein und dem leistenden Unternehmer ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht oder zugestanden hat. Die Steuerfestsetzung gegenüber dem leistenden Unternehmer kann daher auch dann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG geändert werden, wenn dem leistenden Unternehmer im Zeitpunkt der Änderung deshalb kein zivilrechtlicher Anspruch gegenüber dem Leistungsempfänger mehr zusteht, weil dieser bereits durch Erfüllung oder Verzicht erloschen ist (zur besonderen Erfüllungswirkung des § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG vgl. Tz. 8).
Der Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung gegen den leistenden Unternehmer nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG steht § 176 AO nicht entgegen (§ 27 Abs. 19 Satz 2 UStG).
6a Der leistende Unternehmer kann in den Fällen des § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG die gesetzlich entstandene und von ihm geschuldete Umsatzsteuer zivilrechtlich gegenüber dem Leistungsempfänger zusätzlich zum Netto-Entgelt geltend machen. Der Anspruch ergibt sich regelmäßig aus § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger bei der Leistungserbringung von einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ausgingen und in der Rechnung des leistenden Unternehmers ein Entgelt ohne Steuerbetrag mit dem ausdrücklichen Verweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG ausgestellt und vom Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG abgeführt worden ist. Dieser Anspruch kann sich auch aus § 313 Abs. 2 BGB oder auf Grund einer ergänzenden Vertragsauslegung nach § 157 BGB ergeben. In den Fällen, in denen die Vertragspartner ein Abtretungsverbot vereinbart haben, ist dieses nach § 354a Abs. 1 Satz 1 HGB suspendiert und steht einer Anwendung des § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nicht entgegen. Der Anspruch entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Leistungsempfänger einen Antrag auf Änderung seiner Umsatzsteuerfestsetzung auf Grund des BFH-Urteils vom 22. August 2013, V R 37/10, a. a. O., stellt.
6b Das Bestehen und die Abtretbarkeit dieses Anspruchs des leistenden Unternehmers gegen den Leistungsempfänger werden vom zuständigen Finanzamt im Rahmen des Festsetzungsverfahrens geklärt. Dazu hat der leistende Unternehmer dem Finanzamt alle Informationen und Unterlagen zur Geltendmachung seiner Forderung auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer, die abgetreten werden soll, zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus ist er verpflichtet, alle ihm bekannten Umstände, die zu Einreden, Einwendungen und/oder Aufrechnungen der Forderung führen können, offenzulegen. In den Fällen, in denen sich im Festsetzungsverfahren aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflicht des leistenden Unternehmers nicht klären lässt, ob diesem ein zivilrechtlicher Anspruch gegen den Leistungsempfänger zusteht oder zugestanden hat, ist davon auszugehen, dass ein zivilrechtlicher Anspruch besteht oder bestanden hat (BFH-Urteil vom 15. Februar 1989, X R 16/86, BStBl II S. 462).
7 Das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt hat nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auf Antrag zuzulassen, dass der leistende Unternehmer den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf (nachträgliche) Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer dem Finanzamt abtritt, wenn die (ursprüngliche) Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt. Das in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG grundsätzlich eingeräumte Ermessen reduziert sich in diesen Fällen aus Gründen des Unionsrechts auf null. Die Rechnungserteilung mit Steuerausweis durch den leistenden Unternehmer ist keine Voraussetzung für die Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG, sondern nur Bedingung für die Erfüllungswirkung „an Zahlungs statt“ nach § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG. Unerheblich ist auch, ob der sich aus der geänderten Steuerfestsetzung ergebende Anspruch des Finanzamts gegen den leistenden Unternehmer bereits durch Zahlung oder in anderer Weise getilgt wurde (Ersetzungsrecht des leistenden Unternehmers; vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2017, V R 16/16, V R 24/16, a. a. O., Rdnr. 67, 11). Diese Abtretung erfolgt nach Maßgabe des Zivilrechts durch Angebot seitens des leistenden Unternehmers, mit dem er sich verpflichtet, bei der Durchsetzung des Anspruchs mitzuwirken, und Annahme durch das Finanzamt. Die Mitwirkungspflicht des leistenden Unternehmers bezieht sich hierbei zuvorderst auf den Nachweis der Richtigkeit und das Bestehen seiner (abgetretenen) Forderung sowie die Wirksamkeit der Abtretung.
8 Die vorgenannte Abtretung wirkt nach § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG nur dann an Zahlungs statt und führt damit zum Erlöschen des Umsatzsteueranspruchs (§ 47 AO), wenn
Soweit der Anspruch des leistenden Unternehmers gegen den Leistungsempfänger vor einer beabsichtigten Abtretung an das Finanzamt durch Erfüllung oder Verzicht erloschen ist, ist eine Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG nicht möglich. Die besondere Erfüllungswirkung des § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG kann damit nicht eintreten. § 27 Abs. 19 Satz 1 und 2 UStG bleiben anwendbar (vgl. Tz. 6).
9 Hat der Leistungsempfänger unter Berufung auf das o. a. BFH-Urteil vom 22. August 2013 (V R 37/10), BStBl II 2014 S. 128 die Erstattung der Umsatzsteuer gefordert, die er ursprünglich in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner i. S. d. § 13b UStG zu sein, sind die entsprechenden Umsätze an den Leistungsempfänger zu ermitteln.
10 Der Leistungsempfänger hat dem für ihn zuständigen Finanzamt dazu Folgendes im Einzelnen darzulegen (die Beleganforderung im Einzelfall bleibt hiervon unberührt):
11 Die vorgenannten Auskünfte sind zur Feststellung der für die Besteuerung erheblichen Sachverhalte sowohl beim Leistungsempfänger als auch beim leistenden Unternehmer erforderlich (§§ 90, 93 Abs. 1 AO). Der Leistungsempfänger ist darauf hinzuweisen, dass diese Auskünfte auch zum Zweck der Besteuerung der jeweils leistenden Unternehmer nach § 27 Abs. 19 UStG angefordert werden.
12 Das für den Leistungsempfänger zuständige Finanzamt informiert umgehend das für den jeweiligen leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt über die Tatsachen, die jeweils zur Festsetzung der Umsatzsteuer nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG notwendig sind.
13 Anschließend ist der jeweilige leistende Unternehmer unverzüglich von dem für ihn zuständigen Finanzamt darüber zu informieren, dass der Leistungsempfänger sich auf das o. a. BFH-Urteil vom 22. August 2013, V R 37/10, BStBl II 2014 S. 128 berufen und die Erstattung der Umsatzsteuer gefordert hat, die er ursprünglich in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner i. S. d. § 13b UStG zu sein. Zugleich ist der leistende Unternehmer darauf hinzuweisen,
14 Die Abtretung der zivilrechtlichen Forderungen gegen den Leistungsempfänger nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG kann schon vor einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erfolgen.
15 Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 27 Abs. 19 UStG soll die Entscheidung über den (anteiligen) Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers bis zur Rückmeldung des jeweils für den leistenden Unternehmer zuständigen Finanzamts über das Vorliegen einer (wirksamen) Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG zurückgestellt werden. Das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt hat das für den Leistungsempfänger zuständige Finanzamt umgehend über das Ergebnis seiner Maßnahmen bzw. über mit dem leistenden Unternehmer getroffene Abtretungsvereinbarungen zu informieren.
15a Leistungsempfängern werden unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 22. August 2013 (V R 37/10), BStBl II 2014 S. 128 beantragte Umsatzsteuer-Erstattungen - unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben und des unionsrechtlichen Neutralitätsgebots - nur gewährt, soweit sie die nachträgliche Zahlung der fraglichen Umsatzsteuer an den leistenden Unternehmer nachweisen oder mit dem Erstattungsanspruch gegen nach § 27 Abs. 19 UStG vom leistenden Unternehmer an die Finanzbehörde abgetretene (zivilrechtliche) Forderungen aufgerechnet werden kann. Im Übrigen wird die Umsatzsteuererstattung abgelehnt.
16 Bei der Verzinsung der nachträglichen Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber dem leistenden Unternehmer nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gilt der Antrag des Leistungsempfängers auf Erstattung der zunächst von ihm entrichteten Umsatzsteuer als rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 233a Abs. 2a AO. Der Zinslauf von Nachzahlungszinsen nach § 233a AO beginnt in diesen Fällen folglich erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist.
17 Die Finanzbehörden können gegen den Umsatzsteuererstattungsanspruch (oder andere Steuererstattungsansprüche oder Steuervergütungsansprüche) des Leistungsempfängers mit der vom leistenden Unternehmer durch Abtretung erworbenen zivilrechtlichen Forderung grundsätzlich ab deren Fälligkeit aufrechnen (§ 226 AO i. V. m. §§ 387 - 396 BGB). Der Beginn der Verjährung des Anspruchs des leistenden Unternehmers gegen den Leistungsempfänger bestimmt sich nach § 195 BGB i. V. m. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Danach beginnt die zivilrechtliche Verjährung für die Nachforderung der Umsatzsteuer durch den leistenden Unternehmer gegen den Leistungsempfänger gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst mit Kenntniserlangung der den Anspruch begründenden Umstände. Die Verjährungsfrist beginnt demnach dann, wenn der leistende Unternehmer Kenntnis erlangt hat, dass der Leistungsempfänger einen Erstattungsantrag bei seinem Finanzamt gestellt hat.
18 Die für eine Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit ist gewahrt, wenn die (durch Abtretung vom leistenden Unternehmer erworbene zivilrechtliche) Forderung derselben Körperschaft zusteht (§ 226 Abs. 1 AO) oder von derselben Körperschaft verwaltet wird (§ 226 Abs. 4 AO), die auch die Hauptforderung (Umsatzsteuererstattungsanspruch) schuldet.
19 Soweit sich die Aufrechnungslage weder aus § 226 Abs. 1 AO aufgrund der Ertragsberechtigung noch aus § 226 Abs. 4 AO aufgrund der Verwaltungshoheit ergibt, kann in geeigneten Fällen die erforderliche Gegenseitigkeit seitens der Finanzverwaltung dadurch hergestellt werden, dass die zivilrechtliche Forderung gegen den Leistungsempfänger zwecks Einziehung an die Körperschaft, die den Umsatzsteuererstattungsanspruch zu erfüllen hat, abgetreten und damit die Gläubiger-/Schuldneridentität i. S. d. § 226 Abs. 1 AO herbeigeführt wird (vgl. BFH-Urteil vom 5. September 1989, VII R 33/87, BStBl II S. 1004).
20 Für die Erklärung der Aufrechnung ist die Finanzbehörde zuständig, die den Umsatzsteuererstattungsanspruch des Leistungsempfängers zu erfüllen hat.
21 Abschn. 27.1 Abs. 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch BMF-Schreiben vom 14. Juli 2017, III C 3 - S-7160e / 07 / 10001 (2017/0624476), BStBl I S. ..., geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„(5) Zur Anwendung von § 27 Abs. 19 UStG vgl. BMF-Schreiben vom 26. 7. 2017, BStBl I S. ... .“
22 Dieses Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 31. Juli 2014, BStBl I S. 1073. Es ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Steuerberatungsgesetz
BFH, Urteil II R 22/15 vom 07.06.2017
Leitsatz
Die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Personen sind auch dann nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt, wenn diese aufgrund des verwendeten Buchführungsprogramms automatisch erfolgt.
Quelle: BFH
Lohnsteuer
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 - S-2332 / 09 / 10005 vom 04.07.2017
Zur Frage, ob Arbeitgeberleistungen für Deutschkurse zur beruflichen Integration von Flüchtlingen zu Arbeitslohn führen, gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:
Berufliche Fort- oder Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers führen nach R 19.7 LStR nicht zu Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Bei Flüchtlingen und anderen Arbeitnehmern, deren Muttersprache nicht deutsch ist, sind Bildungsmaßnahmen zum Erwerb oder zur Verbesserung der deutschen Sprache dem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers zuzuordnen, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeitnehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt.
Arbeitslohn kann bei solchen Bildungsmaßnahmen nur dann vorliegen, wenn konkrete Anhaltspunkte für den Belohnungscharakter der Maßnahme vorliegen.
Dieses Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden und wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Weitere Informationen und Ansprechpartner für Arbeitgeber finden sich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF)
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 42/17 vom 28.06.2017 zum Urteil IX R 24/16 vom 09.05.2017
Wer einem betrügerischen Grundstücksmakler Bargeld in der Annahme übergibt, der Makler werde damit den Kaufpreis für ein bebautes Grundstück bezahlen, kann den Verlust bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Dies setzt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Mai 2017 IX R 24/16 allerdings voraus, dass er bei Hingabe des Geldes zum Erwerb und zur Vermietung des Grundstücks entschlossen war.
Steuerrechtlich sind die anteilig auf ein zur Fremdvermietung bestimmtes Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehbar. Sie können im Regelfall aber nicht sofort, sondern nur zeitanteilig in Form der Absetzungen für Abnutzung geltend gemacht werden. Anders ist dies, wenn die Gegenleistung nicht erbracht wird, wenn es also entweder nicht zur Herstellung des Gebäudes oder nicht zur Anschaffung kommt. In diesem Fall sind die vergeblich aufgewandten Beträge sofort in voller Höhe als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Das gilt nicht nur, wenn für die Hingabe des Geldes (wie üblich) eine vertragliche Verpflichtung bestand, sondern auch, wenn es hieran fehlt.
Im Streitfall beabsichtigte der Kläger den Erwerb eines Villengrundstücks. Die Villa wollte er teilweise vermieten. Eigentümer war eine Stiftung nach Liechtensteinischem Recht. Der Kläger vertraute dem Makler X den Kaufpreis in bar an, nachdem dieser ihm versichert hatte, das Geschäft bei Barzahlung in der Schweiz zum Abschluss zu bringen. Tatsächlich verwendete der Makler das Geld jedoch für sich.
Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) erkannten die geltend gemachten Werbungskosten des Klägers nicht an. Die von ihm an den Makler ohne rechtliche Grundlage geleisteten Zahlungen führten nicht zu Werbungskosten. Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und dem Kläger im Grundsatz Recht gegeben. Die einzige Voraussetzung für die Anerkennung vorab entstandener (vergeblicher) Aufwendungen ist die Erwerbs- und Vermietungsabsicht. Daran bestanden keine Zweifel, denn der Kläger hatte das Grundstück später erworben und tatsächlich vermietet.
Der BFH hat die Sache gleichwohl an das FG zurückverwiesen. Das FG muss noch prüfen, in welchem Zeitpunkt der Kläger davon ausgehen musste und durfte, dass er sein Geld von X nicht mehr zurückbekommen würde. Hierauf kommt es für die Abziehbarkeit als Werbungskosten entscheidend an
Quelle: BFH
Einkommensteuer
FinMin Baden-Württemberg, Mitteilung vom 06.06.2017
Für all diejenigen, die durch eine befristete Nebentätigkeit ein höheres Einkommen als im Hauptberuf haben, gibt es Änderungen beim Lohnsteuereinbehalt. Das hat der Bundesrat Ende voriger Woche beschlossen.
Die neue Regelung geht auf eine Initiative Baden-Württembergs zurück, die Finanzministerin Edith Sitzmann eingebracht hatte. „Die Änderung bringt allen rechtliche und planerische Sicherheit, die beispielweise auf Wein- oder Volksfesten die Gäste bedienen und dort einen Knochenjob machen“, sagte die Ministerin. „Denn sie macht es möglich, dass für die befristete Nebentätigkeit direkt ein fairer Nettolohn auf dem Konto landet, nicht erst im Nachhinein.“
Dank des sogenannten permanenten Lohnsteuer-Jahresausgleichs kann ein kurzfristig hoher Lohn auf einen längeren Zeitraum umgelegt werden, was zu einem geringeren Lohnsteuerabzug führt. Bislang gilt der permanente Lohnsteuer-Jahresausgleich nur aufgrund einer jährlich verlängerten Verwaltungsregelung. Ohne diese Regelung würde ein Verdienst aus einer befristeten Tätigkeit, der nach Steuerklasse VI zu versteuern ist, auf das gesamte Jahr hochgerechnet. Die Lohnsteuer würde entsprechend einbehalten.
Für das Beispiel einer Servicekraft, die sich für ein Wein- oder Volksfest bei ihrer regulären Beschäftigung Urlaub nimmt und mit ihrer Nebentätigkeit innerhalb eines Monats 5.000 Euro verdient, bedeutet das: Ohne den permanenten Lohnsteuer-Jahresausgleich zahlt sie Lohnsteuer, als würde sie jeden Monat 5.000 Euro und damit 60.000 Euro im Jahr verdienen. Für das Einkommen vom Wein- oder Volksfest würden zunächst 1.542 Euro Steuern einbehalten. Ein Ausgleich könnte erst nachträglich mit der Steuererklärung erfolgen. Mit dem permanenten Lohnsteuer-Jahresausgleich kann der einmalig erzielte hohe Lohn auf mehrere Monate umgelegt werden. Mit 685 Euro würden deutlich weniger Steuern einbehalten. Der Weg, bis zum Folgejahr zu warten und über die Steuererklärung die darüber hinaus gezahlten Steuern zurückfordern zu müssen, entfiele.
„Der permanente Lohnsteuer-Jahresausgleich mag eine kleine gesetzliche Änderung sein“, stellte Sitzmann fest. „Für die Servicekräfte bei Wein- oder Volksfesten bringt er handfeste und vor allem finanziell spürbare Erleichterungen mit sich.“
Die Anwendung des permanenten Lohnsteuer-Jahresausgleichs, über die der Bundesrat zusammen mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften entschieden hat, ist auf eine genau definierte Zielgruppe beschränkt: auf Beschäftigte,
Quelle: FinMin Baden-Württemberg
EU-Recht
EU-Parlament, Pressemitteilung vom 01.06.2017
EU-Bürger könnten bald günstiger elektronische Bücher erwerben. Das Parlament hat den Mitgliedstaaten erlaubt, den entsprechenden Mehrwertsteuersatz dem für gedruckte Bücher anzugleichen.
Ein Vorschlag der EU-Kommission, der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, eine verringerte Mehrwertsteuerrate auf elektronische Bücher zu erheben, um sie den Raten für gedruckte Inhalte anzugleichen, wurde am 01.06.2017 mit 590 Stimmen, bei 8 Gegenstimmen und 10 Enthaltungen, angenommen.
„Unsere Lesegewohnheiten haben sich in den letzten Jahren rasch verändert. Jetzt macht es keinen Sinn mehr, unterschiedliche Vorschriften anzuwenden, durch die eine Online-Zeitung höher besteuert wird als eine gedruckte, die man am Kiosk kauft. Diese neue Richtlinie gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Mehrwertsteuer auf digitale Inhalte der für Drucksachen anzugleichen“, sagte der Berichterstatter Tom Vandenkendelaere (EVP, BE).
Aktuell müssen E-Books mit dem standardisierten Mindestsatz der EU von 15 % besteuert werden, während es den Mitgliedstaaten freigestellt ist, auf Printpublikationen die reduzierte Rate von mindestens 5 % - und in manchen Fällen sogar gar keine Mehrwertsteuer - zu erheben.
Quelle: EU-Parlament
Einkommensteuer
Digitale LohnSchnittstelle (DLS)
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 - S-2386 / 07 / 0005 :001 vom 26.05.2017
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1679) hat der Gesetzgeber die Einführung eines einheitlichen Standarddatensatzes als Schnittstelle zum elektronischen Lohnkonto (Digitale LohnSchnittstelle -DLS-) verbindlich festgeschrieben. Die DLS ist für ab dem 1. Januar 2018 aufzuzeichnende Daten anzuwenden. Die bisher im BMF-Schreiben vom 29. Juni 2011, BStBl I Seite 675, ausgesprochene bloße Empfehlung zur Anwendung der DLS ist damit überholt.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 7 EStG in Verbindung mit § 4 Abs. 2a LStDV haben Arbeitgeber die aufzuzeichnenden lohnsteuerrelevanten Daten der Finanzbehörde nach einer amtlich vorgeschriebenen einheitlichen digitalen Schnittstelle elektronisch bereitzustellen. Dies gilt unabhängig von dem vom Arbeitgeber eingesetzten Lohnabrechnungsprogramm. Zur Vermeidung unbilliger Härten können in begründeten Fällen die lohnsteuerlichen Daten auch in einer anderen auswertbaren Form bereitgestellt werden.
Die amtlich vorgeschriebene DLS ist ein Standarddatensatz mit einer einheitlichen Strukturierung und Bezeichnung von elektronischen Dateien und Datenfelder. Die jeweils aktuelle Version der DLS mit weitergehenden Informationen steht auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern unter www.bzst.bund.de zum Download bereit.
Das Datenzugriffsrecht nach § 147 Abs. 6 Satz 2 AO auf prüfungsrelevante steuerliche Daten bleibt von der Anwendung der DLS unberührt.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BMF, Schreiben IV C 6 - S-2133-b / 17 / 10003 vom 16.05.2017
Hiermit wird das aktualisierte Datenschema der Taxonomien (Version 6.1) als amtlich vorgeschriebener Datensatz nach § 5b EStG veröffentlicht. Die aktualisierten Taxonomien (Kern-, Ergänzungs- und Spezialtaxonomien) stehen unter www.esteuer.de zur Ansicht und zum Abruf bereit.
Die Taxonomien sind grundsätzlich für die Bilanzen der Wirtschaftsjahre zu verwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 beginnen (Wirtschaftsjahr 2018 oder 2018/2019). Sie gelten entsprechend für die in Rdnr. 1 des BMF-Schreibens vom 28. September 2011 genannten Bilanzen sowie für Eröffnungsbilanzen, sofern diese nach dem 31. Dezember 2017 aufzustellen sind. Es wird nicht beanstandet, wenn diese auch für das Wirtschaftsjahr 2017 oder 2017/2018 verwendet werden.
Die Übermittlungsmöglichkeit mit diesen neuen Taxonomien wird für Testfälle voraussichtlich ab November 2017 und für Echtfälle ab Mai 2018 gegeben sein.
Auf folgende Neuerungen soll im Einzelnen hingewiesen werden:
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Einkommensteuer
BFH-Urteil IX R 14/15 vom 03.08.2016 (BStBl 2017 II S. ...)
BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 - S-2211 / 07 / 10005 :001 vom 16.05.2017
Der BFH hat mit Urteil IX R 14/15 vom 3. August 2016 entschieden, dass die Aufwendungen für die vollständige Erneuerung einer Einbauküche (Spüle, Herd, Einbaumöbel und Elektrogeräte) in einem vermieteten Immobilienobjekt grundsätzlich nicht sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Die Einbauküche ist ein eigenständiges und einheitliches Wirtschaftsgut mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren, deren Anschaffungs- und Herstellungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung zu berücksichtigen sind.
An seiner bisherigen Rechtsauffassung (vgl. die Nachweise in Rz. 26, 30 und 32 des Urteils) hält der BFH nicht mehr fest.
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des BFH-Urteils IX R 14/15 - unter Beachtung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO - in allen offenen Fällen anzuwenden.
Bei Erstveranlagungen bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2016 wird nicht beanstandet, wenn auf Antrag des Steuerpflichtigen die bisherige Rechtsprechung (vgl. insbesondere das BFH-Urteil IX R 104/85 vom 13. März 1990, BStBl II S. 514) für die Erneuerung einer Einbauküche zugrunde gelegt wird, wonach die Spüle und der (nach der regionalen Verkehrsauffassung erforderliche) Herd als wesentliche Bestandteile des Gebäudes behandelt wurde und deren Erneuerung/Austausch zu sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand führte.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Quelle: BMF
Zweites Bürokratieentlastungsgesetz
BMWi, Pressemitteilung vom 12.05.2017
Der Bundesrat hat am 12.05.2017 dem Zweiten Bürokratieentlastungsgesetz zugestimmt. Damit werden vor allem kleine Unternehmen spürbar von Bürokratie befreit.
Bundesministerin Brigitte Zypries hierzu: "'Alltag vereinfachen, von Bürokratie entlasten.' Diesem Ziel sind wir heute einen deutlichen Schritt näher gekommen. Ich freue mich, dass der Bundesrat dem Zweiten Bürokratieentlastungsgesetz heute zugestimmt hat. Gerade kleine Unternehmen sind durch Bürokratie besonders belastet. Der Bundestag hat vor Kurzem auch die Anhebung der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter beschlossen. Kleine Unternehmen können sich damit wieder auf das Wesentliche konzentrieren: Innovationen vorantreiben, Investitionen tätigen und Arbeitsplätze schaffen."
Das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz entlastet vor allem kleine Unternehmen mit zwei bis drei Mitarbeitern. Sie unterliegen oft der ganzen Bandbreite an Vorschriften, haben in der Regel jedoch keine "Spezialisten", die sich in die Fachgesetze detailliert einarbeiten können.
Ein Schwerpunkt des Gesetzes ist der weitere Abbau bürokratischer Vorschriften im Steuerrecht. Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf dem Thema Digitalisierung. Mit einer neuen Fälligkeitsregelung für die Beiträge zur Sozialversicherung wird schließlich eine weitere langjährige Forderung der Wirtschaft umgesetzt. Der Bundestag hatte am 27. April 2017 die Anhebung der Schwelle für geringfügige Wirtschaftsgüter beschlossen. Wenn der Bundesrat dieser Anhebung zugestimmt hat, können viele Anschaffungen, wie Tablets und Büromaterial, dann direkt im Jahr der Anschaffung steuerlich voll abgeschrieben werden. Die Unternehmen müssen diese Güter dann nicht mehr bürokratisch aufwendig über viele Jahre erfassen und abschreiben. Das senkt Bürokratiekosten und schafft Investitionsanreize.
Quelle: BMWi
FKAustG
Bekanntmachung einer vorläufigen Staatenaustauschliste im Sinne des § 1 Abs. 1 FKAustG für den ersten automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zum 30. September 2017
BMF, Schreiben IV B 6 - S-1315 / 13 / 10021 :046 vom 06.04.2017
Nach den Vorgaben des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz - FKAustG) werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen erstmalig zum 30. September 2017 zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates im Sinne des § 1 Abs. 1 FKAustG automatisch ausgetauscht (§ 27 Abs. 1 FKAustG).
Dem BZSt sind hierfür von den meldenden Finanzinstituten die Finanzkontendaten zu den meldepflichtigen Konten nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch im Wege der Datenfernübertragung erstmals zum 31. Juli 2017 zu übermitteln (§ 27 Abs. 2 FKAustG).
Zu den Staaten im Sinne des § 1 Abs. 1 FKAustG, mit denen der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen erfolgt, zählen
Hiermit werden die Staaten im Sinne des § 1 Abs. 1 FKAustG bekannt gegeben, mit denen nach derzeitigem Stand der erste automatische Datenaustausch zum 30. September 2017 erfolgt und für welche die meldenden Finanzinstitute Finanzkontendaten erstmals zum 31. Juli 2017 dem BZSt zu übermitteln haben (vorläufige FKAustG-Staatenaustauschliste 2017).
Es wird gegenwärtig davon ausgegangen, dass bis zum 30. September 2017 alle in der vorläufigen FKAustG-Staatenaustauschliste 2017 aufgeführten Staaten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 FKAustG die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten erfüllen. Die Bekanntmachung einer endgültigen FKAustG-Staatenaustauschliste 2017 erfolgt im Rahmen eines weiteren BMF-Schreibens bis Ende Juni 2017.
Quelle: BMF
Erbschaft-/Schenkungsteuer
FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.04.2017 zum Beschluss 7 V 2515/16 vom 01.03.2017
Der 7. Senat hat mit Beschluss vom 1. März 2017 (Az. 7 V 2515/16) entschieden, dass verdeckte Einlagen in eine Personengesellschaft bei deren Gesellschaftern als Zuwendungsempfänger der Schenkungsteuer unterliegen können, wenn die verdeckte Einlage ohne Gegenleistung oder gesellschaftsrechtliche Veranlassung erfolgt.
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die Umstrukturierung eines Immobilienvermögens, bei der ein früher privat gehaltenes Immobilienportfolio eines Ehepaares auf eine Vermögensverwaltung GmbH & Co KG übertragen wurde. Die Kaufpreisforderungen aus den Grundstücksverkäufen an die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG waren bei den Eheleuten einkommensteuerrechtlich Sonderbetriebsvermögen im Rahmen ihrer Beteiligung an einer Holding. Diese Beteiligungen der Eheleute wurden zusammen mit dem hierzu zuzuordnenden Sonderbetriebsvermögen (vor allem den Kaufpreisforderungen) in die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG eingebracht. Nach einer schriftlichen Vereinbarung über eine verdeckte Einlage wurden nach Durchführung von Verrechnungen die Restkaufpreisforderungen der Eheleute in die gesamthänderische Rücklage der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG eingelegt. An der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG sind die Eheleute und deren Kinder beteiligt. Wegen der verdeckten Einlage des Ehemannes setzte das Finanzamt gegen seine Ehefrau Schenkungsteuer fest. Hiergegen wandte die Ehefrau ein, nicht sie, sondern allenfalls die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG sei durch die verdeckte Einlage bereichert. Aufgrund der Rechtsprechung zur Teilrechtsfähigkeit von Personengesellschaften sei die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG als Personengesellschaft auch schenkungsteuerrechtlich ein Steuersubjekt. Im Übrigen sei es zu einer Konfusion der Kaufpreisforderungen (im Sonderbetriebsvermögen der Eheleute) und der Kaufpreisschulden (Verbindlichkeiten der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG) gekommen. Dieses Erlöschen der beiderseitigen Forderungen schließe eine Bereicherung der an der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG beteiligten Gesellschafter aus.
Der 7. Senat lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids ab. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel, dass im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht bei Zuwendungen an eine Personengesellschaft deren Gesellschafter und nicht die Gesellschaft selbst Zuwendungsempfänger seien. Auch nach Ergehen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilrecht sei im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht die Personengesellschaft als transparent zu behandeln und damit deren Gesellschafter die Bereicherungsempfänger. Sei eine Gesamthandsgemeinschaft zivilrechtlich als Beschenkte am Schenkungsvorgang beteiligt, ergebe eine eigenständige schenkungsteuerrechtliche Prüfung, dass nicht die Gesamthand, sondern die Gesamthänder durch die freigebige Zuwendung schenkungsteuerrechtlich als bereichert anzusehen sind. Die Personengesellschaft sei von der Persönlichkeit der Gesellschafter nicht - wie eine juristische Person - zu trennen. Gehe deshalb durch Erbanfall oder Schenkung Vermögen auf eine Gesamthandsgemeinschaft über, werde dieses stets gesamthänderisches Vermögen der Gesamthänder, die allein durch den Vermögensübergang bereichert werden. Die verdeckte Einlage der Eheleute in die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG seien daher als Zuwendung an die Gesellschafter der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG zu werten.
Die Zuwendung sei auch unentgeltlich gewesen. Eine der Schenkungsteuerpflicht entgegenstehende gesellschaftsrechtliche Veranlassung sei nicht erkennbar. Die verdeckte Einlage der Eheleute in die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG sei nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst, weil sich die Gewinnverteilung an der Beteiligungshöhe orientiert habe und Nachschusspflichten, insbesondere für die Kinder der Eheleute, im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen waren. Es habe auch sonst keine gesellschaftsvertraglich angelegten Ausgleichsmechanismen gegeben, die die verdeckten Einlagen der Eheleute wieder aufgewogen hätten.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter 2/2017
Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken
BMWi, Pressemitteilung vom 27.04.2017
Der Bundestag hat am 27.04.2017 mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen zwei wichtige Vorhaben des BMWi umgesetzt: die Anhebung der Schwelle für geringwertige Wirtschaftsgüter und die Steuerfreistellung der Zuschüsse für Business Angels im Rahmen des INVEST-Förderprogramms.
Bundesministerin Zypries: „Der Bundestag hat ein wichtiges Signal für bessere Investitionsbedingungen für Start-ups und weniger Bürokratie gesetzt. Wir konnten erfolgreich die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter anheben. Das entlastet vor allem kleine und mittlere Unternehmen deutlich und schafft Anreize für Investitionen. Die Unternehmen und Arbeitnehmer können künftig Anschaffungen, wie Tablets und Büromaterial, direkt im Jahr der Anschaffung steuerlich abschreiben, statt sie bürokratisch aufwendig über viele Jahre erfassen zu müssen. Der Bundestag macht auch den Weg für eine verbesserte Förderung von privatem Wagniskapital frei. Das unterstützt junge innovative Unternehmen noch stärker bei der Suche nach einem privaten Kapitalgeber für das benötigte Startkapital. So können wir auch bei den Produkten von Morgen noch wettbewerbsfähig sein.“
Die bisherige steuerliche Freistellung der Zuschüsse des INVEST-Programms hatte sich nur auf das Altprogramm bis Ende 2016 bezogen. Zum 1. Januar 2017 wurden jedoch die Förderbedingungen des INVEST-Programms deutlich verbessert. U. a. wurde die förderfähige Investitionssumme für den 20 %-igen Erwerbszuschuss verdoppelt und ein 25 %-iger EXIT-Zuschuss zur Kompensation der Steuern auf Veräußerungsgewinne eingeführt. Mit seiner heutigen Entscheidung macht der Deutsche Bundestag den Weg dafür frei, dass Investoren in vollem Maße - steuerfrei - von diesen Verbesserungen profitieren können. Damit gewinnen Investitionen in Start-ups weiter an Attraktivität.
Die Anhebung der Schwelle für geringfügige Wirtschaftsgüter wird nach mehr als 50 Jahren nun von 410 Euro auf 800 Euro angehoben
Quelle: BMWi
Abgabenordnung
BFH, Pressemitteilung Nr. 27/17 vom 26.04.2017 zum Urteil VIII R 52/14 vom 17.01.2017
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Januar 2017 VIII R 52/14 entschieden, dass ein nicht ausreichend begründeter (und damit rechtswidriger) Ermessensverwaltungsakt nicht durch das Nachschieben einer Begründung "geheilt" werden kann, wenn er sich vor der Einlegung des Einspruchs bereits erledigt hat.
Gegenstand des Urteils war die Aufforderung des Finanzamts (FA) an die Kläger, ihre Einkommensteuererklärung abzugeben. Nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen verlängert sich die gesetzliche Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung (31. Mai) bis zum Ende des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres, wenn die Steuererklärung durch eine Person i. S. der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes (z. B. einen Steuerberater) angefertigt wird. Allerdings bleibt es dem FA vorbehalten, die Erklärung für einen Zeitpunkt vor Ablauf dieser Frist anzufordern. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung, die zu begründen ist. (Hinweis: Es geht um die Rechtslage bis 31. Dezember 2017.)
Im Streitfall hatte das FA von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Kläger aufgefordert, die Einkommensteuererklärung für 2010 bis zum 31. August 2011 (und damit vorzeitig) einzureichen. Allerdings war aus der formelhaften Begründung, das FA handle "im Interesse" einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens, nicht erkennbar, aus welchem Grund die Abgabefrist im konkreten Fall verkürzt wurde. Die von einem Steuerberater angefertigte Erklärung ging am 7. Dezember 2011 beim FA ein. Das FA setzte daraufhin einen Verspätungszuschlag in Höhe von 880 Euro fest.
Der BFH gab den Klägern Recht. Sowohl die Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärung als auch die Festsetzung des Verspätungszuschlags waren rechtswidrig. Zwar hätte der Begründungsmangel nach § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 der Abgabenordnung durch das sog. Nachschieben einer Begründung beseitigt werden können. Eine solche Heilung des Verfahrensmangels kommt jedoch nach Auffassung des BFH nicht mehr in Betracht, wenn sich die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe vor der Einlegung eines Einspruchs durch die Abgabe der Steuererklärung bereits erledigt hat. Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Aufforderung war auch der vom FA festgesetzte Verspätungszuschlag rechtswidrig und aufzuheben, da die Kläger die Steuererklärung noch innerhalb der allgemein bis zum 31. Dezember 2011 verlängerten Frist eingereicht hatten.
Quelle: BFH
Einkommensteuer
BFH, Pressemitteilung Nr. 26/17 vom 19.04.2017 zum Urteil III R 9/16 vom 22.02.2017
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes besteht ein Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer; dieses gilt allerdings dann nicht, „wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“ (Satz 2). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22. Februar 2017 III R 9/16 entschieden, dass bei einem Selbständigen nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in seinen Betriebsräumen zwangsläufig einen solchen zumutbaren „anderen Arbeitsplatz“ darstellt.
Im Urteilsfall war der als Logopäde selbständig tätige Kläger in zwei Praxen in angemieteten Räumen tätig, die weit überwiegend von seinen vier Angestellten genutzt wurden. Für Verwaltungsarbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Das Finanzgericht (FG) gelangte aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände zu der Auffassung, dass eine Erledigung der Büroarbeiten in den Praxisräumen - auch außerhalb der Öffnungszeiten - nicht zumutbar sei, sodass die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer begrenzt (Höchstbetrag: 1.250 Euro) abzugsfähig seien.
Dem folgte der BFH. Soweit die Nutzung des Arbeitsplatzes in einer Weise eingeschränkt ist, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit verrichten muss, kommt das Abzugsverbot nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen. Auch der selbständig Tätige kann daher auf ein (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein. Ob dies der Fall ist, muss die Tatsacheninstanz (das FG) anhand objektiver Umstände des Einzelfalls klären. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) ergeben. Im Streitfall ergab sich aus den tatsächlichen Gegebenheiten (Nutzung der Räume durch die Angestellten, Tätigkeit des Klägers außerhalb der Praxis, die Größe, die Ausstattung, die konkrete Nutzung der Praxisräume durch die vier Angestellten, Vertraulichkeit der für die Bürotätigkeit erforderlichen Unterlagen und den Umfang der Büro- und Verwaltungstätigkeiten) eine Unzumutbarkeit der Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer.
Quelle: BFH
Abgabenordnung
FG Münster, Mitteilung vom 18.04.2017 zum Urteil 7 K 3675/13 vom 29.03.2017
Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 29. März 2017 (Az. 7 K 3675/13 E,G,U) zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen ein PC-gestütztes Kassensystem ausnahmsweise als nicht manipulierbar angesehen werden kann. Im Streitfall hat er ein auf der Software Microsoft Access basierendes System als manipulationsanfällig angesehen.
Der Kläger betrieb in den Streitjahren zwei Friseursalons. Seine Bareinnahmen erfasste er über eine PC-gestützte Kassensoftware, die auch über andere Funktionen wie Kundenkartei oder Terminverwaltung verfügte. Aufgrund einer Betriebsprüfung, in deren Verlauf der Kläger keine Programmierprotokolle für die Kasse vorgelegt hatte, nahm das Finanzamt erhebliche Hinzuschätzungen zu den Umsätzen und Gewinnen des Klägers für die Jahre 2007 bis 2009 vor. Diesen legte es eine Bargeldverkehrsrechnung sowie eine Kalkulation von "Chemieumsätzen" (Blondierungen, Färbungen, Dauerwellen) zugrunde. Die Kalkulation basiert auf der Auswertung eines Teils des Wareneinkaufs für 2007.
Hiergegen wandte der Kläger ein, dass seine Programmierprotokolle in Dateiform im System gespeichert seien, was er durch Vorlage der Datenbank nachweisen könne. Ferner sei seine Kasse nicht manipulierbar, weshalb nach der BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 25. März 2015 X R 20/13, Tz. 28) keine Schätzungsbefugnis bestehe. Schließlich habe der Kläger tatsächlich auch keine Manipulationen vorgenommen. Schließlich seien die Hinzuschätzungen zu hoch, da die Bargeldverkehrsrechnung unvollständig sei, die Nachkalkulation nur auf stichprobenartig ausgewerteten Daten basiere und das Ergebnis die amtlichen Richtsätze überschreite.
Das Gericht holte ein Sachverständigengutachten zur Frage der Manipulierbarkeit der Kasse ein. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass das vom Kläger verwendete System, welches auf die Software Microsoft Access zurückgreife, aufgrund der Verknüpfung verschiedener Datenbankdateien zwar nur schwierig zu manipulieren sei. Durch geschulte Personen mit EDV-Kenntnissen bzw. unter Einsatz entsprechender Programme sei dies jedoch auch im Nachhinein und ohne Rückverfolgung möglich.
Der Senat gab der Klage teilweise statt.
Dem Grunde nach bestehe eine Schätzungsbefugnis, weil die Kassenführung des Klägers nicht ordnungsgemäß sei. Bei Nutzung programmierbarer elektronischer Kassensysteme stelle das Fehlen der Programmierprotokolle jedenfalls bei bargeldintensiven Betrieben einen gewichtigen formellen Mangel dar. Im Streitfall habe der Kläger keine Programmierprotokolle vorgelegt. Der bloße Hinweis auf die Datenbank genüge als substantiierter Beweisantritt nicht. Im Übrigen gehe es bei den Programmierprotokollen nicht um die Daten selbst, sondern um die Dokumentation der Programmierung.
Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass sein Kassensystem ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens sei der Senat vielmehr davon überzeugt, dass im System Manipulationen vorgenommen werden können. Dabei komme es nicht darauf an, durch wen oder mit welchem Aufwand dies möglich sei. Die vom Kläger verwendete Software biete unabhängig davon, ob sie bereits für einen „normalen“ Anwender manipulierbar sei oder dieser erst einen IT-Spezialisten beauftragen müsse, keine Gewährleistung für die vollständige Erfassung aller Einnahmen. Da es nach der BFH-Rechtsprechung erforderlich sei, dass die Kasse keine Manipulationsmöglichkeiten eröffne, sei es unerheblich, ob der Kläger tatsächlich Manipulationen vorgenommen habe oder nicht.
Der Höhe nach begrenzte der Senat die Hinzuschätzungen aufgrund der Kassenführungsmängel allerdings auf Sicherheitszuschläge in Höhe von 7,5 % der erklärten Umsätze, was zu einer Reduzierung der vom Finanzamt angesetzten Beträge und damit zu einer Teilstattgabe in etwa hälftigem Umfang führte. Die Bargeldverkehrsrechnung könne nicht zugrunde gelegt werden, weil das Finanzamt weder Anfangs- noch Endbestände ermittelt und nicht angegeben habe, auf welcher Tatsachengrundlage die Lebenshaltungskosten ermittelt wurden. Die Kalkulation der "Chemieumsätze" führe zu einem nicht schlüssigen und außerhalb der amtlichen Richtsätze liegenden Ergebnis, was möglicherweise auf der lediglich stichprobenartig vorgenommenen Auswertung beruhe.
Quelle: FG Münster, Newsletter April 2017
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